~Tom~

Irgendwie überzeugten seine Worte mich nicht und meine Sorge um ihn hielt mich nun wach. Liebevoll ließ ich meine Finger immer wieder durch seine Haare gleiten und lag einfach schweigend bei ihm, wartete darauf, dass seine Atemzüge gleichmässig wurden, doch das taten sie nicht. Dass er bei mir war gab mir Hoffnung. Hoffnung, dass wir es doch noch miteinander schaffen konnten alles Vergangene zu überwinden und in eine bessere Zukunft gehen zu können. "Es wird alles gut, mein Herz," flüsterte ich irgendwann in die Stille hinein und küsste sanft seine Wange. "Ich liebe dich."

~Tom~

Als Bill endlich eingeschlafen war, kreisten meine Gedanken noch wie wild in meinem Kopf herum. Wie sollten wir nur in der Unruhe unseres jetzigen Lebens zur Ruhe finden? Ich hatte jetzt schon Angst vor dem nächsten Kampf und war dieses Bandendasein so leid. Besser als Knast war es allemal, doch ich sehnte mich nach Frieden. Bills tiefe Atemzüge und seine Wärme halfen mir jedoch, nach einer Weile auch wieder in den Schlaf zu finden.
Vom Schmerz in meinem Arm wurde ich irgendwann wieder geweckt. Draussen war es hell und ein Druck lastete auf meinem schmerzenden Unterarm. Bill lag mit seinem Kopf direkt dadrauf. Eigentlich wollte ich meinen Arm wegziehen, doch er sah so friedlich aus, so zufrieden. Ich konnte meinen Blick nicht von diesem Gesicht nehmen, das endlich einfach mal so sorglos aussah wie bei einem kleinen, glücklichen Kind, wenn es schlief... und so sah ich ihn nur an und traute mich nicht, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Ich wollte dieses wundervolle Bild nicht zerstören.

~Tom~

"Leg dich wieder hin," bat ich ihn und legte meinen gesunden Arm auf seine Schulter, zog ihn wieder runter, als ich meinen pochenden Arm weggenommen hatte. "Ich fühl mich wie überfahren," ließ mich mein Körpergefühl sagen. "Wie geht`s dir?" wollte ich wissen.

~Tom~

"Bleib nicht so lange weg wie letztes Mal," konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen, als sich mein Magen zusammenzog bei der Vorstellung, dass er den Raum verlassen wollte und sich dabei ein ungutes Gefühl einnistete, doch ich merkte in dem Moment sofort, dass ich ihm damit Unrecht tat. "Entschuldige," setzte ich deshalb gleich hinterher. "Das hätte ich nicht sagen dürfen." Zerknirscht sah ich ihn an und richtete mich ein Stück auf. "Kannst du mir das Koks aus der Schublade geben, bevor du gehst?" bat ich ihn. Ich hoffte mit der Betäubung auch meinen schmerzenden Körper etwas runter zu bekommen.

~Tom~

Bill wirkte so lebendig, als er zur Tür herein kam und ich musste wieder einmal feststellen, wie wunderschön er war. Ich nahm die Decke ein Stück zur Seite, damit er sich mit dem Tablett zu mir setzen konnte. "Hast du den kompletten Kühlschrank ausgeräumt?" musste ich grinsen, als ich den Haufen an Sachen sah, der sich auf dem Tablett stapelte, das jetzt auf der Decke auf unseren Beinen lag. Ich nahm den Zucker und kippte eine große Menge davon in die eine Tasse mit Kaffee, bevor ich einen Schluck davon trank. "Ich möchte die Stadt verlassen... zumindest für ein paar Tage," erzählte ich Bill meine Überlegungen, die ich eben gehabt hatte, als ich allein hier war. "Ich weiß nicht, was Bushido dazu sagen wird und irgendwie hab ich auch ein schlechtes Gewissen dabei in der momentanen Situation... aber... ich muss hier einfach mal raus." Mein Blick fiel auf den Stapel der Kartons mit den unverarbeiteten Erinnerungen. "Ich hab im Moment so eine scheiß Angst vor den Kämpfen," gab ich leise zu. "... und ich hätte gern einfach mal ein wenig Zeit mit dir ohne diese Angst und ohne diese Erinnerungen, ohne diese Stadt. Ich hab gerade überhaupt keine Kraft mehr für den ganzen Müll." Irgendwie kam ich mir mit meiner Beichte vor wie der ängstlichste Feigling. "Was hälst du davon?" fragte ich Bill, während ich mir ein Brot nahm und es belegte.

~Tom~

"Keine Ahnung... egal wohin... Hauptsache weg von hier," reagierte mein Drang vor all dem hier zu fliehen, bevor ich überhaupt dazu kam, wirklich über Bills Frage nachzudenken, womit ich allerdings im nächsten Moment anfing, nachdem ich von meinem Brot abgebissen hatte und kauend ein paar Gedanken dazu nachhing. "Ich würd mich gern einfach mit dir ins Auto setzen, Richtung Süden fahren und dann so weit, bis wir das Gefühl haben anhalten und bleiben zu wollen," äusserte ich das, was mir in den Kopf kam. Wenn wir Richtung Süden fahren würden, wären wir am schnellsten aus dieser verdammten Stadt raus, die für mich zur Zeit nur bedrückend war. "Irgendwohin, wo fast keine Menschen sind," ergänzte ich noch. Das war mir gerade wichtig. Ich wollte einfach mal ein klein wenig das Gefühl haben, vielleicht so etwas wie Freiheit zu fühlen, auch wenn sie nur vorgetäuscht war.

~Tom~

Ich hielt Bill am Handgelenk fest, als er das Tablett ganz auf meine Beine schob und aufstehen wollte. "Bitte keine Hektik jetzt," war mir seine unbändige Art gerade zu viel. "Ich frühstücke noch zu Ende und komm dann mit," beschloss ich. Ich wollte nicht, dass Bushido und David jetzt in meinem Zimmer aufkreuzten und ich wollte mich innerlich noch einen Moment auf das Gespräch vorbereiten. Ich hatte noch nie um so etwas gebeten und kam mir irgendwie verräterisch dabei vor.
Ich aß in äußerer Ruhe auf, während ich innerlich nervös war und zog mich dann an. "Nimmst du das Tablett mit raus?" bat ich Bill, dem ich anmerkte, wie er extra versuchte ruhiger zu bleiben, als er eigentlich war. Er schnappte sich schnell das Tablett und nachdem wir es in der Küche abgeräumt hatten, klopften wir an der Tür zu Bushidos Zimmer. Er war schon angezogen und war dabei Drogen abzuwiegen, während David noch im Bett lag und ihm dabei zusah. Bill und ich fingen gleichzeitig an zu plappern und versuchten unser Anliegen mit wahrscheinlich viel zu vielen Worten vorzubringen, und trotz unseres Duetgequatsches, schienen die Zwei uns auf Anhieb verstanden zu haben. "Das halte ich für eine ausgesprochen gute Idee," sagte Bushido zu meiner Verwunderung. "Vielleicht kommst du so mal wieder etwas runter," setzte er erklärend hinzu und sah dann zu David. "Oder was meinst du?" holte er dessen Meinung ein. David warf mir einen kritischen Blick zu und richtete sein Wort dann an Bill. "Du rufst sofort an, wenn er Mist baut," erklärte er Bill ernst und ich wusste nicht, ob ich über den Satz kotzen sollte oder empört darauf reagieren sollte, also blieb ich planlos erstmal stumm und verdrehte nur genervt meine Augen.