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~ Bill ~
Mein leises Kichern verstummte augenblicklich bei seinem letzten Satz. So erheitert ich gerade noch war, weil er sich offenbar wirklich über meinen nächtlichen Anruf freute – so ernüchtert war ich jetzt. Und ich ärgerte mich schon wieder über mein nicht bis zum Ende durchdachtes Handeln. Meinen Namen. Ich konnte unmöglich meinen Namen sagen, so viel Vertrauen hatte ich nicht, das war absolut unmöglich. Unter Umständen konnte ich damit eine Lawine lostreten, die mich dann womöglich hoffnungslos unter sich begraben würde... aber ich konnte auch nicht nichts sagen, obwohl oder gerade weil er so lieb gefragt hatte. Ich räusperte mich kurz, um mich wieder zu fangen, bevor ich antwortete.
„Du kannst dir was drauf einbilden, dass ich dich anrufe – das hab ich noch niemals zuvor gemacht... aber meinen Namen kann ich dir nicht sagen, zumindest vorerst nicht, so lange ich dich nicht besser kenne. Das ist ne lange Geschichte, die ich nicht in zwei Worten erklären kann. Aber du kannst dir ja einen vorübergehenden Namen ausdenken, wenn du magst,“ schlug ich ihm vor, gespannt, wie er darauf jetzt reagieren würde.

~Jan~
"Ich soll dir einen Namen geben?", fand ich es im ersten Moment lustig, um dann direkt in die Verwirrung zu steigen. "Und wie?...Du hast noch nie jemanden angerufen? Ich steig da gerade nicht so durch...aber dass du mich kennenler...Moment, entweder bist du ein Schwerverbrecher, oder du...nee warte egal..." Durch meinen Kopf schwirrte ein Gedanke, den ich ihm erst erzählen wollte, doch irgendetwas...eine kleine Ahnung ließ mich noch zurückhalten, was sich in meinem Kopf bildete und ein ziemliches Wirrwar verließ mit Gedankenteilen meinen Mund. "Ich werde über einen Namen nachdenken" entschied ich mich schnell, weil ich viel zu viel Angst hatte, dass er das Gespräch beenden würde, wenn ich zu viel fragte. "Ich bin jedenfalls Jan, aber das hab ich dir ja schon gesagt"

~ Bill ~
"Ja, hast du", schmunzelte ich, jetzt doch wieder belustigt. Irgendwie amüsierte es mich, dass ich ihn aus dem Konzept gebracht hatte, aber es konnte mich nicht lange darüber hinweg täuschen, dass ich früher oder später Erklärungen liefern musste... aber nicht jetzt. Jetzt hatte ich plötzlich Spaß an diesem Telefonat, und ich bereute meinen Anruf keine Sekunde.
"Ich wollte dich nicht verwirren, und ich kann dir zumindest versichern, dass ich kein Schwerverbrecher bin", erzählte ich erst mal drauf los, und fand die Vorstellung von mir als Verbrecher doch schon wieder witzig. "Und ich freu mich über Vorschläge für einen... Namen."

~Jan~
"Erst verwirrst du mich und dann beginnst du auch noch mich zu überfordern!", beschwerte ich mich gespielt empört und machte einen schmollendes Gesicht, bis mir auffiel, dass er das ja gar nicht sehen konnte. "Wie wärs mit Paul?" fragte ich dann kichernd und wusste selbst nicht, was ich jetzt lustiger fand, den Namen oder mich selbst.

~ Bill ~
"Paul ist doof", fand ich spontan. "Paul hört sich ja so an, als wäre ich 80 und nicht mehr wirklich taufrisch...," fiel mir dann noch als Argument dagegen ein und ich musste schon wieder leise kichern. Er amüsierte sich schließlich auch die ganze Zeit, und ich ließ mich gerne davon anstecken. Ich war mir fast sicher, dass man gut mit ihm lachen konnte.
"Und wieso überfordere ich dich? Ich hab doch gar nichts gemacht", probierte ich jetzt zur Abwechslung mal die Unschuldsnummer, die zog eigentlich immer und bei so ziemlich jedem, vor allem, wenn ich noch den entsprechenden Blick dazu aufsetzte. Leider bemerkte ich erst ein bisschen zu spät, dass er ja durchs Telefon gar nicht sehen konnte, was ich hier für Grimassen zog.

