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Zur Seite blickend und in seine Augen treffend, verstand ich urplötzlich was mit mir los war. Ich hatte meine eigenen Bedürfnisse unterdrückt…mich an dem Teich in dem Moment zurückgenommen, als das Gefühl des Mitleids in mir hoch gekrochen war. Ich hatte ihn als wichtig angesehen…nur den Menschen, der so tiefe Gefühle in mir auslöste. Mich selbst und dieses schmerzhaft nagende Gefühl endlich zu verstehen und endlich zu erfahren wo ich war, woran ich war und welchen Wert ich für ihn hatte, ich hatte es lediglich in die hinterste Ecke gestellt. Unbewusst kam ich damit nicht klar, es verwirrte mich einfach nicht zu erkennen was das alles zu bedeuten hatte. Was und ob überhaupt, ich ihm etwas bedeutete.
Irgendwie glaubte ich zwar, dass ich nicht zu den Männern gehörte, die eine Art Spielzeug für ihn waren…die ihm zwar seine Gefühle zurück brachten und vielleicht sogar ein Stück weit für den Augenblick heilten, letztendlich aber nicht mehr waren, als doch nur körperliche Gefährten, doch ich musste es trotzdem genau wissen. Ich musste wissen, ob es nur eine Laune war, die ihn dazu getrieben hatte mit mir die Nacht zu verbringen, oder ob es da irgendetwas gab, was tiefere Gefühle in ihm auslöste.
Ich hatte Angst, Angst davor enttäuscht zu werden. Angst davor mit ihm in einer Wohnung zu leben und mit einseitigen Gefühlen klar kommen zu müssen.
„Du hast mir nicht gesagt, warum du mit mir…“ ich wollte sagen geschlafen hast, aber irgendwie erschien es mir unpassend und keine Worte wollten mir einfallen. „Warum du…also…ich…gehöre ich auch zu denen…?“ Oh Shit, innerlich klopfte ich mir gegen die Stirn, warum hatte ich nur meinen Mund aufgemacht, bevor mir überhaupt klar war, wie ich diese Frage stellen wollte…er musste mich für fürchterlich dumm halten und genauso kam ich mir auch vor. Weil ich keine Worte fand und weil ich das alles einfach nicht verstand…wahrscheinlich interpretierte ich wieder einmal viel zu viel hinein und er hatte doch einfach nur Erlösung in den körperlichen Gefühlen gesucht…ich war einer von vielen…mehr nicht.
„Warum ich mich auf dich eingelassen habe, meinst du?“ kam er mir zur Hilfe und ich nickte dankbar. „Weißt du warum Anna plötzlich besänftigt war, als ich ihr gesagt habe, dass du der jenige warst, der mich genommen hat?“
„Nein.“ Sagte ich so ruhig wie möglich, obwohl ich innerlich einerseits jubelte, weil das ja genau eine meiner nagenden Fragen war und ich es unbedingt verstehen wollte, andererseits schrie ich ihn fast an „Woher auch.“ Konnte mich aber gerade noch bremsen, so dass mein Ton dann doch gemäßigt blieb.
„In der ganzen Zeit, in der ich mich wahrlich durch die Gegend gefickt habe, hätte ich niemals jemanden an mich heran gelassen…du warst der erste seit einer halben Ewigkeit und…na ja Anna beruhigt es, weil sie etwas sieht, was sie wahrscheinlich wunderbar findet…mir aber…mir macht es Angst Theon.“ Ich sah ihn fragend an, nachdem ich kurz auf den Boden gesehen hatte, doch bevor ich fragen konnte was ihm Angst machte…ich konnte mir irgendwie nicht vorstellen, dass er vor irgendetwas Angst haben konnte, obwohl ich es eigentlich besser hätte wissen können, schließlich spielte in seiner Beziehung zu Marei auch eine Portion Angst mit rein….redete er schon weiter.
„Nein, du gehörst also definitiv nicht zu all den Anderen…ich wollte nicht nur meinen Spaß mit dir, du hättest mir keine Ablenkung schenken können, dazu bist du Alina viel zu nah…aber Theon, ich kann dir auch nicht sagen was es denn dann ist…es…ich kann das alles nicht. Ich weiß nicht, ob ich es will…ich habe Angst davor. Angst vor Dir und diesen Gefühlen…Angst vor mir.“
Ich begriff, dass da etwas war…er fühlte was für mich und mein Herz ging auf bei seinen Worten, doch gleichfalls verspürte ich auch etwas, was die schönen Gefühle in mir dämpfte…er hatte Angst?
„Wovor genau hast du Angst Vivian? Und wieso bin ich Alina nah?“ Ich hatte sie nicht einmal kennen lernen können, wie konnte ich ihr dann nahe sein? Ich verstand nicht was er meinte.
„Du bist ihr in vielerlei Hinsicht ein wenig Ähnlich…ich kann es nicht genau erklären, aber wenn ich dich ansehe, dein Augenausdruck, deine Gestik…manchmal erinnert es mich so sehr an sie, dass es richtig weh tut. Aber Theon, das ist es nicht allein was mir Angst macht…ich, ich weiß einfach nicht, ob ich mich schon auf etwas Neues einlassen kann…oh Gott, das klingt alles so schrecklich abgedroschen…ich kann…ich kann Alina nicht einfach vergessen.“
„Vergessen?“ sah ich ihn entsetzt an. „Natürlich nicht, du wirst sie niemals vergessen und das erwartet auch niemand von dir, dass…“
„Ja, klar. Weiß ich ja…war etwas blöd ausgedrückt.“ Unterbrach er mich. „Aber ich brauche einfach noch etwas Zeit…lass mir Zeit Theon. Ich…du bist etwas ganz Besonderes für mich. Bitte, nimm es nicht persönlich, wenn ich manchmal abweisend zu dir bin…wenn es gerade so weh tut, dann…dann passiert es einfach so. Ich…“
„Hey“ unterbrach ich ihn diesmal mit sanftem Ton und lächelte. „Ich hab es nicht eilig, okay?!“ Ich strich ihm wieder über den Rücken, wie ich es auf dem Baumstamm getan hatte und diesmal war ich mir sicher, dass er meine Zärtlichkeit genoss. Er lehnte sich an mich und ich spürte seinen Atem an meinem Hals.
Ich würde sicherlich noch genauer über seine Worte nachdenken müssen, aber das wichtigste hatte mein Herz erfüllend erreicht…ich war ihm nicht egal. Er empfand etwas für mich und das allein wärmte mich innerlich so wundervoll auf, dass ich mich rundum glücklich fühlte. Ich dachte weder an gestern, noch an morgen, jetzt in diesem Augenblick fühlte ich mich geliebt…geliebt von dem Schwarzhaarigen, der sich so wundervoll an mich schmiegte. Ich war etwas Besonderes für ihn, hatte er gesagt und diese Worte allein hoben mich in den Himmel und durchfluteten mich mit soviel Verliebtheit, dass mein Herz sich nicht entscheiden konnte, ob es hüpfen oder entspannt, ruhig und im Einklang mit mir klopfen sollte.
Seine Lippen berührten plötzlich meine Haut und ich fühlte, wie er sich meinen Hals hinauf küsste, meine Wange liebkoste und sich meinem Mund näherte. Mit einem kleinen Seufzer nahm ich seine Zunge in Empfang, die sich sanft, aber ohne Zögern durch meine Lippen schob und meine suchte, um leidenschaftlich mit ihr zu spielen.
Haltende Arme zogen sich fest um meinen Körper, als wolle er mich darin für immer einschließen und seine Hände lagen auf meinem Rücken, einen Moment lang ruhig, bis sie dann kraulend und suchend an ihm entlang fuhren.
„Alle Zeit dieser Welt.“ Seufzte ich mehr, als dass ich es sprach, als sich unsere Münder für nur einen winzigen Augenblick trennten, um dann sofort wieder zueinander zu finden.
Wo waren wir eigentlich? Es war so egal und ich vergaß es in diesem Kuss. Zeit und Raum erschienen mir so unwichtig, alles war unwichtig und es gab nur das Spiel unserer Zungen, das immer lustvoller und inniger wurde. Zusammen sein, ich wollte nur mit ihm zusammen sein, weiter, enger, mehr.
Meine Finger gruben sich unter sein Shirt…oh Gott er war so warm und seine Haut so weich und wundervoll. Mal berührte ich sie sanft, ließ meine Finger auf kitzelnde Art über sie gleiten, wie eine Feder, die im Wind die Luft streifte, dann wieder war mein Hand fest und die Gier sprang aus mir in sie über. Fest und fast unsanft griffen meine Finger in das Fleisch, während sich mein Körper lustvoll an seinen schmiegte.
Irgendwie gelangten wir in eine liegende Position, es ging so fließend ineinander über, dass ich es gar nicht mitbekam. Die fast im Übermaß vorhandenen Kissen in der Ecke des Proberaumes boten uns eine weiche Fläche und wir wandten uns, immer mehr Lust aufeinander bekommend, auf dem kuscheligen Untergrund.
Seine Haut roch nach körperlicher Anstrengung und ich erinnerte mich daran, wie er sich eben bei der Probe verausgabt hatte.
Mit geschlossenen Augen und einem Bild in meinem Kopf, von dem Schwarzhaarigen, der vor einigen Minuten alles gegeben hatte, spürte ich wie seine erregende Nähe das Blut in meinem Körper zusammen laufen ließ.
Deutlich merkte ich seinen Körper an meiner Mitte und ich konnte gar nicht anders, als mich noch ein wenig fester an ihn zu drücken. Er machte mich wahnsinnig nur mit seiner Nähe und seiner spielenden Zunge. Ich wollte immer mehr von ihm fühlen und um das zu bekommen, ließ ich meine Hand an das Bund seiner Hose wandern, öffnete sie und schob meine Hand hinein, bis ich seine Erregung fühlte. Wow, sein Schwanz war nicht weniger hart, als mein eigener und schien sich meinen Fingern nur zu gern entgegenzubringen.
Voller Lust darauf seine Härte noch besser berühren zu können, wühlte ich meine Finger immer tiefer in seine Jeans.
Plötzlich, völlig unpassend und unerwartet, ließ mich eine Bewegung an meiner Mitte zusammenzucken, ein kleiner erschreckter Aufschrei entwich meiner Kehle und ich war einen Augenblick lang völlig perplex und wusste nicht was das ausgelöst hatte. Erst das passende Piepen dazu ließ mich erkennen, dass es das Handy in seiner Hosentasche sein musste.
Vivian sah mich belustigt an und grinste amüsiert.
Doch ich hatte genau gemerkt, dass er sich nicht weniger erschreckt hatte und bot ihm einen Blick, der sagen sollte ‚Nun tu nicht so, dir hat es auch einen Schrecken eingejagt.’
Er pulte das Gerät aus seiner Tasche, schaut auf das Display und sein Blick wurde entschuldigend. „Sorry, ich muss ran gehen, das ist Anna.“
Anna? Was wollte Anna den jetzt von ihm? Ein wenig enttäuscht, dass sein warmer Körper von mir abließ, sahen meine Augen ihm hinterher, als er sich erhob, während er das Gespräch annahm.
Genau beobachtete ich seine Mimik, die mit jedem von Annas Worten, die ich nicht hören konnte, entsetzter ausfiel. Ich bekam schon Angst, dass irgendetwas passiert sein könnte…vielleicht mit Marei, bis ich begriff, dass es ein schlechtes Gewissen war, dass den Ausdruck seines Gesichtes ausmachte.
„Es tut mir Leid Anna, wirklich. Ich mach mich sofort auf den Weg. Vielleicht kannst du Christian kurz…“ bestätigten mir auch schon seine Worte, die Vermutung und zusätzlich ärgerte ich mich darüber, dass unsere Zweisamkeit, wohl jetzt vorbei sein würde. ‚Sofort auf den Weg machen’ klang gerade gar nicht schön in meinen Ohren. „Ja…oh man…Anna, es tut mir wirklich Leid…ja, ich weiß…ja…ja, ich bin gleich da…versprochen.“ Legte er auf und sah mich mit einer Spur Verzweifelung in seinen Augen erneut entschuldigend an.
„Das ist wohl nicht mein Tag heute…scheiße ey, jetzt hab ich auch noch vergessen, dass ich heute bei Marei bleiben sollte. Fuck man…verflucht. Es tut mir Leid Theon, aber könnten wir sofort los?“ schloss er seine Hose und zog sich seine Jacke über.
„Ja klar, ist doch kein Problem.“ Stand ich auch schon bereit neben ihm und als ich zusah, wie er die Tür abschloss, als wir aus dem Raum waren, legte ich sanft die Hand auf seinen Arm, weil ich sah, dass seine Hand leicht zitterte. „Hey, ist doch nicht schlimm, jeder…“
„Doch verdammt, es ist sogar sehr schlimm. Ich hab Marei vergessen und sie wird es natürlich auch noch gemerkt haben…wieder mal hab ich nur an mich gedacht. Manchmal versteh ich mich selbst nicht…Nein, nicht nur manchmal…Gott wie konnte ich das nur vergessen.“ Er wischte sich mit der Handfläche über das Gesicht, als wolle er den Schweiß entfernen, der aber gar nicht vorhanden war.
Und als seine Augen meine danach trafen, kam es mir vor, als gäbe er mir ein Stück Schuld. Innerlich schrak ich zurück, was bedeutete der Blick, der mich fast durchbohrte und gleichzeitig so ein Schuldbewusstsein seinerseits enthielt?
Ich fühlte mich irgendwie mies, als wir auf meinem Motorrad saßen und nach Hause fuhren, so sehr ich auch darüber grübelte, ich konnte diesen Blick nicht verstehen…gab er wirklich mir eine Teilschuld daran, dass er es vergessen hatte?
Anna war schon weg, als wir auf den Hof ankamen. Sie wollte mit einer Freundin ins Kino und hatte natürlich nicht warten können, bis wir ankamen…so erfuhr ich es jedenfalls von Christian, der auf dem Sofa saß und auf unser Eintreffen gewartet hatte. „Marei schläft bereits, sie war ziemlich weinerlich und müde, deswegen hat Anna sie frühzeitig in ihr Bett gesteckt.“
Nach diesen von Christian eher belanglos gesagten Worten, hellte sich Vivians Gesicht ein wenig auf und er fragte sofort „Wie lang schläft sie schon?“
„Sie hat es nicht mitbekommen, dass du nicht rechtzeitig hier warst…falls es das ist was dich bedrückt.“ Kam es nicht ohne Vorwurf in der Stimme. „So und ich hau jetzt ab. Ich hab auch noch was vor.“ Stand er auf und drehte sich weg, um zur Tür zu gehen.
„Danke“ kam es leise von dem Schwarzhaarigen und Christian drehte sich daraufhin noch einmal zu ihm um. „Schon gut, kein Problem.“ Verschwand er dann und Vivian ließ sich mit einem erleichterten Laut auf das Sofa fallen. „Gott sei Dank, wenigstens hab ich die Kleine nicht verärgert.“
Kurz überlegte ich, ihn auf seinen Blick von vorhin anzusprechen, doch irgendwie traute ich mich nicht. Bestimmt hatte ich mir das nur eingebildet und jetzt, sah er mich ja auch wieder ganz lieb an.
„Bleibst du hier?“ klopfte er auf den Platz neben sich. „Oder hast du auch noch etwas vor?“
„Nein, ich hab nichts geplant.“ Setzte ich mich neben ihn. „Außerdem muss ich ja auch morgen wieder früh raus, da hätte ich gar keine Lust jetzt noch großartig etwas zu unternehmen…wenn du willst bleib ich hier und leiste dir Gesellschaft.“ Ich freute mich darüber, dass er mich scheinbar hier bei sich haben wollte und war mir jetzt sicher, dass ich mir mit seinem Blick nur wieder etwas eingebildet hatte.
Wir beschlossen gemeinsam Fern zu sehen und der Schwarzhaarige kuschelte sich an mich, während wir uns einen Film ansahen.
Ich wurde wach, als eine Tür klappte. Oh Mist, ich war tatsächlich eingeschlafen…aber nicht nur ich, wie ich feststellte, denn Vivian atmete ganz ruhig an meinen Körper gelehnt und rührte sich nicht.
Anna sah erst grimmig und dann erstaunt aus, als sie das Wohnzimmer betrat, doch sofort danach legte sich ein entzückendes Lächeln auf ihre Lippen.
„Hi Theon.“ Flüsterte sie mir zu und setzte sich auf den Sessel „Bis zu diesem Anblick hatte ich mir noch vorgenommen ihn zusammen zu pfeifen, aber jetzt…Gott er sieht so glücklich aus, dass ich ihn bestimmt nicht mal aufwecken möchte.“
Wenn ich ehrlich war, hätte ich auch gern in sein Gesicht gesehen, doch er lag mit dem Rücken an meiner Brust und somit war das unmöglich ohne ihn zu wecken. Ich gähnte erstmal ausgiebig und sah Anna dann etwas zögernd an „Er hat es nicht böse gemeint Anna. Er war ganz krank vor schlechtem Gewissen.“ Fand ich ihn verteidigen zu müssen.
„Ich weiß es ja und trotzdem finde ich es einfach nicht okay…wenigstens für ein paar Stunden kann er sich um seine Tochter kümmern. Manchmal möchte ich auch mal etwas anderes sehen…versteh mich nicht falsch, bitte, aber so gern ich auch mit der Kleinen zusammen bin…ich habe auch noch ein eigenes Leben…zumindest einen kleinen Teil davon und wenn ich ihn dann mal brauche, dann vergisst er es.“
„Ja, es war nicht okay, aber wir hatten ein anstrengendes Gespräch heute Nachmittag und dann die Probe, sie ging etwas länger…bitte Anna, sei ihm nicht böse.“ Bat ich leise und sie lächelte mich irgendwie belustigt an. „Du magst ihn schon sehr nicht wahr?“
Ich nickte nur, lieber sagte ich jetzt nichts…sollte er doch etwas mitbekommen, dann hatte er schon genug gehört, fand ich.
