#16

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 16.10.2008 00:32
von Erna

Vivian war es, der mir irgendwann vorschlug, dass ich doch am nächsten Tag nicht mit Christian mitfahren sollte und stattdessen mit ihm zum Amt. Er hätte dort was zu erledigen und ich könnte mich dann gleich anmelden. Er würde mir den Weg zeigen und sich selbst damit ersparen den etwas komplizierten Busweg zu nehmen. Zudem hätte es noch den Vorteil, dass wir früher zum Proben konnten, denn die anderen Jungs hätten am Dienstag auch früher Zeit und somit trafen sie sich meistens an diesem Wochentag.

Ich fand seinen Vorschlag gar nicht so schlecht. Zu der Tankstelle und zu Oma Helli sollte ich erst übermorgen und die Stellen, die ich in den Zeitungen gefunden hatte…dort musste ich zum Teil sowieso vorher einmal anrufen, um die genauen Adressen zu erfahren. Das konnte ich von hier aus tun, um dann am Mittwoch die einzelnen Möglichkeiten abzugrasen.
Ja und Sabrina…ihr Vorschlag wurde immer abwegiger in meinem Kopf und ich war nur froh morgen nicht nach Hamburg zu müssen.

Ich stimmte lächelnd seinem Vorschlag zu und half gleichzeitig Anna, die Marei von meinem Schoß nahm, um mit ihr hineinzugehen. Ohne das schlafende Kind fühlte ich sofort die Kälte, die mich jetzt hart traf, als ihr Körper nicht mehr an meinem verweilte und ich zog stattdessen meine Arme fest an meinen Körper, was mir wenigstens ein bisschen was brachte.
„Willst du?“ hielt Vivian mir unerwartet einen Joint vor die Nase.
Sollte ich es noch einmal probieren? Warum nicht?

Ich zog zwei Mal dran und gab ihn vorsichtig an Christian weiter, um direkt wieder darauf zu warten, wann sich irgendwas verändern würde. Doch es war genau wie beim ersten Mal es tat sich nichts…gar nichts. Scheinbar war selbst das in meinem Leben nicht normal…und das war auch das einzige, was sich in mir tat. Ich fiel in tiefe Traurigkeit…nichts war mir bisher so richtig geglückt…was hatte ich schon erreicht. Gar nichts, rein gar nichts.
Ich war hier, bei eigentlich fremden Menschen und stand vor einem schwarzen Loch.

Plötzlich war es unwichtig wie zuhause ich mich hier fühlte und wie verbunden mit den Leuten und selbst wieder in einer Band zu spielen, was ja eigentlich mein größter Traum war…gab mir gerade in diesem Moment nichts. Was brachte das alles schon…niemals würde ich meinen Traum verwirklichen können. Ob es nun daran lag, dass ich einfach zu schlecht war, oder daran, dass ich mich nicht genügend verkaufen konnte, oder auch daran, dass mir einfach die nötigen Beziehungen fehlten…letztendlich kam das Selbe unterm Strich dabei heraus. Niemals würde ich auf großen Bühnen stehen…niemals meinen Traum leben.

Um mich herum schwirrten die Stimmen der anderen, doch ich nahm sie nicht mehr wirklich wahr, hörte ihnen nicht zu, war einfach nur versunken in mich selbst und fühlte mich allein. Alles hatte ich falsch gemacht, immer den verkehrten Weg genommen, doch welcher nur, wäre der richtige gewesen?
Ich wusste es nicht, nicht mal im Nachhinein.
War es die Musik? Hatte ich mein Leben daran verschwendet? Alles hatte sich immer nur darum gedreht…alles war daran gescheitert…meine Beziehung zu Taito, die Liebe mit Lena und was war mit meinen Eltern, meiner Familie? Sie ließen mich meinen Weg gehen, schon immer…so wie ich es wollte, doch für richtig und gut hatten auch sie es nie gehalten.

Es war kein Geheimnis, dass meine Eltern sich gewünscht hatten, dass ich einer „vernünftigen Ausbildung“ nachging und wenn schon nicht ein Studium, dann doch wenigstens einem handfesten Beruf.
Ich erschauderte bei dem Gedanken daran irgendwo in einem Betrieb fest zu sitzen und mir von jedem sagen lassen zu müssen, was ich zu tun hatte.

„Ist dir kalt?“ fragte mich Vivian und ließ mich damit erst realisieren, dass der Schauer, der mir durch Mark und Bein gelaufen war, offensichtlich zu sehen gewesen sein musste.
Ich nickte und sagte gleichzeitig, dass ich ins Bett gehen würde. Es war zwar noch relativ früh und ich konnte ja am nächsten Tag ein wenig länger schlafen, doch irgendwie fühlte ich mich müde.

„Ich geh auch schlafen.“ Entschloss sich der dunkelhaarige und ich fühlte seine Hand, die nach meiner griff und mich dazu aufforderte aufzustehen. Dem nachkommend, sagte ich eine „Gute Nacht“ in die Runde und ging gemeinsam mit Vivian hinein. Erst als wir uns in Bewegung setzten, ließ er meine Hand locker und sie rutschte letztendlich aus seiner, weil er schneller war und bereits einen halben Meter vor mir lief.
Ein Zeitpunkt an dem ich erst verstand, dass er sie festgehalten hatte. Es hatte sich so normal…so richtig angefühlt. Fast wie vor ein paar Minuten bei Marei, überkam mich abermals eine Kälte, die mich innerlich frösteln ließ und meine Hände dazu trieb an meinen Armen zu reiben.

Vivian lenkte mich ab, er redete ununterbrochen bis wir in die Wohnung kamen, blieb dort mit mir stehen und erzählte mir bestimmt noch fünf Minuten lang etwas über einen Film, den er einmal gesehen hatte. Mühevoll konzentrierte ich mich auf das Gesagte, versuchte die Hand, die mich gehalten hatte aus meinem Sinn zu treiben. Hörte ihm zu, lenkte meine Aufmerksamkeit auf sein Gesicht, dessen Mimik mir grinsend von den Szenen erzählte wie sein wundervoll geschwungener Mund. Meine Augen klebten an seinen Lippen, versuchten nichts zu verpassen und doch erinnerte ich mich später in meinem Bett liegend, nicht an das was er mir so begeistert erzählte hatte.

Es war seine Hand, die meine Erinnerung beherrschte. Seine Hand, die meine einen Augenblick in seiner hielt…die mir zum Abschied des Tages über den Oberarm strich, so zärtlich und voller Gefühl. Seine Hand, die mich mochte und mir seine Zuneigung zeigte.
Es waren seine Augen, die mich mit Begeisterung ansahen, seine Lippen, die Worte formten…Worte, die aus meinem Kopf verschwunden waren…sie waren es, die meine Sinne beherrschten und mir die Erinnerung an alles Gesagte raubten.
Sie waren es, die meine Sehnsüchte hochtrieben…meine Wünsche nach Berührungen schürten und mich nicht schlafen ließen.

Oh Gott Thorsti, was denkst du hier…benutzte ich den Namen für mich selbst, den ich eigentlich hasste und den lediglich meine Eltern benutzten.
Er ist ein Freund…nur ein Freund…er gibt dir die Zuneigung eines guten Freundes, eines verbundenen Menschen….nicht das, wonach es dich sehnt.
Aber…lass mich von seinen Händen träumen, lass mich daran denken, wie sie mich berühren, so wie mich einst Taitos Hände berührt hatten…versuchte ich mir selbst meine Gedanken zu erhalten…ich wollte sie genießen, wollte wenigstens davon träumen…in meinen Gedanken ein wenig Glück erfahren….ein wenig von dem Glück, nach dem es mich noch stärker sehnte, als nach der Musik.

Auch Taito war nur ein Freund und es…so etwas kommt nie zurück…du machst dir etwas vor Theon….hast es schon immer getan. Hör auf zu träumen….du machst dich selbst nur unglücklicher…sei zufrieden mit dem was du hast. Sprach die innere Stimme in mir, die neben meiner Traumgedanken noch ein Plätzchen fand, das Verstand beinhaltete.

Es hörte nicht auf, mein Kopf sprach mit sich selbst und die Gefühle in mir, die Sehnsucht, die verborgen in mir schlummerte und an diesem Abend so gnadenlos hervorbrach…sie stritt mit meinem Verstand, mit der Vernunft, die unbarmherzig versuchte zu siegen.
Unruhig warf sich mein Körper in den Kissen hin und her…Kälte gab es nicht mehr, im Gegenteil. Dieses Bett erschien mir so warm wie die glühenden Holzscheite in einem Kamin.

Sei zufrieden mit dem was du hast…hörte mein Verstand einfach nicht auf…doch was hatte ich schon? Da war es wieder, das Gefühl nichts erreicht zu haben…vor einem dunklen Loch zu stehen, das mich zum Fallen einlud.
Ich musste nur loslassen…jetzt…ich würde hineinspringen können…das Unbekannte, etwas Fremdes würde mich dort erwarten…egal was es brachte, es konnte doch nur besser sein, als dieses nagende Gefühl. Dieser Schmerz, der nicht hier sein sollte, der keinen Sinn machte und doch nicht von mir ging…er würde verschwinden, ich war mir so sicher.

Stunden mussten vergangen sein, mich gefangen haben in meinen Gedanken…doch es war nur mein Körper, der dies auch so empfand, der nicht mehr wusste wie er liegen sollte, der keinen Halt und keine Ruhe fand in diesem viel zu warmen Bett.
Mein Geist verstand erst ein Stück davon, als meine Ohren kleine patschende Schritte hörten. Kleine nackte Füße, die auf dem alten Holzboden ganz eigene Geräusche verursachten und mir deutlich Mareis Erscheinen ankündigten.
Wie lange musste ich wohl schon hier schlaflos gelegen haben? Ich war mir sicher, dass es schon irre spät war.

Ich erwartete sie…wollte ihren kleinen zierlichen Körper nah an meinem spüren…heute würde es sie sein, die mir Geborgenheit schenken würde. Unbewusst tat sie es jedes Mal mit ihrer kindlichen Nähe…doch in dieser Nacht würde ich es bewusst spüren.
Sie trat an mein Bett und ich merkte plötzlich, dass mein Körper leicht zitterte…mir war kalt…wo nur war die Hitze geblieben, die mich noch vor Sekunden gequält hatte?

Dicht kuschelte ich mich an das Kind, das sich in meine Arme schmiegte und schloss meine Augen…es war wundervoll ihre Wärme zu spüren und ich labte mich in diesem Moment an ihrer Zuneigung. Es war nicht das, was die Sehnsucht in mir stillen konnte, aber es war etwas, was meine Seele für diese Nacht beruhigte. Ich spürte meinen Atem gleichmäßiger werden und es dauerte gar nicht mehr lang und endlich holte mich der Schlaf, den mein Körper so sehr benötigte.

Er war wirklich wunderschön dieser tiefschwarze große Hund. Ich sah ihn neben einer Frau stehen, die leblos auf dem Asphalt lag…was tat er da? Ich ging näher heran…das Blut, das ich irgendwann als das erkannte, schien immer mehr zu werden. Immer wieder stieß der Hund mit seiner Schnauze gegen das Gesicht der Frau. Wo kam nur das ganze Blut her? Ich konnte keine Verletzung erkennen…ich musste etwas tun, musste helfen…hatte das Gefühl schon eine Ewigkeit zu laufen, doch irgendwie nicht bei der Frau und dem Hund anzukommen, der jetzt über das leblose Gesicht leckte. Die Blutlache auf dem Boden wurde immer größer, fast erreichte sie mein Füße…sie erreichte mich, aber ich gelang nicht an die Stelle des Geschehens…Panik stieg in mir auf…ich musste doch helfen…

Voller lähmender Gefühle riss ich die Augen auf…mein Herz klopfte angespannt und in rasendem Tempo in meiner Brust.
Ein neuer Traum, realisierte ich nur langsam…nein, eigentlich die Fortsetzung des vorherigen…wie konnte das sein?
Ging so etwas überhaupt?

„Hey…alles klar?“ hörte ich eine Stimme flüstern, die ich sofort als Vivians erkannte und sah erschreckt in sein besorgtes Gesicht. Im ersten Moment wollte ich mich ärgern, weil er schon wieder einfach hier an meinem Bett war. Ich fand es wirklich komisch, wenn jemand einfach so in mein Zimmer kam, wenn ich schlief…ausgenommen Marei, die war ja schließlich noch ein Kind…aber er sah mich so lieb an, da konnte ich gar nicht böse sein und was war auch schon dabei?!
„Du hast geschrien…ich…ich dachte schon es wäre etwas mit Marei…ich…“ stotterte er herum und es schien ihm diesmal tatsächlich nicht angenehm zu sein, mich anzusehen und trotzdem sahen seine Augen fest in meine.
„Es ist nichts, ich hab wohl nur geträumt…alles gut.“ Beruhigte ich ihn und fand es irgendwie prickelnd seinen Blick zu erwidern, der aus irgendeinem Grund beschämt und doch mit einer Spur Neugierde meine Augen fixierte.

„Nur“ hallte es durch meinen Kopf…diese Träume waren nicht „nur“…sie waren grauenvoll und dieser steckte noch immer tief in meiner Seele. Jetzt schrie ich sogar schon…was hatte das nur alles zu bedeuten?
Na Theon du träumst ganz einfach.
Ja, aber warum nur, das gab es doch früher nicht…war ich mit meinem Gedanken in einem Gespräch mit mir selbst.
Diese Träume, die gab es erst, seit ich hier auf dem Hof war…irgendwie logisch, sie hätten ja auch nicht vorher da sein können, weil sie irgendwie mit dem Unfall im Zusammenhang standen, soviel war mir ja immerhin klar…nur warum ich davon träumte…ich begriff das einfach nicht.

Ich musste duschen….das Bedürfnis nach Sauberkeit drängte sich zwischen meine Gedanken und auch zwischen diese prickelnde Verbindung mit Vivian, die nicht nur durch unseren Blickkontakt vorhanden war. Ich spürte sie auch noch, als sich unsere Augen voneinander lösten und selbst, als ich eine Zeit lang später unter dem angenehm warmen Wasser der Dusche stand, prickelte es auf meiner Haut, als würden mich weiche Schmetterlingsflügel in ihrem Flug streicheln.

Aufbruch fertig betrat ich mein Zimmer. Ein Blick auf den Wecker betätigte mir das Gefühl ziemlich lange gebraucht zu haben, aber zum Glück war es ja nicht schlimm. Wir hatten uns vorgenommen so gegen 10 Uhr auf dem Amt zu sein, weil Vivian meinte, um die Zeit gab es dort meist ein Andrangsloch und wenn wir Glück hatten, bräuchten wir nicht so sehr lang warten.
Der Schwarzhaarige war verschwunden und Marei lag noch so in dem Bett, wie sie gelegen hatte, als ich den Platz neben ihr verlassen hatte. Ich beobachtete sie einen Augenblick, bis sie sich rekelte und die Augen öffnete. Süß sah es aus, wie sich ihr müder Körper in den Kissen streckte und ihre dunklen Augen mir verschlafen entgegen sahen.

„Bring mich zurück in mein Bett.“ Schienen mir ihre Arme zu sagen, als sie sie anhob und mir deutlich entgegen streckte. Ich hob sie behutsam aus dem Bett und wunderte mich dabei, wie eindeutig sie doch manchmal mit mir sprechen konnte, obwohl kein Laut ihre Lippen verließ. Ich wusste genau, dass sie nicht nur in meine Arme wollte…sie wollte zurück in ihr eigenes Bett.
Manchmal hatte ich das Gefühl, so wie in diesem Augenblick, dass Marei mir mit ihren kleinen Gesten ihre Gedanken direkt in den Kopf fließen ließ. Ich spürte so deutlich was sie wollte, als wären es meine eigenen Gedanken, die denken konnten, was sie wollte.

Anna war nirgendwo zu sehen, als ich die Tür der Wohnung öffnete. Erst als ich Mareis Zimmertür leise hinter mir schloss, nachdem ich sie bis in ihr Bett getragen und mich mit einem sanften Kuss auf ihre Wange, von ihr verabschiedet hatte, stand sie plötzlich vor mir.
„Oh Gott, hast du mich erschreckt.“ Wich ich leicht zurück, als sie unerwartet hinter mir stand, während ich mich umdrehte.
„Das war jetzt deutlich zu sehen.“ Kicherte sie und sah mich belustigt an, um sich aber im selben Moment bei mir zu entschuldigen „Tut mir Leid, das wollte ich nicht…ich wollte nur leise sein, um die Kleine nicht zu wecken. Es scheint ja zum Dauerzustand zu werden, dass sie nachts in dein Bett kriecht…ich…“

„Es ist okay Anna, Marei stört mich überhaupt nicht.“ Wusste ich, dass sie nach Worten suchte, die mir sagen sollten, dass es ihr unangenehm war…auf irgendeine Weise…sie fühlte sich scheinbar irgendwie dafür verantwortlich.
„Aber…“
„“Mach dir keine Gedanken Anna, es ist wirklich okay…niemand hat Nachteile damit, das Bett ist groß genug…und auch wenn ich mir ihre Beweggründe nicht erklären kann, sie scheint es ja so zu wollen….lassen wir sie einfach.“ Unterbrach ich sie und war froh, dass sich ihr Gesicht nach meinen Worten wieder erhellte.
Sie nickte leicht und der Ausdruck in ihren Augen fühlte sich warm in meiner Brust an.
„So und jetzt muss ich.“ Verabschiedete ich mich auch von ihr mit einem Kuss auf die Wange und genoss das sanfte Lächeln, das sie mir noch zuwarf, bevor ich durch die Tür ging.

Mit den Gedanken noch bei Marei und ihrer Tante, öffnete ich die Tür zu Vivians und jetzt ja auch meiner Wohnung und erstarrte noch mit der Klinke der geschlossenen Tür in der Hand, als sich in diesem Moment die Badezimmertür öffnete und Vivian nur mit einem Handtuch um die Hüfte ins Wohnzimmer kam.
Kleine Tropfen zierten seinen Oberkörper, der mich einfach nur…woah…umhaute. Noch nie hatte ich so einen Körper gesehen und ich glaubte in diesem Moment, dass diese Schönheit, die mir hier vor Augen war, durch nichts mehr zu toppen sein könnte.
Wundervoll und genau das, was mich manchmal in meinen Tagträumen verfolgte…ein Körper, gebaut ganz nach meinem Geschmack….perfekt…einfach nur perfekt, war das Wort, das durch meinen Kopf spukte und das Blut in meinem eigenen Körper irgendwie anders fließen ließ, als normal.

