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Ein neuer kleiner Billshido-OS von mir....
Bis die Zeit uns vergisst
Oh mein Gott! Wir hatten es tatsächlich getan!
Sogar Tom war letztlich dafür gewesen, was mich schwer gewundert hatte. Bei Tom’s übermächtigem Beschützerinstinkt, wenn es um mich und meinen kostbaren Arsch ging, eigentlich kaum zu glauben.
Und das Ergebnis war wirklich gut geworden. So gut, dass wir es eigentlich veröffentlichen mussten. Wäre echt schade drum, wenn die Aufnahmen irgendwo im Archiv verstauben würden. Aber konnten wir das wirklich verantworten? Konnte ICH das verantworten? Ich war mehr als skeptisch, obwohl ich der heimliche Rädelsführer in dieser delikaten Angelegenheit gewesen war.
Im Nachhinein musste ich selbst ein bisschen über mich lachen. Was hatte ich mich ins Zeug gelegt, um meine kritischen Bandkollegen davon zu überzeugen, dass im deutschsprachigen Einzugsgebiet, wenn überhaupt, dann nur eine musikalische Zusammenarbeit mit Deutschlands Rapper Numero Uno, namens Bushido, in Frage kommen würde. Unter dem würde ich keinen Fuß ins Studio setzen, geschweige denn, meine Stimme vor einem Mikrofon zum Gesang erheben.
Da ich sehr überzeugend – böse Zungen behaupteten auch penetrant - sein konnte, wenn ich etwas wirklich wollte, hatten sie sich schließlich breitschlagen lassen und wir hatten uns mit ihm, hier bei uns, zu Probeaufnahmen verabredet. Bushido hatte sofort zugesagt, als ihn David daraufhin angesprochen hatte und er erschien eines schönen Tages mit Kay One im Schlepptau in unserem beschaulichen Studio auf dem Lande. Ich war furchtbar nervös und fuchtelte noch mehr mit den Händen herum, als sonst. Tom beäugte mich argwöhnisch, doch ich ignorierte es. Wir hatten uns schon oft genug über das leidige Thema Bushido unterhalten, ich hatte jetzt keine Lust mehr, mich wiederholt zu rechtfertigen. Tom kannte meine niederen Beweggründe für meinen außergewöhnlichen Wunsch und ich kannte seinen Standpunkt dazu. Es war, wie es war, ich konnte doch auch nichts dafür.
Es war genauso aufregend wie ein Krimi und ich war froh, dass ich an dem Tag, als er bei uns ankam, noch nicht singen musste, denn ich würde keinen Ton richtig treffen, weil mir das Herz die ganze Zeit laut pochend bis zum Hals schlug. Es war jedes Mal so, wenn er in meiner Nähe war…schon immer. Nur Tom hatte ich davon erzählt, sonst ging das niemanden etwas an. Ausnahmsweise ließ ich heute die anderen reden und hielt mich im Hintergrund. Ich täuschte rege Betriebsamkeit vor und hatte irgendwie ständig mit meinem Handy zu tun. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass er heute wiedermal verdammt gut aussah…trotz der unvermeidlichen Trainingshosen. Ich lauschte verzückt seiner dunklen Stimme, mit der er uns seine Ideen unterbreitete und stimmte erleichtert in sein kehliges Lachen ein, wenn er etwas Lustiges zum Besten gab. Mit seiner charmanten Art wickelte er die anderen aus unserer Crew genauso um den Finger, wie er es schon vor Urzeiten bei mir fertig gebracht hatte. Ich freute mich heimlich darüber, senkte aber verschämt den Blick, als mich seine fast schwarzen Augen einmal allzu intensiv musterten. Scheiße, wie sollte ich das nur länger als einen Tag aushalten? Ich war nicht bei vollem Verstand gewesen, als mir diese verrückte Idee gekommen war.
Seine Augen sprühten voller Tatendrang beim Sprechen und Gestikulieren. Mich traf es jedes Mal wie ein Blitzschlag, wenn er zu mir sah…und ich hatte das Gefühl, das tat er ziemlich häufig. Mehr, als zu den anderen – so kam es mir zumindest vor oder war das reines Wunschdenken von mir? Tom hatte jedenfalls vor unserem Treffen von mir den Auftrag bekommen, mich unter dem Tisch anzustoßen, wenn ich mich allzu auffällig verhalten sollte. Wahrscheinlich zierten morgen ein Dutzend blauer Flecken mein lädiertes Schienbein. Mein „normales“ Verhalten war kurzerhand flöten gegangen, seitdem er unter uns weilte und ich sah keine Chance, es wieder zu finden, so lange er in meiner Nähe war.
Entgegen anfänglichen Befürchtungen wurden wir uns relativ schnell einig. Uns gefielen seine Vorschläge; gemischt mit unseren, konnte daraus etwas Brauchbares werden. Sogar Tom’s Augen leuchten schließlich tatendurstig und zu jeder Schandtat bereit und er schien vergessen zu haben, warum ich ausgerechnet den finsteren Gangsterrapper hier haben wollte und niemanden anderen. Ich atmete tief durch. Da hatte ich mir wieder einmal eine Suppe eingebrockt, an der ich mich ganz leicht verschlucken konnte. Leichtsinn war mein zweiter Vorname, den ich aber streng geheim hielt.
Sogar von diesem Kay kamen gute Ideen, was mich anfangs verwunderte. Das hatte ich diesem Babygesicht gar nicht zugetraut. Er war mir bisher nur als lästiges Anhängsel der berühmten Berliner Rapperschnauze aufgefallen. Das er tatsächlich eine kreative Ader hatte, war mir bis jetzt großzügig entgangen. Nun, selbst ich war lernfähig. Wir waren tatsächlich so produktiv, dass wir schon am darauf folgenden Tag mit den Probeaufnahmen anfangen wollten. Ich glaubte zu träumen, meinen heimlich gehegten Plan tatsächlich in die Tat umgesetzt zu wissen und kaute vor Nervosität an meinen lackierten Nägeln. Dass sich schon bald seine Stimme mit meiner vermischen würde, war eine Vorstellung, bei der ich ein Gefühl bekam, dass dem Lampenfieber nicht unähnlich war.