„Ich werde ihn verschonen…zumindest so weit es geht.“ Versprach sie mir „Verdammt, manchmal könnte ich ihn …grrrr, aber eigentlich hab ich ihn viel zu gern, als dass ich ihm etwas antun könnte. Jetzt kann ich ihn ja nicht mal wecken.“ Sah sie erneut auf den Schlafenden.
„Ich werde es wohl müssen.“ Seufzte ich fast „Schließlich können wir hier so nicht die ganze Nacht liegen bleiben und ich muss morgen wieder früh aus den Federn.“ Bedauerte ich und begann sanft an Vivians Körper zu rütteln. „Hey, aufwachen.“
Anna begann zu lachen. „So bekommst du den niemals wach…ich helfe dir mal.“ Grinste sie nun breit und erhob sich.
Mit zwei Fingern fasste sie an Vivians Shirt und ich verstand im ersten Moment nicht, was sie vor hatte, bis sie die andere freie Hand darunter verschwinden ließ…oha, sie hatte bestimmt richtig kalte Hände. Aber so kalt war es doch draußen eigentlich gar nicht, auch wenn es schon spät war.
Der Schlafende rührte sich in der Tat auch nur kurz, indem er ein super süßes knurrendes Geräusch aus seiner Kehle entließ. „Okay…dann kriegst du eben mehr.“ Kicherte Anna und ich konnte nur sehen, wie sich ihre Hand unter Vivians Shirt bewegte. „Nicht…nein Anna…hör auf….“ quiekte der Schwarzhaarige auf und fuchtelte mit den Armen, so dass ich aufpassen musste nicht auch noch etwas abzubekommen. „…lass das du Miststück.“ Jaulte er, als Anna noch immer nicht von ihm abließ. Neugierig versuchte ich herauszufinden, was ihre Hand genau mit ihm tat, aber scheinbar, war er einfach nur irre kitzelig am Bauch…Hihi, das war irgendwie gut zu wissen, das musste ich mir unbedingt merken.
„Wer hier wohl das Miststück ist.“ Versuchte Anna jetzt ernst zu werden, doch ihren Mundwinkeln gelang dies nicht. Trotzdem bewirkte es, dass Vivian sich scheinbar an seine Misere erinnerte. „Oh man, es tut mir wirklich Leid.“ Setzte er sich auf und sah plötzlich drein wie ein getretener Hund.
„Du hast Glück Schätzchen, da hat sich schon jemand stark für dich eingesetzt.“ Lächelte sie ihn versöhnt an und trieb mir damit ein leicht unangenehmes Gefühl zu, das allerdings ganz schnell wieder verschwand, als er sich liebevoll schauend zu mir umdrehte und sanft meine Lippen küsste.
„Hmm, du hast mich gerettet Engel.“ Grinste er und zog es ins Lustige, doch an seinen Augen konnte ich erkennen, dass er erleichtert war und das „Danke“ was er flüsterte, klang mehr als ehrlich.
„So und jetzt verschwindet.“ Sagte Anna im Befehlston, den ihr Gesichtsausdruck aber immer noch kein Stück unterstütze. „Ich brauch meinen Schönheitsschlaf…los…zack, zack…hinfort mit euch.“
„Jawohl Gnädigste“ sprang Vivian lachend auf und zog mich gleich mit hoch, so schnell, dass ich im ersten Moment, als ich auf den Füßen stand, erstmal klar kommen musste, weil der Schlaf mir noch in den Knochen hing…oh Gott ich musste wirklich schnell ins Bett.
„Schlaf schön“ drängte mich Vivian in unserem gemeinsamen Wohnzimmer an die Wand und berührte sanft meine Lippen mit seinen, um sich dann sofort wieder ein Stück zurück zu ziehen und mich grinsend anzusehen. Irgendwie war mir das unangenehm und ich wich seinem Blick aus, indem ich mich jetzt meinerseits seinen Lippen näherte. Doch nun wich er mir aus und zog sich grinsend soweit zurück, dass ich nicht zu ihm gelangen konnte, weil seine Hände mich an der Wand hielten. Ich versuchte meine Hände zu benutzen, um ihn zurück zu mir zu bekommen, doch er ließ mich nicht.
„Sag mir was du willst.“ Forderte er frech und seine Augen funkelten wundervoll herausfordernd. Die Luft zwischen uns schien voller knisternder kleiner Teilchen und ich genoss diese prickelnde Atmosphäre total.
„Küss mich“ hauchte ich ihm zu, doch als er jetzt wieder auf mich zukam, konnte ich nicht umhin diese Stimmung weiter zu schüren und zog meinen Kopf Millimeter weit zurück, wenn er meine Lippen fast berührte.
Solange, bis mich die Wand daran hinderte das Spiel fortzuführen und seine weichen Lippen nichts mehr aufhalten konnte.
Seufzend nahm ich sie an und war jetzt derjenige, dessen Zunge sanft den Spalt seiner Lippen überwand. Trotz des aufregenden Machtspielchens fiel dieser Kuss überaus sanft und gefühlvoll aus. Zart und vorsichtig tanzten unsere Zungen in der feuchtwarmen Umgebung und immer wieder seufzten wir gemeinsam in diese Zärtlichkeit hinein. Ewigkeiten schien dieser Kuss zu dauern, doch meinetwegen hätte er bis ans Ende aller Tage anhalten können. Dass ich vor ein paar Minuten noch unbedingt in mein Bett wollte, war völlig vergessen.
Erst, als er wieder von mir abließ erinnerte ich mich daran, dass ich wirklich ziemlich müde war. „Gute Nacht“ schien auch der Schwarzhaarige sich darauf zu besinnen und legte mir noch einmal kurz seine Lippen auf den Mund, bevor er mich gänzlich frei ließ und zu seinem Zimmer ging. „Schlaf du auch schön.“ Rief ich ihm nach und taumelte dann fast, weil ich mich so selig fühlte ins Badezimmer und danach direkt in mein Bett.

Die volle Müdigkeit spürend, die der Tag mir hinterlassen hatte, kuschelte ich mich in meine Decke und schloss die Augen. Doch wenn ich geglaubt hatte, dass der Schlaf mich schnell holen würde, dann hatte ich mich getäuscht.
Mein Kopf schien nicht im Entferntesten daran zu denken, die Arbeit einzustellen und mich hinüber gleiten zu lassen in eine Welt, die mir Entspannung schenken konnte.
Noch einmal spielte sich der Tag in meinen Gedanken ab, alle Bilder des Geschehenen traten erneut vor meine Augen und mein Kopf wollte unbedingt analysieren was die einzelnen Empfindungen in sich trugen, die ich in Vivians Gesicht gelesen hatte.
Immer wieder blieb ich hängen an Bildern, die mir eine Gefühlsregung in dem Gesicht des Schwarzhaarigen zeigten und ganz speziell war es die Schuldzuweisung die mir im Proberaum nach Annas Anruf, aus seinen Augen entgegen sprang. Hatte ich es mir nun nur eingebildet, oder war da tatsächlich etwas in dieser Form gewesen.
Aber wenn ja, warum?
Er hatte Angst vor den Gefühlen zu mir…gab es da eine Verbindung zu dieser Mimik? Vielleicht war es absurd, aber immer stärker glaubte ich, dass Vivian sich nicht zugestehen wollte glücklich zu sein…er hatte unsere Zweisamkeit als den Grund angesehen, weshalb er seine Pflichten vergessen hatte.
Aber das war doch völliger Quatsch…nur weil Marei seine Aufmerksamkeit und seine Zuwendung benötigte, schloss es doch nicht aus, jemanden zu lieben.
Ich fand meine Gedanken völlig an den Haaren herbeigezogen und doch, bekam ich sie nicht weg.
Immer deutlicher wurde der Wunsch in mir, etwas tun zu können, damit die beiden wieder ein gesundes Verhältnis bekamen…denn vorher, vorher würde zwischen ihm und mir nichts so werden können, wie ich es mir sehnlich erhoffte. Das war mir irgendwie klar in diesem Augenblick, obwohl ich fand, dass das eine doch gar nichts mit dem anderen zu tun hatte. Doch ich glaubte zu wissen, dass es für Vivian so war.
Nur…mir waren in der Beziehung doch völlig die Hände gebunden…ich konnte nichts tun, rein gar nichts.
Nur die Zeit konnte zeigen, ob sich das Verhältnis zwischen Vater und Tochter jemals wieder normalisieren würde…die Zeit…hatte ich ihm nicht gesagt, dass wir alle Zeit der Welt hatten?
Wenn es so war, warum hatte ich dann das Bedürfnis zu eilen? Das Bedürfnis dringlich daran zu rütteln?
Meine Gedanken verloren den Faden und alles spukte nur noch unsortiert vor meinen Augen herum. Erschöpft wischte ich mir übers Gesicht und versuchte meinen Kopf damit leer zu fegen. Ich musste schlafen, unbedingt. Das alles hier brachte nichts und Klarheit würde ich mir eh nicht erdenken können.
Unbewusst umschloss meine Hand den Anhänger an meinem Hals, während ich mich versuchte darauf zu konzentrieren einfach an gar nichts mehr zu denken.
Es war ziemlich anstrengend und immer wieder schoben sich unangeknüpfbare Fädchen vor die Ruhe, die ich brauchte.
Ich bemerkte nicht, wie sich meine inneren Bilder veränderten und ich hatte auch keine Ahnung, wie viel entspannende Zeit zwischen ihnen lagen, aber als ich die Augen öffnete war mir klar, dass ich eingeschlafen sein musste.
Und ich hatte geträumt. Diesmal griff ich ganz bewusst an das Amulett…die ganze Zeit ohne die Kette, hatte es nicht einen Traum gegeben.
Das Geschehen, dass sich in meinem Unterbewusstsein abgespielt hatte, hatte auch diesmal keine Ähnlichkeit mit den Träumen, die mir Marei „geschickt“ hatte.
Nur der Mann und die Frau in diesem Traum, um die er sich gehandelt hatte, das waren die Gleichen. Ich hatte Vivian und Alina gesehen…heute Nacht hatten sie beide gelebt.
Fröhlich hatte ich sie über eine Wiese laufen sehen…so wie in Filmen aus den 70iger Jahren. Klischehaft und unwirklich, aber ich hatte ihre Liebe gespürt…und das die so gewesen sein musste, das erschien mir real…unheimlich real.
Irgendetwas zog mich aus dem Bett und obwohl ich nicht einmal wusste wo ich hin wollte, stand ich auf und zog mir mein Shirt über den Kopf.
„Auuu“ jaulte ich auf, als mein kleiner Zeh beim loslaufen an dem Bettpfosten hängen blieb und ich ihn so gewaltig daran stieß, dass mir fast schwarz vor Augen wurde von dem durch meinen gesamten Körper ziehenden Schmerz. „Scheiße….aah…verdammt auuu“ fluchte ich und setzte mich wieder hin, während ich mir weiterjaulend den Zeh rieb.
Gott, dass das auch immer so wahnsinnig wehtun musste…konnte man da nicht mal was erfinden?
Erst als der Schmerz erträglich wurde, dachte ich daran, was ich überhaupt gewollt hatte…wach war ich jetzt zumindest und mein Kopf konnte klarer denken. Himmel, meine Füße hatten mich tatsächlich in Vivians Zimmer tragen wollen. Mitten in der Nacht.
Draußen war es noch stockdunkel und nur der Mond warf ein wenig Licht durch mein Fenster herein.
Mir erschien es unhöflich und unsittlich zu so einer Zeit einfach in das Zimmer des Schwarzhaarigen zu gehen, doch der Wunsch dazu war unweigerlich auch trotz meines erwachten Kopfes noch in mir und ich erinnerte mich daran, dass er nicht nur einmal an meinem Bett gesessen hatte, als ich die Augen aufgeschlagen hatte.
Na und, gab dieser Punkt mir das Recht mitten in der Nacht bei ihm aufzulaufen? Kämpfte ich mit mir selbst…doch es schien bereits verloren, bevor es überhaupt wirklich begann. Ich musste zu ihm, warum auch immer. Nichts konnte mich in diesem Moment daran hindern und aufhalten.
Als ich die Hand auf die Türklinke legte, hoffte ich irgendwie, dass sie von innen verschlossen war, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, dass er sich über Nacht einschloss, wünschte ich es mir, bis sie nachgab und mir einen Weg in den Raum bot.
Ich war enttäuscht über mich selbst und darüber, dass mir nichts Einhalt gebot…wie konnte ich nur einfach so hier herein spazieren, das ging mir innerlich so was von gegen den Strich und ich war so sauer, dass mich nichts davon abhielt, dass ich das Gefühl bekam, mein Blut würde vor Wut über mich selbst zu kochen beginnen.
Doch als ich den schlafenden Körper in dem Bett erblickte und in sein selig scheinendes Gesicht sah, konnte ich verstehen, was Anna am Abend davon abgehalten hatte ihn aus dem Schlaf zu reißen. Er sah so schön aus, dass ich sogar meine Wut über mich selbst vergaß und nur noch verzückt auf den ruhig atmenden Mann sah.
Sogar noch einen Schritt weitergehend setzte ich mich auf seine Bettkante und beobachtete eine ganze Weile seinen Schlaf.
Genauso wenig wie ich wusste, was mich hierher getrieben hatte, wusste ich, warum ich plötzlich das Gefühl hatte, ihm das Amulett umlegen zu wollen. Aber wenn ich eins gelernt hatte in der letzten Zeit, dann war es dem Anhänger zu vertrauen, der Dinge tat, die sich nicht erklären ließen und mein Gefühl ließ mich dazu leiten, es von meinem Hals zu lösen.
Es ging ganz einfach, es ihm um den Hals zulegen. Ich dachte nicht einmal daran, dass er aufwachen könnte. Mit sicherem Griff führte ich das Lederband über seinen Kopf und irgendwie ging es sogar, obwohl dieser fest in den Kissen lag.
Ich hätte nicht sagen können, wie es passierte, aber das war auch egal. Als ich den Anhänger auf seiner Brust liegen sah, erfüllte es mich mit dem Gefühl einer ausgeführten Aufgabe.
So wie es jetzt war sollte es sein und mit einem letzten Blick auf den Schlafenden verließ ich sein Zimmer und ging zurück in mein eigenes.
Mein Bett war noch warm und diesmal schlief ich sofort wieder ein.
Ich hatte die nächsten Tage Tagesschicht und als ich am Abend mit Christian auf den Hof bog, klopfte mein Herz gehörig. Ich freute mich einerseits darauf Vivian zu sehen und war neugierig, wie er auf das Amulett reagieren würde, aber ich hatte auch Angst davor, schließlich hatte ich irgendwie gegen seinen Willen gehandelt. Ich wusste ja was er davon hielt.
Ich versuchte mir zurecht zu legen, was ich zu ihm sagen würde, wie ich ihm erklären konnte, dass ich nicht anders hätte handeln können.
Ob er wohl geträumt hatte und wenn, waren dann seine Träume ähnlich wie meine? Würde er mir davon erzählen?
Meine Fragen sollten nicht beantwortet werden, weder an diesem Abend, noch an den folgenden, denn der Schwarzhaarige lief mir nicht über den Weg. Wenn ich ankam war er bereits wieder weg und Anna erzählte mir nur, dass er spät zurückkommen würde.
Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass er mir absichtlich aus dem Weg ging und es machte mich traurig. Selbst wenn er sauer über meine Handlung war, er hätte mir zumindest die Chance geben können etwas dazu sagen zu können.
Als ich die erste Nachtschicht hinter mir hatte, ging ich direkt zu Oma Helli. Ich hatte sie in den letzte Tagen nur ganz kurz gesehen, viel Zeit blieb mir nicht, wenn ich mit Christian in Hamburg ankam, bis ich zur Schicht musste. Jedenfalls nicht genug um ihr ausführlich von den Ereignissen zu berichten.
Obwohl ich am liebsten die Tage zwischen der Nachtschicht auf dem Hof verbracht hätte, um eine Gelegenheit zu bekommen mit Vivian zu klären, was unumgänglich geklärt werden musste, überredete mich Helli bei ihr zu bleiben. Keine Ahnung wie sich mich letztendlich überzeugte, aber am Ende gab ich ihr Recht, dass Vivian vielleicht auch was das Amulett anging etwas Zeit für sich benötigte.
Zu den anderen Dingen äußerte sie sich nicht großartig und auch, dass ich mit Vivian eine Nacht verbracht hatte, blieb ihrerseits völlig unkommentiert.
Aber ich erwartete auch gar nicht, dass sie mir irgendetwas riet, es war einfach schön jemanden zu haben, der einfach nur geduldig zuhörte.
„Ach übrigens, ich habe den anderen gesagt, dass ich dich am Sonntag mitbringe…ich hab es ganz vergessen. Ich hoffe es passt dir.“ Erinnerte ich mich daran und sah sie etwas beschämt an.
„Klar passt es mir, was denkst denn du? Dass ich schon ne Party geplant hab?“ grinste sie mich breit an und zeigte deutlich, dass sie sich freute.
„Na, hätte ja sein können.“ Meinte ich es ganz ehrlich, schließlich würde es zu Helli passen.
„Nee Schätzchen, so einfach ist das nicht.“ Wurde sie ernst und gab mir zum ersten Mal das Gefühl, dass auch sie ihre Probleme hatte. „Weißt du, mit den Leuten in meinem Alter kann ich so gar nichts anfangen. Ein Kaffeekränzchen mag ja ganz nett klingen, aber für mich ist das nichts. Meine Wehwehchen kenn ich schon ganz gut, über sie brauche ich nicht ständig zu reden und schon gar nicht will ich hören, wem wann was schmerzt. Ob du es glaubst oder nicht, die meisten reden wirklich nur darüber wer welche Krankheit hat und wer denn nun schlimmer dran ist.“ Erklärte sie mir.