Ich starrte ihn an, meine Augen klebten auf seiner Haut, suchten jeden Tropfen und jede feuchte Stelle, während sie soviel wie möglich von seiner Schönheit aufzunehmen versuchten und ich merkte es nicht einmal…merkte auch nicht, wie das Blut, das merklich anders in mir floss immer heißer zu werden schien, wie es sich gefährlich nah auf meine Mitte zu bewegte, sich dort zu sammeln drohte und in das Körperteil floss, dass für meinen Verstand hier gar nicht ins Spiel zu bringen sein dürfte.
Aber mein Verstand…er funktionierte gerade nicht…es war ein anderer Teil in meinem Kopf, der Bilder bildete, die sich unaufhaltsam in mir ausbreiteten und erst, als sie meine Finger erreichten und mich fast meine Hand anheben ließen, um sie nach dem Körper auszustrecken, der mich penetrant und auf magische Weise anzog, erwachte ich mit Schrecken.

„Ja…ich bin auch gleich soweit.“ Schaffte mein Mund auf seine Aussage zu reagieren, dass er gleich fertig sein würde, bevor ich fluchtartig durch den Raum lief, obwohl mein Kopf meine Füße zu bremsen versuchte, die nichts anderes mehr wollten, als von dem Anblick weg zu kommen.
Mit rasend klopfendem Herzen lehnte ich mich an die schnell hinter mir geschlossene Tür und versuchte zu realisieren, was hier in den letzten Sekunden, oder waren es Minuten…geschehen war. Oh Gott, das peinliche Gefühl in mir stieg unaufhaltsam und ich wünschte mich lieber in ein Erdloch, als gleich mit Vivian zum Amt zu fahren…ich wollte ihm nie wieder vor die Augen treten.

Und das Schlimmste daran war, dass ich fühlte, wie gelogen das war…so peinlich diese Situation auch in diesem Moment war, wie sehr ich mir auch gerade wünschte hier verschwinden zu können…ich wollte, dass der Schwarzhaarige nie wieder aus meinem Leben verschwand und…noch viel Schlimmer, ich wusste, dass ich jeden Blick, der mir erneut ein Stückchen seines Körpers zeigen könnte, erhaschen würde.
Krampfhaft versuchte ich meinen Atem ruhig zu halten, um damit irgendwie mein aufgebrachtes Herz zu beruhigen, das einfach nicht normal schlagen wollte.
Alles in meinem Kopf schien durcheinander gewirbelt und je mehr ich versuchte die Gedanken zu sortieren, je schneller schienen sie sich zu bewegen und ich stand vor dem reinsten Chaos.

Doch ich musste es irgendwie schaffen Kopf und Herz in die Normalität zurück zu lenken. Die Zeit saß mir im Nacken, ich wusste er würde gleich Aufbruch bereit sein…seine Stimme würde mich in wenigen Minuten rufen, mich fragen, ob ich fertig sei.
Zu der Aufruhr meines Körpers stieg unaufhörlich Panik in mir auf und ich hatte keinen Plan, was ich noch versuchen konnte, um mich wenigstens einigermaßen zu beruhigen…alles schien in diesem Moment aus dem Lot zu geraten.
Doch wie durch ein Wunder getrieben, war sowohl mein Herz, als auch meine Atmung wieder fast im Normalgang, als es dann tatsächlich an meiner Tür klopfte und Vivians mir wohlbekannte Stimme mich fragte wie weit ich den sei.

„Fertig.“ Musste ich mich nicht einmal zu einer Antwort zwingen und auch meine Hand, die zum Türgriff langte um sie zu öffnen, tat dies wie von selbst und als meine Augen auf die von Vivian trafen, war nur eine kleine Spur Unbehagen in mir, die sich dann auch sehr schnell legte, als er mich wie immer scheinend freundlich anlächelte.
Konnte es sein, dass er mein blödes Verhalten überhaupt nicht bemerkt hatte?
Hatte ich mir nur eingebildet, dass ihm mein Anstarren nicht entgangen sein konnte?
In diesem Augenblick musste ich mich zwingen…zwingen nicht weiter darüber nachzudenken und ich drängte die erneut aufkommenden Gedanken aus meinem Kopf, was mir zugegeben nur durch Vivians Hilfe gelang, der mich in ein interessantes Gespräch über die Musik ablenkte, während wir das Haus verließen und Minuten später auf meinem Motorrad konnte ich sogar seine Hände an meinen Hüften ignorieren und mich auf die Strasse konzentrieren.

Tatsächlich war es nicht allzu voll auf dem Amt und wir brauchten nur zwei Stunden, bis wir alles erledigt hatten und Vivian bestand nach getaner Pflicht unbedingt darauf mich in das gegenüberliegende Cafe einzuladen. Meinen Protest ignorierte er gekonnt und schliff mich am Arm über die Strasse, bis ich nachgab.
Eigentlich hatte ich gedacht die Zeit, die mir durch die Schnelligkeit des Behördengang blieb ausgiebig für Telefonate nutzen zu können und mich um einen Job zu kümmern, doch ich konnte diesen Augen letztendlich nichts abschlagen, die mich so bittend ansahen, als ich bereits im Cafe sitzend erneut davon anfing und wir verbrachten fast noch mal zwei Stunden dort, die mir allerdings vor kamen wie ein paar Minuten.

Doch ich musste mir später selbst eingestehen, dass ich die Zeit mit ihm genossen hatte, kein einziges der schlechten oder viel mehr peinlichen Gefühle des am Morgen erlebten, schlich sich ein und die Situation war so unbefangen wie ich es nie wieder für möglich gehalten hätte. Selbst als sich für einen Augenblick sein nackter Oberkörper vor meine Augen schlich und meine Hand sich für einen Moment unter dem Tisch verkrampfte, konnte ich ihn abschütteln und weiter dem angeregten Gespräch folgen, das wir ununterbrochen führten.

Trotz der doch sehr langen Zeit, die wir letztendlich für alles brauchten, blieb mir noch genügend um mich mit der Jobsuche zu befassen, doch es blieben am Ende nur zwei Stellen nach, bei denen sich es überhaupt lohnte sie am nächsten Tag aufzusuchen. Die meisten bei denen ich anrief erzählten mir direkt, dass die Jobs bereits vergeben waren.
Doch zum Glück zog es mich nicht wieder runter, heute ging ich mit viel besseren Gefühlen ins Bett und konnte auch einschlafen, ohne dass mich die Traurigkeit wieder überfiel.
Vielleicht war es auch das Spielen mit der Band gewesen, dass mich vom Trübsal abhielt, ich hatte jede Sekunde im Proberaum genossen und…jeden Blick, den ich Vivian zuwerfen konnte. Er sah wundervoll aus, wenn er Gitarre spielte und mit genau diesem Anblick schlief ich auch ein, als mein Tag, sich gut anfühlend, zu Ende ging.

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#17

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 16.10.2008 00:55
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

Der tropfenüberdeckte Vivian gefällt mir genauso wie er Theon gefällt xD

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#18

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 24.10.2008 15:09
von Erna

Aufrecht gehend und furchtartig schritt die wolfsartige Gestalt den Feldweg entlang. Ich sah sie auf mich zukommen. Noch immer war ich nicht bei der verletzten, leblos auf dem Asphalt liegenden Frau angelangt. Der schöne Hund…er war plötzlich weg und diese Mischung aus Mensch und Wolf kam der Frau immer näher. Er erreichte sie, nur ich…ich kam immer noch nicht vorwärts. Meine Füße blieben im Matsch stecken, der sich unaufhörlich immer stärker vor mir bildete. Ich machte mir keine Gedanken darüber, warum der Boden vor meinen Füßen plötzlich immer mehr nachgab und wo der Schlamm herkam, der mir immer stärker die Möglichkeit nahm mich vorwärts zu bewegen…ich musste hingelangen zu der Frau, die jetzt von der Wolfsgestalt hochgehoben wurde…er trug sie davon, bevor ich etwas tun konnte.


Braune feucht schimmernde Augen waren das Nächste, was ich wahrnahm. Mareis Augen sahen mich traurig an und noch bevor ich mich darauf besann, aus einem Traum erwacht zu sein, schmiegte sie ihre Wange kurz an meine und verließ das Zimmer.
Ein kurzer Blick auf meinen Wecker ließ mich sowohl den Traum, als auch Mareis traurige Augen in den Hintergrund drängen…warum auch immer, er hatte mich nicht rechtzeitig geweckt. Nicht einmal zum Duschen blieb mir noch Zeit. In fünf Minuten galt es in der Halle zu sein. Christian würde dann dort auf mich warten und da er pünktlich zur Arbeit erscheinen musste, war höchste Eile geboten.
Ich konnte froh sein, dass er mich mitnahm und keinesfalls wollte ich Schuld an einer Verspätung sein.

So schnell ich konnte, zog ich mich an und putzte meine Zähne, es blieb nur Zeit für eine kleine Katzenwäsche und ich schaffte es gerade so zur Verabredeten Zeit aus der Wohnung zu kommen.
An diesem Morgen war ich nicht sehr gesprächig und immer wieder drängten sich die Traumbilder in meine Gedanken und auch Mareis Augen ließen mich nicht los. Doch ich gab alles, um mich trotzdem so gut ich konnte mit Christian zu unterhalten.

Froh darüber mich vielleicht das erste Mal an diesem Tag sammeln zu können, stieg ich eine Stunde später an der selben Stelle wie vor zwei Tagen, aus dem Wagen. Doch gerade als sich mein Kopf mit den Gegebenheiten beschäftigen wollte, klang eine mir wohlbekannte schrille Stimme in mein Ohr.
„Warum bist du gestern nicht gekommen? Du willst nicht wirklich mein Angebot ausschlagen…Theon, du weißt gar nicht warum es geht. Du bist ein Narr…aber da du ja scheinbar wenigstens heute auf dem Weg zu mir bist…hast dich wohl besonnen, hm…okay, ich will dir noch eine Chance geben, auch wenn ich gestern wirklich böse war.“
Vorwurfsvolle Augen blickten mich an, als ich mich zu Sabrina umdrehte und ich begriff im ersten Moment überhaupt nicht wie mir geschah.

Was machte sie hier und wieso hatte ich mich besonnen? Auf dem Weg zu ihr?
Nur langsam drangen ihre Worte in meinen sowieso schon verwirrten Kopf und ich begriff, dass sie scheinbar hier in der Nähe wohnen musste.
Oh nein…wie zum Teufel sollte ich sie jetzt abschütteln, schließlich hatte ich nicht vor auf ihr Angebot…oder viel mehr ihre Erpressung, wie es für mich eher auf den Punkt traf, einzugehen.
Gerade bildeten sich klare Worte in meinem Kopf, die ihr deutlich machen wollten, dass für mich ein Geschäft mit ihr keinesfalls in Frage kam, als erneut Sätze aus ihrem Mund den Weg in mein Denken fanden.

„Du könntest sofort morgen anfangen Schätzchen. Ein Freund von mir besitzt das Tonstudio in dem Sven gearbeitet hat. Zufällig sucht er gerade einen Boten…ein kleiner Job, aber ich weiß, dass er gute Leute schnell aufsteigen lässt und wer weiß schon, was er von deiner Stimme halten würde…Theon sag es selbst, was wärst du doch dumm, wenn du diese Gelegenheit nicht wahr nehmen würdest.“ Mir gefiel der Triumph in ihrer Stimme nicht, doch die gesagten Worte verdrängten mein schlechtes Gefühl…hatte sie nicht recht?

Was war schon ein kleiner Fick mit ihr, gegen die Chance auf einen Job, der mir einige Möglichkeiten öffnen konnte? War dies hier jetzt meine Chance? Vielleicht die letzte? War es mein Weg? Der richtige?
Was war schon dabei mit ihr Sex zu haben? Sie war nicht hässlich…vielleicht nicht so ganz mein Geschmack…doch je länger ich sie jetzt ansah, je hübscher wurde sie plötzlich in meinen Augen und ihr Körper wurde immer anziehender.
Dass ich mir das nur einbildete, um nicht so deutlich zu wissen, dass ich nur wegen des Jobs auf ihr Angebot eingehen würde, das verdrängte ich genauso wie das Wort Erpressung…sie bot mir doch schließlich etwas.

„Nun komm schon.“ Zog sie mich mit und ich ging tatsächlich umgehend brav neben ihr her…zu verlieren hatte ich doch nur etwas, wenn ich nicht mit ihr ging.
Sie wohnte nur ein paar Meter von dem Platz entfernt, an dem mich Christian aus dem Wagen gelassen hatte, in die andere Richtung und irgendwie war ich froh mich nicht Oma Hellis Wohnung zu nähern.
Sie schloss die Wohnungstür hinter uns und begann schon im Flur an mir herum zu fummeln, eine Hand an meiner Mitte, zog sie mich mit der anderen weiter bis in ihr Schlafzimmer. Ich bekam gar nicht wirklich mit, dass sie sowohl mich, als auch sich auszog, zwar hatte ich keine Zweifel mehr, dass ich alles für diesen Job tun wollte, was sie verlangte, doch so wirklich glauben was ich hier tat wollte mein Kopf auch nicht.

Völlig nackt vor ihr stehend dachte ich dann doch einen Augenblick lag fliehen zu wollen, doch als ihr Lippen meinen Hals berührten, sich an ihm entlang küssten, vergaß ich wo ich war, was das alles hier sollte und wer mich küsste. Es waren nur diese zärtlichen Berührungen, deren Falschheit ich verdrängte.
Mein Kopf schaltete völlig ab und mein Blut floss in meine Mitte, ließ meinen Schwanz wachsen, ihn bald nach Berührungen lechzend zucken und nur zu gern empfing ich in diesem Moment die Lippen, die ihn umschlossen und ihm boten wonach es ihm sehnte.

Die Erregung kickte mich in eine andere Welt…wo auch immer ich war, ich wollte genießen was diese Zunge und diese Lippen mit meiner Männlichkeit taten und als mich irgendwelche Hände zum Bett dirigierten und mich sanft in die Kissen drückten, fühlte ich weiterhin einfach mit fest geschlossenen Augen, was mein Körper fühlen wollte.
Egal, es war alles so egal…alles in mir wollte nur noch einen sexuellen Höhepunkt. Dass ich völlig untätig war und mein Hände leblos neben meinen Hüften lagen fiel mir nicht einmal auf.

Ich hielt mich nicht zurück, in mir war kein Kampf, keine Anspannung, die in irgendeiner Form den Orgasmus aufhalten würde…im Gegenteil, ich sehnte mich danach, dass Hochgefühle meinen Körper erreichten…an meine Partnerin dachte ich kein Stück dabei. Es war mir völlig egal was Sabrina fühlte…in dem Moment war ich kein Stückchen besser als sie…vielleicht sogar noch viel, viel schlimmer, denn der Egoismus hatte mich gepackt und ich dachte an nichts anderes mehr, als an meine sexuelle Befriedigung.

Erst, als die Berührungen endeten, ihre Lippen und ihre Zunge meinen Schwanz frei ließen und sich stattdessen zwei warme Schenkel auf meinen Hüften platzierten, ihr Körper meine Männlichkeit in sich aufnahm, überkam mich gnadenlos das Gefühl etwas Falsches zu tun.

Kleine runde braune Augen sahen mich plötzlich an, so wundervoll lieb und im nächsten Moment voller Traurigkeit…eindeutig schummelte sich Marei in meine Gedanken und ich konnte mich gerade noch zwingen die Aussicht auf den Job davor zu schieben. Jetzt zwang ich mich die Augen geöffnet zu halten, mich zu konzentrieren auf das, was hier und jetzt meine Aufgabe war, doch die grünen Augen, in die ich real blickte…sie machten es nicht besser.
Meine Hände berührten ihre Brust, strichen über das warme Fleisch, doch es war, als würden sie sich verkrampfen und als jetzt Augen vor meinen erschienen, von denen ich nicht ihre Farbe bestimmen konnte, die immer wieder in einem neuen Ton schimmerten und ein liebevolles Lächeln ihnen folgte…Vivian…

Da war mir klar, ich konnte dies hier nicht…ich musste weg. Unsanft stieß ich Sabrinas Körper von meinem herunter, flüchtete aus dem Bett mit den Worten „Ich kann das nicht.“ Noch nie war ich so schnell in meine Klamotten geschlüpft wie in den folgenden Sekunden. Sabrina sagte kein Wort und als ich sie jetzt ansah glich ihr Gesicht einem Fisch auf dem Trockenen. Entsetzt schnappte sie immer wieder nach Luft und schien nach Worten zu suchen, die ihre Lippen aber nicht verließen.
In diesem Moment tat sie mir fast Leid und doch hasste ich sie gleichzeitig für ihre Erpressung und ich wusste nicht welchen Satz aus meinem Kopf ich formulieren sollte. Ich schwankte zwischen einer Entschuldigung und den Worten, dass sie sich ihren Job sonst wo hinschieben sollte.

Letztendlich wiederholte ich nur meinen letzten Satz. „Ich kann das nicht.“ Und verließ dann fluchtartig ihre Wohnung.
Eigentlich sollte mein Ziel die Tankstelle sein, bevor ich zu Oma Helli wollte…doch das war vor meinem Erlebnis mit Sabrina. Ich fühlte mich jetzt nicht in der Lage nach einem Job zu fragen und lief eilig den Weg um in Hellis Obhut zu gelangen. Irgendwie brauchte ich sie gerade, um das Erlebte verarbeiten zu können…mir war schon klar, dass auch sie mich ein Narr nennen würde, wenn auch aus dem Gegenteil, als Sabrina es getan hatte, doch ich musste ihr trotzdem davon erzählen.

„Wie siehst du denn aus? Hat dich jemand überfallen?“ begrüßte mich die grauhaarige Frau mit einem mitleidigen Blick und zog mich umgehend in ihre gemütliche Wohnung.
Als ich von dem Kaffee trank, den ich vor mir stehen hatte bevor ich mich versah, ging es mir gleich ein wenig besser, zumindest wurde ich ruhiger und begriff, dass es vorbei war…ich war weg von Sabrina…allerdings gab es dadurch auch keine Aussicht mehr auf einen Job…einen viel versprechenden Job.
Doch, nachdem ich mein Herz bei Oma Helli ausgeschüttet hatte und sie mich wie erwartet als großen Narr betitelte blieb mir nach ihren folgenden Worten der Mund offen stehen, es musste ähnlich aussehen, wie noch vor wenigen Minuten bei Sabrina.