Tom meinte am späten Abend, als wir wieder allein waren, dass ich fiebrig aussähe. Ich gab ihm Recht, als ich einen Blick in den Spiegel gewagt hatte und ließ es zu, dass er mich fest und brüderlich umarmte. Wenn er mich nicht verstand, dann niemand sonst auf der Welt. Missmutig versteckte ich mein Gesicht an seiner Schulter. Als er noch seine Dreads trug, war das irgendwie eine Spur kuscheliger, aber ich durfte mich nicht beschweren, schließlich hatte ich jahrelang auf ihn eingeredet und auf eine Veränderung seines Style gepocht. Jetzt hatte er es endlich gewagt und ich hatte kein Recht zu nörgeln, dass mir jetzt wiederum etwas fehlen würde. Er würde mich für verrückt erklären, wenn er das nicht schon längst tat. Und wenn ich ehrlich war, sah er ja auch gut aus mit den schwarzen geflochtenen Dingern, auch wenn ich dem weichen, vertrauten Gekitzel der verfilzten Haare ein bisschen hinterher trauerte.
Er strich mir beruhigend über den Rücken und hielt mich eine Weile ganz eng im Arm. Er würde immer bei mir sein, immer dann, wenn ich ihn brauchen würde. Im Grunde genommen war ich ein beneidenswertes Geschöpf…wenn es da nicht mein kleines Problemchen mit diesem unrasierten, schamlosen Großmaul namens Bushido gäbe, welcher sich langsam, aber stetig, über die letzten Jahre hinweg, in mein Herz geschlichen hatte. Wie konnte das nur passieren…?! Ich war doch sonst so vorsichtig, was meinen persönlichen Umgang betraf.
„Es gibt Schlimmeres, Bill“, versuchte mich Tom zu trösten und gab mir eine von seinen Zigaretten, weil ich meine irgendwo drinnen verlegt hatte.
„Ach ja? Was denn zum Beispiel?“, entgegnete ich aufgebracht und blies hastig den weißen Rauch heraus. „Einen Weltuntergang vielleicht?“
Tom musste ungewollt lachen. Das tat er immer, wenn mein Trotzkopf zum vorschein kam. Er fand das unpassenderweise total kindisch und dennoch irgendwie süß, was ich nicht im Geringsten bestätigen konnte. Ich konnte darüber gar nicht lachen, schließlich war mein Seelenheil schwer angekratzt, weswegen ich mich unwirsch umdrehte und stur in den klaren Abendhimmel starrte. Milliarden von Sternen strahlten dort oben. Schienen auf uns zwei herab und irgendwo auch auf den Verursacher meines aufgewühlten Gemütszustandes, der vor ca. einer Stunde weiter Richtung Hamburg gefahren war, wo er übernachten würde. Morgen, wenn die Sterne nicht mehr sichtbar waren, würde er wieder hier sein und ich konnte ihn wieder sehen. Wer braucht schon die doofen Sterne, sie sollten endlich verschwinden.
Tom seufzte. „Was musst du dir auch immer für unmögliche Typen aussuchen, echt mal. Da kann nicht mal ich dir helfen…und ich kann vieles möglich machen.“ Wichtigtuerisch schnippte er seine aufgerauchte Zigarette davon und erhob sich von der kleinen Bank, die hinter dem Studio an der noch warmen Hauswand stand.
„Ich such mir gar niemanden aus, das weißt du ganz genau!“, fauchte ich ungehalten und schlug demonstrativ die Beine übereinander. Ich hatte es Tom zu erklären versucht, aber scheinbar war er nicht imstande gewesen, die Ausmaße meiner heimlichen Schwärmerei in vollem Umfang zu erfassen. Ich nahm es ihm nicht einmal übel, ich verstand es ja selbst nicht.
„Mach was du willst, ich geh jetzt schlafen.“ Tom verschwand schlurfend hinter der Terrassentür und ließ mich in meinem Gefühlschaos allein zurück. Ich schnaubte beleidigt durch die Nase und blieb noch eine Weile sitzen. Natürlich tat ich das, was ich wollte.
~ * ~
Irgendwie überstand ich die nächsten Tage, wenn auch ständig haarscharf am Rande des Nervenzusammenbruches. Hätte ich vorher geahnt, auf was ich mich da einließ, hätte ich noch dreimal darüber nachgedacht, ehe ich einen Bushido zu uns eingeladen hätte, aber dafür war es zu spät. Er war täglich um mich herum, sprach mit mir – doch niemals allein, scherzte locker mit mir - doch niemals unter der Gürtellinie und berührte mich manchmal zufällig - doch nie an den falschen Stellen. Wo war der alte Bushido hin, den ich mir so herbeigewünscht hatte? War tatsächlich alles nur gespielt gewesen, so wie Tom es mir immer prophezeit hatte? Ich könnte heulen.
Und außerdem wünschte ich mir verzweifelt mein „normales“ Verhalten zurück, denn ich war mir bewusst, dass mein Lachen übertrieben war, meine Gesten theatralisch wirkten und meine Stimme seltsam gekünstelt klang. Er musste denken, ich wäre nicht ganz bei Sinnen und bedauerlicherweise war ich das auch nicht. Tom hatte es aufgegeben, mich anzurempeln, er warf mir nur hin und wieder einen mitleidigen Blick zu, für den ich ihn hätte killen können.
Heute sind wir mit den Aufnahmen fertig geworden und hatten ein bisschen gefeiert, weil das musikalische Ergebnis so rundherum positiv für alle Beteiligten ausgefallen war. David hatte Champagner besorgt und die Gläser herumgereicht. Meine Kehle war wie zugeschnürt, wenn ich daran dachte, dass Anis, wie ich ihn im Stillen liebevoll nannte, ab morgen wieder zu Hause bei sich sein würde und ich hier ganz allein ohne ihn. Der Champagner stieß mir sauer auf, doch ich kippte ihn tapfer hinunter. Hoffnung, dass er meinen leisen Schmerz betäuben könnte, machte ich mir nicht, aber schlimmer konnte es auch nicht mehr werden.