„Ja und wer von den jungen Leutchens gibt sich schon gern mit so einer alten Schachtel wie mir ab?“ grinste sie jetzt wieder, doch es sah ein wenig schief aus, so als wolle sie nur ihre Traurigkeit überspielen. „Aber Helli, du bist doch cool. Ich finds toll wie du bist…mir ist noch nie ein Mensch wie du es bist begegnet.“
„Cool? Ja vielleicht, aber ich passe nicht in ihr Bild. Eine Oma hat nicht cool zu sein.“ Lächelte sie jetzt wieder ehrlich.
„Ich mag dich jedenfalls.“ Gab ich ihr einen Kuss auf die Wange.
“Und ich will mich nicht beklagen. Ich kann schon umgehen mit den Menschen…man lernt es mit der Zeit…So und jetzt geh schlafen.“ Boxte sie mir gegen den Oberarm.
Ich freute mich darauf Oma Helli mit auf den Hof zu nehmen, irgendwie überdeckte die Freude sogar das mulmige Gefühl, dass ich wegen Vivian und dem Amulett hatte. Mein Gott, er würde mir schon nicht den Kopf abreißen…letztendlich war es doch lediglich eine Kette.
Doch trotzdem ich versuchte mich so sehr wie möglich zu beruhigen, klopfte mein Herz unerträglich schwer in meiner Brust, als ich mich mit Helli an meinem Rücken, der vertrauten Umgebung, in der ich jetzt lebte, näherte.
Von weitem schon sah ich den Rauch des Feuers und wunderte mich, dass es schon am Mittag brannte. Helli und ich hatten in Hamburg noch gemütlich gefrühstückt und es war bereits kurz vor Zwölf, als wir am Hof ankamen.
Anna begrüßte uns herzlich und erklärte, dass sie ein Grillen geplant hatte zu Ehren des Besuchs Oma Hellis...ich musste lachen wie sie es betonte, wurde aber gleich wieder ernst, als sie mir lächelnd riet doch mal hinter das Haus zu schauen. Helli würde sie mit nach drinnen nehmen, damit sie ihr tragen helfen könnte.
Ich konnte mir nicht erklären, was das zu bedeuten hatte, doch ich konnte auch nicht verhindern, dass das Herz in meiner Brust, das sich gerade wieder einigermaßen beruhigt hatte, von neuem galoppierte, wie ein durchgegangenes Pferd.
Fast ängstlich schaute ich um die Hausecke, was würde mich dort erwarten? Ich war mir irgendwie sicher, dass es mit Vivian zusammenhing. Ich wusste nicht was ich erwartete, oder ob ich etwas erwartete, aber das was ich sah, damit hatte ich mit Sicherheit nicht gerechnet.
Marei und ihr Vater hockten gemeinsam auf dem Rasen und beschäftigten sich mit einem der kleinen Hunde von Johannas Hof. Es war eines der schwarzen Babys.
Es nicht wirklich fassen könnend ging ich näher heran und kurz bevor ich neben den Dreien stand, schaute der Schwarzhaarige auf.
„Hi Theon“ strahlte er mich an. „Der Kleine ist heute nur zu Besuch hier. Er darf noch nicht von Lina weg, nur für kurze Zeit und wir dachten, wir zeigen ihm schon mal sein neues Zuhause.“ Stand er auf und ich konnte nicht anders, als die letzten Schritte auf ihn zu zugehen und ihn fest in meine Arme zu ziehen.
Im ersten Moment spürte ich, wie er sich unter meiner Freude versteifte und ich wollte ihn direkt wieder aus meinen Armen entlassen, doch dann erwiderte er es doch und gab mir sogar einen kurzen flüchtigen Kuss auf die Lippen.
„Danke, du bist wirklich ein wahrer Engel.“ Flüsterte er und ich konnte es ehrlich gesagt noch immer nicht fassen, was mich hier erwartet hatte.
Sowohl Marei, als auch ihr Vater schienen völlig ausgewechselt und sobald ich den Schwarzhaarigen wieder losließ, hockte er sich erneut auf den Rasen und spielte gemeinsam mit der Kleinen, mit dem Welpen.
Beide schienen zu vergessen, dass ich neben ihnen stand, doch das störte mich nicht im Geringsten…ewig hätte ich hier stehen können und mich an diesem innigen Bild erfreuen. Jegliche Last der letzten Tage flog mit dem leichten Wind davon und ich fühlte mich mit jeder Sekunde befreiter.
Anna grinste mich an, als sie mit Oma Helli um die Ecke bog und für den Bruchteil einer Sekunde sahen wir uns wissend in die Augen. Die Zeit genügte um zu wissen, dass sie genauso fühlte wie ich.
Der erste und der wichtigste Schritt war getan, es würden noch viele kleine folgen müssen, aber wenigsten ein kleiner Teil des eisigen Meeres war getaut.
Ich hätte nicht gedacht, dass Marei es sich nehmen ließ, aber sie zog es vor Helli die Tiere zu zeigen, statt den Welpen zurück zu Lina zu bringen. Vivian sah ihr kopfschüttelnd hinterher, aber er schien eher amüsiert, als verärgert. „Na gut, dann bring ich dich eben allein zurück.“ Nahm er den kleinen Wurm behutsam auf den Arm.
„Wenn du magst könnte ich dich begleiten.“ Schlug ich lächelnd vor.
„Einen besseren Vorschlag hättest du jetzt nicht machen können.“ Lächelte er zurück und zog mich mit zustimmender Gestik ein Stück mit.
„Du hast also mit ihr gesprochen.“ Brach es sofort aus mir heraus, als wir außer Hörweite waren, weil meine Neugierde so stark war, alles genau zu erfahren, dass ich nicht noch länger warten konnte.
„Ob du es glaubst oder nicht du eigenmächtig Handelnder, das brauchte ich eigentlich gar nicht und ich habe es auch nicht wirklich.“ Sah er mich schief an und ich bekam sofort, trotz des guten Ausgangs ein schlechtes Gewissen.
„Es tut mir Leid Vivian, ich…“ begann ich ihm meine Tat erklären zu wollen, doch er fuhr mich grinsend an. „Ach halt die Klappe, ich will das alles gar nicht wissen.“
Ich schluckte erschreckt, bis mir sein Gesicht bewusst machte, dass er keinesfalls böse auf mich war, egal wie sehr ich auch gegen seine Entscheidung gehandelt hatte. „Aber ich“ stupst ich gegen seinen Arm „Ich will alles wissen, jetzt erzähl schon, was ist passiert.“
„Eigentlich nicht viel. Ich hab geträumt, schon in der Nacht, in der du mich mit dem Teil gefoltert hast.“ Konnte er es nicht lassen mich zu ärgern. „Ich kann es selbst nicht glauben und schon gar nicht verstehen, aber ich habe Marei in den Träumen davon überzeugt, dass ich nichts an dem Geschehen hätte verändern können. Irgendwie zumindest…ich habe es im Traum noch mal erlebt Theon.“ Fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht, besann sich aber sofort wieder, weil der kleinen Hund zu zappeln begann und er beide Hände benötigte um ihn fest zu halten.
„Hey, du Racker, mach nicht so ein Alarm hier, wir sind ja gleich da.“ Lachte er, obwohl ich eben noch seinen Schmerz fühlen konnte. „Sie war bei mir, die Kleine. Sie hat in meinem Traum alles miterlebt…Gott Theon, irgendwie…wenn ich darüber nachdenke, dass sie es vielleicht wirklich auch gesehen hat…also vielleicht auch in ihrem Traum.“ Er blieb stehen und sah mich an. „Ich hätte sie so gern davor bewart…sie ist doch noch so klein und…“
„Warte, warte“ unterbrach ich ihn jetzt. “Du weißt doch gar nicht was sie gesehen hat und…sie hat irgendetwas gesehen, was ihr ein wenig Vertrauen zurück gebracht hat, bitte Viv mach dir doch keine Gedanke darüber…sie hat nicht die Wirklichkeit gesehen, sie hatte einen Traum und was auch immer das Amulett ihr gezeigt hat, es kann nicht verkehrt gewesen sein.“
„Das Amulett…“ begann er voller Abwehr und sein Gesicht schnellte zu mir, bevor er es sich überlegte und dann doch lieber vor sich auf den Boden sah. „Oh man, ich sollte es jetzt vielleicht einsehen, nicht wahr? Es spricht ja alles dafür, dass…“ er sprach nicht weiter und ging stattdessen langsam weiter.
„Ich weiß es nicht, ob es tatsächlich das Amulett ist, oder vielmehr beide Anhänger…aber ist das nicht eigentlich auch egal? Müssen wir denn alles verstehen, was zwischen Himmel und Erde passiert? Marei scheint es ein wenig besser zu gehen, nur das ist es doch, was im Endeffekt zählt.“
Johanna kam uns entgegen, als sie uns sah und lenkte uns eine Weile von dem Gespräch ab. Vivian versicherte ihr noch mal genau, dass sie den Welpen auf alle Fälle nehmen wollten und sie schien sehr erleichtert darüber.
„Wenigstens den einen hier, kann ich dann ab und zu noch mal sehen.“ Nahm sie Vivian den Kleinen vom Arm. „Es ist doch immer wieder das Selbe…ist gar nicht so leicht zu wissen, sich bald von allen trennen zu müssen. Ich weiß gar nicht, warum ich das Lina und mir immer wieder antue.“ Lachte sie und wir verabschiedeten uns, schließlich gab es Besuch auf dem Hof und ich wollte es Oma Helli auch gar nicht so lange zumuten mit Marei bei ihren Tieren zu hocken.
„Es tat dir doch nicht weh den Anhänger zu tragen, oder? Ob er nun irgendetwas damit zu tun hat, dass du geträumt hast, oder nicht, ist das wirklich wichtig?“ fragte ich ihn, als wir wieder allein den Weg entlang liefen.
„Nein, eigentlich ist es nicht wichtig.“ Blieb er stehen und stoppt mich, indem er mich zu sich zog. „Und nein, es tat auch nicht weh, aber wenn ich ehrlich bin, dann spüre ich, dass er eher zu dir gehört.“ Griff er an die Kette um seinen Hals und zog sie über den Kopf. „Und, ich finde auch, dass der Anhänger zu dir viel besser passt.“ Flüsterte er, als er mir das Lederband umgelegt hatte und näherte sich meinem Hals.
„Du siehst sexy aus damit.“ Zog er mich fest an sich und berührte mit den Lippen die Haut neben dem Band.
„Und danke, dass du mir Zeit lässt, mein Engel.“ Flüsterte er weiter und ich hatte fast Mühe ihn zu verstehen „Ich brauchte die Tage um mit mir selbst ins Reine zu kommen…ja verdammt, dieses Amulett, die Träume, Mareis plötzliche Bereitschaft zur Nähe…das alles hat mich überfordert. Aber ich war dir nicht eine Sekunde lang böse, auch wenn ich wusste, dass du das glaubst. Verzeih mir, dass ich einfach nicht in der Lage war, dir diese Gefühle zu nehmen…ich…“
„Scht“ stoppte ich seine Worte und legte meine Hand unter sein Kinn, um sein Gesicht zu meinem zu ziehen. „Das war genug.“ Hauchte ich gegen seine Lippen und berührte sie besänftigend mit meinen.
Wozu sollte er nach Worten suchen, wenn ich ihn doch verstand.

Als wir wieder zurück auf den Hof kamen, hatte sich der Platz hinter dem Haus bereits gefüllt. Anna schien einer ganzen Menge Leuten Bescheid gesagt zu haben und aus dem Grillen entwickelte sich eine rege Party mit einer sehr ausgelassenen Stimmung.
Zu meinem Erstaunen, oder auch nicht Erstaunen, schien Oma Helli absolut darin aufzugehen. Ich hatte ihr schon zugetraut sich unter vielen Menschen wohl zu fühlen und ich war mir auch relativ sicher gewesen, dass sie sich gut mit den Menschen vom Hof verstehen würde. Dass sie allerdings zum größten Teil die treibende Kraft war und an diesem Tag eigentlich fast alle ständig unterhielt, das erstaunte mich dann doch.
Und unter den ganzen Leuten, die sich von meinem Gefühl her, sogar darum rissen Hellis Aufmerksamkeit zu erlangen, schaffte sie es sich jede Sekunde auch noch um Marei zu kümmern. Nicht einmal verpasste sie es auf ihre stummen Wünsche einzugehen, sofort schien sie ganz genau zu wissen, was die Kleine wollte, die Oma Helli genauso schnell akzeptiert und angenommen hatte, wie sie es damals bei mir getan hatte.
Das wiederum sah ich nicht als verwunderlich an, war es mir doch ähnlich ergangen und auch jetzt empfand ich sie einfach als die tollste Frau, die mir je über den Weg gelaufen war.
Nichts schien sie hier zu überfordern und ich bewunderte sie mit immer wiederkehrenden stummen Blicken, für ihren Elan und ihre Engelsgeduld. Wie es wohl sein würde, wenn ich selbst einmal in ihrem Alter war? Ich hatte zwar jetzt bemerkt, dass sie sich manchmal einsam fühlte und dass auch in ihrem Leben nicht alles so rosig war, wie es mir am Anfang unserer Freundschaft erschien und doch wünschte ich mir, dass wenn ich denn alt werden musste, dass ich dann ähnlich jung in meinem Herzen war wie sie.
„Oh Gott“ entfuhr es mir leise, als Oma Helli zur späteren Stunde dankend den kreisenden Joint entgegen nahm und kräftiger daran zog, als ich es in meinem Übermut getan hatte. Sofort danach betete ich, dass niemand meinen entsetzten Ausruf gehört hatte, doch Vivians Grinsen und auch Hellis Gesicht zeigte mir, dass dem nicht so war. Mist!
„Glaub mir Schätzchen“ flüsterte Helli mir zu „auch wenn ich alt bin, damit kann ich noch besser um, als du junges Kücken.“ Schmunzelte sie und drückte mir einen festen Kuss auf die Wange, bevor sie mich verdattert sitzen ließ und sich einigen der anderen zuwandte.
„Sie wird schon wissen, was sie tut.“ Sagte Vivian in beruhigendem Ton und verwirrte mich dann noch ein Stück mehr.
Er erhob sich von dem Platz neben mir und kam ganz dicht an mich heran. Erst dachte ich, er wolle mir etwas zuflüstern, doch er nahm meine Hände aus meinem Schoß und setzte sich vorsichtig auf meine Beine, während er die Arme um meinen Hals schlang und sich an mich kuschelte.
Niemals hätte ich gedacht, dass er so schnell so eine Geste tun würde, vor allen seinen Freunden und Bekannten. Irgendwie war mir immer klar gewesen, dass es ein stilles Geheimnis bleiben würde, dass er in unseren vier Wänden Zärtlichkeiten mit mir austauschte…kurz und gut, ich hatte nicht gedacht, dass er unser…was auch immer es war, öffentlich machen würde und genau das war es gerade für mich.
Dies hier glich nicht mehr dem, was zu einer einfachen Freundschaft passte und übertraf selbst die für mich untypischen zärtlichen Gesten innerhalb der Band. Erstrecht, als er begann sanft mit der Zunge über meinen Hals zu lecken…hatte er vielleicht zuviel geraucht? War er deswegen plötzlich anhänglich und wusste gar nicht so genau was er tat?
Aber und das fiel mir nicht zum ersten Mal auf, er hatte die Zigarette mit dem Rauschbringenden Inhalt gar nicht so häufig genommen…es schien fast so, dass er sich zurück hielt, was seinen Drogenkonsum anging, seit….ja seitdem ich so gnadenlos damit zu kämpfen gehabt hatte.
Trotzdem, ich konnte das gerade nicht deuten und fühlte mich verunsichert, wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte und bevor ich irgendetwas Falsches tat, wollte ich wenigsten versuchen etwas in seinem Gesicht zu lesen und ich drückte ihn ein Stück von mir weg. Fragend sah ich ihn an, als mir das möglich wurde und wollte ihn gerade direkt darauf ansprechen, dass ich mich verunsichert fühlte, als er mich anzugrinsen begann.
„Halt die Schnauze, okay?! Nimms einfach als gegeben hin.“ Machte er mich mundtot und verschloss ihn danach zusätzlich mit seinen Lippen.
Sein Kuss war innig und voller Leidenschaft. Fast vergaß ich, dass wir uns unter diesen ganzen Leuten befanden, die ich mir plötzlich sowieso viel lieber weg wünschen würde.
„Hey Helli“ rief Vivian laut, nachdem er sich von meinem Mund gelöst hatte und ich zuckte ein wenig erschreckt zusammen, damit hatte ich jetzt so gar nicht gerechnet.
„Lass dir nachher von Anna Theons Zimmer zeigen. Wir gehen schon mal ins Bett….Theon schläft bei mir.“ Bestimmte er und sprang auf, bevor er mich von meinem Platz hochzog.
Ich wollte einlenken, denn es kam mir unheimlich unhöflich vor Oma Helli nicht wenigstens selbst ihren Schlafplatz zu zeigen und außerdem gehörte es einfach zu meiner Erziehung meinen Besuch nicht mir nichts dir nichts hier draußen zurück zu lassen, schließlich war ich doch irgendwie derjenige, zudem sie am meisten Bezug hatte….Gott ich wusste, dass meine Gedanken völlig spießig waren und doch waren sie da…so sehr ich mir eigentlich jetzt auch wünschte mit Vivian allein zu sein.
Doch der Blick, den Oma Helli mir zuwarf sprach Bände und ließ mich kein Stück mehr daran zweifeln mit dem Schwarzhaarigen ins Haus gehen zu wollen…ich hätte niemals gedacht, dass sie so dreckig und durchtrieben grinsen konnte…wie oft sie mich wohl noch erstaunen würde? Was für eine Frau.