„Wie, ich kann anfangen?“ fragte ich sie ungläubig, nachdem mein Gehirn langsam begriff, was sie eben von sich gegeben hatte.
„Ich hab mit dem Chef der Tankstelle gesprochen und ein gutes Wort für dich eingelegt…ich kenn ihn schon lang…Du kannst sofort morgen anfangen und gleich gehst du rüber und besprichst weiteres mit ihm. Du Idiot hättest sofort da auflaufen sollen…tz…wie konntest du nur auf so eine Erpressung eingehen…Tonstudio hin oder her.“

„Oh scheiße…Oma Helli ich bin ein Narr!“ zog ich sie dankbar in meine Arme, nachdem mich nichts mehr auf meinem Stuhl hielt…ich wollte rüber in die Tankstelle. Auch wenn ich ihr jedes Wort glaubte, ich brauchte Bestätigung…eine Uhrzeit…einen Schichtplan, oder was auch immer…ich konnte nicht greifen, viel zu viel war in mir…eigentlich brauchte ich etwas, was mich wieder runter brachte von diesem Glückstrip, der plötzlich durch meine Ader floss.

Mitten in meiner Flut aus Freude kam die Erkenntnis Helli gerade bei dem Namen genannt zu haben, der sich bislang nur in meinem Kopf aufgehalten hatte und ich fühlte eine Art Scham in mir aufkommen, doch nur solange, bis ich sie prüfend ein Stück von mir weg schob und in ihre lachenden Augen sah.
„Oma Helli gefällt mir.“ Grinste sie mich offen an und ich entließ erleichtert die Luft aus meinen Atemwegen, die einen Moment lang darin stecken geblieben war.
„Aber ein Narr bist du wirklich…so und jetzt sieh zu, dass du rüber kommst. Klaus wartet nicht ewig auf dich.“ Schob sie mich aus der Küche noch bevor ich meinen Kaffee austrinken konnte, aber sie hatte ja mehr als recht, ich musste mich unbedingt umgehend bei diesem Klaus melden.

Erst Stunden später saß ich wieder bei Oma Helli in der Küche. Klaus, wie ich ihn auch nennen durfte, hatte mich tatsächlich eingestellt, nachdem ich ein paar Stunden unter seiner Aufsicht den Laden geschmissen hatte. Es war kein Tonstudio und es gab keine Aussicht auf irgendeinen Aufstieg, aber die Arbeit machte mir Spaß und ich würde genug verdienen, um mir locker mein Zimmer auf dem Hof leisten zu können.
Um ehrlich zu sein, hatte ich noch nie so gut verdient, wie er mir von allein schon angeboten hatte und ich fühlte mich rundherum glücklich. Das unschöne Erlebnis mit Sabrina war längst aus meinem Kopf verbannt und ich lächelte selig in Hellis Gesicht, während ich ihr meine Arbeitszeiten erklärte.

„Ich habe immer abwechselnd drei Tage Tagesschicht, Nachtschicht und dann drei Tage frei.“ Erzählte ich ihr. „Ich konnte es so legen, damit ich nicht immer mit dem Motorrad fahren muss. Klaus kann die andere Zeit gut bei den anderen Leuten unterbringen und ich brauche dann nur für die drei Tage Nachtschicht das Motorrad nehmen und kann die Tagesschicht mit Christian mitfahren.“ Strahlte ich, zufrieden auch über diese Aussicht.
„Und wenn du keine Lust hast mit deiner Maschine die Kilometer abzufahren, dann schläfst du einfach bei mir…mein Gästezimmer ist immer bereit für dich Schätzchen.“ Bot sie mir an „Wenn im Winter nachher Schnee und Eis ist, dann bleibst du sowieso hier….nee, nee denn lass ich dich sowieso nicht fahren.“

Den Abend verbrachten wir wieder mit der ganzen Hausgemeinschaft am Lagerfeuer und ich war so gut gelaunt wie schon lange nicht mehr…was sich am stärksten dadurch zeigte, dass ich Marei solange sie noch bei uns war immer wieder übelst durchknuddelte. Auch konnte ich es mir nicht verkneifen sie zu kitzeln wann immer ich eine Stelle erreichte, von der ich ahnte, dass sie dort auf meine ärgernden Berührungen ansprang.
Am wunderschönsten daran fand ich, dass sie dabei hin und wieder jauchzende Laute ausstieß…die einzigen Laute, die ich je von ihr gehört hatte und ich sah, dass dies auch Vivian nicht unberührt ließ, er strahlte über das ganze Gesicht.

Alles in allem wurde es ein herrlich ausklingender Abend, der eigentlich viel zu spät endete, dafür dass wir alle am nächsten Tag früh raus mussten. Doch für mein Gefühl war er viel zu schnell vorbei…auch dass ich es in meiner guten Laune nicht lassen konnte Vivian zu berühren, nachdem Marei im Bett war, machte es für mich schwierig mich zu lösen und ins Bett zu gehen. Irgendwie genoss ich es total ihm meine Hand auf die Schulter, oder auf sein Bein zu legen, als Unterstützung meiner Worte, die ich ihm aufgeregt mitteilte. Ich erzählte ihm alles über meinen Tag, nur Sabrina, die ließ ich wie beim letzten Mal aus. Während des Abends zog ich immer wieder an den Joints und machte mir keinerlei Gedanken mehr darum, sie konnten mir ja eh nichts anhaben.
Dass diese Berührungen nur scheinbar zufällig waren, erkannte ich erst später in meinem Bett liegend und ich hoffte, dass er es nicht gemerkt hatte.

Die nächsten drei Tage arbeite ich in der Tagesschicht und es machte mir von Stunde zu Stunde mehr Spaß…ich war Oma Helli dankbar und besuchte sie auch jedes Mal vor meiner Schicht…es war nie lang, aber ich genoss die paar Minuten in ihrer Küche. Mittlerweile hatte ich ihr auch von meinen Träumen erzählt, die mich immer noch jede Nacht quälten. Der letzte, den ich in der Nacht von Freitag auf Samstag träumte war eigentlich der schlimmste von allen und ich berichtete ihr am Morgen davon, wie sich der wunderschöne Hund plötzlich in die wolfsartige Gestalt verwandelt hatte und dann irrsinnig abgefahren zu Vivian wurde.

„Sag mal, hast du schon mal daran gedacht, dass Marei ihrem Vater die Schuld für den Tod ihrer Mutter gibt? Ich meine, es klingt zwar jetzt etwas abgehoben, aber immerhin schläft sie jede Nacht bei dir…vielleicht träumst du diese Träume, weil sie so dicht bei dir ist und…“
„Ach komm, Helli…ich glaub nicht an solchen Quatsch…also zumindest nicht so…wie bitte sollte ich wegen ihrer Nähe träumen…und wieso sollte sie so etwas denken? Vivian hat versucht Alina zu helfen, ist doch ganz klar und das weiß auch Marei.“ Unterbrach ich sie und schüttelte energisch mit dem Kopf, nicht ahnend dass dieser Gedanke von ihr, mich nicht so schnell wieder loslassen würde.
„Okay, okay…is ja schon gut, aber es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde von denen wir nichts wissen…denk mal drüber nach.“ Gab sie mir noch mit auf den Weg, bevor ich rüber zur Tankstelle ging.

Der Tag ging unheimlich schnell vorbei, doch als ich bei Christian im Auto saß, spürte ich auch, wie erledigt ich war. Trotzdem freute ich mich auf den Abend, zuerst wollte ich mit Vivian noch zur Band und eine Stunde proben, länger passte es heute nicht, da die anderen noch etwas vor hatten und danach würden wir wieder, heute wohl ein wenig länger, im Garten zusammen sitzen. Obwohl es eigentlich schon ein normaler Zustand war, genoss ich diese gemeinsamen Abende noch immer. Ich fand es einfach toll, diese Stimmung die um das Feuer herum herrschte und diese Gemeinschaft, die für mich einfach etwas Besonderes hatte.

Genau, wie ich in der Stunde mit der Band nicht nur das Musikmachen genoss, sondern auch diese wundervollen kleinen Zärtlichkeiten, von denen ich mittlerweile auch nicht wenig abbekam. Auch ich wurde herzlich umarmt und geküsst, als wir ankamen und auch ich bekam hier und dort eine zärtliche Geste während des gemeinsamen Spielens. Gesten, die ich ganz besonders von Vivian genoss und ich war eigentlich traurig darüber, dass wir gemeinsam in dem Raum ankamen…ansonsten hätte ich sicherlich auch von ihm eine Umarmung und einen Kuss erhalten. So allerdings blieb mir nur ein zärtliches Anspielen seinerseits, oder ein sanfter Strich über meinen Arm.

Wenn ich ehrlich war, zerrte ich noch daran, als wir längst mit einem Bier in der Hand auf den Stühlen saßen und das Knistern der Holzscheite unsere Unterhaltungen begleitete. Heute am Samstag waren wieder ein paar mehr dieser zur Clique gehörenden Menschen unter uns und ich lernte den ein und anderen ein wenig näher kennen. Doch die meiste Zeit hielt ich mich an Vivian, ohne dass es mir wirklich bewusst war, zog mich seine Nähe einfach an.

Die einzige, die von der Hausgemeinschaft am heutigen Abend fehlte war Janette, doch ich bemerkte es erst, als Anna Vivian erzählte, sie läge mit Kopfschmerzen im Bett. Die Reaktion des Schwarzhaarigen war lediglich ein uninteressiertes Schulterzucken und ich registrierte, wie Anna kopfschütteln auf die andere Seite des Feuers verschwand.

Zum ersten Mal dachte ich wirklich darüber nach, dass es vielleicht eine Verbindung zwischen Janette und Vivian geben könnte…oder dass da mal etwas gewesen war…zumindest schien er hier und jetzt nicht sehr an der jungen Frau interessiert. Oder vielleicht war es auch so, dass nur sie etwas von ihm wollte und er nicht…es würde auch ihre komischen Blicke mir gegenüber erklären, aber ich kam nicht weiter in meinem Denken, weil Vivian mich einfach davon ablenkte…Vivian und der Joint, den er mir hinhielt.

Wie die letzten Male nahm ich ihn, als wäre es das normalste von der Welt und ich sparte auch nicht mit meinen Zügen…ein schlechtes Gefühl hatte ich dabei ja längst nicht mehr. Nebenbei kiffte ich im Prinzip was das Zeug hielt und dachte überhaupt nicht daran, dass das Gras in der Zigarette irgendeine Wirkung zeigen könnte.
Entspannt lehnte ich mich in dem Stuhl zurück und lauschte Vivians Worten, der gerade mit Maik über ein paar Leute sprach die ich nicht kannte, trotzdem empfand ich es als interessant, zumindest am Anfang…irgendwann hörte ich dann doch nicht mehr so genau hin, der Blick in das Feuer zog mich an und ich sah einen Moment lang dem Holz zu, wie es nach und nach von den Flammen gefressen wurde.

Ewig hätte ich dabei zusehen können, wenn mich Vivian nicht plötzlich sanft angestoßen hätte, um mich zu fragen, ob ich noch ein Bier wollte.
Im ersten Moment wusste ich gar nicht wo ich war, mein Kopf schien plötzlich gar nichts mehr wirklich zu realisieren und seine Worte drangen so langsam an meine Ohren, dass ich glaubte ich lebte plötzlich in so einer Art Zeitlupe. Was zum Teufel war hier los? Ich zwang mich kurz mit dem Kopf zu schütteln, doch es kam mir vor, als könnte Vivian gar nicht mehr wissen um was es ging….hatte er mich nicht vor einer Ewigkeit nach dem Bier gefragt? Warum brauchte ich auf einmal so lange, um reagieren zu können?

Hatte ich zu lange in die Flammen geschaut? Machte mein Körper gerade völlig schlapp? Was war los? Ich begriff es nicht und versuchte gegen diesen Dusel in meinem Hirn anzukämpfen.
Die Geräusche und Stimmen um mich herum drangen merkwürdig dumpf in meinen Ohren und verstehen konnte ich auch nicht wirklich etwas, nur noch Bruchteile der Gespräche gelangten in meinen Kopf und sobald ich etwas davon verstanden hatte, brauchte ich ganz lange, bis ich es begriff.

Auch meine Augen schienen irgendetwas zu haben…ob das von dem hellen Licht des brennenden Holzes kam? Ich hatte wohl wirklich zu lange in das Feuer geschaut.
Jede Bewegung die ich wahrnahm kam mir verzögert vor und auch meine eigenen Hände taten nicht in der Geschwindigkeit das, was ich ihnen auferlegte.
Erneut hielt der Schwarzhaarige mir einer dieser Zigaretten hin und ich schüttelte wieder nur mit dem Kopf…das war es, zum ersten Mal zeigten die Drogen ihre Wirkung.
Oh Gott, ich wollte das nicht…es musste mehr als offensichtlich sein, wie ich mich verhielt…ich würde mich hier und jetzt bis aufs Blut blamieren….ich musste hier weg.

Weg…nur weg…weg von all den Leuten, allein sein…keinesfalls unter Menschen…so schnell wie möglich. Aber schnell war schon ein Problem gerade und der Weg bis zur großen Haustür kam mir in diesem Moment vor wie ein kilometerweiter Weg. Trotzdem ich musste hier weg.
„Ich geh ins Bett.“ Sagte ich knapp und allein dieser kurze Satz bereitete mir riesige Probleme…schlimmer noch, ich hatte nach meinem Aussprechen das Gefühl, dass alle mich ansahen…ich stand mittlerweile und alle erdenklichen Augen waren auf mich gerichtet und es ließ mein Blut kochend heiß durch meine Adern schießen. Sicherlich war ich knallrot in Gesicht…mir war so heiß, dass ich glaubte aus versehen ins Feuer getreten zu sein…gleich würden die Schmerzen beginnen und ich lichterloh verbrennen. Alles kam mir langsam und verzögert vor, nur mein Blut, das schien noch nichts davon gemerkt zu haben. Ich spürte es rasend schnell durch meinen Körper rennen.

Ich musste mich umdrehen…weg hier…ich befahl es meinem Körper und mit all meiner Kraft schaffte ich es, dass er mir gehorchte. Es kostete mich vollste Konzentration meine Füße zu bewegen und einen Schritt nach dem anderen zu machen.
In meinem Rücken spürte ich jeden Blick, er brannte von all den Gesichtern und Augen, die auf ihn gerichtet waren und ich atmete erleichtert aus, als mich die Hausecke davor verbarg.

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#19

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 24.10.2008 18:06
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

Mir fällt auf, dass, obwohl es mir eigentlich immer schwer fällt, Kommis zu FFs zu schreiben, es mir hier besonders schwer fällt.
Irgendetwas ist für mich komisch an der Geschichte... aber ich kann absolut nicht ausfindig machen, was dieses Gefühl in mir erzeugt... und gleichzeitig will ich wissen, wie es weitergeht. Vielleicht liegt mein Gefühl daran, dass du so wenig wörtliche Rede in diese FF einbaust... aber wie gesagt, eigentlich weiß nicht nicht, warum ich ein eigenartiges Gefühl hab.

Diese Verbindung zwischen Marei und Theon macht mir manchmal etwas zu schaffen, aber das ist eine persönliche Sache bei mir. In diesem Kapitel war es für mich besonders komisch, weil sie in Theons Gedanken auftauchte, als er "Sex" mit der Tussi, deren Namen ich gerade vergessen hab, hatte. Ich konnte rein rational verstehen, warum du sie und Vivian da hast gedanklich auftauchen lassen, aber mein Gefühl kommt da nicht so gut hinterher.

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#20

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 24.10.2008 18:18
von Erna

Meinetwegen brauchst du auch gar kein Kommi machen, aber wenn du so ein komisches Gefühl hast, dann ist es vielleicht besser, wenn du einfach nicht weiter liest.

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#21

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 24.10.2008 18:25
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

aber ich bin doch trotzdem neugierig auf die Geschichte... allein schon wegen Oma Helli xD

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#22

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 31.10.2008 20:21
von Erna

denn haste ja selbst schuld xD


Ich fühlte mich erleichtert den Blicken entkommen zu sein und wollte jetzt nur noch in mein Bett…allein sein, obwohl ich mir nicht mal sicher war, ob ich, so wie ich mich fühlte, mit mir selbst zu recht kam.
Irgendwie wünschte ich mir in diesem Moment, während ich langsam auf die große Tür zutrat jemanden an meine Seite, jemanden, der mich hielt und dem ich anvertrauen konnte, wie fremd diese neuen Empfindungen für mich waren und wie eigenartig.

„Hey“ hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir, für die ich mich nicht umdrehen musste, um sie zu erkennen. Ohne hinzusehen, wusste ich, dass es die Hand des Schwarzhaarigen war, die sich auf meine Schulter legte und genau sein Arm, der meinen Körper hielt und ihn langsam der Tür entgegen schob. Für einen Augenblick war ich geneigt meine Augen zu schließen, mich fallen zu lassen in dieses schöne Gefühl, dass mir seine Nähe bot, doch ich musste ja zumindest einigermaßen sehen, wo meine Füße mich hintrugen und ich zwang mich, mich darauf zu konzentrieren.

„Ich bin auch müde und ich denke ich sollte dir etwas helfen…komm wir gehen erstmal rein.“ Sagte er sanft und gemeinsam legten wir die letzten Meter bis zu unserer Wohnung zurück. Vivian entließ mich nicht mal aus seinem Arm, als er die Tür öffnete, bis in mein Zimmer hielt er meine Schultern umschlungen und erst, als er mich zu meinem Bett geschoben hatte, ließ er mich los.
Fast ein wenig scheu setzte er sich auf die Kante, während ich mich einfach lang auf die Kissen legte und meine Hand auf meiner Stirn platzierte…oh Gott, ich wollte, dass in mir alles wieder normal lief und hoffte einfach nur, dass die Wirkung des Zeugs nicht allzu lang anhielt.
„Scheiße, ich glaub kiffen ist nichts für mich.“ War es mir plötzlich völlig egal, was Vivian davon dachte. Ihm musste sowieso schon klar sein, dass ich zum ersten Mal etwas von dem Teufelszeug spürte…und allen anderen auch.