Meine Güte, was hatte ich mir nur erhofft? Manchmal bin ich wirklich ein hoffnungsloser Romantiker. Dass er vor mir auf die Knie fallen und mir gestehen würde, wie sehr er mich schon immer begehrt hat? Hier, vor allen Leuten? Wir waren keine Minute allein gewesen, wovor ich mich auch ein wenig gefürchtet hätte. Weniger vor ihm, als vor mir selbst und meinem abnormalen Verhalten ihm gegenüber. So konnte ich wenigstens keine Dummheiten machen...nichts Falsches sagen und nichts Falsches tun, denn Tom hatte in einem Punkt Recht: DAS war einfach nicht drin. Ich und Bushido...Bushido und ich…ein absolutes Tabu. Das ging gar nicht. Bushido wusste das sicher auch, nicht umsonst hatte ich das Gefühl, dass er das Alleinsein mit mir scheute, wie der Fürst der Finsternis das Licht.
Aber wäre ich nicht die ganze Zeit so mit mir selbst beschäftigt gewesen, dann hätte ich sie vielleicht bemerkt...die sehnsuchtsvollen Blicke, die immer dann auf mir ruhten, wenn er sich unbeobachtet fühlte. Doch so bemerkte ich nur sein absolut korrektes Verhalten mir und den anderen gegenüber. Keine schlechten Scherze, keine schlüpfrigen Anzüglichkeiten, keine unzüchtigen Berührungen. Die Professionalität in Person. Als wäre nie etwas gewesen zwischen uns. Naja, genau genommen war ja auch nie irgendetwas, außer ein paar verbalen Kabbeleien.
Doch ich vermisste das so sehr: Das verschmitzte Augenzwinkern, was er mir so oft in der Vergangenheit zugeworfen hatte oder ein bewundernder Pfiff durch die Zähne, wenn ich in seinen Augen mal wieder besonders scharf aussah. Das anzügliche Grinsen, wenn er mich von oben bis unten abscannte oder das übertriebene Buhlen um meine Gunst in der Öffentlichkeit, dass zwar bestimmt nicht toternst gemeint war, mir aber trotzdem ungemein schmeichelte. Ich seufzte enttäuscht auf und hielt mir daraufhin erschrocken die Hand vor den Mund. Aber Gott sei Dank hatte niemand etwas von meinen sehnsüchtigen Träumereien bemerkt, lockeres Geplauder und erleichtertes Gelächter waren die alles überdeckenden Geräusche im Raum. Alles war gut geworden, ganz entgegen den Vermutungen von einigen Anwesenden. Man beglückwünschte sich und machte sich daran, sich voneinander zu verabschieden.
Es war also soweit.
Es war vorbei.
Er würde jetzt aufbrechen und mein ganzer mühsam erarbeiteter Plan war für die Katz gewesen.
Als letztes stand er vor mir und reichte mir die Hand zum Abschiedsgruß. Ich zögerte zunächst, weil ich Angst davor hatte, dass er aus meiner kalten Hand mehr herauslesen konnte, als ich freiwillig zugeben würde. Schließlich gab ich sie ihm doch, weil ich mich nicht noch auffälliger verhalten wollte, als ich das eh schon tat und er umfasste vorsichtig meine klammen Finger. Überrascht schaute ich auf. Ich hatte eine starke und warme Hand erwartet, die fest zudrückt, doch seine war ebenso kalt wie meine eigene und sein Griff viel zaghafter, als es seine starke, sehnige Hand vermuten ließ. Er lächelte mich entschuldigend an, schien zu wissen, warum ich so ungläubig dreinschaute und presste seine Lippen aufeinander, so wie er das immer zu tun pflegte, wenn er keine passenden Worte für eine Erklärung fand.
Das erste Mal in diesen Tagen blickte ich bei vollem Bewusstsein tief in seine dunkelbraunen Augen, die ihrerseits die Wärme verströmten, die seine Hände vermissen ließen. Ein fataler Fehler, denn sie entrissen mir sämtliche Geheimnisse, die ich vor ihm verzweifelt zu verbergen suchte. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich war nicht Herr meiner selbst. Ich sah förmlich das sich mehrende Wissen hinter diesen schwarzen Pupillen, wie es um meine Zuneigung für ihn bestellt war. Es bescherte mir glühend rote Wangen und ein schamhaftes Senken meiner viel zu schwarz geschminkten Lider.
Er sagte kein einziges Wort, stumm entließ er meine Hand aus seiner Obhut und zog sich hastig von mir und meiner unfreiwilligen Offenbarung zurück. Die Wärme seines Blickes verließ mich mit seinem Weggehen viel zu schnell und ließ mich vor Kälte zittern. Ich würde ihm nie wieder unter die Augen treten können, soviel war sicher. Ich hatte ihm, gegen meinen Willen, mein Innerstes entblößt, was mich verletzlich und angreifbar machte. Wie hatte ich nur so dumm sein können? Ich verfluchte diesen ganzen beschissenen Tag und die letzten mit dazu.
~ * ~
Sie gingen alle. Jeder hatte plötzlich irgendetwas Wichtiges vor, selbst Tom verschwand zu einer Verabredung, die er gestern noch nicht gehabt hatte und auch Georg und Gustav machten sich aus dem Staub…nur ich nicht. Ich hatte nichts vor…rein gar nichts. Allein und gefangen in der erdrückenden Stille des verlassenen Studios, lief ich ziellos vom Raum zu Raum, ohne zu wissen, was ich jetzt machen sollte. Ich fühlte nichts, außer einem schmerzhaften Vakuum in mir, das sich anscheinend durch nichts Greifbares ausfüllen ließ. Ich trank den Rest meines Glases leer und stellte es hart auf die Spüle. Es gab ein blechernes Geräusch, was mir noch lange Zeit unangenehm in den Ohren nachhallte.