Vivian zog mich an der Hand mit, gab mir sowieso keine Möglichkeit noch in irgendeiner Form zu zögern und erst hinter der Hausecke wurde er langsamer, was mich sofort zu Handeln anspornte. Ich stoppte ihn.
„Sag mal, was lässt dich eigentlich glauben, dass ich überhaupt mit dir mitkommen will? Ich hatte eigentlich geplant auf dem Sofa zu übernachten und du überfällst mich hier einfach, ohne mir überhaupt die Möglichkeit zu irgendetwas zu geben….was denn, wenn ich gar nicht bei dir schlafen will?“ gab ich mir Mühe glaubhaft und überzeugend zu klingen.
Fühlte mich aber in der nächsten Sekunde schon, noch stärker überrumpelt als zuvor, weil Vivian mich gnadenlos an die kühle Hauswand drängte und mich mit seinem warmen Körper fest dagegen drückte. Seine Geste und seine festen Hände waren erregend und ich rechnete mit Worten, die meine Lust auf ihn schüren würden, doch stattdessen sah er mich plötzlich verunsichert an und lockerte seinen Griff.
„Wenn du nicht magst, dann ist es natürlich auch okay. Dann kannst du mein Bett haben und ich schlafe auf dem Sofa.“
„Glaubst du das wirklich?“ drehte ich den Spieß um und nutze die Lockerung seines Griffs, um ihn jetzt ein paar Zentimeter weiter gegen die Wand zu drücken. Innerlich freute ich mich aber tatsächlich ein bisschen, dass auch er zur Abwechslung einmal zweifelte. „Aber lieb, dass du auf dem Sofa schlafen würdest…allerdings verbringe ich die Nacht lieber mit dir gemeinsam.“ Funkelte ich ihn belustigt an.
„Na wenn das so ist.“ War es plötzlich wieder mein Rücken, der die Hauswand berührte und ich fühlte seine Lippen an meinem Hals, was mich sofort dazu trieb ihm mehr Platz zu bieten.
Doch er verwöhnte mich nicht lange, sah mich kurz darauf schon wieder an. „Ich bin manchmal etwas zu selbstsicher…ich weiß, das mich das sehr egoistisch macht, aber damit musst du leben.“ Wurde sein zuerst fast entschuldigend wirkendes Gesicht übertrieben entschlossen.
„Wer sagt denn, dass ich mir dir leben will.“ Drehte ich uns mit Schwung wieder so, dass sein Rücken die Härte der Wand abbekam, doch ich konnte mich nicht mehr darauf konzentrieren, der Blick zurück zur Hausecke ließ mich anfallartig auflachen. „Das ist ja auch mal eine Art sich fortzubewegen…wenn wir so weitermachen, kommen wir heute auch noch ins Bett, aber vielleicht überholen uns dann die anderen.“ Kicherte ich und der Schwarzhaarige sah mich kurz verwirrt an, bevor er selbst mitlachte und meine Hand griff. „Komm, lass uns rein gehen.“
Ich löste mich nach ein paar Schritten aus seinem sanften Griff und legte meinen Arm um seine Hüfte. Er legte seine Hand auf meine Schulter und wir gingen eng umschlungen durch die große Tür hinein in die Vorhalle.
Kurz bevor wir an die Tür kamen, die uns noch von unserer Wohnung trennte, stoppte ich ihn erneut, indem ich einfach stehen blieb. In diesem Moment, als er unbeholfen sein Gleichgewicht versuchte wieder zu erlangen, weil ich ihn so abrupt aus seinen Schritten gerissen hatte und ihn damit eigentlich nur ärgern wollte, waren die Gefühle für ihn in mir so stark, dass ich nicht anders konnte, als sein Gesicht zu mir zu ziehen.
„Ich liebe dich, Viv.“ Sprudelte es aus mir heraus, weil ich es einfach nicht halten konnte und auch eigentlich gar nicht mehr wollte…er spürte es doch sowieso und mein Herz wollte es ihm mitteilen.
Ich wollte gar keine Reaktion darauf, erwartete nichts und fühlte seinen folgenden zärtlichen Kuss, als größte Bestätigung, dass auch er nicht ohne Gefühle für mich war.
Und doch war es das Schönste für mich, als er mich nach der Trennung unserer Lippen ansah und ohne zu zögern flüsterte „Und ich liebe dich, mein Engel.“
Als hätte er es eilig mit mir allein zu sein, zog er mich ungeduldig durch die Tür, obwohl wir ja auch in der Halle unter uns gewesen waren, boten unsere eigenen vier Wände doch noch mal ein anderes Gefühl. Sanft zog er mich in seine Arme und wir fielen in den nächsten zärtlichen Kuss, der sich langsam aber stetig in pure Leidenschaft verwandelte und aus dem wir erst eine halbe Ewigkeit später völlig atemlos wieder herausfanden.
Das erste Mal teilten wir uns das Bad und ich genoss es sehr, weil es mir so ein vertrautes Gefühl gab. Es war komisch neben ihm meine Zähne zu putzen und doch gab es mir ein schönes Gefühl. Ich hatte vor ihm begonnen mich für die Nacht fertig zu machen und war vor ihm fertig…eine Zeit, die mir die Möglichkeit gab ihn genau zu beobachten.
Wie bescheuert eigentlich, doch ich fand es wundervoll ihm beim Zähneputzen zu zuschauen. Jede Bewegung und jede Handlung nahm ich in mir auf und obwohl er nichts anderes tat, wie jeder andere Mensch auch, fand ich es unheimlich eigen und besonders.
Gemeinsam betraten wir sein Zimmer und ich wäre fast gestolpert, weil meine Augen an seinem freien Oberkörper klebten und ich das Shirt nicht sah, was unordentlich auf dem Boden rum lag.
„Ups“ lachte der Schwarzhaarige und bewarte mich mit festem Griff nicht doch noch das Gleichgewicht zu verlieren.
Scheinbar hatte mein Missgeschick ziemlich lustig ausgesehen, denn er verfiel in Lachen…allerdings auf so eine Art, dass ich mich schon bald ausgelacht fühlte. Ich wusste selbst nicht genau warum, normal lachte ich in solchen Situationen einfach mit. Aber dass er sich gar nicht mehr beruhigen wollte, verletzte mich irgendwie.
Ich schimpfte innerlich über mich selbst…ich sollte nicht so empfindlich sein und doch….ich konnte einfach nichts dagegen tun, dass mir diese Lappalie tief ins Herz schnitt in diesem Moment. Es war einfach zuviel was mein Innerstes in der letzten Zeit mit sich herum getragen hatte…ja ich wusste, dass es zum Teil meine eigene Schuld war, weil ich nicht wirklich versucht hatte die Gegebenheiten früher zu klären, aber ich konnte es jetzt nicht mehr ändern und das Gefühl des verspottet Werdens …es tat mir einfach weh.
Keine Ahnung, ob er es in meinem Gesicht lesen konnte, aber er hörte urplötzlich auf und sah mich fast beschämt an. „Hey, was denn los?“ strich er behutsam über meine Wange. „Tut mir Leid…ich wollte dich nicht auslachen. Es hat ganz einfach nur lustig ausgesehen…ich…“
„Ist schon gut.“ Unterbrach ich seine Entschuldigung. „Ich glaub ich bin einfach nur müde…vielleicht sollte ich doch auf das Sofa gehen. Ist vielleicht besser.“
„Was soll denn das jetzt? Theon das ist doch quatsch.“ Sah er völlig enttäuscht aus. „Aber, wenn du lieber allein sein möchtest, dann ist das natürlich okay.“
Ich zuckte mit den Schultern und wusste selbst nicht mehr was ich wollte. Alle Glücksgefühle und jede Freude waren komplett aus mir gewichen und ich fühlte mich nur noch schlecht. Ich wollte eigentlich gar nicht allein sein, aber ich fand auch für mich selbst nicht mehr hinaus aus dieser Situation.
Mehr aus Stolz, als aus Überzeugung drehte ich mich zum Gehen und auch wenn ich noch so sehr tief in mir hoffte, dass er mich zurück rufen würde, nach den ersten zwei Schritten…oder vielleicht auch schon vor ihnen…wusste ich, er würde es nicht tun.
Obwohl ich wusste, dass es wirklich albern und überzogen war, schloss ich nach einem leisen „Gute Nacht“ die Tür hinter mir und legte mich auf das Sofa. Irgendwie konnte ich noch so sehr wissen, dass ich es war, der sich hier gerade falsch verhielt, es enttäuschte mich, dass er mich nicht zurück gehalten hatte. Ich war traurig, dass es soweit gekommen war, viel lieber wollte ich bei ihm sein…ich war sauer, auf ihn…auf diese blöde Situation, die gar nicht hätte soweit kommen müssen. Was lachte er auch so schrecklich blöd….vorher war doch alles so schön gewesen.
Krampfhaft versuchte ich an nichts mehr zu denken und jetzt einfach zu schlafen…es war in diesem Augenblick eh nichts mehr daran zu ändern, die Stimmung war dahin und ich hatte es verbockt. Doch natürlich fand ich keine Ruhe, wie auch…mir wurde ja immer klarer wie bescheuert ich mich verhalten hatte. Er hatte gelacht, na und…hätte ich das nicht auch in seiner Sichtweise? Es musste ja wirklich witzig ausgesehen haben, wie ich versuch hatte nicht auf dem Boden zu landen, als sich meine Füße in dem Stück Stoff verfangen hatten.
Gott warum musste ich nur manchmal so empfindlich sein.
Nach ein paar Minuten war ich einfach nur noch sauer auf mich selbst und hätte mich Ohrfeigen können für mein dummes Verhalten. War doch auch klar, dass er mich nicht aufgehalten hatte…so blöd wie ich mich aufgeführt hatte. Wahrscheinlich war er der jenige, der Grund hatte beleidigt zu sein, vielleicht war er es sogar. Wie konnte ich da erwarten, dass er mich zurück hielt.
Vielleicht sollte ich mich entschuldigen gehen. Entschlossen stand ich wieder auf und machte die paar Schritte zu seiner Zimmertür.
Zögernd hielt ich die Klinke in meiner Hand und konnte mich nicht dazu durchringen sie hinunter zu drücken. Ich schämte mich.
Erst als ich zu frieren begann und einfach nicht zurückgehen wollte auf das blöde Sofa, das mir einfach nur unbequem und schrecklich leer vorkam, wollte mir meine Hand gehorchen und ich öffnete die Tür, obwohl ich überhaupt nicht wusste, was ich zu ihm sagen sollte.
Ob er schon schlief? Er lag ganz ruhig da und hatte die Augen geschlossen. Wecken wollte ich ihn ja auch nicht…und da ich eh nicht wusste, was ich ihm sagen sollte, legte ich mich letztendlich einfach an die andere Kante des Bettes und sah ihn an.
Er öffnete weder die Augen, noch zeigte er irgendeine andere Reaktion. Nach einer Weile fror ich noch stärker, obwohl es eigentlich gar nicht so kalt sein konnte…zumindest nicht so, wie es sich gerade für mich anfühlte.
Ich hätte die Wolldecke aus dem Wohnzimmer mitnehmen sollen. So ein Mist.
Wenn ich jetzt wieder aufstand, würde ich ihn sicherlich doch wecken. Dabei war ich ja eigentlich froh, dass ich nichts sagen musste, weil mir einfach nichts Passendes einfiel. Nichts, was nicht völlig blöd geklungen hätte. Gott ich kam mir so unsagbar doof vor.
Wie gern hätte ich in diesem Moment die Zeit zurück gedreht.
„Na komm schon her.“ Hörte ich irgendwann plötzlich seine Stimme, als ich meine Augen für einen Moment von ihm abgewandt hatte und mit den Gedanken ganz vertieft darin war, was ich denn nun machen sollte.
Lächelnd hielt er die Bettdecke einladend angehoben und ich zögerte nicht zu ihm zu rutschen.
„Warte, dreh dich um.“ Bat er, bevor ich mich hinlegen konnte und ich kuschelte mich schon fast zitternd mit dem Rücken an ihn. „Gott bist du kalt.“ Deckte er mich zu und legte fest den Arm um meinen Körper.
„Ich…es…“ begann ich stotternd, um mich irgendwie bei ihm zu entschuldigen, doch er zischte sofort. „Scht…ist schon gut. Ich war auch doof. Lass uns einfach schlafen, ja?!“
Dankbar griff ich seine Hand und er erwiderte den leichten Druck.
Auch wenn ich mir den Abschluss des Abends vor nicht allzu langer Zeit noch wesentlich anders vorgestellt hatte, war ich jetzt einfach nur froh in seinen Armen zu liegen. Langsam begann ich mich wieder besser zu fühlen und schlief letztendlich unter seinem Arm und mit seiner Hand in meiner zufrieden ein.
Es war noch Nacht, als mich irgendein Geräusch weckte. Ich lauschte um zu erkennen, was mich aus dem Schlaf gerissen hatte, doch es war alles still.
Vielleicht war Oma Helli aus dem Garten gekommen und hatte meine Zimmertür zu langsam zu gemacht, dann quietschte sie manchmal ein wenig, wenn man nicht aufpasste und nicht genau wusste, wie man es am Besten verhinderte.
Vivian lag noch genau so, wie er gelegen hatte, als ich eingeschlafen war. Es war ein schönes Gefühl ihn so dicht bei mir zu spüren und doch wollte ich ihn jetzt gern ansehen. Sein schlafender Körper hatte irgendetwas, was mich anzog ihn anzuschauen und dass ich seinen leisen, ruhigen Atem hörte machte das Bedürfnis noch größer.
Vorsichtig schob ich seinen Arm von meiner Hüfte, wie schwer so ein Körperteil doch im Schlaf sein konnte, ich musste richtig Kraft aufwenden, um mich unter ihm heraus zu bekommen. Doch das Ergebnis lohnte sich. Nach einiger Mühe hatte ich es erreicht, dass er immer noch schlafend so vor mir lag, dass sogar sein freier Oberkörper mir einen netten Anblick bot. Die Decke war bis auf seinen Bauch gerutscht und zeigte mir nicht wenig seines wunderschönen Körpers.
Von Anfang an hatte mich dieser Mann fasziniert, doch es kam mir vor, als wurde er mit jeder Stunde, die ich mit ihm verbrachte immer schöner. Das war wohl so wenn man jemanden liebte. Die inneren Werte legten sich mit in die Augen mit der Zeit und dabei war er schon ohne sein Innerstes so wunderschön.
Ewig hätte ich so liegen können und ihn einfach nur ansehen, an Schlafen dachte ich überhaupt nicht mehr. Die Müdigkeit war gänzlich aus mir heraus gekrochen und dabei konnte ich noch gar nicht lang geschlafen haben, höchstens eins zwei Stunden. Irgendwann allerdings schien meinem Kopf dann doch nicht mehr zu genügen, was meine Augen sahen. Zumindest schweifte er immer wieder ab und zeigte mir Bilder von vergangenen Stunden.
Es waren verschiedene Szenen, die sich vor meinem inneren Auge abspielten, doch eines hatten alle gemeinsam….sie zeigten mir einen Vivian in anziehenden Posen.
Immer heißer wurden die Bilder meiner Fantasie und mit ihnen schien meine Körpertemperatur anzusteigen, mein Blut floss schneller und sammelte sich zunehmend in meiner Mitte.
Bald schon genügte mir auch meine Fantasie nicht mehr und hungrig auf Gefühle, ließ ich meine Fingerspitzen über die Brust des Schlafenden fahren. Hrrrr, er fühlte sich so gut an.


Seine Haut war wie Samt unter meinen Fingerspitzen und die Gier, die bereits in meinem Schwanz zuckte, ließ mich immer mehr davon fühlen wollen. Ohne Rücksicht darauf, ob er aufwachen könnte, schob ich die Decke komplett von seinem Körper weg. Plötzlich war es mir so egal den Schlafenden in seiner Ruhe zu stören, obwohl er immer noch so herrlich friedlich aussah.
Die Lust auf ihn war so machtvoll zurückgekehrt, als hätte sie nur wartend auf diesen Augenblick seit dem Abend in mir geschlummert. Ja, ich wünschte mir sogar, dass er die Augen aufschlug und mich ansah….mir zeigte, dass auch er voller Begierde auf meinen Körper war und ich begab mich in Regionen, die diesen Wunsch in ihm schüren könnten.
Meine Lippen setzten sich sanft auf die Haut an dem Bund seiner Shorts. Liebevoll und doch voller Erfüllung suchender Leidenschaft küsste und leckte ich mich an dem Stoff vorbei an seiner Haut entlang.
Oh Gott, er schmeckte so herb und süß zugleich, so wundervoll männlich und so ganz eigen. Ich war mir sicher, dass kein einziger Mensch auf der ganzen Welt auch nur annähernd so schmecken konnte, wie es seine samtweiche Haut tat.
Erst in meinem Tun fiel mir auf, wie mutig ich eigentlich war…noch nie waren meine Lippen seiner Männlichkeit so nahe gekommen und eigentlich war es nur ein Stück Stoff und ein paar wenige Zentimeter, die mich von seinem Schwanz trennten.
Der Gedanke daran befremdetet mich aber keinesfalls, im Gegenteil ich schloss fest die Augen und träumte davon seine gespannte Eichel mit meinen Lippen zu berühren. Fast kam es mir vor, als veränderte sich die Haut unter meiner Zunge…wurde sie wärmer? War sie nicht fast verbrennend heiß?
Bevor ich weiter daran denken konnte, trieb mir eine Hand meine Fantasiebilder aus dem Kopf, indem sie sich fest in meine Haare grub und mich packte, als wolle sie meine Gedanken zügeln und mich auf die rechte Bahn schieben, die mein Geist für einen Moment verlassen hatte.