„Du wehrst dich zu doll.“ Legte er sich jetzt lässig neben mich, als wäre es da normalste auf der Welt, dass wir gemeinsam in meinem Bett lagen. Seinen Ellenbogen aufgestützt und den Kopf auf seiner Hand liegend, lag er seitlich zu mir und sah mich an. „Alle anderen da draußen fühlen sich nicht viel anders als du, sie gehen nur anders damit um, weil sie es gewöhnt sind und keiner hat auch nur annährend gemerkt, dass du heute zum ersten Mal was von dem Gras gespürt hast.“ Schien er genau zu wissen was los war.
„Aber…“ wollte ich die deutlichen Blicke anmerken und, dass er es schließlich auch bemerkt hatte, doch er wusste wohl genau was ich sagen wollte und ließ mich nicht zu Wort kommen.

„Ich hab dich genau beobachtet Theon, das hat sonst niemand…glaub mir, keiner außer mir hat was bemerkt und selbst wenn…ist doch toll, dass du noch nie geraucht hast.“
„Oh Gott, ich will, dass es wieder aufhört.“ Jammerte ich und fühlte mich damit nur noch schlechter.
„Entspann dich einfach und versuch zu schlafen, wenn du aufwachst ist dann alles wieder normal.“ Sagte er sanft „Möchtest du vielleicht, dass ich bei dir bleibe? Ich könnte heute hier schlafen.“ Er strich spielerisch und zärtlich mit der Fingerspitze über meinen Unterarm, eine Berührung, die ein Kribbeln durch meine Haut jagte und Gedanken durch meinen Kopf, die mich noch wirrer werden ließen.

Irgendetwas daran ließ mich nervös werden…er wollte hier….in meinem Bett …bei mir schlafen? Ich wusste nicht, ob ich das wollte, ob das so gut war…aber ich nickte trotzdem und Vivian zögerte nicht, er zog sich nach meiner Zustimmung bis auf seine Shorts aus und legte sich zu mir. „Soll ich dir helfen?“
„Äh…nee, geht schon.“ Begann ich jetzt schnell meine Hose zu öffnen und sie umständlich im Liegen abzustreifen…alles andere behielt ich lieber an und kroch so unter die Decke, unter der, der Schwarzhaarige es sich schon bequem gemacht hatte.

Ich drehte mich mit dem Rücken zu ihm und betete, dass er das Klopfen meines Herzens nicht bemerkte….Himmel, was machte mich bloß so nervös? Reichte es nicht, dass ich mit diesen dummen Gefühlen des Joints zu tun hatte…sollte ich ihm vielleicht doch lieber sagen, dass ich allein sein wollte?
Aber ich mochte nicht allein sein, es war schön seine Wärme an meinem Rücken zu spüren.

Sein Arm griff plötzlich über mich und ich spürte seine Hand an meiner Wange, ein Druck, der mir deutlich die Aufforderung gab mich zu ihm zu drehen…ganz automatisch gab ich ihr nach, sah plötzlich in seine Augen und spürte, dass sie mir immer näher kamen. Unfähig irgendetwas zu tun, sah ich starr auf sein Gesicht, bis es mir so nah kam, dass meine Augen überfordert waren und meine Lider einfach zu klappten. Ich ließ mich fallen…spürte nur noch das Klopfen meines Herzens und diese wundervoll weichen Lippen auf meinen…das Gefühl der Drogen war nicht mehr gegenwärtig in diesem Augenblick, das einzige was ich spürte war, dieser Kuss. Die Berührung unserer Lippen, die so unsagbar zart aufeinander trafen.

Ich musste träumen…ein wenig fühlte es sich zumindest so an und berauscht von diesem Kuss …und dem Joint, nahm ich nur wie in einem Nebel wahr, dass Vivian sich wieder von mir löste und mir leise eine Gute Nacht wünschte.
Er kuschelte sich dicht an meinen Rücken und seinen Arm legte er locker über mich…oh Gott, würde ich so nah bei ihm schlafen können?
Er will dir nur freundschaftlichen Halt geben, Theon. Redete ich in meinen Gedanken schon wieder mit mir allein, doch mein Bewusstsein nahm das gar nicht auf. Wie von selbst wanderten meine Fingerspitzen verträumt an meine Lippen.

Irgendwann musste ich tatsächlich eingeschlafen sein, denn die Bewegung des Lederbands an meinem Hals weckte mich auf und wie schon so oft sah ich direkt in rundliche, ausdrucksvolle braune Augen. Marei saß auf der Bettkante und hielt den keltischen Anhänger, der das Lederband zierte, in ihrer kleinen zierlichen Hand.
Als ich sie sah, hob ich schon automatisch meine Decke ein Stück an, um sie wie immer in mein Bett zu lassen. Im ersten Moment konnte ich den Widerstand nicht deuten, doch dann bemerkte ich Vivians Arm, der noch immer auf meinem Körper lag…Mist, an Marei hatte ich bei der ganzen Geschichte gar nicht gedacht.

Wie erwartet schüttelte sie auch schon mit ihrem Kopf, aber es sah nicht so aus, als würde es sie tatsächlich stören…im Gegenteil, sie lächelte mich so lieb an, dass es mein Herz berührte.
Dann tat sie etwas, was ich zuerst nicht verstand, sie zeigte mit ihrem Finger auf das Amulett in ihrer Hand…immer wieder und ich dachte angestrengt nach, was sie mir damit sagen wollte, bis sie begann vorsichtig an dem Lederband zu ziehen. Sie wollte scheinbar meine Kette haben…aber warum?
Nun gut, ich war nicht wirklich fit genug darüber nachzudenken…sie zu verstehen kostete mich schon irre viel Kraft und ich zog das Band über meinen Kopf, um ihr das keltische Symbol zu überlassen.

Sie lächelte mich noch einmal an und ging dann zurück aus der Tür. Ob sie jetzt wohl wieder in ihr Bett ging, oder ob sie heute Nacht im Stroh schlafen würde? Und was wollte sie plötzlich mit meiner Kette?
Mein Kopf rauschte noch immer ungewöhnlich, doch Vivians Wärme gab mir irgendwie auch eine Art Ruhe, wie ich sie selten hatte und trotz der vielen Fragen in meinem Kopf schlief ich sehr schnell wieder ein.

Es war komisch so dicht neben einem Mann aufzuwachen. Vivian hatte den Arm von mir runter genommen und ich hatte mich scheinbar im Schlaf gedreht, jedenfalls sah ich in sein entspanntes Gesicht, als ich die Augen öffnete.
Viele Gedanken nahmen sofort meinen Kopf ein, obwohl ich ihn am liebsten einfach nur beim Schlafen beobachtet hätte.
Kurz dachte ich an Marei und ob sie sehr enttäuscht gewesen war, dass im Prinzip ihr Platz, schon besetzt gewesen war heute Nacht. Doch ich dachte auch an ihr Lächeln, das mich diesbezüglich eigentlich beruhigte.

Dann waren es die Drogen und die Gefühle von gestern Abend, die mir so fremd erschienen waren…hatte ich wirklich nur zu sehr dagegen gekämpft? Hatten sie mich einfach nur in einem falschen Moment erwischt? Waren sie so unerträglich, weil ich einfach nicht mehr damit gerechnet hatte?
Eigentlich war es egal, sie waren vorbei und die Ängste, dass mich alle angestarrt hatten auch…und wenn schon. Hier und jetzt kam mir das völlig unwichtig vor.
Was allerdings wichtig war, waren die Gedanken über den Schwarzhaarigen, dessen Gesicht ich noch immer verzückt beobachtete.

Er hatte mich geküsst…war das Wirklichkeit? Wieder fand ich meine Finger an meinen Lippen…hatte er mich geküsst, so wie in der Band geküsst wurde? War es einfach nur Freundschaft? Aber es hatte sich anders angefühlt…jedenfalls für mich…bildete ich mir ein, dass es auch von ihm zärtlicher gewesen war, als ein Kuss der nur Freundschaft symbolisierte?
War es nur ein Wunschtraum meinerseits, so wie es das bei Taito gewesen war? Fühlte nur ich allein?

Ja verdammt, ich fühlte…ich fühlte mehr als mir lieb war und wenn ich Vivian ansah bemerkte ich immer mehr, dass meine Empfindungen vergleichbar waren mit der aus meiner Jungendzeit.
Ich war verliebt. Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch…oder irrten dort viel eher herum…mir kam es vor als wüssten sie nicht, was sie zu tun hatten und wenn ihre Flügel mein Innerstes streiften, dann tat es fast schon weh. Diese Gefühle machten mich verletzbar, ich wusste es …hatte es schon einmal erlebt und seid dem vermieden sie wieder so in mir aufkommen zu lassen.
Doch jetzt waren sie da und ich konnte sehen, wie ich damit umzugehen hatte…warum hatte ich es nicht stoppen können? Ich ließ doch sonst nicht so schnell etwas so dicht an mich heran…doch hier …dies mit Vivian schien schon über vieles hinauszugehen und ich hatte den Anfang nicht einmal bemerkt.

Ich riss mich los von seinem Anblick und entschied mich ins Bad zu gehen. Ich musste einfach weg von dem Mann, der mir so gefährlich nah gewesen war heute Nacht. Nach den Gefühlen zu Taito hatte ich tief in mir gewusst, dass es nicht nur Frauen waren, die mir den Kopf verdrehen konnten…wenn ich ehrlich war, dann hatte es sogar nie ein weibliches Wesen in dem Maße geschafft, wie damals mein Freund…ich hatte es nicht so wie er als pupertäre Phase abtun können…für mich war es damals einfach mehr.
Trotzdem war es mir fremd Gefühle für einen Mann zu haben und auf gewisse Weise
überforderte mich die Erkenntnis, dass ich mich in Vivian verliebt hatte.

„Wir sollen zum Frühstück rüber.“ Begrüßte mich mein Mitbewohner, als ich aus dem
Badezimmer trat und lächelte mich so süß an, dass ich gar nicht anders konnte, als sein
Lächeln zu erwidern.
Er sagte kein Wort über den Vorabend und auch niemand anderes erwähnte meinen „Aussetzer“. Ich war froh und verunsichert zu gleich.
Hatte der Kuss jetzt eine tiefere Bedeutung gehabt, oder bildete ich mir seine Besonderheit einfach nur ein?

Als ich auf Marei traf, beruhigte mich zumindest ihr Verhalten, was die Nacht ohne sie anging. Sie schien richtig gute Laune zu haben und gar keine Ruhe, um am Tisch zu sitzen. Immer wieder tänzelte sie fast aufgeregt zwischen uns umher und als sie dabei dicht an mir vorbeikam, verriet mir ein Stück eines trockenen Grashalms in ihrem Haar, dass sie tatsächlich nach ihrem kurzen Besuch in meinem Zimmer, ins Heu gegangen war.

Gegen Abend fuhr ich zum ersten Mal mit dem Motorrad nach Hamburg, es war gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte, denn um diese Uhrzeit war bedeutend weniger Verkehr, als erwartet. Ich dachte eigentlich, dass ich genau in den Feierabendverkehr geraten würde, aber die halbe Stunde, die ich früher losfuhr, um noch bei Oma Helli reinschauen zu können, schien es auszumachen.
Oma Helli….irgendwie gab mir das gerade einen Denkanstoß…ich hatte heute Nacht überhaupt nicht geträumt.
Ob ich tatsächlich nur träumte, wenn Marei an meiner Seite war?
Quatsch, es muss einfach an dem Gras gelegen haben…wie hätte ich auch in diesem benebelten Zustand noch träumen sollen…fand ich selbst schnell eine mir glaubwürdiger erscheinende Erklärung.

Aber so unglaubwürdig es auch für mich klang, ich wurde das innere Gefühl nicht los, dass es
doch irgendwie mit Marei im Zusammenhang stand, dass ich so wirr träumte.
Immer mehr nahm die Frage Platz in meinem Kopf ein, ob es tatsächlich so war…ob sie wirklich Vivian eine Schuld an dem Unfall gab…vielleicht hatte Helli ja doch recht und als sie nach meinem Bericht über den ausgefallenen Traum auch sofort wieder davon anfing, fragte ich sie, ob sie es befürworten würde, wenn ich die Kleine darauf ansprach.
„Ich weiß nicht, ob das gut wäre Schätzchen. Ich kann das schlecht nur von deiner Erzählung her beurteilen, aber ich an deiner Stelle würde es, glaub ich, einfach wagen.“
Vielleicht hatte sie ja Recht, ich würde es einfach einmal versuchen müssen…ich nahm mir vor auf einen guten Zeitpunkt zu warten und Marei vorsichtig an das Thema heran zu führen.

Nach der Schicht war ich ziemlich fertig und müde…einen Moment lang überlegte ich, mich bei Helli hinzulegen, immerhin hatte ich fast 24 Stunden nicht geschlafen. Doch es zog mich auf den Hof und ich trank noch einen starken Kaffee, bevor ich mich auf mein Baby schwang und relativ langsam und konzentriert nach Hause fuhr.

Auf dem Hof angekommen sah ich sofort, dass Marei bei den Tieren war…ob ich sofort zu ihr gehen sollte? Ich entschied mich dagegen, ich musste erst ein paar Stunden schlafen und es wäre dumm, hier und jetzt überstürzt zu handeln.
Aber, als ich durch die große Hoftür trat, fiel mir ein, dass ich Anna unbedingt noch mal nach einem Foto von Alina fragen wollte…das konnte ich gut jetzt erledigen, vielleicht hatte sie auch noch einen Tee für mich, bevor ich mich ins Bett begab.
Ich drehte umgehend nach rechts und wollte gerade an die Haustür der Wohnung klopfen, als ich laute Stimmen vernahm.

Ganz bestimmt wollte ich nicht lauschen, doch das, um was es zu gehen schien, hielt mich dann doch gefangen an der Tür und ich blieb wie angewurzelt stehen.
„Ich will doch nur wissen, ob du ihn gefickt hast.“ Vernahm ich eindeutig Annas Stimme.
„Und das geht dich verdammt noch mal nichts an“ schrie unverkennbar Vivian.
„Und was bitte ist mit Janette?“
„Was bitte soll mit ihr sein? Die hab ich gefickt und zwar nur das. Anna bitte, was soll das Ganze? Hör auf dich in mein Leben einzumischen…ich kann schließlich tun und lassen was ich will.“ Klang der Schwarzhaarige sauer und verzweifelt.
„Nein, das kannst du nicht, du hast eine Tochter und die gehört zum Teufel noch mal zu dir.“

Es herrschte einen Augenblick Ruhe und ich wollte sie gerade nutzten, um mich schnell von der Tür wegzubewegen, da ging es bereits weiter.
„Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe…unverzeihliche Fehler, aber darf ich deswegen jetzt keine Bedürfnisse mehr haben? Anna, du machst es kompliziert, du erlegt Janette auf, sich um Marei zu kümmern, obwohl sie gar kein Interesse daran hat…was soll das? Ich will sie weder heiraten, noch will ich, dass sie sich um meiner Tochter kümmert. Ich hatte was im Bett mit ihr, weiter nichts. Versteh das doch bitte.“
„Aber sie liebt dich und…“ Vivian unterbrach ihre Worte.
„Das habe ich aber vorher nicht gewusst und es macht es für mich nicht anders…ich hatte NUR Sex mit ihr…nicht mehr und nicht weniger und das weiß sie auch. Anna du änderst nichts daran, auch nicht, wenn sie sich noch so sehr um Marei kümmert.“

„Theon kümmert sich um Marei.“ Kam es irgendwie zusammenhangslos von Anna.
„Und deswegen soll ich ihn jetzt ficken, oder wie? Anna, was zum Teufel willst du von mir?“
„Ich will ja nur wissen, ob du es hast…ich wünsch mir, du tust es nicht.“ Redete sie jetzt so leise, dass ich mich anstrengen musste es zu verstehen. „Er ist etwas Besonderes Vivian, siehst du das nicht?“
„Hör auf Anna…ich will jetzt kein Wort mehr hören, aber zu deiner Beruhigung…ich habe ihn nicht gefickt und…ich hab es auch nicht vor.“
Ich hörte seine Schritte, die langsam aber stetig in meine Richtung kamen …oh Gott, was tat ich hier? Ich musste schnellstens von der Tür weg. In Windeseile lief ich zu unserer Wohnungstür und verschwand dahinter, genauso schnell eilte ich in mein Zimmer und atmete erstmal tief durch, als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.

Ich verstand das eben gehörte Gespräch nicht wirklich…konnte wohl ähnlich wie Vivian Annas Gedanken nicht deuten, aber es war mir auch egal, das einzige was durch meinen Kopf jagte, in rasender Geschwindigkeit, waren die klaren Worte des Schwarzhaarigen. ‚… ich habe ihn nicht gefickt und…ich hab es auch nicht vor.’
Es ging hier um Sex, doch in mir drohte es, alles in diese Worte zu interpretieren…ich verstand viel mehr, als daraus zu verstehen war…er wollte mich nicht, war das was bleiben wollte.
Ich strengte mich an, spannte jeden meiner Muskeln, als könne ich so die Gedanken und Spekulationen aus meiner Seele pressen.
Doch innerlich spürte ich, dass es mir nicht gelang, auch wenn ich meinen Kopf dazu brachte die Gedanken auszuschalten…es war nicht für Ewig.

Ich lenkte meine Aufmerksamkeit erneut darauf ein Foto von Alina sehen zu wollen und schaffte es für den Moment nur noch das zu wollen. Als wäre nichts geschehen, trat ich aus der Tür und machte mich ungesehen erneut auf den Weg zu Anna.
Diesmal klopfte ich sofort, mit den Gedanken nur dabei, ein Bild von Alina sehen zu wollen. Selbst wenn die Beiden noch dabei gewesen wären sich zu unterhalten, hätte ich es nicht bemerkt…mir erschien es plötzlich als das wichtigste auf der Welt Alina sehen zu wollen…es war ein guter Grund mich von allem anderen Abzulenken in dem Augenblick. Dass es mich tatsächlich, zumindest erstmal, von Vivians Worten abbringen würde, ahnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
„Hi“ begrüßte ich Anna, als sie die Tür öffnete. Auswirkungen des Gesprächs mit Vivian waren, als feuchte Spuren an ihren Wangen zu erkennen, doch ich versuchte es nicht zu sehen und sie lächelte mich schließlich auch an und ihre Stimme klang zwar etwas belegt, doch erfreut, als sie mich mit einem „Hi Theon“ begrüßte.