Beim Zurückgehen erblickte ich einen leeren Schreibblock auf dem Tisch liegen, dessen reines Weiß meinen Blick magisch anzog. Ohne lange zu überlegen, zerrte ich einen Schubkasten auf und entnahm ihm einen Bleistift, der immer dort lag, um dringend benötigte Nahrungsmittel auf einen Notizblock schreiben zu können. Plötzlich wusste ich, was ich jetzt tun würde. In den Phasen tiefsten Schmerzes schrieb ich immer die besten Texte, das war schon immer so. Ich brauchte mich gar nicht anzustrengen, die Worte flossen mir förmlich aus dem Handgelenk heraus und verwandelten sich in bedeutungsschwangere Verse.
Ich zog mir den Stuhl heran und setzte mich an den großen, rechteckigen Tisch. Um besser arbeiten zu können, wischte ich die verbliebenen Pizzakrümel vom Tisch und band mir die Haare mit einem Gummi, den ich in meiner Hosentasche fand, zu einem dicken Zopf am Hinterkopf zusammen. Es war eine meiner Stärken, immer das Beste aus einer Situation herauszuholen, so unschön sie auch war. Die Gelegenheit, einen vor Herzschmerz triefenden Songtext zu schreiben, ließ ich mir nicht entgehen. All meine Wut und Enttäuschung, all meine zerstörten Hoffnungen würden darin verarbeitet werden und nur ganz wenige würden letztendlich wissen, worum es tatsächlich ging. Drei Menschen, inklusive mir selbst, um genau zu sein.
Ich dichtete, als wäre ich vom Schreibteufel besessen. Mehrere zerknüllte Papierkugeln verunzierten inzwischen den Fußboden und an der neuesten Textversion radierte ich verbissen herum. Wenn schon, dann sollte es richtig dramatisch und brilliant werden. Tom meinte immer, ich wäre ein ganz schlimmer Perfektionist und wahrscheinlich hatte er Recht damit. Ich schloss die Augen und dachte nach, während ich gedankenverloren das Ende des Stiftes zwischen den Lippen herumdrehte und anschließend mit den Backenzähnen zermalmte. Ich hatte einen schwermütigen, düsteren Sound dazu im Ohr, so dass ich um mich herum kaum etwas wahrnahm.
Selbst die leisen Schritte auf dem Korridor entgingen meinem Gehör, weil ich gerade wieder ein Blatt Papier knisternd zwischen den Fingern zerknüllte und zu Boden warf. Ich kritzelte Zeile für Zeile, Vers für Vers. Ich war schon fast fertig, als ich das erste Mal aufsah und mein Blick zufällig Richtung Tür fiel. Mein Stift fiel mir kraftlos aus der Hand und mein Herz setzte für ein paar Schläge aus.
Oh mein Gott!
„Was…was machst du denn noch hier?“, stotterte ich hilflos zusammen und tastete blind nach meinem verloren gegangenen Bleistift, um etwas zum Festhalten zu haben.
„Ich hab etwas sehr Wichtiges vergessen“, antwortete Bushido ernst, der seitlich angelehnt in der Tür stand und das, der Haltung nach zu urteilen, schon eine ganze Weile.
„Ach so…na gut“, stammelte ich beunruhigt und zerbrach fast den dünnen Stift, den ich endlich zu fassen bekommen hatte. Gar nichts war gut. Ich hatte fast einen Herzinfarkt erlitten, als ich ihn in der Tür erblickt hatte. Wie konnte er sich so anschleichen und mich so erschrecken? Was konnte so wichtig sein, dass er erst nach zwei Stunden zurückkam? Er musste doch in dieser Zeit fast schon zu Hause gewesen sein. Hatte er mich etwa beobachtet? Mir schoss sofort wieder das Blut in den Kopf. Hatte ich in den letzten Minuten irgendetwas getan, was man nur tut, wenn man sich unbeobachtet fühlt? Ich war mir dessen nicht so sicher, wie ich es gerne wäre.
„Was schreibst du da? Einen neuen Song?“, fragte er mich und schaute interessiert auf mein Blatt Papier. Von der Tür aus konnte er unmöglich lesen, was ich da geschrieben hatte, und doch deckte ich hastig meine Hand über den verräterischen Satz: „Mein Herz kämpft gegen mich, wie ein Alien in mir.“ Ich nickte stumm.
Ein verständnisvolles Lächeln zierte sein markantes Gesicht. „Das hilft mir auch immer, wenn…wenn…“ Er verstummte und schien erst einmal darüber nachzudenken, was er da eigentlich im Begriff war zu sagen. Dann schüttelte er unwillig den Kopf, als könne er den Rest des Satzes unmöglich laut aussprechen. Ich war ihm dankbar dafür.
„Bill, eigentlich bin ich zurückgekommen, weil…“, er brach auch den nächsten Satz ab und begutachtete lieber mit schlecht gespieltem Interesse die einfache Küchenzeile, neben der ich saß und in großäugig anglotzte. Ich wagte kaum zu atmen, aus Angst vor der unausgesprochenen Wahrheit, die zwischen uns schwebte, wie eine unheilvolle Wolke. Wann hatte ich mich jemals so hilflos gefühlt?
Ich räusperte mich leise, um den fetten Kloß in meinem Hals hinunterzuwürgen. Es gelang mir nur zur Hälfte. „Seit wann stehst du schon da?“, fragte ich mit kratziger Stimme, wobei ich mir im selben Moment darüber im Klaren war, wie belanglos diese Frage doch war. Ich stellte sie nur, um ihn vom Eigentlichen abzulenken…um ihn nicht sagen zu lassen, dass es ihm furchtbar Leid täte, dass ich seine amourösen Avancen mir gegenüber, die ihm lediglich der Belustigung und Promotion dienten, für bare Münze genommen hatte und dass ich jetzt wegen ihm so durch den Wind war. Entschuldigungen konnte er sich nämlich sonst wohin stecken. Ich wollte sie nicht hören.
„Ich weiß nicht. Schon ewig, glaub ich.“
„Warum hast du nichts gesagt, du hast mich erschreckt.“
„Das wollte ich nicht, aber ich wollte dich auch nicht stören, du sahst so…so konzentriert aus…“
Ich sah ihn mit hochgezogener Braue an und er lächelte entschuldigend.