Alles ging irgendwie ganz schnell, seine Hand hielt mich so fest und überforderte mein Traumbildgeprägtes Bewusstsein, so dass ich gar nicht mitbekam, wie er sich die Boxer von den Hüften schob. Das nächste was ich fühlte war etwas weiches an meinen Lippen und noch während ich dachte, noch nie so etwas wunderschönes gefühlt zu haben, übte er so einen Druck aus, dass sich das Weiche, das sich als sehr hart erwies gnadenlos zwischen meine Lippen schob. Ein wundervoller Geruch zog in meine Nase….es war der Duft seiner Männlichkeit, der Geruch von Lust und Sex, der sich nun als wundervollen Geschmack auf die Nerven meiner Zunge legte und mich berauschte, als wäre er eine Droge, die mich sofort in die Sucht nach ihr zog.
„Hmpf“ kam ein Ton aus meinem daran eigentlich gehinderten Mund, als ich seinen Schwanz unweigerlich immer tiefer darin aufnahm und für einen Augenblick enttäuscht darüber war, dass er mir durch seine Hauruck Aktion die Vorfreude auf sein pochendes Glied genommen hatte. Ich hatte mir noch vor ein paar Sekunden genau vorgestellt, wie ich seinen pulsierenden Stab erst noch eine Weile betrachten würde, bevor ich sanft und behutsam meine Lippen an seine Eichel legen würde und zaghaft mit meiner Zunge dagegen stupsen.
Doch noch während meiner Trauer wurde mir bewusst, wie sehr es mich erregte, dass seine Hand mich so gnadenlos führte. Er überforderte mich…ja, ziemlich maßlos sogar stieß er meine unerfahrene Seele in die tiefe Flut und doch genoss ich die Wellen, die rücksichtslos über meinem Kopf zusammenschlugen und meine Lust so hoch trieben, dass mein eigener Schwanz fast schmerzvoll gegen den doch eigentlich sehr dünnen Stoff meiner Shorts zuckte.
„Oh Gott“ wollte ich irgendwann schreien, weil es mich so sehr aus allen Bahnen trieb und ich erfolglos versuchte klar zu kommen und meine Zunge dabei auch noch immer wieder versuchte zwischen seinen Stößen, die er mittlerweile von unten in meinen Mund tat, etwas von seinem Schwanz zu erhaschen. Viel zu schnell glitt seine Erregung an ihr vorbei, auf ihr entlang…als dass es mir gelingen konnte, sie überhaupt irgendwie einzusetzen. Doch wieder entwich meiner Kehle nur ein dumpfer Laut, der zudem noch unterging in dem Stöhnen, was aus dem Mund des Schwarzhaarigen an meine Ohren drang.
Es hörte sich wundervoll an, was da ungehalten aus seiner Kehle floss und entschädigte mich für das, was er mir genommen hatte.
Obwohl seine einzige Berührung, seine feste Hand in meinen Haaren war, fühlte ich mich immer stärker erregt. So als würde er meinen Körper bis ins Endlose mit sanften Berührungen dem Himmel nahe bringen stieg die Lust in mir mit jeder Sekunde.
Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als ihn zu fühlen, überall. Zu spüren, dass er mich liebte, mich wollte und am liebsten hätte ich ihn angeschrieen. „Fick mich doch endlich…mach was….tu was….berühr mich…“ doch die Worte spukten nur in meinem Kopf herum. Nur dumpfes Stöhnen drang in die Luft und schien mich zunehmend zu elektrisieren.
Alles um mich herum und in mir knisterte wie Silberpapier, das immer wieder neu zusammengeknüllt wurde. Ich stand völlig unter Strom und auf meinem Körper lag eine Anspannung, die mich gänzlich einnahm.
Plötzlich und wie eine erlösende Handlung, ließ er meinen Kopf los und drängte meinen Körper ein Stück von seinem weg…erlösend fühlte es sich allerdings nur im ersten Augenblick an, nur wenige Sekunden später schon vermisste ich seine führende Hand, seine Nähe und seine wohlige Wärme…nein seine brennende Hitze, die er in mir ausgelöst hatte.
Ich sah ihm zu, wie er sich gänzlich von seiner Hose befreite und wünschte mir währenddessen bereits wieder in irgendeiner Form berührt zu werden. Ich wusste nicht, ob ich es mir sanft wünschte, oder fest und führend wie eben.
Ich ließ mir von ihm die Hose von den Hüften ziehen und half ihm sie ganz von meinem Körper zu streifen, bevor er mich zärtlich zu sich zog.
Mein Körper landete auf seinem und ich spürte die Hitze, die zwischen unseren Leibern noch einmal anzusteigen schien. Unerträglich heiß und doch so wunderschön fühlte sich sein Körper unter mir an und seine Finger waren plötzlich überall.
Ich wollte ihn küssen, unbedingt seine Lippen auf meinen spüren, mit seiner Zunge tanzen und hungrig suchte ich seinen Mund. Ein leises Seufzen entwich mir, als ich seine Lippen fand…so weich so wundervoll, ich würde mich niemals daran gewöhnen. Immer würde jeder Kuss etwas besonders bleiben, da war ich mir ganz sicher.
„Schlaf mit mir.“ Flüsterte ich voller Sehnsucht, nachdem ich endlos lange brauchte, um meine Lippen wieder von seinem Mund zu nehmen, nur die aufkommende Atemnot konnte es bewirken und ich suchte ihn sofort erneut, als es mir wieder möglich war.
Ich wünschte es mir so sehr, wollte ihn endlich ganz fühlen.
Der Geschmack seiner Männlichkeit vermischte sich mit dem seiner Zunge…Oh Gott ich wollte ihn nicht nur schmecken, nicht riechen….ich wollte ihn fühlen…spüren, so tief in mir. Ich wollte mit ihm eins sein, verschmelzen mit seinem Körper. Er sollte mich treiben, hoch…weit hinaus….mich führen, mich leiten…mir den Weg in den Himmel zeigen, in eine andere Welt, die nur uns beiden gehörte.
Sanft…so unsagbar sanft und zärtlich fuhren seine Hände meine Seiten entlang. Es hatte etwas von einer vorsichtigen allerersten Berührung, es quälte mich, weil ich mir so sehr wünschte, dass er es leidenschaftlicher tat. Ich wollte seine Lust fühlen…viel stärker und doch ließ es mich in seinen Mund stöhnen, weil ich es bis in die Fußspitzen fühlte. Mir war als würde er alles in mir zum Zittern bringen…ein Zittern, dass nur aus Sehnsucht bestand. In meinem Kopf, in meiner Seele, in meinem Körper überall gab es nur noch den Wunsch nach mehr.
Doch der Schwarzhaarige schien lange nicht daran zu denken mir mehr zu geben. Mit nur zarten Berührungen trieb er mich immer tiefer in die Lust auf mehr, bis mein Körper nur noch vor Lust bebte. Auf ihm liegend fühlte ich nichts anderes, als seine zarten Finger, die immer wieder woanders auf meiner Haut waren und mich selbst irgendwann nur noch zu einem einzigen Kribbeln werden ließen.
Irgendwann und ich empfand es als erlösende Gnade drehte er uns gemeinsam herum, unter ihm liegend waren es meine Hände, die jetzt wesentlich mehr seiner nackten Haut erreichten und ich genoss es einen Augenblick ihn endlich wirklich berühren zu können.
Meine Finger trafen schnell auf die Rundungen seines Pos, gruben sich in das feste Fleisch und zogen ihn unwillkürlich dichter an mich heran, dass ich dabei seinen Schwanz zwischen meinen Pobacken fühlte machte mich nur noch heißer. „Oh Gott, jetzt nimm mich doch endlich. Bitte Viv, ich will es wirklich.“ Flüsterte ich flehend an sein Ohr und mein Körper schien sich ihm entgegen zudrängen, obwohl das in meiner Lage gar nicht wirklich möglich war.
Er grinste nur… dieses wundervolle Grinsen des Schwarzhaarigen, das ich nur zu gut kannte, doch es lag noch viel mehr seiner ganz eigenen Spitzbübigkeit darin, als ich es jemals gesehen hatte und als ob er mich genau dort hatte, wo er mich haben wollte, übte er jetzt einen gewissen Druck aus, der mein Innerstes zu trennen schien. Warm schob sich sein samtweicher Schwanz in meinen Körper und die Gefühle, die dies mit sich brachten, ließen mich laut aufstöhnen.
Noch nie hatte ich so gefühlt und es war auch mit Worten nicht zu beschreiben, nichts…rein absolut gar nichts war mit dem hier vergleichbar. Das leicht unangenehme Ziehen, dass mich in jeder Faser meines Körpers traf wurde vermischt mit dieser warmen Fülle, dieser unsagbaren Hitze, diesem Gefühl etwas zu erhalten was schöner nicht sein konnte…es besetzte jede Zelle meines Daseins und machte mich erst zu dem, was ich sein sollte.
Leben….sein Schwanz, seine Wärme…er …erfüllte mich mit einem Leben, wie ich es bisher nicht kannte.
Die gesamte Liebe, die ich so tief für ihn fühlte schien sich mit seiner zu vereinigen und gemeinsam mit ihr durch mein Herz zu fließen. Mein Körper wollte noch immer mehr, drückte sich seinem von unten entgegen, um ja nichts von seiner Härte zu verpassen, doch mein Herz war längst so erfüllt, dass es nicht das kleinste Gefühl mehr in sich hätte aufnehmen können, zumindest glaubte ich das in diesem Moment.
Ich glaubte es genau so lange, bis er vorsichtig begann in mich zu stoßen, sanft, gefühlvoll und doch so hochtreibend, dass es mir jeglichen Atem raubte. Jeder Stoß schien noch mehr Gefühle in mein Herz zu stoßen und mich im Überfluss schwelgen zu lassen.
„Ooah….du bist so….aaah….Gott du bist so eng.“ Hechelte er mit leicht geöffnetem Mund in mein Gesicht und sah dabei so wahnsinnig schön aus, dass es mich mit noch mehr Gefühl überflutete.
Ich wusste überhaupt nicht wohin…wohin mit meinen Empfindungen und Gefühlen, immer weiter trieb es mich in eine unbeschreibliche Welt…ein Rausch wie er wundervoller nicht sein konnte und keine Droge auf dieser Erde würde je auch nur annährend an diesen Zustand heranreichen.
Immer fester wurden seine Bewegungen, so dass das Ziehen in meinem Leib fast zu Schmerzen heran wuchs, doch noch immer überdeckten Hitze und die intensiven Empfindungen das Brennen, dass meine Innenwände belegte. Sein Oberkörper kam mir immer näher, so dass sein Bauch eine immer stärkere Reibung an meiner Männlichkeit hervorrief.
Ich würde sterben…nie wieder aufwachen aus diesem Traum der sich so unwirklich und real zugleich anfühlte…in den Tod ficken…wenn er so weiter machte, würde er mich in den Tod ficken, waren meine Gedanken, als es immer intensiver zu werden schien.
Und ja…oh Gott so wollte ich sterben.
Ich schwebte zwischen Raum und Zeit, nur dumpf drangen unsere gestöhnten Töne an meine Ohren, vereinigten sich mit dem Geräusch unserer überhitzten Leiber, williges Fleisch, das klatschend aufeinander traf und plötzlich wurde alles still um mich herum.
Wie in Watte gebettet flog ich davon, mit ihm gemeinsam, vereint und nie wieder getrennt werden wollend. Oder wie umgeben von weichen Federn, deren zarter Flaum mich streichelte, überall…weich und warm, eingehüllt in einen schwebend fliegenden Traum, ein Traum voller Farben, die ich noch niemals gesehen hatte.
Zwei Engel schwebend im Nichts, fliegend im Licht der Dunkelheit…hineintauchend ins Feuer, verbrennend…verglühend vor Hitze….gleich würden wir zu Asche verbrennen und vom Wind davongetragen in die Unendlichkeit.
Doch es waren die Wellen der Flut, die mich trafen, sich über uns legten, zusammenschlugen… uns fallen ließen, weich, heftig und mit dem schönsten Aufprall, den es nur geben konnte.
Viel zu viel Gefühl, viel zu schnell und doch unendlich…getragen bis in alle Ewigkeit.
Ich spürte wie seine Härte in mir zuckte, sein heißer Stab sich aufbäumte, genau wie sein Oberkörper. Zwischen seinem und meinem Bauch mein eigener Schwanz so hart anschwoll, als wollten alle meine Gefühle ihn zum Platzen bringen, bis er sich erlösend entlud, mit einer Flut, die nicht nur unsere Bäuche heiß mit Flüssigkeit bespritzte, sondern auch mein Innerstes vor dem Zerplatzen bewarte und mich mit Hochgefühlen durchströmte.
Hochgefühle, die mich für einen Augenblick noch weiter diesen Planteten verlassen ließen und mich durch ein unsagbares Paradies trugen.
Leicht, schwerelos und voller Sinnlichkeit.
Heiß traf auch seine Flüssigkeit meine Innenwände, legte sich wie ein Schutzfilm über sie und löschte das brennende Feuer, so sanft, so erfüllend.
So behutsam gelöscht, dass die rot scheinende Glut erlosch und erfüllende Wärme sich an ihrer Statt breit machte.
Selig und mit purem Glück in mir, lächelten meine Augen in seine, noch bevor meine Mundwinkel ihm zeigen konnten welche Gefühle in mir waren.
„Ich liebe dich“ waren die stummen Worte, die niemand von uns beiden aussprechen musste, noch während unser beider Atem heiß und stoßweise aufeinander traf fühlten wir es so tief und klarer als hätten wir es gesagt.
Erschöpft, aber voller Gefühle des Glückes kuschelten wir uns dicht zusammen, dass unsere Körper vor Schweiß und Sperma klebten, schien niemanden von uns zu stören, ich merkte es nicht einmal. Ich fühlte mich einfach nur gut und wollte die Müdigkeit, die jetzt stark in mich zurück fuhr gar nicht aufhalten. Was konnte es schöneres geben, als genau jetzt friedlich und erfüllt neben ihm einzuschlafen?
Ich war so unendlich glücklich.
Glücklich blieb ich auch die nächsten Tage und Wochen, von der Zeit, die ich Vivian versprochen hatte schien er nichts mehr zu brauchen.
Wir sahen und liebten uns so oft es ging.
Klar gab es auch Tage, an denen sich einer von uns zurückzog. Längst nicht jede Nacht verbrachten wir gemeinsam, aber das fand ich auch völlig okay. Auch ich benötigte meine Zeit für mich allein und bekam sie in genau der Portion, wie es mir gut tat.
Alles schien sich zum Guten zu wenden, wie ich es immer erhofft und eigentlich auch innerlich immer gespürt hatte.
Marei näherte sich ihrem Vater mit immer mehr Schritten, nicht selten lag sie morgens zwischen uns und kuschelte sich sogar an seine Brust.
Zum Glück passierte es uns nicht noch einmal so wie in der ersten Nacht, nur dies eine Mal waren wir eingeschlafen wie Gott uns schuf. Wir mussten immer damit rechnen, dass die Kleine auftauchte und achteten fortan darauf, dass die Tür verschlossen war und wir die Spuren unserer Lust entfernt hatten, bevor wir sie wieder öffneten.
Noch inniger wurde das Verhältnis zwischen Vater und Tochter, als der kleine Hund auf dem Hof Einzug hielt. Der Schwarzhaarige schien sich komplett damit abgefunden zu haben und man sah ihm deutlich an, wie er das Spiel mit dem tollpatschigen Welpen genoss.
Sogar, als ich eines Morgens entdeckte, dass Marei Vivian das Amulett umgelegt hatte veränderte sich nichts. Er wurde weder mürrisch noch wehrte er sich in irgendeiner Form dagegen.
Das einzige was passierte war, dass ich mir den Traum der Nacht erklären konnte und auch die der folgenden. Immer wieder sah ich fortan den Schwarzhaarigen mit Alina, verschiede Orte, verschiedene Situationen, aber eins war immer gleich. Ich fühlte ihre tiefe Liebe, als wäre sie gegenwärtig und ich wusste, dass es für Vivian genau so war. Niemals würde sie abschwächen oder gar verschwinden, aber immer…für immer würde ich das akzeptieren.
Es trennte mich nicht von ihm, sondern brachte mich ihm nur näher…je mehr ich in diesen Träumen fühlte, je tiefer schien auch meine Liebe zu ihm zu werden. Ich fand es wunderschön zu sehen wie sehr die beiden sich gebraucht hatten, wie tief ihre Gefühle gingen und ein Leben lang in ihnen bleiben würden. Auch wenn der Tod sie getrennt hatte.
Ein Teil davon schien jede Nacht auf mich über zu gehen und ich erwachte jeden Morgen mit Gefühlen, die mich glücklich machten. So glücklich wie seine geistige und körperlich Liebe, seine Nähe und seine Wärme.
Nichts schien mein glückliches Leben hier mehr aufzuhalten und ich nahm es bald als meines an. Ich dachte nicht daran, dass noch etwas den Lauf aufhalten könnte, die Zeit würde sich nur zum Guten wenden, so dachte ich zumindest.
Lange bekam ich gar nicht mit, was mich dann letztendlich doch wieder ein Stück aus der Bahn werfen würde, dessen Weg ich eingeschlagen hatte und niemals wäre es mir in den Sinn gekommen, das Anna die jenige werden würde, die mir Sorgen und Gedanken bereiten würde.
Der Sommer neigte sich langsam dem Ende, es wurde zwar noch nicht deutlich kühler, aber die Dunkelheit holte uns bereits ein, wenn wir abends am Feuer saßen. Eigentlich hatte diese Zeit noch etwas viel schöneres und das gemeinsame Zusammensitzen wurde für mich noch eine Spur gemütlicher. Ganz besonders genoss ich es heute, denn es war einer der Abende an denen Oma Helli bei uns war. Ich nahm sie mittlerweile regelmäßig mit auf den Hof und hatte das Gefühl, das jeder Besuch hier sie noch weiter aufblühte, wenn das überhaupt möglich war. Ich liebte sie wirklich sehr und konnte mir gar nicht mehr vorstellen nach der Nachtschicht ohne sie her zu fahren. Sie gehörte mittlerweile einfach dazu.