Etwas wortkarg kam sie mir vor, doch ich selbst nickte auch nur, als sie „Tee?“ fragte, während ich in die Küche trat. Ich setzte mich an den großen dunklen Holztisch und entschied mich, noch bevor Anna sich zu mir setzte und den Tee aus der Kanne in eine Tasse vor mir einschenkte, mit der Tür ins Haus zu fallen.
„Ich würde gern ein Foto von Alina sehen, kannst du mir eines zeigen?“
Etwas verwundert war ihr Blick, doch sie stimmte sofort zu. „Ja, klar…warte kurz.“

Sie drehte sich zu einem der Schränke und zog eine Schublade auf, aus der sie ein kleines, hölzernes Kästchen hervorzog. „Wenn ich mich nicht irre müsste hier eins drin sein.“ Öffnete sie den Verschluss des Deckels, um ihn im selben Moment direkt wieder zuklappen zu lassen. Weiß wie die Wand sah sie mich voller Entsetzten an. „Das….ich glaube ich träume…das…das kann doch nicht wahr sein.“
„Was ist denn los?“ fragte ich, absolut nichts verstehend, doch Anna blickte mich immer noch voller Entsetzten an und schien überhaupt nicht in der Lage, irgendetwas von sich zu geben.
Immer wieder sah ich, wie sie ihren Mund öffnete, doch es kam kein Laut hervor. Irgendetwas, was in diesem Käschen war, musste sie völlig aus dem Konzept gebracht haben.

Ich hatte zwar keine Ahnung was das sein könnte und ob mir ein Blick in die Holzschachtel einen Aufschluss bringen könnte, doch es erschien mir sinnvoll das Kästchen zu mir zu ziehen und nachzusehen, was Anna so hatte die Sprache verschlagen lassen.
Vorsichtig löste ich Annas Hand von dem Deckel und drehte die Schachtel so zu mir herum, dass ich den Deckel anheben konnte.
Mir genügte ein kleiner flüchtiger Blick in die zwei mit rotem Samt ausgelegten Fächer, um genauso sprachlos und entsetzt zu ihr zu starren, wie sie es noch immer tat. „Oh mein Gott“ bekam ich auch nicht mehr heraus.

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#23

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 07.11.2008 06:46
von Erna

Was ich dort in dem Kästchen sah, konnte ich einfach nicht glauben und es fielen sofort tausend Fragen gemischt mit Erinnerungsbruchteilen über meinen Kopf her. Zwei absolut identische Amulette lagen in den dafür vorgesehenen Ausbuchtungen und nur an dem Lederband konnte ich erkennen, welches davon mir gehörte. Zwar waren auch hier beide schwarz, aber meines war eine Spur dicker, als das des zweiten keltischen Symbols.

Vorsichtig nahm ich das was nicht mir gehörte aus der Schatulle und legte es in meine Hand, strich andächtig über die Konturen und besah mir den Drachen, der in genau der selben Form mit dem Pentagramm verschlungen war, wie auf meinem Anhänger…sie waren wirklich komplett gleich.
„Wie…wie kommt das zweite Amulett da rein?“ fand Anna irgendwann ihre Sprache wieder.
„Es gehört mir. Marei hat es mir letzte Nacht, also als sie bei mir war…sie hat es mir vom Hals genommen…ich habe mir nichts dabei gedacht…ich dachte sie würde es einfach nur tragen wollen…also etwas von mir haben…weil sie ja nicht…wegen Vivian…“ stotterte ich die Worte vor mich hin. „Sie muss es in das Kästchen gelegt haben.“

Annas Gesicht zeigte immer deutlicher, dass sie nicht glauben konnte, was hier geschehen war und ihre Augen sahen mich so verwirrt an, dass das Hineinschauen mich nur noch tiefer in das Durcheinander zog, das in meinem Kopf herrschte.
„Kennst du die Geschichte dieser Amulette Theon? Weißt du von dem was ihnen nachgesagt wird?“ flüsterte sie und mit ihren Worten erinnerte ich mich jetzt deutlicher an die, die mir erzählt wurden, als ich den keltischen Anhänger bei einem Trödler erstanden hatte.

„Sie finden sich irgendwann…das Schicksal wird die getrennten Zwillingsamulette zusammenführen sobald die Zeit dazu reif ist…Ihre Träger sind immer miteinander verbunden und werden sich finden, wenn sie einander benötigen…der Drache überwindet alle Schwierigkeiten und das Pentagramm verbindet das Leben mit dem Kreis der Unendlichkeit.“ Erzählte ich Anna das, was meine Erinnerung an die Worte des alten Mannes noch zusammen bekam. „Was sie gemeinsam bedeuten habe ich vergessen.“

„Der Drache und das Pentagramm als Einheit haben die Kraft Leid zu verringern und man sagt ihnen Heilkräfte nach. Sie symbolisieren das Gute und vertreiben böse Geister.“ Half sie mir auf die Sprünge und erzählte leise weiter. „Vivian hat Alina den Anhänger geschenkt, als sie gerade mit Marei schwanger war. Sie trug es bis zu ihrem Tod…das Kästchen stand immer an ihrem Bett, sie kannte das kleine Buch auswendig.“ Sie zog die Schatulle zu sich und hob das samtige obere Stück an, so dass der Boden des Käschens zu Vorschein kam. Ein kleines Büchlein lag darauf und sie zog auch dieses heraus. „Sie wusste alles war drin steht, es erklärt die Geschichte der beiden Amulette. Alina hat ganz fest daran geglaubt, dass irgendwann der Träger des Zwillingsamulettes zu ihr finden würde.“

Sie hielt mir das Buch hin und in dem Moment als ich es nehmen wollte fiel ein Foto aus ihm heraus, direkt vor mir auf den Tisch. Vivian trug Marei auf den Schultern und beide sahen so wundervoll glücklich aus. Eine Frau hatte ihre Arme um Vivians Bauch geschlungen…das musste Alina sein. Ich nahm das Foto in die Hand und was ich sah, erschreckte mich fast noch mehr, als die beiden Anhänger.
Ich erkannte die Frau aus meinen Träumen…wie konnte das sein? Mir war ja längst klar, dass es Alina sein musste, die mich nachts in meinen Träumen beschäftigte…doch wie konnte mein Unterbewusstsein wissen, wie sie aussah?


„Ich…äh…ich glaub ich muss schlafen.“ Sah ich Anna an und hoffte, dass sie Verständnis dafür hatte und vor allem, dass ich sie allein lassen konnte. Doch erstaunlicher Weise wirkte sie plötzlich, als wäre Fassung in sie zurückgekehrt und sie antwortete mir völlig ruhig. „Ich habe nie wirklich an dieses Amulett geglaubt, aber jetzt denke ich…es wird alles gut.“
„Darf ich…also ich würde gern lesen, was in dem Buch steht.“ Versuchte ich Alinas Bild für eine Weile zu verdrängen und schob das Foto schnell wieder zwischen die Seiten.

Bevor sie mir eine Antwort geben konnte, klopfte es an der Tür und Anna schien erneut zu erstarren und dann hektisch nach etwas zu suchen. Sie zog einen Stoffbeutel aus einer Tüte, die neben dem Küchenschrank hing und begann das Kästchen vorsichtig aber eilig hinein zu stecken. „Nimm alles mit, aber lass es Vivian nicht sehen.“ Legte sie schnell auch die Amulette mit in den Beutel und das Buch, was sie mir aus der Hand nahm. „Er hat nie daran geglaubt und sich sogar darüber geärgert, dass er Alina dieses Amulett geschenkt hat…die beiden haben oft darüber diskutiert.“

Kurz bevor sie zur Tür eilte, drückte sie mir den Beutel in die Hand und ich folgte ihr, um so schnell wie möglich allein sein zu können…ich musste unbedingt nachdenken, wenn es denn irgendwie ging. So sehr ich auch aus dieser Verwirrung finden wollte, so unaufhörlich nagte jetzt auch die Müdigkeit an mir und meine Knochen fühlten sich an, als wären sie bleischwer.
„Ich muss gleich los, aber bitte…lass uns noch mal kurz reden. Du weißt ich hasse es so aus dem Haus zu gehen.“ Hörte ich die Stimme des Schwarzhaarigen, bevor ich ihn sah und sich unsere Blicke direkt trafen.
„Oh….hi Theon“ kam es erstaunt und seine Lippen fanden ein ehrliches Lächeln, das wieder verschwand, als er sich erneut an Anna wandte. „Kann ich rein kommen?“
„Hi „ begrüßte ich ihn zurück, schob schnell ein „Ich muss ins Bett, bis später ihr Beiden.“ Hinterher und hörte nur noch aus der Entfernung, wie Anna mir „Schlaf schön“ hinterher rief.

Bevor ich mich in mein Bett legte, zwang ich mich trotz meiner Müdigkeit zu einer ausgiebigen Dusche, die mich letztendlich auch wieder ein wenig munterer machte und ich entschloss mich wenigstens einen Blick in das Büchlein zu werfen. Ich musste unbedingt verstehen, was hier geschehen war…obwohl, bislang hatte auch ich nicht daran geglaubt, dass das Amulett wirklich irgendwelche Kräfte haben könnte. Doch Oma Hellis Worte hatten mich schon letztendlich den Träumen eine Bedeutung schenken lassen…mittlerweile war ich selbst fast überzeugt, dass Marei Vivian Schuld an dem Unfall gab und es konnte kein Zufall sein, dass Alina das gleiche Amulett besessen hatte, wie meines.

Ich fand alles unheimlich verwirrend und es fiel mir schwer an solche unheimlichen Kräfte zu glauben, doch ich wollte zumindest wissen, was in dem Buch stand und nachdem ich beide Anhänger in das Kästchen zurückgelegt hatte und es eingewickelt in dem Stoffbeutel in meinem Nachtschränkchen verstaut hatte, legte ich mich ins Bett und schlug das Buch auf. Bedacht darauf, das Foto nicht herausfallen zu lassen…über das wollte ich jetzt nicht nachdenken.

Ein Vater hatte die beiden Amulette anfertigen lassen, sie sollten die Einheit seiner beiden Söhne symbolisieren. Eineiige Zwillinge, dessen Wege sich zum ersten Mal seit ihrer Geburt trennen sollten…das Buch beschrieb die verschiedenen Wege, die sie gehen mussten…etwas, was ich überschlug, weil es mich gerade eher weniger interessierte. Schnell fand ich die Stelle, an der es darum ging, was der Vater seinen Söhnen durch die keltischen Symbole auf ihren Wegen mitgeben wollte.
Sie sollten einander immer fühlen, auch auf die weiteste Entfernung miteinander verbunden sein und das Amulett sollte ihnen die Kraft verleihen zu spüren, dass sie sich wieder sehen würden.

Es sollte ihre Zwillingsverbindung symbolisieren und sie so kräftigen, dass der eine vom anderen spürte. Der größte Wunsch des Vaters war, dass seine Söhne sich irgendwann wieder fanden und es sollte tatsächlich so gewesen sein, dass sie nur durch die Kraft der beiden Anhänger einander viele Jahre später wieder hatten.

Alles was ich las klang wie ein Märchen und ich konnte mich selbst nicht verstehen, dass ich auch nur ein Fünkchen an diesen Quatsch glaubte. Hier und jetzt nach den Zeilen, die ich gelesen hatte war in mir einfach nur eine Sperre, die mir verbot mich weiter damit zu beschäftigen und ich entschloss mich das Büchlein wieder wegzulegen und mich lieber auf meinen nötigen Schlaf zu konzentrieren…schließlich musste ich am Abend fit sein, wenn die nächste Schicht begann.
Entschlossen zog ich erneut die Schublade auf und verstaute das Buch unter den beiden Amuletten in dem Kästchen.

Als ich auf meinen Anhänger sah, überlegte ich kurz die Kette umzunehmen. Ich trug dieses Lederband mit dem Amulett seit einer halben Ewigkeit und es gehörte irgendwie um meinen Hals, doch ich wollte es jetzt nicht, zu verwirrt war ich von diesen mysteriösen Dingen und ich schloss schnell das Kästchen und legte es gut eingewickelt zurück.

Erst als ich aufwachte, fiel mir siedendheiß ein, dass ich gar keinen Wecker gestellt hatte und ich sah noch im Halbschlaf erschreckt zur Uhr. Puh, nicht verschlafen. Komisch, es war sogar noch früh…erst Nachmittag. Ich hatte noch mindestens zwei Stunden Zeit, bis ich aufbrechen musste. Dabei hatte ich doch eigentlich Schlaf nachzuholen gehabt, doch ich fühlte mich ausgeschlafen und fit. Selbst die Amulettgeschichte fühlte sich nicht mehr so erschreckend an, als ich sie sofort wieder in meinem Kopf hatte.

Anna…ich sollte sofort mal nach Anna schauen. Ich hatte ein wenig Angst, dass es ihr nicht gut gehen könnte. Erst der Streit mit Vivian, dann die Sache mit den Symbolen…obwohl ich an Anna denken wollte, schlich sich das Gesicht des Schwarzhaarigen vor meine Augen und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen…die Ereignisse hatten es mich verdängen lassen doch…er hatte deutlich gesagt, dass er mich nicht wollte. Es war wie bei Taito…Ich fühlte mich plötzlich nur noch leer und es kam mir vor, als benötigte ich all meine Kraft, um mein Vorhaben in die Tat umzusetzen und nach Anna zu schauen.

Ich klopfte zaghaft und es dauerte eine Weile, bis sie mir öffnete, doch als sie mich ansah, sah sie glücklich aus. Die entsetzten, besorgten und verwirrten Gesichtszüge von heute morgen waren gänzlich aus ihrem Gesicht gewichen und sie schaute mich mit einem herrlichen Lächeln auf den Lippen an.
Eine ganze Weile blieb ich bei ihr, wir redeten über die Ketten und ich fand heraus, dass Anna lediglich gute Schlüsse aus den Dingen zog…sie hielt mich für eine Art Retter und hatte sich ihre eigene Geschichte dazu zurechtgelegt. Für sie würde alles gut werden und in ihr gab es nicht einmal die Frage, die sich mir stellte….Warum ich erst nach Alinas Tod den Weg hierher gefunden hatte, wo sie doch die Trägerin des keltischen Anhängers war.

„Marei muss es sein.“ Sagte sie mir „Marei ist die, die Hilfe benötigt und du wirst sie ihr geben.“ Sie klang so überzeugt, dass ich ihr nicht sagen mochte, mich nicht in der Position zu fühlen irgendetwas bei Marei bewirken zu können…im Gegenteil, ich fühlte mich hilflos. Hilflos gegenüber Marei und unsicher gegenüber Vivian. Der Gedanke an ihn tat immer mehr weh und ich wünschte mir, ihm niemals wieder über den Weg laufen zu müssen, während ich mich danach sehnte ihn bei mir zu haben.

„Ich werde die nächsten beiden Tage nicht her kommen.“ Erzählte ich ihr kurz entschlossen. „Helli hat mir angeboten, mich bei ihr hinlegen zu können und ich denke ich sollte es annehmen…es war schon sehr anstrengend, die Fahrt heute Morgen...es ist besser ich bleibe bis Donnerstagabend bei ihr.“
Der Entschluss kam sehr spontan, doch mit jeder Sekunde hielt ich ihn für besser und als ich kurz vor meinem Aufbruch Vivian über den Weg lief und mein Herz wie wild zu klopfen begann, waren alle Zweifel daran wie weggeblasen…ich wollte einfach nur weg…weg von ihm.

Letztendlich war ich dann auch spät dran, weil die Zeit bei Anna vergangen war wie im Flug und ich konnte ihm eh nur einen Gruß zuwerfen, bevor ich mich auf mein Motorrad schwang und gerade noch rechtzeitig an der Tankstelle ankam.

Ich schlief wundervoll bei Oma Helli, irgendwie konnte ich mich hier richtig entspannen und die Gespräche mit ihr taten mir irre gut. Sie war wie mein Seelenmülleimer und wusste nach den zwei Tagen absolut alles was auf dem Hof geschehen war. Sie sparte mit Ratschlägen doch bekräftigte mich irgendwie darin die Dinge so anzunehmen, wie sie nun einmal schienen…nur was Vivian anging, da ging ich noch immer auf Wolken, die sich aus Glaswolle zusammensetzten.

Auch sie war der Meinung, dass es Marei war, die irgendwie als Trägerin des zweiten Amuletts galt…ihr Glaube dazu war, dass Marei in Alinas Bauch gewachsen war, während sie die Kette getragen hatte…für Helli klang die mysteriöse Amulettgeschichte völlig glaubwürdig und sie zog Schlüsse daraus, die sie selbst mir irgendwie gar nicht mehr so unheimlich und abwegig erscheinen ließ.

Ich wünschte mir, dass sie sich auch irgendwie über Vivian äußern würde, immer wieder warf ich irgendetwas über ihn in das Gespräch…hatte ihr auch von dem Streit erzählt, den ich belauscht hatte und von seinen Worten, doch sie hielt sich völlig bedeckt was das Thema anging. „Die Dinge sind nicht immer so wie sie scheinen.“ War das einzige was sie sagte und ich solle doch ein wenig Geduld aufbringen und abwarten, wie sich alles entwickeln würde.

„Ich würde Marei, Anna und Vivian gern mal kennen lernen.“ Gestand mir Helli, als ich kurz vor dem Aufbruch war, am Abend. Drei freie Tage lagen vor mir und ich wusste nicht, ob ich mich darauf freuen sollte. Die Gedanken an Vivian lagen wie Steine in meinem Magen und mein Herz wusste einfach nicht, wie es schlagen sollte, wenn in meinem Kopf die Augen auftauchten, die mich so wundervoll lieb anschauen konnten und dieses Lächeln, das einfach unbeschreiblich war.
„Ich kann ja Christian mal fragen, ob er dich mitnehmen kann, dann bleibst du über Nacht. Am Besten nächstes Mal wenn ich frei habe...was meinst du? Aber ich muss natürlich erst mit den anderen sprechen.“

„Mach das, ich würde mich freuen, wenn ich mal mitkommen könnte, aber das muss nicht mit Christian sein, ich fahr auch gern auf deinem Motorrad mit…und jetzt schau mich nicht so an. Ich bin früher selbst gefahren…hinter dir werd ich’s wohl noch hinbekommen.“ Sie grinste und ich musste lachen…was für eine tolle Frau. Ich küsste sie zum Abschied auf die Wange und machte mich dann auf den Weg, der mir zum ersten Mal richtig schwer fiel.