„…und ja, ich geb’s zu, ich hab dich ein wenig beobachtet… wie du schreibst…und was du dauernd mit deinen Händen machst, wenn du überlegst. Das war so unterhaltsam, dass ich mich nicht dazu entschließen konnte, mich bemerkbar zu machen.“ Er lächelte wieder und machte dabei eine komische Handbewegung, die er angeblich bei mir gesehen hatte.
„Na toll! Was soll denn da so unterhaltsam daran sein!?“, giftete ich, aus Unsicherheit darüber, was ich alles Peinliches getan haben könnte.
Wusste ich es doch! Bestimmt war es wieder einmal ziemlich lustig für ihn gewesen, mich dabei zu beobachten, wie töricht ich mich verhielt. Ich schnaubte durch die Nase, wie ein junges Pferd.
Bushido richtete sich auf und atmete tief durch. Er schien über irgendeinen Umstand unzufrieden zu sein. Schließlich stieß er sich vom Türrahmen ab und kam auf mich zu. Krampfhaft umklammerte ich meinen Bleistift so fest, dass es knackte, während er den Tisch umrundete, bis er bei mir ankam. Er hockte sich vor mich hin und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Mir wurde furchtbar heiß.
„Bill, muss ich dir wirklich erst bis ins kleinste Detail erläutern, wie das aussieht, wenn du so versonnen dasitzt und diesen unschuldigen, kleinen Stift in deinen Mund nimmst und darauf herumbeisst?“ In der nächsten Sekunde hatte ich meinen legendären Stift los, den er achtlos, aber weit genug von mir entfernt, wieder auf den Tisch zurücklegte. Ich schaute wohl ziemlich perplex drein und versuchte fieberhaft zu erfassen, was hier eigentlich abging. Aus einer unbestimmten Angst heraus, wagte ich nicht, den Gedanken bis zum Ende zu verfolgen.
„Gib mir mal deine Hand“, forderte er mich auf und ich überließ sie ihm ohne Gegenwehr. Er stand auf und zog mich mit sich vom Stuhl empor, was ich ebenso widerstandslos geschehen ließ. Ich kam mir vor, wie in einem Film, in dem ich ohne mein Einverständnis gefangen war und tun musste, was das Drehbuch mir vorschrieb.
„Und sieh mich bitte an“, war die nächste Aufforderung, der ich unwillkürlich Folge leistete. Wie schon vorhin, traf mich sein wissender Blick bis tief ins Mark. Reflexartig schloss ich die Augen und senke den Kopf, um mich selbst vor ihm und seiner verheerenden Wirkung auf mich, zu schützen. Ein unwillkürliches Schaudern durchfuhr meinen angespannten Körper, als er mit seiner Hand sanft mein Gesicht berührte. Ich nahm seinen schwachen, süßlich-herben Duft wahr, der von ihm ausging und fühlte, auf’s Tiefste beunruhigt, seine übermächtige Präsenz bis in die äußersten Haarspitzen. Der Augenblick war so unwirklich und doch so real, dass ich ihn nie in meinem Leben vergessen würde, egal, was jetzt passierte.
„Oh Mann Bill…mein kleiner bezaubernder Bill.“ Er streichelte meine Wange hinunter bis zum Kinn und verweilte dort mit seinen Fingern. Ein sanfter Druck zwang mich dazu, den Kopf wieder zu heben.
„Warum quälst du mich so damit, dass du jedes Mal schöner wirst, wenn wir uns wieder einmal begegnen? Das hält ja kein Mensch aus.“
Ich spürte, wie sich unwillkürlich die Flüssigkeit in meinen geschlossenen Augen sammelte und zum Ausbruch drängte. Warum sagte er nur solch wundervollen Sachen? Darauf war ich nicht vorbereitet. Ein verhängnisvoller Tropfen quoll unter meinen Lidern hervor und hängte sich schwer an die aufwändig präparierten Wimpern. Ich würde meine Augen nie mehr öffnen können, denn dann würde er merken, wie ich vor Ergriffenheit eine dicke Träne verdrückte. Ich wollte nicht so kläglich schwach vor ihm dastehen. Ich wollte das doch viel lockerer sehen, ganz easy…und die verdammten Gefühle zur Bedeutungslosigkeit degradieren. Er machte mit seinen Worten und Taten alles kaputt.
Sein heißer Atem streifte gefährlich nah meine Lippen. Ich bräuchte mich nur ein klein wenig nach vorn zu beugen, um unser letztes Tabu zu brechen. Ich wagte es nicht, denn dann wäre alles zu spät.
„Hör damit auf, das dürfen wir nicht“, flüsterte ich mit geradezu jämmerlichem Durchsetzungsvermögen und schmiegte mich an ihn, als wäre er mein einziger und letzter Halt.
„Ich weiß…tut mir furchtbar Leid…“, flüsterte er rau zurück. Doch anstatt von mir abzulassen, spürte ich seine sehnsuchtsvollen Lippen an meiner Haut entlangwandern. Ich verglühte bereits unter seinen ersten, dahingehauchten Küssen, die er mir schenkte „…aber auch meine Beherrschung ist irgenwann am Ende.“
„Oh Scheiße…“, wimmerte ich überwältigt. Beeinflusst vom Zauber des Augenblicks verlor sich meine Stimme in einem lustvollen Seufzen. Die Erfüllung meiner heimlichen Träume war vor Glück kaum zu ertragen. Während mein Herz wild in meiner Brust herumhämmerte, ging ich innerlich langsam in die Knie.
Ich wollte so gerne seine Küsse erwidern, ihm zeigen, wie sehr ich seine Zärtlichkeiten herbeigesehnt hatte und jetzt mit allen Sinnen genoss, doch ich war unfähig, mich zu bewegen. Als hätte seine Berührung bei mir sämtliche Muskeln zum Erschlaffen gebracht, stand ich nur noch auf meinen zwei Beinen, weil er mich in seinen Armen hielt und ich mich mit den Fingernägeln in seinem T-Shirt festkrallte.