Doch der Tag sollte anders enden, als ich dachte und nach blieben mir Gedanken, die lange nicht wieder aus meinem Kopf heraus gingen.
Zum ersten Male fiel mir auf, dass Annas Augen eine große Spur Traurigkeit beinhalteten. Sie saß mir gegenüber und ihr Blick zog mich immer wieder an. Irgendetwas an ihr schien so anders und es kam mir vor, als hätte ich eine Ewigkeit nicht auf sie geachtet. Hatte ich sie wirklich so lange nicht angesehen? Warum war mir nicht aufgefallen, dass sie schlecht aussah? Oder ging es ihr heute einfach nicht gut?
Ich erinnerte mich an den Tag, als ich auf den Hof gekommen war. Sie hatte so wundervoll gelächelt und war mir so glücklich erschienen und das obwohl sie es zu diesem Zeitpunkt ja eigentlich gar nicht war.
Trotz der ganzen Sorgen um die Kleine und ihren Vater hatte sie immer ein strahlendes Lächeln auf den Lippen gehabt. Immer hatte sie Marei liebevoll umsorgt und ihr niemals gezeigt wie sorgenvoll ihre Gedanken waren.
Erst an diesem Abend fiel mir auf, dass ich lange nicht ihr fröhlich erklingendes Lachen gehört hatte und ich nahm mir ganz fest vor sie zu beobachten. Ich wollte sie nicht darauf ansprechen, noch nicht. Es konnte gut sein, dass ich mir das nur einbildete und sie ganz einfach doch nur einen schlechten Tag hatte. Nein…irgendetwas sagte mir, dass ich mir sicher sein musste, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte, bevor ich sie danach fragen würde.
Ein paar Tage sah ich es mir an und mir wurde einfach nur immer klarer, dass etwas sie unglücklich machte. Ich musste sie danach fragen und gleich nachdem ich es beschlossen hatte, setzte ich es in die Tat um. Es passte gut. Ich kam gerade von der Tagesschicht und Vivian und Marei machten gerade Versuche mit Herkules das erste Mal ein größeres Stück an der Leine zu laufen.
Eigentlich brauchte er die hier nicht, denn man konnte genügend Wege einschlagen auf denen keine Autos fuhren, aber wir waren der Meinung er sollte es zumindest lernen, auch wenn wir ihn viel lieber frei laufen lassen wollten.
Herkules hieß dieses kleine Häufchen von Hund und ich musste jedes Mal schmunzeln wenn ihn jemand rief, auch wenn ich es selbst war. Ich fand diesen Namen nicht wirklich passend, aber Marei wollte es so und es war gar nicht einfach gewesen einen auszusuchen.
Gott, was hatte ich alles gesagt, bis sie endlich mal freudig nickte und danach hatte ich noch mal gefühlte tausend Stück aufgezählt, doch sie war mit keinem zufrieden.
Herkules sollte es sein und ich gab schließlich nach…mir blieb auch nicht viel anderes denn zum Schluss hatte sie nicht einmal mehr hingehört, hatte mit dem Kleinen gespielt und mich aufzählen lassen was immer ich wollte.
Die Wohnungstür stand wie so oft offen, als ich in die große Halle trat und ich hatte zuerst nur vorgehabt Anna eine Begrüßung zu zurufen, um mich dann vorerst in unsere Wohnung zu verziehen. Irgendwie hatte ich Lust auf ein Bad und wollte es auch direkt in die Tat umsetzten. Doch als ich durch die Tür sah, sah ich Anna in der Küche an die Arbeitsplatte gelehnt. Sie hielt einen dampfenden Tee in der Hand.
Heißen Tee, bei der Wärme draußen?
Na ja, ich plante ja auch ein heißes Bad, aber irgendwie kam mir das komisch vor und anstatt ihr nur einfach ein „Hallo“ zu zurufen, entschloss ich mich kurzer Hand zu ihr zu gehen.

Täuschte ich mich, oder waren da Tränenspuren auf ihren Wangen?
Das Wischen ihrer Hände, als ich leise „Hallo Anna“ sagte, bestätigte mir, dass es keine Täuschung war.
Ich machte mir wirklich Sorgen, was war nur los mit ihr? „Oh, hi Theon.“ Strahlte sie mir entgegen, doch ich sah, dass das Lächeln ihre Augen nicht erreichte.
Ohne Umschweife legte ich meinen Arm um sie und fiel mit der Tür ins Haus. „Was ist los mit dir Anna?“
„Nichts, was soll denn sein?“ entfuhr es ihr scheinbar spontan und sie lenkte selbst sofort ein wenig ein, als ihr Blick auf ihren dampfenden Tee fiel. „Ach so, na ja mir geht’s heute nicht so besonders. Ich habe ein wenig Bauchschmerzen…aber nichts Weltbewegendes.“
Ich sah ihr an, dass beides gelogen war und ließ auch nicht zu, dass sie meine Frage damit abtat.
„Hör auf Anna, ich merke doch, dass irgendetwas ist. Du bist schon so lange so traurig. Bitte sag mir doch, was dich bedrückt. Ich mache mir wirklich Sorgen.“
„Das musst du nicht Theon. Jeder ist doch mal nicht so gut drauf. Vielleicht war alles ein wenig viel, auch für mich, in letzter Zeit. Ich komm schon zurecht, mach dir keine Gedanken.“
„Anna“ sprach ich es mahnend aus, ich war mir ganz sicher, dass es nicht nur das war. „Ich spüre, dass dich etwas bedrückt und ich bin mir ziemlich sicher, dass es etwas mit Vivian und mir zu tun hat. Zumindest fühlt es sich für mich so an. Aber ich kann dich nicht zwingen es mir zu sagen.“ Sagte ich traurig und wollte es akzeptieren, dass sie sich mir nicht öffnen wollte. „Bitte, nur eine Antwort, ja? Du bist doch nicht krank, oder?“ Es sollte nicht flehend klingen, tat es aber irgendwie doch.
Als ich sie hier mit dem heißen Tee in der Hand gesehen hatte, formte sich in mir die Angst, dass sie etwas Schlimmes haben könnte.
Ich wandte mich ein Stück ab, wollte ihr signalisieren, dass ich gehen würde, auch wenn es mir schwer fiel sie so zu sehen und nicht zu wissen was mit ihr los war.
„Nein, oh Gott…ich bin nicht krank Theon. Hast du das geglaubt? Oh man, das tut mir Leid. Mach dir keine Sorgen, ich bin gesund…also zumindest körperlich.“ Schien sie mich beruhigen zu wollen.
Ich war zwar unsagbar froh, dass es nicht das war, aber wirklich beruhigen tat es mich auch nicht. „Ich bin immer für dich da, wenn du mich brauchst Anna, ich hoffe du weißt das.“ Flüsterte ich fast und ging dann in Richtung Tür, um sie wieder alleine zu lassen.
„Warte!“ drehte sie sich um und sah mich an, jetzt war es eindeutig, dass sie weinte. Sie verbarg ihre Tränen nicht.
Prüfend warf sie einen kurzen Blick zur Tür und als sie sah, dass ich sie geschlossen hatte, senkte sie den Kopf und sagte „Ich hab mich verliebt Theon.“
„Aber das ist doch toll.“ Ging ich spontan wieder auf sie zu. Anna allerdings schluchzte jetzt laut auf und fiel mir um den Hals. Ich war verwirrt, was machte sie so traurig?
Plötzlich kam mir der Gedanke, dass sie vielleicht in Vivian oder gar in mich verliebt war und mir blieb kurz der Atem im Hals stecken. Oh Gott.
„Nichts ist toll Theon“ widersprach sie, als das Schluchzen weniger wurde. „Also gut, ich werde es dir erzählen, aber versprich mir, dass du kein Wort zu Viv sagst. Ich weiß ich verlange viel und ich finde so was auch ziemlich doof, aber bitte….es würde ihm das Herz brechen. Er hat genug mit sich und Marei zu tun.“
Ich nickte zögernd, was hätte ich auch anderes tun sollen. In mir steckte plötzlich Angst vor ihren Worten. Was, wenn sie tatsächlich in Vivian verliebt war? Würde das alles kaputt machen? Mein Herz fühlte sich in diesem Augenblick so wahnsinnig schwer an, wie schon lange nicht mehr.
Doch ich vergaß es völlig, als sie zu reden begann. „Schon lange treffe ich mich regelmäßig mit einem Mann aus meiner Schulzeit. Wir hatten uns, wie das so ist, aus den Augen verloren und vor ungefähr einem halben Jahr, als wir uns wieder sahen… es hat sofort wieder gefunkt zwischen uns. Wir haben es langsam angehen lassen, allein schon wegen Marei. Meistens war sie ja dabei und das war auch okay so. Jonas ist bezaubert von ihr und sie hat ihn glaub ich auch ein wenig ins Herz geschlossen.
Ich hatte wirklich geglaubt es könnte was werden, Theon. Mein Glück schien so nahe und jetzt…“ sie schluchzte erneut auf und ließ mich jetzt los, um sich von mir abzuwenden.
„Was Anna…was ist denn passiert?“ In mir bauten sich die schrecklichsten Bilder auf. War er auch verunglückt, so wie Alina? Dass ich noch vor wenigen Minuten gedacht hatte, sie hätte sich in einen von uns verliebt, erschien mir jetzt nur noch absurd. Ich glaubte es musste etwas ganz furchtbares passiert sein und wartete angespannt, dass sie weiter sprach.
„Ich habe ihm gesagt, dass es nicht mehr geht….ich kann einfach nicht mit ihm gehen. Es geht nicht, es ist einfach besser, wenn wir es gar nicht erst weiter kommen lassen. Ich werde ihn nicht mehr sehen.“
„Aber Anna wieso? Ich versteh nicht…was…?“ begriff ich überhaupt nicht, was sie da von sich gab. Im ersten Moment fühlte ich mich erleichtert, dass ihm nichts passiert zu sein schien, doch ich verstand sie so wenig, dass ich sie einfach nur verwirrt ansah.
„Jonas muss beruflich nach Süddeutschland. Er zieht in zwei Monaten dort hin, auf unbestimmte Zeit. Ich kann das nicht Theon, so eine Entfernung, das ist nichts für mich. Wir könnten uns nur alle paar Wochen sehen. Nein, das würde mich kaputt machen und ihn auch. Es ist besser so. Zu Anfang habe ich noch gedacht ich könnte mitgehen, mit ihm ein neues Leben anfangen, aber es geht nicht. Marei braucht mich.“
„Aber…“
„Nichts aber, es gibt kein aber. Es gibt nicht einmal etwas zu überlegen. Als Alina starb habe ich es als meine Aufgabe gesehen mich um die Kleine zu kümmern und ich sehe es auch jetzt noch…jetzt noch viel mehr, als meine Aufgabe an. Ich kann sie nicht mitnehmen, sie gehört zu Vivian und mittlerweile auch zu dir und ich kann sie nicht hier lassen. Wie soll das gehen? Es geht nicht ohne eure Jobs und niemand anderes könnte für die Kleine sorgen. Sie geht ja nicht einmal in den Kindergarten, sie sträubt sich gegen alles und jeden, den sie sich nicht selbst auserwählt hat. Ich mag noch gar nicht daran denken, wie es wird, wenn sie in die Schule muss.“
Tief in mir wusste ich, dass Anna Recht hatte, auch wenn ich ihr gefühlsmäßig gern widersprochen hätte. Aber…es musste doch einen Ausweg geben.
„Es wird so bleiben wie es ist.“ Klang es abgeschlossen und fast ein wenig zu hart aus ihrem Mund. „Ich kann von hier aus arbeiten und mich dabei um die Kleine kümmern, das kann keiner von euch…und jetzt mag ich nicht mehr drüber reden. Ich mag allein sein…aber bitte, sag ihm nichts. Es reicht schon, dass du dich damit jetzt befassen wirst.“ Strich sie mir über den Arm, als war sie diejenige, die mir Trost spenden wollte.
„Ich verspreche es dir.“ Sagte ich leise, auch wenn ich mich nicht gut dabei fühlte. Auch weggehen wollte ich jetzt am Liebsten nicht, aber mir war schon klar, dass ich sie allein lassen musste und ich…ich musste das auch erstmal verdauen.
Warum nur konnte nicht alles einfach mal eine unkomplizierte Lösung haben? War es denn soviel verlangt das Leben mal eine Zeitlang genießen zu können? Waren meine Gedanken, als ich in die Badewanne stieg und auch die nächsten Tage kreiste so oft alles in mir um diese Fragen. Anna schien sich seit unserem Gespräch noch mehr anzustrengen ihre Gefühle nicht zu zeigen, doch das Lächeln in ihren Augen fehlte einfach, daran konnte auch ihre hartnäckige Mühe nichts ändern.
Ich fuhr zur Nachtschicht und musste mich stark anstrengen meine Konzentration auf den Verkehr zu lenken, immer wieder überlegte ich, wie die Situation zu regeln wäre. Doch so oft ich es auch hin und her bog. Selbst wenn ich damit leben könnte mich von Vivians Lohn zu ernähren, er hatte nur einen Aushilfsjob… nachdem er seine gute Stellung nach dem Unfall verloren hatte, weil er einfach nicht zur Arbeit erschienen war, Wochenlang… wie sollte man von dem Geld drei Menschen ernähren?
Und ich, ich verdiente zwar ganz gut und könnte vielleicht auch noch ein paar Stunden mehr in der Woche dranhängen, doch reichen….reichen würde auch das nicht für uns drei.
Gott das machte mich noch ganz wahnsinnig, Annas Glück konnte doch nicht von unserem Verdienst abhängen und doch war es irgendwie so. Verdammt!
Ich fand einfach keine Lösung und dass ich nicht einmal gemeinsam mit meinem Freund drüber nachdenken konnte war richtig schrecklich für mich. Ich musste zumindest mit irgendwem darüber reden…ob ich es Oma Helli erzählen konnte? Anna hatte nur von Vivian gesprochen und ich hatte größtes Vertrauen zu Helli…ich würde es einfach tun.
„Ich würde ja auf die Kleine aufpassen, während du arbeitest.“ Schlug sie mir spontan vor, als ich ihr am Morgen von der Situation erzählte und ich bekam sofort etwas wie ein Lichtblick. Doch ob das wirklich durchführbar war?
So ganz Kindgerecht waren meine Arbeitszeiten nicht und war das wirklich gut für Marei, wenn ich sie zu jeder Schicht hier mit nach Hamburg schleppen würde?
Klar, andere Eltern arbeiteten auch und die Kinder hatten andere Tagesabläufe. Aber Marei war so daran gewöhnt und schließlich hatte ihre Seele noch immer sehr zu leiden…sie sprach ja auch immer noch kein Wort.
Nicht umsonst war es Vivian und Anna so wichtig gewesen, dass Marei nach dem Tod ihrer Mutter auf dem Hof bleiben konnte…sie hatten dafür gekämpft, als es irgendwann schwierig zu werden drohte das große Haus zu halten…Anna hatte mir davon erzählt.
Würde sie noch wirklich auf dem Hof leben, wenn ich sie hin und her schleppte? Ich war mir sicher, dass Anna auch diese Lösung nicht akzeptieren würde und sagte es auch gleich zu Oma Helli.
„Zumindest vorschlagen könntest du es ihr. Wir werden schon eine Lösung finden.“ Machte sie mir Mut, doch wirklich glauben konnte ich daran nicht. Anna schien so sehr entschlossen auf ihr Glück zu verzichten, dass ich irgendwie glaubte, dass keine nicht perfekte Lösung sie umstimmen könnte.
Es war dann am Ende auch nicht ich, der Anna die Möglichkeit vorschlug. Oma Helli handelte eigenmächtig und obwohl sie meinen Wunsch Anna gegenüber erstmal zu schweigen nicht einhielt, konnte ich ihr keinesfalls böse sein.
Ich erfuhr es am zweiten meiner freien Tage. Wie immer in letzte Zeit hatte ich Helli mit auf den Hof genommen und am Nachmittag kamen sie und Anna hinter das Haus, wo sich scheinbar zufällig um diese Zeit alle Bewohner versammelt hatten.
„Wir haben euch etwas mitzuteilen“ begann Anna und stellte uns vor die Tatsache, dass sie in ungefähr zwei Monaten den Hof verlassen würde.
Im ersten Moment war ich völlig geschockt, weil auch die Kleine hier war. Sie saß zur Abwechslung mal wieder auf meinem Schoß und nicht auf dem ihres Vaters und ich musste zugeben, dass ich dies genoss, fast hatte ich es schon vermisst.
Doch Moment, entweder hörte sie gar nicht zu, denn sie spielte unbeteiligt weiter an meinem Amulett und lächelte so süß dabei, oder…Anna hatte bereits mit ihr gesprochen. Nach kurzem Überlegen war ich überzeugt, dass es so sein musste, ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie die Kleine genauso ins tiefe Wasser warf, wie sie es gerade mit den anderen tat.
Anna redetet immer weiter und erzählte schließlich, dass sie und Helli beschlossen hatten, dass Vivian und ich in die größere Wohnung wechseln würden und Oma Helli zu ihr in die kleiner ziehen würde, bis…ja bis sie in einigen Wochen letztendlich gehen würde.
Zum ersten Male sagte sie den anderen etwas von Jonas und alle schienen hin und her gerissen zwischen Freude für Anna und den Schock darüber, dass sie gehen würde.
Ich fand es etwas unglücklich, dass Anna alle, vor allem Vivian, so gnadenlos vor vollendete Tatsachen setzte. Aber irgendwie konnte ich sie auch verstehen. So oder so, es war nicht leicht für sie diesen Schritt zu tun und wie sehr musste es ihr Herz erleichtern und gleichzeitig so schwer machen.