~Jan~
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich auf deinen Tonfall reinfallen würde, wenn ich jetzt vor dir stehen würde", sagte ich in diesem Moment überlegend, eigentlich mehr zu mir selbst. "Das hast du glaub ich ziemlich gut drauf...du wickelst jeden um deinen Finger, nicht wahr?!" Ich dachte einen Augenblick lang an seine Augen und sah sie vor mir....mit diesem Ton, den ich eben eigentlich nur zufällig durchschaut hatte, musste es eine Höllenfalle sein...einen Höllenfalle gebaut von einem Engel. Ich konnte nicht anders als erneut zu kichern. "Aber du hast nichts gemacht...nein, ich soll mir nur einen passenden Namen für dich aussuchen...Hast du soetwas schon mal spontan gemacht?...Aber, ich mach dir einen Vorschlag...Wir treffen uns morgen irgendwo und dann sag ich dir was mir eingefallen ist."

~ Bill ~
Oh Gott. Es passierte mir nur sehr selten, dass es jemand schaffte, mich innerhalb so kurzer Zeit von einem Gefühlschaos in das nächste zu stürzen. Dieser Jan musste mir dafür nicht einmal persönlich gegenüber stehen, er brauchte nur das Telefon... das war gerade ein bisschen viel für mich, vor allem war es total ungewohnt. Und außerdem hatte er mich schon wieder vor ein neues Hindernis gestellt, wahrscheinlich nicht mit Absicht, aber ich hatte aus mehreren Gründen zumindest erst mal nicht vor, mich mit ihm zu treffen. Zum einen konnte ich dann wohl nicht länger meine Identität verbergen, zum anderen wusste ich nicht, worauf das Ganze dann am Ende überhaupt hinauslaufen sollte... da war mir so ein bisschen unverbindliches Flirten am Telefon doch irgendwie lieber... und irgendwie machte es auch mehr Spaß. Von mir aus konnte dieses kleine Spielchen noch eine Weile so weitergehen, sollte er sich mal Gedanken machen, mit wem er denn hier eigentlich sprach... „Morgen muss ich arbeiten“, sagte ich schneller, als ich den Satz denken konnte, aber ich hatte ja nicht mal gelogen.

~Jan~
"Okay", reagierte ich leicht langgezogen und in einem unsicheren Tonfall, für den ich mich selbst innerlich rügte. Eine klassische Abfuhr. Warum? Wir hatten doch Spaß hier am Telefon und es war wirklich eindeutig, dass den nicht nur ich hatte. Ich sollte es nicht persönlich nehmen...sicher hatte er nur wirklich einfach morgen keine Zeit...doch so sehr ich es eigentlich wollte, es wollte kein neuer Terminvorschlag über meine Lippen kommen. In diesem Moment fühlte ich mich zurückversetzt in eine längst vergangene Zeit und so sehr ich auch davon ausgegangen war...es gab wohl Dinge an denen hatte ich nicht gelernt.

~ Bill ~
Uh. Mit dieser Reaktion hatte ich jetzt nicht so wirklich gerechnet, auch wenn es bei näherer Betrachtung eigentlich logisch war. Was hatte ich auch erwartet? Plötzlich hatte ich das Bedürfnis, es wieder halbwegs gut zu machen, sonst war das Telefonat wahrscheinlich schneller beendet als mir lieb sein konnte. Ich hatte die Enttäuschung deutlich aus seiner Stimme herausgehört. "Hör mal...", begann ich zu reden und holte erst einmal tief Luft. "Ich wollte dich nicht so ausbremsen, aber ich muss wirklich arbeiten. Ich arbeite ziemlich viel...", setzte ich noch hintendran, aber dann fehlten mir doch die vernünftigen Worte für eine Erklärung. Was sollte ich auch sagen? Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, ihn einfach so mitten in der Nacht anzurufen - vor allem ohne einen wirklichen Plan...

~Jan~
"Ich kenne das", sagte ich, nachdem er scheinbar fertig war mit seinen Worten, zumindest kam nichts mehr von ihm. "Ich arbeite auch viel und eigentlich tu ich das auch gern." Ich fragte mich gerade, ob ich ihm von meiner Arbeit erzählen sollte...war eigentlich ein guter Zeitpunkt, aber dann ließ ich es doch lieber nach. In diesem Moment war mir so sehr klar, dass ich ihn nicht einschätzen konnte...vielleicht hatte mich mein Eindruck ja auch getäuscht.