„Du bist so unglaublich schön…“, murmelte er küssend und leckend an meinem Hals, „so aufregend, so sweet, so sexy…ich dreh noch durch…“
Als würde er mir seine Konfusion über diesen Umstand beweisen wollen, packe er mich am Hintern und hob mich mit einem Ruck hoch auf die Tischplatte. Bestimmend drängte er mich zurück, bis ich mich nur noch mit den Ellenbogen abstützte, beugte sich so weit über mich, dass ich nur noch ihn im Blickfeld hatte und sah mir tief in die Augen. Die Glut in seinem Blick ließ mich vor Lust erschaudern. Ich hatte sie herausgefordert und zum Ausbruch gebracht, jetzt machte sie mir fast ein wenig Angst. Ich würde ihn mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr stoppen können…aber das war auch nicht mein Anliegen.
„Küss mich, Anis…bitte“, flehte ich verlangend und reckte ihm meine halbgeöffneten Lippen entgegen.
„Mmmm…“, er brummte genießerisch, „du hast keine Ahnung, wie geil das klingt, wenn du das sagst…“ Er betrachtete meine Lippen lang und eingehend, mit der zufriedenen Gewissheit im Gesicht, dass sie allein ihm und nur ihm gehörten und er sich davon bedienen konnte, wann immer und so oft er nur wollte. Irgendwann genügte ihm die reine Betrachtung nicht mehr und er senkte sich langsam auf mich herab, um mir endlich den heissersehnten Kuss zu gewähren, auf den ich schon so ungeduldig hingierte.
Nach anfänglich gestöhnten Lautäußerungen des Entzückens entwickelte sich der Kuss bald so leidenschaftlich, dass ich nur noch verzweifelt nach Luft schnappen konnte, wenn er meine Lippen zwischendurch für eine Millisekunde freigab. Ich ging völlig in seinem Begehren auf, was mir gerade überdeutlich bewusst wurde, als er mein schwarzes Shirt hochzerrte und verlangend darunter fasste. Ich wusste, dass er nicht gerade zimperlich vorging, wenn er sexuell erregt war - ich hatte schon so einiges darüber gehört – doch gerade seine Ruppigkeit machte mich derart an, dass ich ihm schon bald dabei half, mich von meinem Shirt zu befreien, um es heil zu lassen und halbnackt, mit feuchten Lippen und glitzernden Augen unter ihm lag.
Ich erwartete fieberhaft seine nächste Attacke, doch als wenn ihm plötzlich die Ausmaße unseres fieberhaften Tuns in den Sinn kamen, als er mich so entblößt liegen sah, stoppte er mittendrin in seinem Eroberungsfeldzug und blickte auf einmal recht betroffen und nachdenklich drein.
„Was ist?“, keuchte ich atemlos.
„Scheiße, Bill…du weißt schon, was wir hier gleich machen werden, oder?“
Machte er jetzt einen Rückzieher? Hatte er etwa Angst etwas Falsches zu tun? Ich verstand ihn nicht, es war doch gerade so perfekt. Ich war so erregt, dass es schon schmerzte und wollte nichts lieber, als dass er mir diesen Druck nahm. Er hatte meine uneingeschränkte Erlaubnis dazu, das sollte ihm doch eigentlich klar sein, denn ich verhielt mich nicht gerade, wie die Jungfrau vom Lande.
„Ja, weiß ich“, entgegnete ich verständnislos. „Du willst mich und ich will dich. Wo ist das Problem?“
Er seufzte und lächelte verschämt zur Seite. Ich wusste bis jetzt nicht, dass er sich überhaupt schämen konnte. Bisher glaubte ich immer, im fehlte dieses Gen, das dafür verantwortlich war.
„Aber ich will dich richtig, Bill…ich will mit dir schlafen…du weißt schon.“ Es klang fast schon verzweifelt. „Verdammt, ich träum da schon ewig davon und wenn wir nicht sofort aufhören uns derart heißzumachen, dann garantier ich dir, dass ich mir nehmen werde, was ich will. Es gibt dann kein zurück mehr, verstehst du?“
Ich verstand. Es sollte eine Art Drohung sein, doch wenn es eine gewesen sein sollte, dann verfehlte sie bei mir gänzlich ihr Ziel
„Deine Skrupel mir gegenüber sind ja sehr schmeichelhaft“, ich richtete mich umständlich auf, „aber das hättest du dir überlegen sollen, ehe du hierher zurückkamst.“
Er schüttelte kaum merklich den Kopf und lachte finster, auch wenn mir seine funkelnden Augen verrieten, dass er genau derselben Meinung darüber war, wie ich. Ich brachte meine Lippen ganz nah an sein Ohr und sah seine Gänsehaut, die sich von dort aus ausbreitete. Äußerst zufrieden darüber säuselte ich ihm leise ins Ohr: „Mach dir mal nicht so viele Gedanken, um Dinge, die du jetzt eh nicht mehr ändern kannst, sondern nimm mich endlich so, wie du es dir schon immer vorgestellt hast…ich weiß, du hast es drauf.“
Er knurrte ein bisschen, als ich ihm verlangend ins Ohrläppchen biss. Es war zwar süß von ihm, dass er sich wegen mir solche Sorgen machte, doch ich wollte, wenn schon, dann das Original, welches sexistisch, schamlos und einfach nur geil war und keinen weichgespülten Anis, der mit angezogener Handbremse vögelte.
„Lass mich mit dir eins sein…nur einmal…“
Noch ehe ich die Worte zu Ende gesprochen hatte, hatte ich meinen Gürtel geöffnet und zog ratschend den Reißverschluß auf. Ich hatte keinen Sinn für ein langes Vorspiel, 3 Jahre dürften dafür durchaus ausreichend gewesen sein.
Er drehte den Kopf zu mir und sah mich prüfend an. Wahrscheinlich wollte er sicher gehen, dass er sich nicht verhört hatte und ich ihm irgendetwas vorspielte. Doch ich nickte ihm achselzuckend zu, als könne ich es nun auch mal nicht ändern, dass ich diesen dringenden Wunsch hatte und küsste ihn ermunternd auf die stachelige Wange. Es war mein voller Ernst. Und mir war auch glasklar bewusst, dass es wahrscheinlich eine einmalige Sache bleiben würde. Doch die wollte ich dann auch in vollen Zügen genießen…ganz ohne Reue und quälende Gedanken.