Von weitem sah ich den Rauch des Feuers, das fast jeden Abend brannte. Wie Nebelschwaden hing er über dem Dach des Hofes und gab ihm eine ganz besondere Note. Ich war froh, dass ich nicht hinter das Haus sehen konnte…irgendwie zog mich heute nichts dazu, mich zu den anderen zu setzten und ich entschloss mich gar nicht erst hin zu gehen. Sie würden ja an meinem Motorrad sehen, dass ich zurück war, das musste reichen. Ich wollte meine Ruhe und ging sofort ins Haus. Niemand begegnete mir auf den Weg durch die große Halle und es war mir nur recht.

Ich ging davon aus, dass Vivian bei den anderen war und ich allein sein würde in der Wohnung. Mir war irgendwie nach gar nichts und ich wollte mich in meinem Zimmer verkriechen und mich vom Fernsehprogramm berieseln lassen.
Gerade, als ich fast meine Zimmertür erreicht hatte, ging plötzlich die Tür vom Bad auf und ich erschrak so heftig, dass ich zurückwich und mit dem Rücken gegen die Wand prallte.
Ein kleiner Aufschrei entwich meiner Kehle und ich merkte gar nicht, dass ich Vivian ansah, als wäre er gerade in Form eines Gespenstes erschienen.

„Hey, geht’s dir gut?“ fragte Vivian schmunzelnd und trat auf mich zu. Erst jetzt realisierte ich, dass er wieder mal halbnackt vor mir stand und mir dabei auch noch immer näher kam…mit jedem Stück klopfte mein Herz eine Spur schneller, dabei war es doch von dem Schreck schon ziemlich aufgewühlt…es fühlte sich an, als würde es sich jeden Moment überschlagen und als er seinen Arm lässig neben mir….viel zu dicht neben mir…an der Wand abstützte, rechnete ich damit, dass es jeden Moment schlagartig aufhören würde und ich ohnmächtig oder tot an der Wand hinabsinken würde.

Die Augen, die mich funkelnd ansahen und mir in diesem Moment gefährlich grün erschienen drangen tief in mich und ich sah ihren liebevollen Blick, neben der Belustigung und der stillen Herausforderung.
Herausforderung? ....Wozu forderten sie mich auf?
Ich konnte überhaupt nicht mehr denken, alles in meinem Kopf schien ausgelöscht und als er auch noch die zweite Hand neben mir abstützte, mich quasi mit seinem Körper einkreiste und an der Wand gefangen hielt, begann mein Blut so laut in den Ohren zu rauschen, dass es sich unangenehm anfühlte und mein Gehör mir einen Streich spielte. Das „Hi Theon, schön dass du wieder da bist.“ Klang in meinen Ohren, als würde mein Gegenüber mich mit Haut und Haaren fressen wollen.

Mein Herzschlag wurde davon ganz bestimmt nicht langsamer, doch er veränderte sich, wurde so intensiv, dass ich das Gefühl hatte mein Blut lief aus meinen Adern heraus und verteilte sich überall auf meiner Haut. Prickelnd und voller kribbelnder Gefühle musste sich, laut meiner Empfindung, jedes einzelne Härchen an meinem Körper in seine Richtung strecken…ich hatte das Empfinden voller Gänsehaut zu sein. Das Geräusch einer klappenden Tür wollte in mein Bewusstsein dringen, doch ich realisierte es nicht wirklich, ich war viel zu tief gefangen in dem Bann, der mich umgab. Ich wollte die Augen schließen, musste unbedingt dem Blick des Schwarzhaarigen entkommen, doch meine Augen waren so weit aufgerissen, dass ich meine Lider einfach nicht geschlossen bekam, als würden sie klemmen gab es eine Sperre, die es mir nicht zu überwinden gelang.

Nicht einmal den Blick senken gelang mir, starr blickte ich in die bunt schimmernden Augen und ließ mich von ihrem Funkeln mitziehen. Mitziehen in ein anderes Sein, wie mir schien. Sein Gesicht kam mir immer näher und ich fühlte mich so unwirklich…träumte ich wieder?
Doch der warme Atem des Schwarzhaarigen, der mir immer dichter entgegenschlug, mein Gesicht auf wundervolle Art berührte und es zu streicheln schien…er war real, gegenwärtig und auch mein Atem, der immer schneller und stoßweise aus meinem Mund austrat…er war da…hier, jetzt und in diesem Moment.

Fast kam ich mir vor wie an dem Abend, als mich die Wirkung des Joints umgehauen hatte und mich die Welt in Zeitlupe sehen ließ, nur war es diesmal nicht unangenehm…dies hier, die Luft in diesem Raum, die knisterte als stünde sie unter ständigen kleinen Stromimpulsen, das wundervolle Gesicht, dass mir immer näher kam…alles kam mir vor, als ginge es unmerklich langsam.
Die Zeit stand still und die Erde hatte aufgehört sich zu drehen…war ich doch gefangen in einem Traum?

Die Berührung zarter Lippen gab mir den Beweis zu leben, nur ein Hauch…so zart und weich wie eine Feder, deren Kleid mich streifte…dann waren sie wieder weg und diese Augen fanden erneut den Weg in meine…blieben hängen für einen Wimpernschlag…schienen mich zu prüfen und funkelten mich an, wie ein Meer aus Farben…ein Regenbogen…so leicht, unbeschwert und wunderschön.
Wieder traf mich hauchzart der Mund, nach dem ich mich so sehnte…er küsste mich, wieder und immer wieder...langsam und sinnlich liebkosten mich seine Lippen…alles tauchte in den Hintergrund, bestand nur noch aus diesen Gefühlen, die meinen Körper umspielten und mich eintauchen ließen in das farbenprächtige Meer, das meine Augen nicht mehr wahr nahmen, weil meine Lider hinab sanken und mich nur noch durch diese warmen Gefühle rauschen ließ.

Einen Augenblick verweilten seine Lippen auf meinen, schienen dort hinzugehören…ich wünschte sie mir nie wieder weg und als ich spürte, wie seine Zunge sanft und zaghaft meine Lippen zu durchtrennen versuchten, vorsichtig über sie fuhren, dachte ich nicht mehr atmen zu können, so sehr schlug mein Herz in meiner Brust.
An nichts mehr denkend und nur noch in die Gefühle tauchend, suchte auch meine Zunge zaghaft das Spiel…vorsichtig und herantastend berührten sich unsere Zungenspitzen und ich unterdrückte das Seufzen, dass seelig durch meinen Körper fuhr.

Süß und wundervoll legte sich sein Geschmack in meine Mundhöhle und ließ mich sofort nicht genug bekommen von ihm...das vorsichtige Herantasten wurde immer mutiger…immer sicherer tanzten unsere Zungen miteinander…gegeneinander, im Einklang und dann wieder als anziehende Gegensätze.
Leidenschaft schlich sich in die Zärtlichkeit, nahm mir völlig den Verstand und seine Hand, die sich in meinen Nacken drängte, sich unkontrolliert in meine Haare wühlte, mich noch fester an ihn zog, ließ eine flutartige Erregung in mir aufkommen, die mein Blut unaufhörlich in meine Mitte lenkte.

Egal, es wurde mir alles so schrecklich egal und nur noch der Mann, der mir hier diese Gefühle bescherte passte in diesem Moment in mein Leben.

Lautes Klopfen riss uns beide unsanft aus dem Spiel…aus der Sinnlichkeit…aus dem Feuer.
Vorbei…innerhalb von dem Bruchteil einer Sekunde war es vorbei und nur ein letzter Blick des Schwarzhaarigen blieb mir, bevor er zur Tür ging.
Immer noch an der Wand lehnend, fand ich nicht so schnell heraus aus meinem Zustand…wusste nicht, was ich tun sollte. Unsicherheit kehrte in mich und ich spürte, wie Nervosität von mir Besitz ergriff.

Ich konnte mich nicht vom Fleck rühren, blieb an der Wand gelehnt, als hätte mich irgendetwas daran fest geklebt.
Erst die aufgeregte Stimme Annas holte mich zurück in die Realität.
„Habt ihr Marei gesehen? Ich wollte sie ins Bett bringen, doch sie war plötzlich weg…die ganze Zeit war sie bei den Tieren, doch als ich sie holen wollte…ich kann sie nicht finden. Ich hab schon überall nach ihr gesucht.“
Erst nach ihren Worten bemerkte ich, dass sie bereits im Raum stand und ich zwang mich, mich von der Wand wegzubewegen…beziehungsweise ging es nun wie von allein, denn Sorge um die Kleine legte sich über mich und forderte meine Aufmerksamkeit.

„Ich helf dir suchen…sie kann ja nicht weg sein.“ Sagte ich ruhig und ging an den Beiden vorbei, um dort nachzusehen, wo ich Marei irgendwie vermutete.

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#24

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 07.11.2008 15:07
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

Die Idee mit den Amuletten finde ich voll schön

und auch, dass sie Marei nicht bemerkt haben^^ ... sonst wäre der Kuss ja nicht so schön geworden

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#25

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 07.11.2008 15:14
von Erna
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#26

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 14.11.2008 17:40
von Erna

Zielstrebig verließ ich die Wohnung und ging in der Großen Halle auf das Heu zu, das großzügig auf der rechten Seite lag.
Ich konnte sie nicht entdecken, doch ich war mir so sicher, dass sie hier war. Leise begann ich sie zu rufen und setzte mich einfach wartend auf einen der Heuballen. Mein Gefühl sagte mir so stark, dass sie sich im Heu verkrochen hatte und ich glaubte sogar zu wissen, warum.

Mein Verstand arbeitete plötzlich wieder und das Geräusch einer aufgehenden Tür, die fast im selben Moment wieder zuschlug, war jetzt deutlich in meinem Kopf. „Marei“ versuchte ich es noch einmal ein wenig lauter und hatte Erfolg damit. Ein kleiner blonder Kopf tauchte zwischen den Ballen auf, hinter denen sie sich verkrochen hatte und als sie mich sah, erschien blitzartig auch ihr Körper und sie warf sich mir schluchzend um den Hals.

„Hey Schatz…es ist alles gut.“ Flüsterte ich an ihr Ohr, nachdem ich sie einen Augenblick einfach nur gehalten hatte.
„Gott sei Dank, du hast sie gefunden.“ Hörte ich Anna erleichtert neben mir seufzen. „Oh Gott Marei, Engelchen was ist denn passiert?“ strich sie der Kleinen beruhigend über den Rücken. „Ist schon gut Anna, ich glaub sie hat sich nur erschreckt, mach dir keine Sorgen. Ich denke ich muss ihr etwas erklären…lass sie ein Weile bei mir. Wenn sie sich beruhigt hat, dann sag ich dir bescheid…dann kannst du sie ins Bett bringen, okay?“

„Okay“ stimmte sie zu und zog Vivian, der etwas hilflos neben ihr stand mit hinaus. „Aber ich…“ wollte dieser protestieren und Anna schnitt ihm bestimmend das Wort ab. „Komm einfach, du hast für alles später noch Zeit. Lass die Beiden jetzt einfach mal allein.“ Und schon waren sie durch die große Tür, nach draußen verschwunden.
Ich widmete mich ganz dem weinenden Kind in meinen Armen, strich ihr beruhigend über den Rücken und ließ sie erstmal etwas zu sich kommen, bevor ich sie ein kleines Stück von meiner Brust schob und ihr ins Gesicht sah…nur so würde ich ihre Sprache verstehen.

„Du hast gedacht er tut mir weh, nicht wahr?“ stellte ich die Frage, dessen Antwort ich längst wusste und allein der Ausdruck ihrer Augen hätte es mir bestätigt, doch das Senken ihres Blicks, gab mir absolute Gewissheit und es tat mir unendlich Leid, dass sie in diese Situation hatte geraten müssen.
„Dein Papa hat mir nicht wehgetan Engel, auch wenn es vielleicht für dich in diesem Augenblick so aussah…manchmal täuscht man sich Marei. Er würde mir nie wehtun, genauso wie er dir niemals mit Absicht irgendeinen Schaden zufügen würde…er liebt dich und er wünscht sich, dass es dir gut geht.“ Erzählte ich ihr sanft, suchte nach kindgerechten Worten und hoffte einfach, dass sie ein bisschen verstand, obwohl ich sie nicht wirklich fand.

„Schätzchen, dein Papa hat mir einen Kuss gegeben.“ entschloss ich mich ihr einfach die Wahrheit zu sagen. „Er hat mich geküsst, ganz lieb und er hat mir ganz bestimmt nichts Böses getan…genau wie er deiner Mama nie etwas Böses getan hat…er hat versucht ihr zu helfen Marei, aber er konnte es nicht. Das Schicksal wollte es anders…Schatz, er konnte nichts mehr tun und glaub mir…dein Papa hätte alles gegeben um deine Mama hier bei euch zu halten.“ Kamen die Worte einfach so aus mir heraus…oh Gott, hoffentlich tat ich keinen Fehler.

Prüfend sah ich ihr die ganze Zeit ins Gesicht, doch keine Regung zeigte mir, ob sie mich verstanden hatte. Nichts konnte ich in ihren Augen lesen und es machte mir für einen Augenblick Angst…Mist ich hätte meinen Mund halten sollen. Meine Worte konnten sie doch nur überfordern…ein denkbar schlechter Moment um jetzt von ihrer Mutter zu sprechen.
Doch dann hatte ich plötzlich das Gefühl, dass sie versuchte mir zu glauben. Sie lächelte mich kurz an, bevor ihre Augen einen Ausdruck annahmen, der mir sagte, dass ich genau ins Schwarze getroffen hatte.

Vernünftiger Weise hätte ich vielleicht hier stoppen sollen, doch etwas trieb mich wissen zu wollen, ob sie mir glaubte.
„Nur ein Kuss Marei.“ Flüsterte ich erneut und sie nickte, lächelte sogar wieder. Und für mich fühlte sich ihr Lächeln an, als hätte sie mir gerade ein Geschenk gemacht…eines, das mit keinem Geld zu bezahlen war.
Aber es ging gar nicht mehr um mich…viel mehr ging es um Vivian. Glaubte sie mir auch, dass er ihrer Mutter nichts getan hatte?

„Dein Papa hat nie etwas Böses gewollt.“ Wünschte ich mir auch darauf eine Reaktion. Doch leider fiel sie nicht aus, wie ich es erhofft hatte, sondern eher wie ich es geahnt hatte. Marei senkte ihren Blick. Mehr brauchte sie nicht tun. Ich verstand ihre Geste…das war etwas, was sie mir einfach nicht glauben konnte.
Seufzend zog ich sie erneut in meine Arme, hielt still ihren Körper und vergaß dabei fast, dass sie ja eigentlich ins Bett musste. Wie gern hätte ich ihr irgendeinen Halt gegeben…irgendwas, dass ihr Herz erleichtern konnte.
Doch hier war ich hilflos und genau dieses Gefühl machte mir mein Herz schwer.

„Du musst ins Bett mein Schätzchen.“ Stand ich irgendwann mit ihr gemeinsam auf. Anna musste längst mit Ungeduld auf uns warten.
Marei hing weiterhin um meinen Hals und auch, als Anna sie mir draußen abnehmen wollte um sie ins Bett zu bringen, machte die Kleine keinerlei Anstalten von meinem Arm auf ihren zu wechseln. „Dann musst du eben mit.“ Beschloss diese kurzerhand und so trug ich Marei auch zurück ins Haus.
Doch auch dort wollte Marei nicht von meinem Arm herunter und Anna benutzte Engelszungen, mit denen sie auf sie einredete. Nichts half, erst als Anna ihr Vorschlug, dass ich mich ja noch eine Weile an ihr Bett setzten könnte, ließ sie sich von mir hinabsetzten um mit Anna ins Bad zu gehen.

Ich setzte mich in den Sessel in Mareis Zimmer, den ich zuvor ganz dicht an ihr Bett geschoben hatte und wartete auf die Beiden.
Der erste Augenblick in dem ich allein war, die erste Sekunde, die mir überhaupt Zeit gab an Vivian zu denken und sobald er sich vor meine Augen schob, fing auch mein Herz an schneller zu klopfen.
Eins war sicher für mich, so etwas war mir noch nie passiert…dieser Kuss war mit nichts zu vergleichen, was mir in meinem Leben schon passiert war…noch nie hatte ich so gefühlt. Nicht mal bei Taito hatte sich so ein Feuer so irre in mir ausgebreitet und meine Liebe zu Taito war bislang das feurigste was mein Leben mir geboten hatte.

Ja, mein Herz hatte auch bei ihm geklopft, aber so…Vivian hatte es fast zum Stillstand gebracht, hatte mir nur durch seine Lippen alle Sinne geraubt. Ich fühlte mich noch immer leicht berauscht, daran hatte weder der Schreck etwas ausrichten können, noch die Sorge um Marei…ich schwebte im siebten Himmel. Er hatte mich geküsst und nicht nur das…eindeutig hatte ich gefühlt und fühlte es auch jetzt noch, dass er etwas für mich empfand.
Warum nur hatte er zu Anna gesagt, dass er mich nicht wollte? In diesem Moment war ich davon überzeugt, dass ich etwas falsch verstanden haben musste.

Ich kam auch nicht dazu weiter über die Sache nachzudenken, denn Marei kam tapsend mit ihren nackten Füßchen ins Zimmer und kuschelte sich in ihr Bett. Anna folgte ihr, blieb aber in der Tür stehen. „Ist es okay für dich, wenn ich wieder raus gehe? Sagst du mir später bescheid, wenn sie schläft?“
„Ja klar, ist okay.“ Antwortete ich ihr und nahm Marei das Buch ab, was sie mir vor die Nase hielt. Oh je ich hatte noch nie einem Kind etwas vorgelesen, aber nun denn…konnte ja nicht so schwer sein. Ich schlug die erste Seite auf und war schon fasziniert von der himmlischen Zeichnung…ein kleines Mädchen, das fast ein wenig Ähnlichkeit mir Marei hatte, stand dort an einem Fenster und hielt einen Stern in ihrer Hand…eine kindgerechte Zeichnung, eigentlich nichts Besonderes und doch faszinierte mich irgendetwas daran. Es lag so ein Glanz darin und ich musste mich fast zwingen meine Augen davon zu lösen und auf die Schrift zu richten.

Ich begann Marei leise vorzulesen und befand mich bald selbst mittendrin in dieser niedlichen Gesichte…die mich irgendwie fesselte.
Sie handelte von diesem kleinen Mädchen, das nicht schlafen konnte und irgendwann wieder aus dem Bett kroch um die Sterne am Himmel anzuschauen. Während sie fasziniert auf die funkelnden Pünktchen in der Dunkelheit sah, löste sich einer von ihnen und schien hinab zufallen…eine Sternschnuppe….davon hatte ihr ihre Mutter erzählt. Wenn man so etwas sah, dann durfte man sich was wünschen.