Nachdem ich mir sicher war, dass Marei Annas Weggang bereits akzeptiert hatte, suchten meine Augen den Schwarzhaarigen. Mit etwas Angst in meiner Brust versuchte ich zu prüfen, wie es in ihm aussah.
Scheinbar unbeteiligt nahm er die Informationen auf. Er sah Anna an und hörte ihr zu, seine Miene war undurchschaubar und so wie ich ihn kannte, rechnete ich damit, dass er in wenigen Minuten aufstehen und weggehen würde.
Ich schloss für einen Moment die Augen…oh Gott, würde jetzt das nächste Drama auf uns warten? Würde Vivian sich wieder verschließen und niemanden mehr an sich heran lassen?
Ich rechnete damit und fühlte schon fast, dass schwere Arbeit vor uns lag, doch als ich die Augen wieder aufschlug, sollte es mich eines besseren belehren.
Vivian war tatsächlich aufgestanden, doch er hielt Anna in seinen Armen. Fest umschlungen standen sie dort und jetzt endlich konnte man in dem Gesicht des Schwarzhaarigen eine Regung erkennen.
Er zeigte das, was auch ich in meinem Herzen fühlte und was auch aus Annas Seele herauszuspringen schien. Freude und Leid zu gleichen Teilen.
Die Anspannung und die Furcht vor weiteren Ereignissen lösten sich in mir und ich spürte, wie sehr es mich erleichterte.
Die nächsten Tage gingen unter in dem Umzug. Ich hatte mir ein paar Tage frei nehmen können und wir wollten es so schnell wie möglich über die Bühne bringen. Oma Helli und Anna sollten noch so lange wie möglich gemeinsam auf dem Hof verbringen, vor allem um es Marei ein wenig leichter zu gestallten.
Im Haus ging es zu wie in einem Bienenstock, emsig waren alle dabei irgendwelche Sachen zu schleppen und Christian fuhr mehrere Touren um Hellis Sachen aus Hamburg hierher zu verfrachten. Zum Glück ließ sie alle Möbel dort, aber es war trotzdem noch genug zu tun.
Nur selten bekam ich Vivian zu Gesicht und schon gar nicht konnten wir irgendwo eine Zweisamkeit genießen.
Wir schafften es gerade so das nötigste fertig zu bekommen, bis ich zur Nachtschicht musste. Da Oma Helli die Wohnung noch eine Weile haben würde, übernachtete ich zwei Nächte allein dort. Ich hatte keine Lust die Strecke zu fahren und solang es noch ging und sich vermeiden ließ, wollte ich das auch so in Anspruch nehmen.
Ein wenig einsam fühlte ich mich schon, aber ich verbrachte die meiste Zeit eh mit Schlafen…Schlaf den ich auch bitter nötig hatte.
Man sollte es nicht glauben, aber gerade jetzt, wo mich die letzten Tage schon echt geschlaucht hatten, schienen alle Menschen nur nachts unterwegs zu sein und die Tankstelle erinnerte mich ähnlich wie der Umzug an einen Ort, wo emsig hin und her geflogen wurde. Nur erschien es mir hier eher wie in einem Wespennest, denn alle waren irgendwie angespannt und ungeduldig.
Ich möchte meinen Job, doch an Tagen wie diesen war ich einfach nur froh wenn es vorbei war.
Zum Glück hatte ich es so hinbekommen, dass ich trotz der freien Tage nach der Schicht wie gewohnt meine drei Tage ohne Arbeit hatte und ich verschlief den Tag noch in Hellis Wohnung, bevor ich mich gegen Abend auf den Weg nach Kollmar machte.
Vivian war nicht da als ich ankam und Anna erzählte mir, dass die Band ohne mich probte. Das kam schon mal vor, wenn ich in der Nacht arbeiten musste und ich dachte mir nichts dabei.
Ich freute mich auf den Schwarzhaarigen und dachte mir, dass er sicherlich spätestens in einer Stunde wieder da wäre.
Doch erst nach über zwei Stunden, in denen ich langsam begann mich zu sorgen, fuhr Jonahs Auto auf den Hof. Ich sah nicht wie Vivian ausstieg, kam erst um die Ecke, als Jonah bereits wieder wegfuhr und freute mich darauf meinen Freund in meine Arme zu schließen. Erst jetzt fiel mir so richtig auf wie sehr ich ihn vermisst hatte in der letzten Zeit und ich ging auf ihn zu, um ihn liebevoll zu begrüßen.
Er sah mich und seine Augen blieben auf mir haften, doch es fühlte sich an, als sah er durch mich hindurch. Seine Augen waren merkwürdig leer und schauten glasig.
Ich erschrak und dachte im ersten Moment es sei etwas passiert, doch schon Sekunden später, als er wie ein nasser Sack in meinen Armen hing, wurde mir klar, dass er völlig betrunken war.
So sehr, dass ich nicht einmal verstand, was er zu mir sagte. Nur undeutliches Genuschel kam über seine Lippen und er ließ sich von mir völlig hilflos ins Haus bringen. Seine Beine trugen ihn fast gar nicht mehr und nicht selten mussten wir auf dem kleinen Stück anhalten, damit er mir nicht wegrutschte.
Immer wieder versuchte er mir irgendetwas zu erzählen, von dem ich nur gebrochen ein paar Worte verstand, die ich mir nicht zusammenreimen konnte, die mir aber irgendwie Angst machten. „Marei“ kam öfter vor und auch „Anna“.
„Scheißwelt“ und irgendetwas von „fauler Zauber“, vielleicht hätte ich mehr verstehen können, wenn ich nicht voll darauf konzentriert gewesen wäre seinen Körper ins Haus zu schleppen, denn je mehr er sprach um so weniger gelang es ihm sich selbst zu halten.
Als wir es endlich geschafft hatten in die Wohnung zu gelangen und ich ihn auf das Sofa verfrachtet hatte…Gott ich war gerade mehr als froh, dass wir jetzt in der vordersten Wohnung lebten, nicht auszudenken wie ich ihn in unsere vorherige gebracht bekommen hätte…versuchte ich heraus zu finden wovon er die ganze Zeit gesprochen hatte, doch er gab mir keine Antwort mehr. Wie ein Baby rollte er sich zusammen und gab keinen Ton mehr von sich.
Laut seufzend plumpste ich in den Sessel. Das hatte ich mir wahrlich anders vorgestellt.
Und…es sollte auch nicht bei dem einen Mal bleiben. Immer häufiger erlebte ich von diesem Tag an Vivian völlig betrunken. Nie schlug er den Joint aus, der beim Zusammensitzen mit den Anderen zu ihm gereicht wurde. Nur noch selten gab es Momente in denen ich ihn nüchtern erlebte und selbst in denen verschloss er sich mir gegenüber völlig.
Auf kein Gespräch ging er ein und wenn ich wütend wurde und mit verbaler Gewalt versuchte irgendetwas aus ihm heraus zu bekommen, ihn konfrontierte mit Worten, die meine Ahnungen widerspiegelten, dann reagierte er mit nur noch mehr Aggressivität.
Ich fragte ihn danach, ob er wegen Annas Weggang soviel trank, oder ob ich ihn zu sehr einschränkte. Ob ich ihm nicht genug Zeit gelassen hatte. Alles erdenkliche was mir nur einfiel, versuchte ich mit ihm zu besprechen, doch er öffnete sich einfach nicht.
Wich mir aus, wenn er nüchtern war und schlug um sich wenn er getrunken und geraucht hatte.
Ich wünschte mir die Zeit zurück, als er nur bekifft war. Von der Ruhe, die er dann an den Tag gelegt hatte war nichts mehr übrig. Nie beließ er es beim Kiffen, trank immer dabei und ich verstand, dass diese Mischung aus Alkohol und Hasch sich in seinem Körper überhaupt nicht vertrug.
Wenige Tage vor Annas Auszug war ich völlig verzweifelt und nicht nur ich…
Langsam wurde es kälter und das Zusammensitzen mit den Bewohnern weniger, doch nicht Vivians Alkoholkonsum.
Ich hatte es mir zur Angewohntheit gemacht trotz der Dunkelheit und aufkommenden Kälte noch eine ganze Weile draußen zu sitzen, die Bank neben der großen Tür war mein abendlicher Platz geworden und ich genoss es hier allein zu sein.
Immer häufiger ging ich dem Schwarzhaarigen aus den Weg, ich wollte nicht sehen wie er in seinem Rausch schwelgte und noch viel weniger wollte ich mit ihm streiten und genau das kam immer wieder dabei heraus, wenn wir uns sahen.
„Ich werde nicht gehen.“ Hörte ich plötzlich Annas Stimme neben mir. Ich war so in meinen Gedanken vertieft gewesen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass sie den Platz neben mir auf der Bank eingenommen hatte.
„Was soll das Anna? Es ändert doch nichts, wenn du jetzt doch noch dein Leben hinschmeißt. Du kannst genauso wenig tun, wie ich.“ Flüsterte ich traurig und war eigentlich nicht einmal entsetzt über ihren Satz, ich hatte damit schon lange gerechnet und geahnt, dass sie kein gutes Gefühl dabei hatte den Hof zu verlassen. Doch sie musste doch genau wie ich wissen, dass es nichts ändern würde, wenn sie blieb.
„Ich glaube einfach, dass er wegen mir soviel trinkt…dann auch wieder versteh ich nicht warum. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es ihn so fertig macht, dass ich weggehe. Aber ich weiß nicht was denn sonst der Grund sein könnte.“ Sprach sie voller Verzweiflung. „Theon er schiebt Marei wieder von sich weg. Es fällt vielleicht nicht so auf, weil die Kleine im Moment so an Oma Helli hängt. Aber wann hast du sie das letzte Mal mit ihrem Vater zusammen gesehen? Wann hat er das letzte Mal etwas mit ihr unternommen? Nicht einmal mit Herkules hat er sich befasst. Helli macht fast alles mit Marei.
Wann hast du sie das letzte Mal mit ihm kuscheln sehen, oder auch nur mitbekommen, dass er ihre Hand genommen hat?“
Ich wusste dass sie Recht hatte, kannte diese Wahrheit nur zu genau, doch ich widersprach ihr trotzdem, weil ich nicht wollte, dass sie ihren Plan änderte. Es war ihr Leben und sie sollte es verdammt so leben, wie sie es sich wünschte.
„Das bildest du dir ein Anna. Die Kleine hängt ganz einfach gerade stark an Helli. So wollten wir es doch. Es ist doch das was wir erhofft hatten, dass sie sie akzeptiert und sie als ihre Bezugsperson ansieht und außerdem Anna, was glaubst du ändert es, wenn du bleibst?“
„Nichts Theon. Ich glaube es ändert nichts, denn ich habe nie etwas in ihm bewirken können, egal was ich auch versucht habe, aber…ich kann so einfach nicht gehen. Meine Gedanken wären nur hier, die Sorge um Marei würde mich zerfressen. Ich kann auch hier nichts machen, aber ich kann zumindest bei der Kleinen sein. Sie braucht mich einfach. Ja, Oma Helli kümmert sich liebevoll um sie und ich fand die Lösung einfach prima, dass sie hierher zieht. Sie hat mich überzeugt und ich glaube ihr, dass sie auch wirklich gern hier ist und dass auch sie ihre Vorteile daraus zieht. Aber wenn Marei jetzt wieder ihren Vater verliert, den sie doch gerade wieder ein Stück für sich gewonnen hat. Ich kann einfach nicht gehen, es geht nicht, bitte versteh das.“
Dass sie mich darum bat sie zu verstehen erschütterte mich total. Sie war entschlossen ihre Liebe für die Kleine aufzugeben und bat mich um Verständnis? Ja….nein…ich verstand es nicht und anders herum wieder doch, aber war es nicht völlig unwichtig, ob ich sie verstand oder nicht?
„Ich weiß nicht genau, ob ich das verstehen kann Anna.“ Sagte ich ehrlich „Aber, nicht ich muss das verstehen…du musst dich selbst verstehen. Es ist nicht leicht, dass du weg gehst. Ich werde dich sehr vermissen, aber es ist noch weniger leicht, wenn du bleibst. Ich wünschte ich könnte Viv wachrütteln, ihn herausholen aus diesem….mir fällt nicht mal ein Wort dafür ein… aber ich weiß einfach nicht mehr was ich noch tun soll. Ich habe schon alles Mögliche versucht. Ich weiß einfach nicht mehr was ich noch tun kann. Manchmal möchte ich ihn schütteln und ihm genauso wehtun, wie er mir mit seinem Verhalten Schmerzen bereitet, aber auch das würde nur stärker Aggressionen in ihm hervorrufen.“
Ich seufzte und wusste für den Moment nichts mehr zu sagen. Alles Schwere in mir war zurückgekehrt und alles schien schlimmer, als es je gewesen war.
Auch Anna sagte nichts mehr und wir saßen schweigend beieinander, das einzige was man hörte war das Rascheln des Windes in den Bäumen und ab und zu ein Seufzen aus unseren Mündern.
„Ich muss ins Bett“ durchbrach ich nach langer Zeit die Stille und erhob mich. Dass ich eigentlich nur innerlich immer unruhiger wurde und ich nur noch daran dachte irgendetwas tun zu müssen, erwähnte ich nicht.
„Schlaf gut Theon.“ Strich sie mir nur kurz über die Wange und wandte sich dann wieder von mir ab, um wie bisher in die Dunkelheit zu starren.
„Bleib nicht zu lange hier. Es wird immer kälter.“ Sagte ich noch sanft und ging dann ins Haus. In mir war alles voller Wut… Wut die immer stärker zu brodeln begann und die so stark auf meiner Seele lastete, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie aus mir heraus brach.
Nur darauf wartend, dass sie sich lösen würde, wenn ich Vivian sah, betrat ich unser Wohnzimmer.
Tatsächlich löste sie sich, doch sie brach nicht heraus, sondern verwandelte sich in meinem Schrecken, als ich den Schwarzhaarigen auf dem Sofa erblickte, in Sorge.
Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er hielt seine Stirn darauf gestützt, ich erkannte sofort, dass es Blut war, das in einer dicken Spur sein Handgelenk hinunter lief.

Also erstmal...
Das nächste was ich fühlte war etwas weiches an meinen Lippen und noch während ich dachte, noch nie so etwas wunderschönes gefühlt zu haben, übte er so einen Druck aus, dass sich das Weiche, das sich als sehr hart erwies gnadenlos zwischen meine Lippen schob.
Ich glaube, das ist mein Lieblingssatz der letzten beiden Kapitel xD
und dann...
moah Viv
Was ist denn nun schon wieder los?^^
*das gerade als fies empfinde, dass er so einen "Aufstand" macht*
Aber ich frag mich, was das Amulett mit seiner Stimmung zu tun hat *weiterlesen will*
ach ja... der Sex hat mir gefallen

Soviel Worte...hui *völlig überfordert bin und es wortlos lasse*
„Oh Gott Vivian, was ist passiert?“ lief ich auf ihn zu und zog seine Arme von seinem Gesicht weg. Völlig erschreckt sah er mich an, doch ich nahm nur wahr, dass sein Gesicht unversehrt schien.
„Lass mich in Ruhe.“ Murrte er und wollte seine Hände wegziehen, doch ich ließ nicht locker und besah mir den Arm, der Blutverschmiert war. Es schien aus seiner Faust zu laufen und ich erkannte erst nicht, was es hätte sein können, dass ihn so bluten ließ. Doch als er die Hand etwas drehte bei einem weiteren Versuch sich von mir zu befreien, erkannte ich ein Stück des Amuletts.
Ich ahnte, dass er es so fest in seiner Hand gedrückt hatte, dass sich das einzige etwas spitzere Stück, das den Schwanz des Draches darstellte so tief in seine Handfläche gebohrt hatte, dass es blutete.
„Was ist nur los mit dir?“ fragte ich ihn zum ungefähr tausendsten Male und erwartete gar keine Antwort mehr, als ich einigermaßen beruhigt seinen Arm mit einem Taschentuch säuberte. Doch das Blut war zum Teil schon festgetrocknet, so dass ich nicht wirklich erfolgreich dabei war und nur das frischeste entfernt bekam.
Ich wollte gerade aufstehen und ein nasses Tusch holen, um zumindest das Blut an seinem Arm weg wischen zu können, den Versuch den Anhänger aus seiner Faust zu lösen, wollte ich gar nicht erst starten, als er plötzlich den Arm hob und ausholte.
Mit voller Wuscht knallte das Amulett gegen die Zimmerwand und hinterließ dort eine Blutspur, bevor es dumpf auf dem Teppich landete und auch ihn ein wenig rot färbte.
Doch die Spuren seines Blutes waren mir so was von egal, als er zu fluchen begann. So konzentriert wie ich konnte versuchte ich sein betrunkenes Gerede zu verstehen.
„Dieses Scheißding ist an allem Schuld. Es hat mir Alina genommen und es nimmt mir auch meine Tochter. Ihr wollt es nur alle nicht wahr haben. Ihr glaubt es bringt Gutes. Aber was bitte ist gut daran?
Es bringt mir Träume, die mir sagen, dass mein Kind mir nicht vertraut, dass es glaubt ich sei an allem Schuld, dabei ist es nur dieses verfluchte Ding, was die Schuld an allem trägt.
Warum denn? Warum spricht sie nicht mit mir?
Es bringt mir Träume von Alina…Trugbilder mit denen es mich quälen will, während mein kleiner Engel niemals wieder sprechen kann. Ich hasse es…hasse es…hasse es!“ wollte er aufspringen, doch ich hielt ihn zurück und legte ganz fest meine Arme um seinen Körper.