Der prüfende Blick von ihm verschwand und wurde durch grenzenlose Zuneigung ersetzt. „Womit hab ich dich nur verdient?“
„Weiß ich doch auch nicht, ich mag dich halt“, gestand ich ihm leicht errötend, obwohl er sich dieser Tatsache hinlänglich bewusst sein musste, so wie ich mich die ganze Zeit verhielt.
Er lächelte schwach. „Ich mag dich auch…viel zu sehr für meinen Geschmack.“ Um mich nicht dabei ansehen zu müssen, umfasste er schnell meinen Nacken und küsste mich fest auf den Mund. Ein reines Ablenkungsmanöver, doch ich stieg nur zu gerne darauf ein. Die rührselige Wendung, die unser Gespräch genommen hatte, war nicht sein Ding, das war mir schon vorher klar gewesen, deshalb ehrte mich sein kleines Geständnis umso mehr. Ich lächelte glücklich in den Kuss.
„Du bist mir ganz schön ans Herz gewachsen, Bill. Deswegen hab ich doch auch so nen Schiss, weil ich hier so einfach über dich herfalle. Vielleicht hab ich alles falsch gedeutet und du bist jetzt enttäuscht von mir, weil du glauben musst, ich habs nur auf deinen geilen kleinen Arsch abgesehen. Ich würde es dir nichtmal übelnehmen, wenn es so wäre, aber eigentlich ist es gar nicht so, das musst du mir glauben.“
Er redete so schnell hintereinander weg, dass ich Mühe hatte, den kompletten Sinn seiner Worte sofort zu verstehen.
„Hä?“, war deswegen mein wenig geistreicher Kommentar dazu.
„Ach nichts, Bill.“ Er küsste mich beruhigend auf den Mundwinkel. „Ich will bloß nicht, dass du denkst, ich bin nur zurückgekommen, weil ich dich unbedingt mal knallen will.“
„Und wenn es so wäre?“
„Dann müsste ich dich vom Gegenteil überzeugen.“
„Und wie willst du das anstellen?“ Jetzt hatte er schon so viel verraten, ich wollte auch noch den Rest hören, das war er mir schuldig nach der ganzen aufreibenden Warterei. Ich lauschte gierig.
Er zuckte ratlos mit den Schultern. „Glaubst du mir denn, wenn ich dir erzähle, dass ich dein Lächeln vermisst habe, noch ehe ich ganz zu dieser Tür hinaus war?“
Ich schluckte und nickte zweimal kurz hintereinander.
„Und glaubst du mir auch, dass mir deine Nähe gefehlt hat, als ich wieder in meinem Wagen saß und nach Hause fahren sollte?“
Ich nickte wieder, nichts würde ich lieber glauben.
„Und glaubst du mir letztlich, dass ich diese gesamte Scheißwelt lauthals verflucht habe, die es uns nicht erlaubt, ganz normal zusammen zu kommen, so wie jeder andere auch?“
Ich blickte traurig auf seine Schulter hinab. Wie oft hatte ich schon dasselbe gedacht.
Er streichelte mich unablässig, küsste behutsam meine Schläfe und wärmte meinen nackten Oberkörper mit seinem eigenen. Er schien selbst betroffen darüber zu sein, was er mit seinen paar Worten angerichtet hatte. Doch jetzt war es bereits zu spät, die hochexplosive, erotische Stimmung war im Eimer, stattdessen klammerten wir uns verzweifelt aneinander, wie zwei Ertrinkenden auf der Suche nach einem Rettungsboot.
„Schläfst du trotzdem mit mir?“ wagte ich nach einer geraumen Zeit zu fragen, nachdem ich genügend von seiner Nähe und Wärme getankt hatte, die mir neue Kraft und Energie gaben. Nur weil Gott und die Welt gegen unsere zarte Bande waren, hatten sie nicht das Recht uns diesen einen Abend zu vermiesen.
Er lachte leise. „Ich hab damit nicht gemeint, dass ich nicht genauso sehr auf deinen Arsch scharf bin, so gut dürftest du mich inzwischen kennen. Aber gibt’s hier nicht vielleicht ein Gästezimmer mit einem Bett darin oder so etwas? Ich glaube, das könnte jetzt etwas länger dauern und mir wäre wohler dabei, dein hübscher Rücken würde etwas weicher liegen.“
Ich grinste süffisant über sein Mitgefühl. Natürlich gabs hier so etwas. Sogar Tom und mein altes Zimmer waren noch intakt aus der Zeit, in der wir hier wochenlang gehaust hatten. Ich nickte und griff schnell nach seiner Hand. Wir hatten schon genug Zeit verloren. Er folgte in meinem Schlepptau die enge Treppe hinauf und betrat nach mir das kleine gemütliche Zimmer unterm Dachboden, in dem ich in der Vergangenheit schon so viele Nächte verbracht hatte. Meine kurzzeitigen Befürchtungen, unsere unbändige Lust aufeinander hätte durch das ernüchternde Gespräch Schaden genommen und die knisternde Stimmung zwischen uns müsste jetzt erst wieder mühsam neu aufgebaut werden, war unbegründet.
Spätestens dann, als ich mit dem Rücken zu Wand stand und er mich hart und fordernd mit seinem Körper dagegen presste, wusste ich, dass es gut werden würde. Als er mich dann, wie ein kostbares Geschenk in mein altes Bett trug und auf den Rücken legte, um mich so zu lieben, wie ich es mir in meinen phantasievollsten Träumen nicht ausgemalt hatte, war alles so, wie es sein sollte. Für eine begrenzte Zeit, war die Welt für uns in Ordnung.
Und vielleicht wird mich die Erinnerung an diese Nacht eine Weile darüber hinwegtrösten, dass mein nie verblassender Wunsch, die Zeit würde uns irgendwann gestatten, unsere Zuneigung nicht nur hinter sorgfältig verschlossenen Türen ausleben zu dürfen, nie erfüllt werden würde.