Sofort dachte sie an ihren sehnlichsten Wunsch, sie wollte so gerne einen kleinen Hund. Seit sie denken konnte, versuchte sie ihre Eltern dazu zu überreden, doch in ihrer Wohnung, sagten sie, wäre dies nicht erlaubt. Das Mädchen wünschte es sich trotzdem, ganz fest dachte sie daran, als sie den fallenden Stern beobachtete, der ihr plötzlich immer näher zu kommen schien….so nah, dass er auf einmal vor ihrem Fenster auftauchte.
Auf zwei Spitzen stehend lächelte er sie an und das Mädchen öffnete schnell das Fenster, um ihn herein zu lassen.

„Wer bist du und was tust du hier?“ fragte sie und der Stern antwortete ihr „Ich bin Samira und will dir deinen Wunsch erfüllen.“
„Aber…“ die Kleine wusste, dass ihre Eltern es nie erlauben würden…nicht erlauben konnten. Sie verstand schon, dass sie keinen Einfluss darauf hatten…es war nun einmal verboten in der Wohnung. Doch der Stern ließ sie gar nicht zu Wort kommen. „Steig auf meinen Rücken.“ Sagte er „Ich werde dich zu deinem Hund bringen…wenn er nicht zu dir kann, dann musst du eben zu ihm.“

Seit jenem Abend holte der Stern das Mädchen Abend für Abend ab und sie erlebten die wundervollsten Abenteuer gemeinsam mit einem kleinen zotteligen Hund.

Ich las das Buch bis zum Ende und als ich davon aufsah, bemerkte ich erst, dass Marei schon schlief und mir fiel auf, dass ich nicht einmal gemerkt hätte, wenn sie nach den ersten Zeilen bereits eingeschlafen war.
Ein Schmunzeln über mich selbst entstand auf meinen Lippen…ich hatte mich von einem Kinderbuch fesseln lassen. Das hätte ich wohl niemandem geglaubt.
Leise stand ich auf, legte das Buch auf den Schrank zurück und strich Marei noch einmal über die blonden Locken, bevor ich den Raum verließ und hinausging, um Anna zu erzählen, dass sie schlief.

Irgendwie hoffte ich Vivian sei auch noch im Garten, doch nur Anna und Christian saßen dort. Vielleicht hätte ich mich ohne das Erlebnis vor der Sache mit Marei jetzt noch zu ihnen gesetzt, doch ich hoffte, dass ich Vivian in der Wohnung noch sah…vielleicht schlief er noch nicht und lief mir noch in irgendeiner Form über den Weg. Ich wünschte den beiden eine gute Nacht und lief den Weg zurück, meine Schritte waren schnell, doch je näher ich an unsere Tür kam, desto langsamer wurde ich….was sollte ich sagen, wenn er tatsächlich noch auf war? Erst jetzt bemerkte ich, dass ich gar nicht wusste, wie ich mich verhalten sollte.

Er hatte Anna deutlich gesagt, dass er mich nicht wollte…ich konnte mich doch nicht so sehr verhört haben und was bitte war an seinen Worten falsch zu verstehen gewesen? Warum nur? Warum hatte er mich geküsst…vielleicht war es nur aus einer Laune heraus gewesen, aber….hatte mich auch mein Gefühl so getäuscht? Interpretierte ich zuviel herein in diesen einen Kuss? Bildete ich mir ein, dass er etwas für mich empfand? Vielleicht wünschte ich es mir so sehr, dass ich Dinge sah, die gar nicht da waren.
Wäre schließlich nicht das erste Mal.

Plötzlich war ich einfach nur froh, dass kein Vivian auftauchte, als ich endlich nach längerem Zögern durch die Tür in unsere Wohnung trat. Ich wollte es auch gar nicht herausfordern…wollte ihm gerade lieber nicht mehr begegnen und putzte nur schnell meine Zähne, bevor ich in meinem Bett verschwand. Kurz überlegte ich sogar meine Zimmertür zu verriegeln, doch im letzten Moment fiel mir Marei ein und ich wollte nicht, dass sie nicht hinein kam, wenn sie in der Nacht hier erschien…allein schon, weil es mir wie eine Ewigkeit vorkam, dass sie die Nacht hatte bei mir verbracht hatte und wenn ich ehrlich war, vermisste ich ihre kindliche Nähe.
Sollte er also morgen früh in meinem Zimmer sein, wenn ich erwachte…dann musste ich da wohl durch.

Ich drehte mich auf die Seite und zog mir die Decke über die Schulter, schlafen war wohl jetzt das Beste…schließlich musste ich zurückfinden in den Tagesrhythmus. Doch meine Gedanken spielten nicht mit, alles drehte sich nur um Vivian und so sehr ich auch versuchte meinen Kopf auszuschalten, es half nicht.
Irgendwie musste ich mich ablenken…da fiel mir das kleine Büchlein in meinem Nachtschrank ein und ich holte es hervor, vielleicht würde es mich auf andere Gedanken bringen…alles war besser, als über Vivian und mich nachzudenken.

Ich las jetzt einfach die Geschichte der Zwillinge, zwar hatte ich den interessanten Teil weiter hinten im Buch noch nicht zu Ende gelesen, doch in diesem Moment erschien mir etwas nicht so sehr fesselndes besser, um Ruhe zu finden.
Eigentlich hatte ich vorgehabt das Buch zurück zu legen bevor mich eine wirkliche Müdigkeit überkam. Da ich mich, als ich mit dem Lesen begann, eigentlich überhaupt nicht müde fühlte, sondern nur etwas erschöpft und verwirrt und traurig, rechnete ich ganz bestimmt nicht damit während des Lesens einzuschlafen.

Doch genau das musste passiert sein, denn eine Hand, die mich ziemlich unsanft am Arm rüttelte weckte mich. „Wach auf!“ hörte ich eine aufgebracht klingende Stimme und es dauerte eine Weile, bis ich sie als Vivians erkannte. Ich öffnete verwirrt die Augen…was hatte er denn?
„Wo hast du das her?“ fragte er fast böse klingend.
Wie? Was? Was wollte er von mir? Ich kam noch gar nicht klar und meine Augen wollten eigentlich auch noch gar nicht offen bleiben…wie sollte ich wissen wovon er sprach?
„Was ist denn los? Fragte ich ihn verwirrt.

„Marei, geh rüber…mach schon!“ sagte er mit einer gewissen Schärfe in der Stimme, ohne mir zu antworten.
Moment, was sollte das? Das ging eindeutig zu weit jetzt.
Ich hatte so fest geschlafen, dass ich nicht einmal die Kleine bemerkt hatte, doch jetzt kletterte sie hinter mir aus dem Bett und verschwand so schnell sie konnte.
Ich war schlagartig wach.
„Sag mal spinnst du…du kannst sie doch nicht so anfahren. Ich glaub´s jawohl nicht…kannst du mir jetzt vielleicht bitte mal erklären was los ist?“ bemühte ich mich ruhig zu bleiben. Es reichte ja schließlich, dass er hier gerade scheinbar die Kontrolle verlor…wie konnte er nur das Kind so grundlos anfahren.

„Wo hast du das her?“ fragte er noch einmal und reagierte nicht weiter auf mich. Doch jetzt, wo meine Augen wieder völlig meiner Kontrolle unterlagen, erkannte ich das kleine Buch in seiner Hand.
Genau im selben Moment schien Vivian die offene Schublade zu entdecken, die ich extra geöffnet gelassen hatte, um das Buch gestern Abend noch hinein zulegen. Seine Augen wurden riesengroß und er griff hinein, um das Kästchen in seine Hand zu nehmen. „Warum hat Anna dir das gegeben?“ fragte er, jetzt nicht mehr wirklich sauer klingend. Seine Stimme zitterte, genau wie seine Hände, die beide das Holzkästchen umklammerten.

„Weil…ich…“ ich wusste nicht, was ich sagen sollte. „Mach es auf“ forderte ich ihn letztendlich auf, weil ich sicher war, dass es ihm zumindest erklärte, warum ich das Kästchen hatte.
Ungeschickt, als gehorchten ihm seine Finger nicht, öffnete er die Schatulle und starrte auf die beiden Amulette. Er sagte kein Wort und während ich nach Worten suchte, ihm erklären wollte, wie alles gekommen war, nahm er Alinas Anhänger aus der Vertiefung heraus.
„Ich…das andere…das zweite Amulett…es gehört mir.“ Verstand ich überhaupt nicht, wieso es mir so schwer fiel ihm zu erzählen was vorgefallen war.

Vivian reagierte auch jetzt nicht, das Amulett lag flach in seiner rechten Hand, immer noch starrte er es an. Schmerz tauchte in seinen Augen auf…Schmerz mit einer Spur Verachtung. Ich glaubte schon, dass er die Kette wegwerfen würde…sie irgendwie von sich stoßen, doch seine Finger schlossen sich um den Anhänger, drückten ihn so fest, dass seine Finger weiß wurden und dann führte er die Hand an seine Stirn, während er den Kopf nach unten neigte.
Sein ganzer Körper wirkte verspannt und zeigte mir deutlich, dass er lit. Ich hätte mich selbst dafür erschlagen können, dass ich es gestern nicht gepackt hatte die Schublade wieder zu schließen und vor allem das Buch wieder hinein zu legen.

„Ich hätte es ihr niemals geben dürfen“ sagte er leise und jetzt sah ich Tränen, die seine Wangen hinunter liefen. „Wir haben so oft darüber gestritten…sie hat tatsächlich an diesen Humbug geglaubt…soviel unnötiger Streit, nur wegen diesem blöden Amulett.“
„Streit gibt es immer, Vivian mach dir doch darüber keine Gedanken.“ Sagte ich sanft und strich mit der flachen Hand über seinen Rücken.
„Was weißt du schon darüber!“ fuhr er hoch und wehrte dabei meine Hand ab. „Sie hat immer alles auf dieses Amulett bezogen…bestimmt wollte sie auch wegen dem bescheuerten Ding vorfahren…Scheiße verdammt, warum bin ich nicht zuerst von dem Platz gefahren…dann wäre ich jetzt tot und Marei hätte ihre Mutter noch. Dieses verdammte Unglücksding!“ schrie er aufgebracht und schmiss die Kette auf den Boden, bevor er durch die Tür abhaute und sie kräftig zuschmiss.

Es zerriss mir schier das Herz ihn so zu erleben, so deutlich hatte ich seine Schmerzen gespürt, dass es mir selbst unendlich wehtat. Wenn ich ihm doch nur irgendwie helfen könnte, ihm etwas von seinem Leid nehmen.
Ob ich ihm hinterher gehen sollte?
Nein, lieber nicht…ich musste es akzeptieren, dass er jetzt lieber allein sein wollte.
Er schien sich selbst und dem Amulett Schuld an Alinas Tod zu geben…warum nur mussten die Menschen immer bei irgendwem die Schuld suchen? Reichte es nicht, dass man voller Trauer war, wenn ein geliebter Mensch ging?
Diese blöde Schuldzuschiebung…das war doch Unsinn…aber ich verstand sowohl Marei, als auch Vivian, es war normal, dass sie irgendwo etwas suchten. Doch das musste aufhören…zumindest Marei durfte nicht mehr glauben, dass ihr Vater eine Schuld trug.

Nur wie sollte ich es anstellen, dass Vivian mit ihr darüber sprach, dass er …denn nur er würde es können…Marei davon überzeugte, dass er nichts hätte tun können, wenn er sich doch selbst dafür verurteilte.
Ich hatte das Gefühl mich in einem Teufelskreis zu bewegen, ein Kreis der sich irrsinnig drehte und ich musste versuchen, die, die mir so viel bedeuteten nach innen zu ziehen und nicht wie sie es anstrebten aus dem Kreis heraus zufallen.

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#27

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 14.11.2008 22:22
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

ey... ich weiß nicht, was ich hier für einen Kommi schreiben soll *ja wohl nicht angehen kann* xD
... aber irgendwas will ich sagen... nochmal

oh

mir fällt gerade etwas ein

ich mach das so, wie einige Mädels das im Twinsforum immer gemacht haben xD

dann brauch ich eigentlich nur ein Wort

*das jetzt mal benutz*

weiteeeeeeeer

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#28

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 14.11.2008 22:23
von Erna
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#29

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 21.11.2008 08:37
von Erna

Nicht an diesem Tag und auch nicht an dem darauf folgenden verlor Vivian auch nur ein Wort über die Amulette. Er tat als hätte er sie nie gesehen…sagte nichts und fragte nicht.
Ich fand es sehr komisch, machte er sich gar keine Gedanken darum? Okay, er hielt das alles für Humbug, aber hatte ich das nicht auch getan? Musste man nicht wohl oder übel ins Grübeln kommen über das jetzt tatsächliche Zusammenfinden der beiden Schmuckstücke?
Ich verstand es nicht, aber ich sagte auch nichts.

Viel mehr beschäftigte mich auch, dass es so schien, als hätte es den Kuss zwischen uns genauso wenig gegeben…nichts, aber auch nichts passierte in den zwei Tagen, was auch nur annährend darauf schließen ließ. Keine zärtliche Geste, keine Berührung, nicht mal ein liebes Wort. Selbst bei den Proben, die wir hatten, schien Vivian sich von mir fern zu halten.

Ich wurde immer trauriger und verstand nicht, wieso es diesen Kuss gegeben hatte. Ich hatte ihn schon ganz richtig verstanden in dem Streit mit Anna, davon war ich jetzt überzeugt, aber warum nur hatte er mich an dem Abend geküsst? Eine Laune? Musste ja schon irgendwie so sein…ich verstand es trotzdem nicht, aber eins war mal sicher, nie im Leben würde es noch einmal dazu kommen…sollte er seine „Launen“ woanders ausleben…jedenfalls nicht bei mir!

Auch wenn es mir nicht wirklich gelang, ich gab mir die größte Mühe nicht mehr an den Kuss zu denken und mich stattdessen auf das Problem Marei und ihren Vater zu konzentrieren. Ich musste mit Vivian sprechen. Er musste Marei helfen von diesem absurden Gedanken weg zu kommen. Oh Gott, aber mir wurde ganz mulmig allein bei dem Gedanken daran das Thema vor dem Dunkelhaarigen anzusprechen.
Sowieso fühlte ich mich im Moment unwohl unter seiner bloßen Anwesenheit und ging ihm eigentlich lieber aus dem Weg. Trotzdem ich musste es für Marei tun.

Am Samstagmorgen, nachdem mir aufgefallen war, dass ich tatsächlich kein Stück mehr geträumt hatte, nachdem ich das Amulett nicht mehr trug, fand ich es wahrlich an der Zeit ein paar Worte mit Vivian über Marei zu wechseln.
Ich war überzeugt, dass auch die Träume etwas mit dem keltischen Anhänger zu tun hatten und dass es meine Aufgabe war mich darum zu kümmern.
Kuss hin oder her…hier ging es um ein kleines Mädchen…ein ganz besonderes kleines Mädchen, das mein Herz längst sehr für sich beanspruchte und ich musste ihr helfen. Ich war der Träger, ihr Gegenstück, ein Teil von ihr…was auch immer, es lag allein an mir ihr zu helfen, dafür hatten die Amulette gesorgt und jetzt…jetzt war meine Zeit.

Ich musste Mut fassen, doch es gelang mir gegen Mittag an Vivians Tür zu klopfen, auch wenn das Herz in meiner Brust mir lauter erschien, als das Auftreffen meiner Fingerknochen auf dem Holz der Tür.
„Ja“ hörte ich schon kurz darauf Vivians Stimme und ich musste mich erneut zwingen, meine Hand wollte nicht wirklich zur Klinge greifen und zögerte auch beim Hinunterdrücken, nachdem ich sie endlich um den Metallgriff gelegt bekommen hatte.
Tief durchatmend schaffte ich es die letzte Hürde zu überwinden und als ich im Zimmer stand, sprudelte plötzlich alles wie von allein aus mir heraus.

Ich erwähnte kein Amulett, sagte nichts von meinen Träumen…er würde es ja eh nicht glauben können…sondern versuchte ihm sachlich zu erklären, was ich vermutete. Auch wenn es nicht ganz die Wahrheit war, erzählte ich ihm, dass mich meine Beobachtungen darauf gebracht hatten, was Marei glaubte. So gut wie möglich versuchte ich ihm zu erklären, was ich wusste und er hörte mir tatsächlich aufmerksam zu, unterbrach mich nicht und wartete, bis ich den letzten Satz gesagt hatte und ihn abwartend ansah.

„Warum sollte sie das glauben? Anna hat ihr doch sicherlich erzählt was genau passiert ist und außerdem hat sie ja recht wenn sie das denkt.“ Sagte er kühl, obwohl ich einen Moment lang fast geglaubt hatte, dass er tief in sich ganz genau verstanden hatte worum es hier ging.
„Hör zu“ versuchte ich es noch einmal sanft „Es mag ja sein, dass du dir selbst eine gewisse Schuld an dem Unfall gibst, auch wenn es absolut absurd ist…aber hier geht es um Marei, um deine Tochter. Du musst mit ihr reden, du kannst sie doch nicht in diesem Glauben lassen…sie brauch dich Vivian, als Vater, als Beschützer…sie hat Angst vor dir, das kannst du doch nicht zulassen.“

„Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, Marei spricht mit niemandem und schon gar nicht mit mir…sie hasst mich und außerdem, was geht das dich eigentlich an? Du schleichst dich hier rein, kommst auf unseren Hof und mischt dich in Angelegenheiten, die dich überhaupt nichts angehen und von denen du auch überhaupt nichts weißt…also halt dich da raus, ja!“ er blieb ruhig, so ruhig, dass er bei seinen Worten so eine Kälte ausstrahlte, die mich innerlich zittern ließ.
Nur der Schmerz, der deutlich über dieser Kälte stand, hinderte mich daran selbst den Schmerz zu fühlen, die seine Worte in mir auslösen wollten…doch ich verstand auch, dass ich hier und jetzt nichts in Sachen Marei ausrichten konnte.