~ Bill ~
Er kannte das... naja, ob er meine Situation wirklich einschätzen konnte, wagte ich ja dann doch zu bezweifeln. Aber wer konnte das schon? Jedenfalls lief das hier gerade in die völlig falsche Richtung, und ich musste dringend etwas sagen, etwas Sinnvolles sagen. "Ich arbeite auch gern, aber manchmal hätte ich einfach gern ein bisschen mehr Zeit für mich...", erzählte ich ins Blaue hinein, und mir wurde erst bewusst, dass es wehmütig klang, als es schon zu spät war. "Was arbeitest du denn?", fragte ich schnell, um diese Tatsache zu vertuschen, aber dennoch interessiert.

~Jan~
"Ich habe mittlerweile tatsächlich gelernt mir meine persönliche Zeit in genau dieser Arbeit zu holen", sagte ich jetzt zwar laut ins Telefon, aber eigentlich war das in diesem Moment mehr eine Selbsterkenntnis. Ich glaube ich würde und könnte jetzt...in diesem Alter ganz anders damit umgehen...
Ich musste mich konzentrieren um nicht in meinen Gedanken zu verfallen und mir jetzt schnell überlegen, wie ich auf seine Frage reagieren wollte. Hatte ich mich in ihm getäuscht...was sagte mir meine Menschenkenntnis? War sie vernebelt...war ich verblendet von dem was er in mir berührte? Scheiße...hätte ich das nicht gelernt haben sollen? Hatte ich etwas zu verlieren?
Die letzte Frage war die Frage, die mir eigentlich am Schnellsten immer wieder den Weg wies und mir zur Kenntnis brachte, dass auch ich immer noch und immer wieder Fehler machen musste und den Weg so gehen, wie er mir im Moment erschien. Es gab Dinge vor denen konnte man sich einfach nicht schützen.
"In erste Linie ist mein Leben der Musik gewidmet", umschrieb ich es und brachte es damit aber auf den entscheidenen Punkt. "Aber, es führt mich auch immer wieder in die Schauspielerei"

~ Bill ~
"Schauspielerei?", wiederholte ich verwundert, schaffte es damit, nicht sofort darauf einzugehen, was er eben im Zusammenhang mit Musik gesagt hatte und war ihm gleichzeitig dankbar dafür. Wahrscheinlich hätte ich mich doch irgendwie verraten, wenn wir das Thema jetzt vertieft hätten. Dann fielen mir mehrere Dinge gleichzeitig auf. Das klang alles so erwachsen, was er da von sich gab, wie alt er wohl war? Und wenn er wirklich etwas mit Musik zu tun hatte und auch noch Schauspieler war... "Kenn ich dich?", ließ ich ihm gar keine Zeit für eine Antwort und schloss dann ertappt die Augen. Jetzt hatte ich genau die gleiche dämliche Frage gestellt. "Entschuldige..."; schob ich schnell hinterher und dachte unweigerlich an unsere kurze Begegnung zurück. Bekannt war er mir jedenfalls nicht vorgekommen.

~Jan~
Warum und vorallem wofür entschuldigte er sich? "Ja, Schauspielerei...das ist so, wenn man auf der Bühne steht...vor Puplikum, oder vor der Kamera...du hast bestimmt schon mal davon gehört", grinste ich bei meinen Worten über das ganze Gesicht...seine Art lud einfach zu solchen Antworten ein. "Und keine Ahnung, ob du mich kennst...von der Schauspielerei eigentlich nur, wenn du gern ins Theater gehst."

~ Bill ~
„Wolltest du mich grade auf den Arm nehmen?“, fragte ich mit gespielt drohendem Unterton, während ich immer noch überlegte, ob ich diese Augen schon mal irgendwie gesehen hatte... aber es war mir zumindest nicht bewusst. „Hm. Ins Theater geh ich jedenfalls so gut wie nie“, redete ich dann einfach weiter. Vielleicht sollte ich meine Bedenken doch einfach Bedenken sein lassen und mich doch mit ihm treffen? Ich war mir da gerade gar nicht mehr so sicher. Irgendwie schien er noch viel interessanter zu sein, als ich bisher gedacht hatte.

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