~ ENDE ~

RE: "Bis die Zeit uns vergisst"
in Fanfictions 24.07.2009 14:01von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge
öhm... da fehlt was^^
ich
äh
moah, Gosu
...
mir fehlen ein paar Worte
ich tippe mal... so ungefähr 20.000
...
ich versuchs mal von Anfang an
...
als ich angefangen habe zu lesen, da hast du mich sofort eingefangen ...
auf diese Art, die nur du schreibst ...
so wow
ich könnte wieder so viele Sätze zitieren, die ich besonders besonders fand, dass es wieder mal zwecklos ist
geil
echt mal
dein Schreibstil ist einfach nur *es anders nicht ausdrücken kann*^^
...
und dann les ich so weiter ... lese, wie du wieder reale Fotos und Situationen verarbeitest ... was ich bei dir einfach auch supergern lesen mag
es ist klar, dass Anis zurückkommt ... was ich beim Lesen auch einfach schon schön finde ... das gibt mir so eine Vorfreude auf den Höhepunkt der Geschichte ... also alles so, wie es sein soll
Anis holt seinen Sturm-und-Drang-Typen raus ... Bill freut sich genau darauf ...
... bis dahin bin ich eine sowas von glückliche Leserin
aber dann...
als Bushido anfängt zu quatschen und nur noch so wenig Text da ist, ahne ich, dass du uns sexuell unwissend lassen wirst ... ein leichtes, aber akzeptierendes Seufzen durchzieht mich ... es ist ja nicht ungewöhnlich bei deinen Geschichten *deshalb halt auch schon dran gewöhnt bin*^^
ich kann auch den Sinn von Anis Rede verstehen und bin inhaltlich auch zufrieden damit,
jedoch kommt es bei mir nicht so rund an, wie deine Worte davor.
Als ich etwa die Hälfte dieses OS gelesen hatte, hatte ich so den Gedanken, dass dies einer deiner besten One Shots überhaupt werden könnte. Der Anfang und die Mitte sind einfach soo genial geschrieben, Gosu. Ich liebe jedes Wort darin... wundervoll... einfach zum Verschlingen und herrlich Genießen.
Aus dieser Sicht heraus, enttäuscht mich das Ende etwas. Für mich hat der OS am Ende an Kraft verloren... leider
Insgesamt aber
Danke dafür

RE: "Bis die Zeit uns vergisst"
in Fanfictions 24.07.2009 14:28von Gosu • Besucher | 2.584 Beiträge
Hihi Kim, soll ich dir mal was sagen?
Also erstmal viiiilen Dank für dein Kommi, ich freu mich da jedesmal ganz sehr drüber...
Und dann muss ich gestehen, dass ich etwa 3/4 des OS mal ganz schnell an einem Nachmittag...also für mich relativ schnell... dahingekritzelt habe und irgendwann fings es an zu stocken.....genau da, ab da du wahrscheinlich nicht mehr so hundertpro zufrieden damit warst....und ich auch nicht.^^
Aber nach einer Woche fiel mir immer noch nichts Gescheites dazu ein und es wurde das draus, was du gerade gelesen hast.
Mir war völlig klar, dass du was wegen dem fehlenden Sex sagen würdest.^^ Aber darauf war ich vorbereitet und wollte extra für dich (und vielleicht auch für Erna, wenn sie es lesen sollte) eine Fortsetzung vorschlagen, wo ich genau dort anfange, wo ich hier aufgehört habe ...sonst wird das nix, ich verstricke mich da oft in Kompliziertheiten, die sich mit heißem Sex nicht mehr vereinbaren lassen *schwierig ist*
Ich verstehe somit deine Enttäuschung durchaus, ich hätte dir auch gerne ein anderes Ende geboten :( ... aber vielleicht klappts ja beim nächsten Mal.^^

RE: "Bis die Zeit uns vergisst"
in Fanfictions 24.07.2009 14:49von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge
Zitat von Gosu
und irgendwann fings es an zu stocken.....genau da, ab da du wahrscheinlich nicht mehr so hundertpro zufrieden damit warst....und ich auch nicht.^^
hihi... genau ab der Stelle meinte ich das xD
Und zu deinem Vorschlag mit der Fortsetzung....
generell bin ich ja dafür^^ ... aber du schreibst besser, wenn du immer gerade das schreibst, was dir auch unter den Nägeln brennt *komische Redewendung eigentlich*
Soll heißen... ich möchte lieber keine Fortsetzung, wenn du selbst nicht unglaublich heiß drauf bist, sie auch zu schreiben.

RE: "Bis die Zeit uns vergisst"
in Fanfictions 24.07.2009 15:06von Gosu • Besucher | 2.584 Beiträge
Ach nö, da bin ich nicht heiß drauf.
Ich hätte es dir nur zur Beruhigung vorgeschlagen und gehofft, dass du es wieder vergisst.^^
Ich glaube, ich könnte das auch gar nicht, oder es wäre ein einziger Krampf, mit dem du dann noch weniger zufrieden wärst.
Irgendwann schreib ich lieber was Neues...wäre ja schön, wenn mir der gute Bushido mal wieder ne Anregung liefern würde *ihm in den Arsch trete* (keinen Arschtrete-Smilie finde)

Mir fällt da ein Wort zu ein Feigling
Der hätte wirklich wunderschön werden können, wenn du nicht selbst aus dem Zauber gefallen wärst beim schreiben.
Aber...ich mag den trotzdem du hast es einfach drauf Ich tauch immer so richtig ein in deine Storys, wenn ich selbst gerade dazu geschaffen bin. Hier hast du das Herauswinden aus der heiklen Situation jetzt nicht so fließend geschafft, wie du es sonst meistens drauf hast, irgendwie is hier so ein eintauchen in kaltes Wasser...fließend...hihi, versteh mich wer will...ich weiß schließlich was ich meine
Was ich hier ein wenig vermisse ist die Selbstsicherheit die Bushido bei dir ausstrahlen kann, aber man will ja auch nicht immer das selbe schreiben und lesen, nüch.
Hach, aber du hast wirklich eine wundervolle Wortwahl *vor dir einen Knicks mache*
edit: Äh...ich habs gelesen


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