„Sie liebt dich und sie braucht dich, denke mal darüber nach.“ Flüsterte ich nur und verließ sein Zimmer, um direkt in meinem zu verschwinden.
Ich hatte Mühe seine Worte nicht tief in mich eindringen zu lassen, die Kälte mit der er sie gesagt hatte…ich kämpfte damit, mich von ihr nicht verletzten zu lassen…und ich tat noch immer alles daran diesen blöden Kuss zu vergessen.
Vielleicht hatte er ja sogar Recht, ich hätte nicht hier bleiben sollen. Am liebsten wäre ich gegangen, in diesem Moment. Hätte die Nacht, die ich sowieso nicht in meinem Zimmer verbringen konnte, weil dies heute Nacht noch einmal Merle gehörte, die kam, um ihre letzten Sachen zu holen…in der Gaststätte verbracht, in die ich ursprünglich einmal wollte.
Aber ich wusste ja selbst, dass das albern gewesen wäre.

Ich wusste nicht wann Merle kam und ich hatte Marei gesagt, dass ich heute mit ihr durch das Dorf laufen würde. Anna tat dies öfter mit ihr und als Marei gestern meine Hand griff und mich mithaben wollte, hatte ich ihr versprochen heute allein mit ihr zu gehen, denn sie hatte mich so traurig angesehen, als ich ihr erklärt hatte, dass ich mit Vivian zur Probe müsse.
Ich entschloss mich dazu ein paar Sachen in meine Tasche zu packen und zurecht zu stellen, damit ich, wenn Merle schon hier war, wenn wir zurück kamen nicht erst noch großartig in das Zimmer musste.
Ich hatte den Reißverschluss schon zugezogen, als mein Blick an dem Nachtschränkchen hängen blieb…vielleicht sollte ich auch das Kästchen vorsichtshalber in meiner Tasche verstauen, ich hatte ja kein Ahnung wie Merle reagieren würde, falls sie es finden würde.

Ich war ziemlich abwesend, als ich mit Marei an der Hand die dörfliche Strasse entlang lief, immer wieder schweiften meine Gedanken zu dem Schwarzhaarigen und der Kuss wirbelte mit der Frage, wie ich ihm klar machen konnte, dass er mit Marei reden musste, in meinem Kopf umher.
Aufgeschreckt zuckte ich sogar zusammen, als eine Frau uns plötzlich ansprach, beziehungsweise auf Marei zukam.
„Hey Marei, Schätzchen. Die Lina hat kleine Babys, wenn du magst darfst du sie gern mal anschauen.“ Sagte sie sanft und strich der Kleinen übers Haar, während sie sich jetzt an mich wandte. „Du musst Theon sein, Anna hat mir schon von dir erzählt…Willkommen in Kollmar.“ Hielt sie mir freundlich die Hand hin.

Wie unterhielten uns noch eine Weile und Marei ließ meine Hand los, um auf den mir fremden Hof zu laufen…die Frau, die sich mir mittlerweile als Johanna vorgestellt hatte, musste meinen etwas verunsicherten Blick , der der Kleinen folgte, bemerkt haben, denn sie sagte sofort beruhigend „Sie kennt sich hier aus, sie läuft nur zu Lina…komm einfach mit, wir gehen ihr nach.“
Ich folgte ihr in die große Scheune und erblickte auch sofort Marei, die neben der dunkelbraunen, kurzhaarigen Hündin hockte und bereits eines ihrer Babys in der Hand trug.

Insgesamt waren es sechs, vier die der Hündin glichen und zwei schwarze. Gott waren die süß, ich fühlte mich einfach angezogen von diesen niedlichen kleinen Häufchen, dass ich mich direkt neben Marei hockte.
Fast eine halbe Ewigkeit verbrachte ich mit Marei bei den Welpen, Johanna war schon längst wieder an ihre Arbeit gegangen und Lina saß die ganze Zeit geduldig neben uns und gab acht, dass ihren Babys nichts geschah.
Erst, als Lina sich auf den Boden legte und die Welpen sofort wie die Verrückten an ihren Bauch robbten, um so schnell wie möglich ihren Hunger stillen zu können, fand ich es wirklich an der Zeit den Tieren wieder ihre wohlverdiente Ruhe zu gönnen.

Fast bekam ich ein schlechtes Gewissen weil wir hier so lang gestört hatten, doch Lina hatte es so geduldig mitgemacht, dass ich mir sagte, dass es nicht schlimm gewesen sein konnte.
„Wollen wir noch weiter gehen Schätzchen, oder magst du lieber zurück?“ fragte ich Marei, als wir wieder vom Hof gingen und sie überlegte kurz. Deutete dann aber eindeutig in die Richtung, die uns wieder nach Hause führte und ich war ehrlich gesagt froh darüber, irgendwie wollte ich auch zurück.

Erstaunlicher Weise lief Marei direkt zu Vivian, der hinter dem Haus saß und sich mit den anderen unterhielt…hier war schon ziemlich was los und Merle entdeckte ich auch sofort, zumindest vermutete ich, dass sie es war.
Die Kleine zupfte doch tatsächlich an dem Ärmel ihres Vaters und deutete immer wieder auf mich…im ersten Moment verstand ich nicht, wusste nicht was sie wollte…ich war so erstaunt darüber, dass sie zu Vivian gegangen war, doch dann wurde mir klar, dass ich erzählen sollte, was wir gerade gemeinsam erlebt hatten.

Ich sollte Vivian lediglich berichten was Marei und ich am Nachmittag getan hatten, sollte ihm einfach nur von den Welpen erzählen und doch fühlte ich mich völlig angespannt. Es war hier und in dieser Situation einfach mehr…ich sollte für die Kleine reden…vermitteln zwischen Vater und Tochter…und das obwohl Vivian mich vor geringer Zeit noch weg gewünscht hatte von diesem Hof, mir geraten hatte mich nicht einzumischen.

Mich unwohl fühlend dabei, begann ich Vivian zu erzählen, während Marei gut gelaunt auf meinem Schoß rumturnte…ich betete nichts Falsches zu tun, die richtigen Worte zu benutzen und weder Marei noch ihren Vater in irgendeiner Form zu verärgern. Und noch mehr hoffte ich darauf, dass Vivian keinen Fehler machte und angemessen auf meinen Bericht reagieren würde.
Tatsächlich erstaunte er mich genauso sehr, wie es seine Tochter getan hatte. Nachdem ich ihm ausführlich von den putzigen Welpen erzählt hatte, wandte er sich liebevoll an Marei selbst. „Möchtest du, dass ich morgen mit dir und Theon zusammen zu Johanna geh? Willst du mir Linas Babys zeigen? Ich würde sie gern sehen.“

Mareis Reaktion war so herrlich eindeutig, dass sie jeder verstanden hätte. Sie strahlte über das ganze Gesicht…etwas, was ich noch nie an ihr gesehen hatte. Sie schien voller Freude und nickte immer wieder. Einen Augenblick dachte ich, sie würde ihrem Vater überschäumend um den Hals fallen, doch letztendlich war es Anna, zu der Marei lief.
So plötzlich war ich mit Vivian allein, obwohl genügend Leute um uns herum waren, fühlte ich mich zu ungestört…was würde jetzt passieren und wie reagierte der Schwarzhaarige darauf, dass seine Tochter es doch vorgezogen hatte ihre Tante zu umarmen.
Ich scheute mich davor meinen Kopf zu ihm zu drehen, würde ich jetzt wieder kalte Worte über mich ergehen lassen müssen?

Ich freute mich so darüber, dass Marei ihr Glück offen zeigte und ihre Freude wollte sich schützend um mein Herz legen, doch die unguten Gefühle Vivian gegenüber, ließen es einfach nicht zu. Unsicher spielten meine Finger mit sich selbst, verkrampft verhackten sie sich ineinander um sich im selben Moment schon wieder nervös zu bewegen.
Ein leises „Theon“ ließ mich dann aber doch in sein Gesicht sehen, in das Gesicht, das ich einfach nur wunderschön fand, egal welcher Ausdruck gerade darauf ruhte.

Diesen konnte ich nicht deuten, zumindest am Anfang nicht…als er zu sprechen begann, allerdings schon. „Es tut mir Leid Theon. Ich bin manchmal echt ein Arschloch…ich weiß das auch, aber…Ich wollte eigentlich nicht an dir auslassen, was eigentlich ich selbst abbekommen sollte…für mich ist das alles so unsagbar schwer…erst Alina, die ich für immer verloren habe und dann Marei…ich habe manchmal so Angst auch sie für immer verloren zu haben, obwohl sie bei mir ist…ich…bitte glaub mir, ich habe das vorhin nicht ernst gemeint…Ich bin froh, dass du hier bist.“
„Ist schon gut Vivian, ich weiß es…ich versteh dich. Mach dir keinen Kopf um mich…“ ich wollte weiter sprechen doch ich traute mich nicht wieder von Marei anzufangen, auch wenn es mir so wichtig war, dass er an sie dachte…er musste einfach mit ihr sprechen. Er musste über seinen Schatten springen.

Doch anstatt es zu sagen, überhaupt noch etwas zu sagen, führte ich meine Hand an seine Wange und strich sanft über seine weiche Haut. Ich dachte schon, er wollte mich abwehren. Gerade wollte ich meine Hand zurückziehen, als ich sah, dass er seine erhob, doch er war schneller und legte seine Hand auf meine, hielt sie fest an seiner Wange und ich sah, wie er die Augen schloss.
„Ich kann einfach nicht an diesen ganzen Firlefanz glauben Theon…diese Amulette… das alles überfordert meinen Kopf. Glaub nicht, dass ich nicht darüber nachdenke…dass du als der Träger des zweiten Anhängers hier her kommst und auch noch soviel Gutes mitbringst…so eine besondere Aura…Ich kann auch nicht an einen Zufall glauben, aber ich kann es auch nicht als übersinnliches Schicksal, oder so annehmen…ich kann es gar nicht annehmen.“

Er machte eine kurze Pause. „Ich hatte gerade das Gefühl ein wenig aus meinem Schmerz herauszufinden, zumindest einigermaßen zurückzukehren in die Welt…mich darauf konzentrieren zu wollen ein Stück von Marei zurück zu gewinnen und irgendwie scheint jetzt wieder alles über mir zusammen zu brechen. Dieses Amulett, ich habe es irgendwann so gehasst…doch es gehörte zu Alina, sie liebte es so…das wühlt mich alles so auf Theon. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken soll…was ich fühlen soll.“

Ich hörte ihm aufmerksam zu, ein paar Mal hätte ich ihn fast unterbrochen, doch das Gefühl in mir ihm einfach zuhören zu wollen, hielt mich dann doch zurück und leider wurden wir in dem Moment gestört, als Vivian auf eine Reaktion von mir zu warten schien.
Gerade, während ich ihm erneut über die Wange strich, als er meine Hand wieder frei gelassen hatte, kam Merle zu uns.
Ich konnte nicht leugnen, dass ich sie überaus sympathisch fand, doch eigentlich hätte ich sie am liebsten sofort wieder fort geschickt…einen stärker störenden Zeitpunkt hätte sie wirklich nicht finden können.

Aber der Moment und das Gespräch mit Vivian war nun einmal abrupt beendet und selbst wenn sie wieder gegangen wäre…sicherlich hätten wir nicht dorthin zurück gefunden. Vivian hatte sich relativ schnell gefangen und auch ich nahm es irgendwann einfach an, dass sich die Situation eben geändert hatte…irgendwann würden wir schon wieder an diesen Punkt zurückfinden…die Zeit würde es zeigen. Jedenfalls wusste ich jetzt, dass ich gut daran getan hatte seine bösen Worte nicht in mich eindringen zu lassen.

Wir unterhielten uns prima und lachten unheimlich viel zusammen, obwohl Merle und Vivian sich schon ewig kannten und vertraut miteinander waren, hatte ich keine Sekunde lang das Gefühl außen zu stehen und als Marei irgendwann kam, um mir mit einer festen Umarmung eine Gute Nacht zu wünschen, machte sie meinen Abend eigentlich perfekt. Sie sah nämlich zur Seite, nachdem sie mich gedrückt hatte und der Blick, den sie ihrem Vater zuwarf, sprach unheimliche Liebe aus. Vivian erwiderte ihn mit einer großen Zärtlichkeit und als er behutsam nach ihrer Hand griff, zog Marei sie nicht zurück.
Sie ließ es zu, bis Vivian ihr eine Gute Nacht wünschte und sanft „Schlaf schön, mein Engel.“ sagte. Erst dann löste sie sich und kletterte von meinem Schoß.
Aus den Augen des Schwarzhaarigen sprang pures Glück…hach ich fühlte mich einfach nur gut.

Irgendwann wurde es bereits schummrig und wirklich warm war es auch nicht mehr, doch das störte uns nicht. Genauso wenig, dass mittlerweile alle anderen in ihre Betten gegangen waren, wir saßen bis spät in die Nacht im Garten. Irgendwer hatte uns Decken aus dem Haus mitgebracht, ich wusste nicht einmal wer und wir saßen eingehüllt darin nah am Feuer.
Erst als wir verpassten Holz nachzuwerfen und vor der Entscheidung standen das Feuer wieder zum Brennen zu bekommen oder hinein zu gehen, entschlossen wir uns schlafen zu gehen.

Merle durfte zuerst ins Bad und ich holte währenddessen meine Tasche aus dem Zimmer und legte mir Kissen und eine Decke auf dem Sofa zurecht. Als sie fertig war ging ich hinein und Vivian protestierte lachend, weil ich schneller war.
„Äh…was…?“ stockte ich verwirrt, als sowohl meine Tasche als auch Decke und Kissen vom Sofa verschwunden waren, als ich zurückkam. Nur Vivian saß dort und lächelte mich an, erhob sich und kam auf mich zu.
„Du schläfst bei mir.“ Sagte er sanft und packte mich behutsam an den Schultern.

Äh, Moment und wenn ich das nicht wollte? Wie konnte er das einfach entscheiden? Ich wollte sagen, dass ich auf keinen Fall in seinem Bett schlafen wollte, dass ich lieber auf dem Sofa blieb…allein schon, weil er meinte es einfach so anordnen zu wollen…doch, er kam mir immer näher. Sein Gesicht kam mir immer näher.
Wie war das noch? Ich wollte ihn nie wieder küssen…er sollte seine Spielchen mit jemandem anderes treiben….nicht mit mir!
Meine Augen hingen auf seinen Lippen…’Nicht’ schrie oder flehte ich innerlich, schaffte es gerade einige Millimeter zurückzuweichen, bis ich nur noch daran dachte seine Lippen endlich spüren zu wollen. Nichts war es, was übrig blieb von meinem Vorsatz, je näher er mir kam, umso mehr schmolz alles dahin…ich schmolz dahin.

So wundervoll trafen seine Lippen meine, liebkosten sie so umwerfend mit ihrem bloßem Erscheinen…so weich, so unendlich sinnlich, meine Lider klappten zu und an Widerstand war überhaupt nicht mehr zu denken. Ein Strich seiner Zunge, nur ganz sanft über den Spalt meiner Lippen und ich öffnete sie ergeben, nahm in Empfang was ich ersehnte und erhielt ein kurzes fast freches Spiel, dass meine Knie zum Zittern brachte.
Zu kurz, viel zu kurz, rauschte es durch meinen Kopf, als er sich wieder trennte und mir ein sanftes, aber ernst gemeintes „Geh schon“ zuhauchte und hinter der Badezimmertür verschwand.

Hier war der Zeitpunkt um zu erwachen. ‚Theon bleib dir doch treu…einmal nur…hol deine Sachen zurück und bleib in Teufelsnamen auf dem Sofa’ sagte eine Stimme in mir, während eine andere einfach nur sagte ‚Nun leg dich schon in sein Bett…du willst es doch.’ Es war wie Engel und Teufel in meinem Kopf….nur konnte ich nicht entscheiden, welcher Satz dem Engel und welcher dem Teufel zuzuschreiben war.
Ich fühlte mich wie gelähmt, stand immer noch am selben Fleck und wusste nicht was ich tun sollte. Erst ein Klappern, das aus dem Bad drang holte mich aus meiner Starre…ich konnte hier unmöglich stehen bleiben bis Vivian wieder aus der Tür kam.

Ich zwang meine Beine mich endlich zu bewegen, einen Schritt nach dem anderen zu tun, damit sie mich letztendlich in Vivians Zimmer brachten.
Immer noch unschlüssig stand ich in dem Raum, was sollte ich nur tun? Na ja, wir hatten schließlich schon mal in einem Bett geschlafen, was war schon dabei?
Ich sollte meine Jeans ausziehen und mich unter die Decke legen, die er bereits auf sein Bett gelegt hatte…einfach schlafen und gut war. Am besten schlief ich schon, wenn der Schwarzhaarige zurück aus dem Bad kam.
Haha Theon, lachte ich mich selbst innerlich aus, das schaffst du ja auch so prima…er wird ja auch Stunden brauchen dort.

Ich fand mich gerade selbst schrecklich naiv, ich tat alles um mir ja nicht einzugestehen, dass ich längst verloren hatte…mich verloren hatte…in einem Menschen…in Vivian.
So tief in ihn verliebt, dass es gar keinen Sinn hatte mich gegen irgendetwas zu wehren…ein Fingerschnipp von ihm und mein Herz machte doch was es wollte.
Es war einfach stärker als mein Verstand…Gott ich musste etwas dagegen tun…irgendwas.

„Willst du in deinen Klamotten schlafen?“ schlangen sich plötzlich zwei Arme von hinten um meinen Körper, während ich noch immer unschlüssig auf das Bett starrte. Ich hatte ihn überhaupt nicht kommen gehört, den Menschen, der gerade dabei war in mir noch mehr durcheinander zu bringen, als es eh schon der Fall war.
Oh Gott…das war zuviel für mich, als ich seinen Atem an meinem Hals fühlte…gleich würde ich sicherlich alle Sinne verlieren….ich wartete schon fast auf die Dunkelheit, doch sie kam lediglich, weil mir die Augen zufielen, als seine Lippen sanft die Haut an meinem Hals berührten.

Immer wieder spürte ich sie leicht feucht auf der Haut, fühlte das Kribbeln, das sich wie ein rasendes Feuer über meinen Körper ausbreitete. Spürte seinen Atem, der warm meinen Haaransatz kitzelte und als seine Fingerspitzen plötzlich eine Haarsträhne zur Seite strichen, um sich noch mehr Platz zu sichern, durchfuhr ein Seufzen meinen Leib und entwich mit einem leichten Zittern meinen Lippen.

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#30

RE: Engel reden nicht

in Fanfictions 24.11.2008 10:38
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

hach... was für ein schönes Kapitelende ... ein zauberhaftes Bild

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