Ich war mir nicht sicher, ob das jetzt vielleicht dumm von mir war. Sicherlich würde er mich gleich mit voller Kraft zurück stoßen, wie er es schon so häufig in seinem Suff getan hatte, doch ich konnte einfach nicht anders reagieren. Daher wehte also der Wind. Er glaubte, dass die Kleine nie wieder sprechen würde. Zumindest war es das, was ich am schmerzhaftesten aus seinen Sätzen heraus hörte und es machte für mich am meisten Sinn. Schließlich konnte auch ich nicht verstehen, dass Marei nicht wieder zu reden anfing und auch in mir war die Sorge, dass sie für immer stumm blieb.
Doch anstatt sich zu wehren, klammerte er sich an mich und begann laut zu schluchzen.
Eine Weile hielt ich ihn einfach nur fest und ging meinen eigenen Gedanken nach. Er hielt also das Amulett für Schuld an allem was geschehen war.
Das Amulett…für mich hatte es soviel Gutes bewirkt, doch eigentlich gab es nichts leichteres als das….ein Gedanke machte sich in meinem Kopf breit und verfestigte sich mit jedem weiteren Gedankengang.
Ich war mir sowieso ziemlich sicher, das es alles für uns getan hatte, was es nur konnte und…war es nicht eigentlich Zeit dazu es an jemanden anders weiter zu geben? Laut des Buches war es schon in vielerlei Händen gewesen und würde sich früher oder später sowieso jemanden Neues aussuchen.
Erst jetzt wurde ich wieder aufmerksam auf seine Wunde. Das Blut schien schlimmer zu laufen, als vorhin und hatte bereits Flecken auf seiner Hose hinterlassen. Ich nahm behutsam seine Hand und öffnete die geschlossene Faust, er ließ es sich gefallen. Es war ein kleines Loch in seiner Handfläche, aus der stetig etwas von der roten Flüssigkeit lief.
Darum musste ich mich jetzt zuerst kümmern. Ich nahm noch ein Taschentuch vom Tisch und drückte es auf die Wunde.
„Halt es zu.“ Sagte ich sanft und drückte seine Finger so, dass sie es fest hielten und er tat was ich sagte. Schnell holte ich jetzt ein nasses Tuch und ein Handtuch. So gut es ging säuberte ich seinen Arm.
„Ich würde dir gern etwas zeigen, meinst du, du kannst ein Stück mit mir fahren?“ Ich wusste, dass es gefährlich werden konnte, wenn ich ihn mir in seinem Zustand hinten aufs Motorrad setzte, aber das was ich vor hatte war mir so wichtig, dass es keinen Aufschub duldete.
Erneut stand ich auf und hob jetzt das Amulett vom Boden auf, um es gewissenhaft von Vivians Blut zu säubern. Die Spuren auf dem Teppich und an der weißen Wand, waren mir vorerst egal.
„Ich denke schon.“ Klang er plötzlich gar nicht mehr so sehr betrunken und stand sogar relativ sicher auf.
„Warte, ich will das erst verbinden.“ Hielt ich ihn auf und ahnte, dass er protestieren würde. Deswegen warf ich noch schnell bevor er etwas sagen konnte hinterher, dass ich ja schließlich nicht auch noch überall sein Blut haben wollte.
Er ließ es zu, dass ich die Wunde versorgte und ging danach mit mir hinaus. Anna war bereits von der Bank verschwunden und ich war froh darüber. Ich musste das was ich vor hatte so schnell wie möglich hinter mich bringen, bevor ich es mir anders überlegte.
Wehmütig strich ich über meine Jackentasche, unbemerkt von dem Schwarzhaarigen hatte ich das Amulett, das einmal Alina gehört hatte in der Holzkiste verstaut und in meine Jackentasche gesteckt. Würde ich es wirklich übers Herz bringen mich davon zu trennen?
Ich musste es, irgendwie war ich das Vivian schuldig…er musste begreifen, dass wir auch ohne die Anhänger klar kommen würden, dass wir es selbst waren, die unser Glück schmiedeten.
So sehr ich auch verstanden hatte, dass uns die Amulette geholfen hatten, so sehr war mir auch klar, dass die Hauptarbeit in uns selbst passiert war und dass wir eigentlich keinerlei Hilfe benötigten.
In uns selbst war geschehen, was geschehen war und die Anhänger hatten uns allerhöchstens den Weg gezeigt.
Er hatte vorhin gesagt, dass er geträumt hatte, von Alina. Erst da war mir aufgefallen, dass ich schon einige Nächte nicht mehr geträumt hatte. Diesmal verstand ich den Sinn der Träume nicht und hatte einfach nur die Ahnung in mir, dass die Kräfte des Amuletts lang genug auf uns gewirkt hatten.
Wie auch immer es war und was die Träume für Vivian bedeuten sollten, ich war entschlossen, dass wir sie nicht mehr brauchten.
Ich wusste, dass dieser Weg der richtige war, auch wenn es mir sehr schwer fiel ihn zu gehen. So lange hatte die Kette meine Leben begleitet.
Wir fuhren nicht weit und auch wenn es ein paar Augenblicke gab in denen ich Angst bekam Vivian würde sich nicht richtig halten können und mir vielleicht vom Motorrad rutschen, kamen wir ohne irgendwelche Zwischenfälle dort an, wo ich hin wollte.
Kalt war es hier am Wasser, aber immerhin roch die Elbe nicht mehr so furchtbar, wie in der Zeit, als es noch so sehr warm gewesen war.
Ich hatte Vivians Hand genommen, um ihm zu helfen besser den Deich hoch zu kommen, doch jetzt als wir direkt vor dem Gewässer standen, ließ ich sie wieder los.
Unbedingt das Notwendige hinter mich bringen wollend, zog ich das Kästchen aus meiner Jacke.
„Warte Theon.“ Rief er entsetzt und schaute ungläubig in mein Gesicht. „Das kannst du doch nicht tun.“
„Doch ich kann und ich muss…es ist Zeit für eine Trennung. Vertrau mir Viv.“
„Aber…die Kleine…denkst du gar nicht an Marei? Du kannst ihr doch nicht ein Stück Erinnerung an ihre Mutter nehmen.“
„Das tu ich nicht…ihre Erinnerung ist nicht in dem Amulett, sie ist in Marei selbst und ich denke sie weiß es besser, als alle anderen. Ich bin mir ganz Sicher, dass ich in ihrem Sinne handel. Vertrau mir, bitte.“ Ich war mir so sicher das Richtige zu tun, dass ich wirklich keinen Zweifel daran hatte.
Behutsam legte ich das kleine Kästchen auf die Wasseroberfläche, es schwamm ein kleines Stück, bevor es langsam unter ging und schon bald nicht mehr zu sehen war. Ein tiefer Seufzer kroch aus meiner Kehle, als ich jetzt die Hände an meine Kette legte. Es fiel mir wirklich schwer, mich davon zu trennen, aber ich war der Auffassung, dass es so sein musste und ich schaffte es auch dieses Amulett in dem Gewässer zu versenken.
Wehmütig sah ich noch einen Augenblick im Dunkeln auf das leicht im Mondlicht schimmernde Wasser der Elbe und griff dann Vivians Hand, um mit ihm zum Motorrad zurück zu gehen.
Worte wechselten wir nicht mehr, auch nicht, als wir einige Zeit später nebeneinander im Bett lagen. Ich hatte den Schwarzhaarigen dicht an mich gezogen und meine Nase steckte in seinen Haaren, während ich noch lange seinem Atem lauschte, bevor auch ich endlich einschlafen konnte.
Es änderte nichts…aber was hatte ich auch erwartet? Dass mit dem verschwinden der Anhänger, alles gut wurde? Nichts wurde besser. Auch am nächsten Abend traf ich Vivian betrunken an. Ich verzog mich nach einer Dusche sofort auf den Platz vor dem Haus und setzte mich auf die Bank. Ich wollte ihn einfach nicht sehen. Viel zu sehr tat es mir weh ihn so zu sehen, auch wenn ich es mittlerweile verstand, dass er irgendwie eine Lösung im Alkohol suchte.
Es war noch früh und sicherlich zu kalt, um den gesamten Abend hier zu verbringen. Vor allem, dass meine Haare noch nass waren, ließ mich frösteln und ich zog meine Jacke fest zu, um ein wenig dem Wind zu entkommen.
Trotzdem wollte ich ganz bestimmt nicht hinein gehen. Lieber fror ich, als mir das Elend anzuschauen, dass drinnen auf dem Sofa saß und sich das Bier in den Kopf haute, als wäre es klares Wasser.
Ich bemerkte die Person schon wieder nicht, die sich neben mich setzte und erschrak, als eine kleine Hand sich in meine schob.
„Marei, Schätzchen, was machst du denn hier?“ sah ich sie erstaunt an und mein Verstand sagte mir, dass ich sie umgehend zurück ins Haus schicken sollte, denn sie trug nur einen Pulli und in meiner Kälte empfand ich das eigentlich als unverantwortlich. Doch ihre Hand tat mir so gut und als sie sich auch noch sanft an meine Seite schmiegte….ich brachte es einfach nicht übers Herz sie wegzuschicken. Dazu war ihre Nähe einfach viel zu wohltuend in diesem Moment.
Ich legte den Arm um sie und bildetet mir ein ihr damit genug Wärme zu spenden, denn mir selbst wurde schließlich sofort ein wenig wärmer, als sie so dicht bei mir war.
Schweigend saßen wir dort und sahen gemeinsam in den dunklen Himmel. Sternen übersäht lag er über uns…vor uns…hinter uns und neben uns und das Funkeln der kleinen Punkte schien mich einzulullen in Dunkelheit, die glänzte wie ein tröstender Schimmer.
Genauso fühlte ich gerade mein Leben…dunkel und doch voller Glanz. Immer wieder gab es Lichtpunkte, die mich zurück holten mit all ihrer Schönheit und doch waren sie nicht stark genug, um die Dunkelheit zu vertreiben und mich in Licht zu baden.
Ob es immer so bleiben würde? War es die Dunkelheit in der ich wohnte? War das Leben immer nur von kleinen Sternen beherrscht, oder gab es irgendwann, wenn man es gefunden hatte auch ein Leben unter dem Licht der Sonne?
Doch die Sonne schien nur am Tag…so war es immer. Jeden Abend verschwand sie am Horizont für genau eine Nacht und tauchte erst am Morgen wieder mit all ihrer Wärme und Helligkeit auf.
Niemand konnte nur den Tag leben, es gab immer eine Nacht, man konnte sie nicht vertreiben, nicht der Dunkelheit entkommen.
Plötzlich wusste ich, dass es keinen Sinn machte meine gesamte Kraft darin zu legen immer nur der Sonne entgegen zu schwimmen. Das Dunkle gehörte genauso dazu…jede schwere Zeit zu mir, wie die Nacht zum Tag gehörte. Vivian würde hinausfinden aus der Dunkelheit, genau wie ich und erst recht Marei.
Wenn wir uns nur die Zeit dafür nahmen auf den Tag zu warten. Auch Anna würde ihr Glück finden…war es nicht egal, ob sie wie geplant am Wochenende ging, oder ihre Abreise solange verschob, bis sie den Mut aufbrachte uns unserem Schicksal zu überlassen?
Für jeden von uns würde die Sonne wieder scheinen, solange die Sterne in der Nacht den Glanz behielten. Für einen Moment fühlte es sich an, an würde der Frieden in mein Innerstes zurück finden. Ich war sicher, dass am Ende alles gut werden würde und ich drückte leicht Mareis Hand. Vielleicht um ihr zu zeigen, dass ich bei ihr war, oder auch um zu fühlen, dass sie bei mir war.
Meine Augen sahen noch immer leicht nach oben und ich empfand den Sternenhimmel immer heller erscheinend, so als würde sich das Licht verstärken und direkt in mich fahren und mich wärmen.
Während ich völlig in mich selbst versunken war, löste sich unerwartet der Stern, den meine Augen fixiert hatten von seinem Punkt und schien herab zu fallen auf die Erde. Irgendwie musste ich sofort an einen fallenden Engel denken…ein Gedanke, der sofort abgelöst wurde von der Angst, dass selbst die Sterne jetzt aufhörten für uns zu leuchten.
Erst als Marei ganz aufgeregt meine Hand drückte, realisierte ich, dass ich eine Sternschnuppe gesehen hatte und in dem Bruchteil einer Sekunde erinnerte ich mich daran, dass es hieß, man könne sich etwas wünschen, wenn ein Stern sich von Horizont löste und herab fiel.
Erst einmal in meinem Leben hatte ich so etwas gesehen…schon lange her. Als Kind, vielleicht etwas älter als Marei es war…ich wusste nicht einmal mehr, ob der Wunsch den ich damals hatte in Erfüllung gegangen war.
Doch das war auch egal…ich glaubte daran, so oder so. „Eine Sternschnuppe…man darf sich etwas wünschen, wenn man eine sieht.“ Begann ich zu erklären, doch Mareis nicken sagte mir, dass sie davon bereits wusste.
Was sie sich wohl wünschte? Zu gern hätte ich gewusst, was in diesem Moment in ihrem Kopf passierte.
Dass ich mir auch etwas wünschen konnte, daran dachte ich erst, als ich sie ansah und ihr niedlicher mit Augen zusammen gekniffener Anblick mich daran erinnerte…sie wünschte sich gerade ganz fest irgendwas.
Irgendwas…was sollte ich mir wünschen? Angestrengt überlegte ich wofür ich mich entscheiden sollte…es gab genug was ich mir ersehnte.
Ein nicht trinkender Vivian, eine glückliche Anna…mich selbst glücklich? Ich wusste es nicht.
Erst als die Kleine ihre Augen öffnete und ich in das dunkle Braun sah, fühlte ich, wie ein Wunsch in mein Herz schoss und mir wurde klar, noch während ich diesen Wunsch nicht dachte, sondern nur fühlte… dass es nur eines gab, was irgendwie wichtig war.
Marei
Letztendlich drehte sich alles um die Kleine und nur, wenn es ihr gut ging, konnten auch wir dorthin finden…wo wir hin wollten.
Ich hätte es nicht sagen können, hätte meinen Wunsch nicht in Worten formulieren können…doch das war auch nicht notwendig…ich hatte gefühlt…so sehr gefühlt, dass ich Marei ganz fest an mich ziehen musste und sie hin und her wiegte.
Plötzlich fiel mir auf, dass ich überhaupt nicht mehr auf die Zeit geachtet hatte. Marei gähnte herzhaft und erinnerte mich daran, dass es längst Zeit war für sie ins Bett zu gehen.
Meine Aufgabe war mir noch etwas fremd…vor kurzem war es noch Anna, die darauf geachtet hatte und Marei von mir weg holte, wenn es Zeit für sie war zu schlafen.
Jetzt, wo ich mit Vivian und ihr in der größeren Wohnung lebte, war es unsere Aufgabe und ich hatte es in meinen Gedanken völlig vergessen. Unsere Aufgabe?...Vivian hatte sie ein einziges Mal ins Bett gebracht.
Ich hoffte nur, dass er sich seiner Pflichten bewusst wurde, wenn ich zur Nachtschicht musste. Ab morgen Abend würde es wohl oder übel seine Aufgabe sein…ich nahm mir vor es ihm noch einmal deutlich zu sagen…Anna hatte schon genug zu tragen und auch Oma Helli wollte ich nicht darum bitten. Es war verflucht noch mal an Vivian sich darum zu kümmern.
Liebevoll strich ich der Kleinen noch einmal kurz über die Wange und hob sie dann auf meinen Arm, um sie hinein zu tragen. Es rührte mich, dass sie sich im Wohnzimmer von mir absetzten lassen wollte und zu ihrem Vater lief, um sich mit müden Augen an ihn zu kuscheln. Für einen Moment war alles gut, Vivian erwiderte ihre zärtliche Geste und sein Zustand war ihm nicht anzumerken, als er ihr eine „Gute Nacht“ wünschte und sie an sich drückte.
Unbewusst ließ ich mir unendlich Zeit dabei Marei in ihr Bett zu verfrachten und auch als sie bereits eingeschlafen war, konnte ich mich nicht dazu aufraffen den Sessel in ihrem Zimmer zu verlassen. Ich saß da und beobachtete ihren Schlaf. Einfach keine Lust habend Vivian begegnen zu müssen, hielt ich es für besser solange bei der Kleinen zu sitzen, bis mich die Müdigkeit einholte.
Aber selbst als mir die Augen zufielen kam ich einfach nicht hoch. Am Ende schlief ich in unbequemer Haltung in dem Sessel ein und erwachte erst mitten in der Nacht, ohne Gefühl in meinem Arm, auf dem ich richtig blöd gelegen hatte.
Na ja, jetzt war es wohl Zeit für mein Bett…aber immerhin war es mir gelungen mich vor einem Gespräch mit dem Schwarzhaarigen zu drücken, obwohl ich genau wusste, dass ich selbst es nötig brauchte. Aber ich wollte nicht, dass er getrunken hatte…wollte warten, bis ich einen Moment erwischte, in dem sein Kopf klar denken konnte. Wir mussten irgendeine Lösung finden wie es weiter gehen sollte…gemeinsam.
Ich musste ihm davon erzählen, das Anna nicht gehen wollte…musste mit ihm darüber reden, dass Marei ihn brauchte, dass sie nur irgendwann wieder reden würde, wenn er weiter zu ihr hielt, sich jetzt nicht wieder von ihr entfernte.
Er musste ihr die Zeit lassen, die er sich selbst bei mir erbeten hatte. Wir brauchten Geduld…einfach Geduld.
Als ich mich jetzt mitten in der Nacht zu ihm ins Bett legte und seinen warmen Körper an meinem spürte, wurde mir klar, dass ich feige war…ich hatte Angst mit ihm zu reden, weil ich mir selbst nicht sicher war, ob es eine Zukunft für uns gab. So sehr ich auch in Momenten spürte, dass sich irgendwann alles zum Guten wenden würde, so sehr verließ mich im nächsten jegliche Zuversicht.
Ich hatte Angst.
Angst davor ihn zu verlieren.

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