~Jan~

"Och...ich glaub du bist recht leicht", rief ich mir immer noch grinsend seine Statur in Erinnerung, wobei ich direkt wieder an seinen Augen hängen blieb und ins Grübeln rutschen wollte woher ich sie kannte. Doch ich zwang mich nicht darin abzutauchen und mich wieder auf das Telefonat zu konzentrieren. "Da nehm ich dich doch direkt gern mal auf den Arm" unterdrückte ich ein leichtes Lachen nicht. "Und, was machst du so beruflich?", wollte ich jetzt auch wissen.

~ Bill ~

Ich kicherte haltlos, und nicht mal seine letzte Frage konnte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Wahrscheinlich würde ich mich sogar gerne von ihm auf den Arm nehmen lassen... "Hihihi..." musste ich mir das gleich wieder bildlich vorstellen, und es war mir völlig egal, dass ich mich absolut albern benahm. Und ich wusste nicht warum, aber mein nächstes Bedürfnis war, meine Pläne zu ändern und die Vorsicht über Bord zu werfen. "Weißt du was? Das verrat ich dir, wenn wir uns das nächste Mal sehen", sagte ich einfach, als ich mich endlich wieder halbwegs beruhigt hatte.

~Jan~

Gott, wie süß er lachen konnte. Ich ließ mich direkt verzaubern von den leisen und auch manchmal etwas lauteren Geräuschen, die glucksend an mein Ohr drangen...wundervoll...herzallerliebst. "Okay, bis dahin kann ich mit meiner Neugierde und Ungeduld wohl klar kommen", ich machte eine kleine Pause. "Vorrausgesetzt du sagst mir jetzt wie lange das noch dauern wird." Je mehr der Worte aus mir rauskamen, je schnell begann mien Herz zu klopfen und ich spürte die Aufregung in mir, die mich ungeduldig auf seine Antwort wartend, die Luft anhalten ließ. Würde er mich jetzt nochmal abblitzen lassen?

~ Bill ~

Das war ja irgendwie klar gewesen, dass er jetzt versuchen würde, mich festzunageln. Doch merkwürdigerweise störte mich das im Augenblick überhaupt nicht. Was hatte ich schon zu verlieren? Eine ganze Menge, aber ich wusste nicht, woran es lag, aber ich war gerade risikofreudig. "Du bist ganz schön hartnäckig", bemerkte ich, ließ dabei aber nicht durchklingen, ob ich das jetzt beeindruckend oder ätzend fand. "Du hast Glück, dass ich grade irgendwie abenteuerlustig bin... wie wärs mit übermorgen? Da könnte ich ne kleine Stunde meiner wertvollen Zeit abknapsen", ließ ich ihn gar nicht erst zu Wort kommen und hatte ein mehr als breites Grinsen im Gesicht.

~Jan~

Hartnäckig...ja, es gab tatsächlich Situationen in denen ich mittlerweile hartnäckig war, obwohl ich zugegeben schon aufgegeben hatte und hätte er mir nicht eine Vorlage geliefert, dann hätte ich sicherlich wieder einen großen Fehler begangen. In dem Moment wurde mir klar, dass ich dieses Telefonat beendet hätte, ohne...ja ohne weiter um etwas zu kämpfen...es hätte an ihm gelegen und ich war froh, das er mir indirekt noch einen Anstoß gegeben hatte. Und so schnell ich konnte schüttelte ich meine Gedanken über seine Worte ab, die mir für einen Augenblick so vorkamen, als müsste ich ihm jetzt dankbar sein, dass er sich herabließ sich mit jemandem wie mir zu treffen. Tat er ja irgendwie auch...wollte es sich nocheinmal in meinen Kopf schleichen...schließlich war ich meiner Schätzung nach fast doppelt so alt wie er. Na und! Ich wies mich selbst zurecht und konzentrierte mich auf seine Stimme, die mir deutlich gezeigt hatte, dass er sich wirklich mit mir trefen wollte und ich konnte sein Grinsen spüren. "Übermorgen klingt gut, sag mir was wir für ein Abenteuer angehen wollen...ich bin flexibel"...Und zu allem bereit, fügte ich in Gedanken dazu...mir wurde bewusst, dass ich wirklich sehr weit gehen würde für ein paar Stunden mit ihm.

~ Bill ~

Hm. Irgendwie klang sein Satz so unfertig... unvollendet... so, als hätte er den wichtigsten Teil weggelassen, ob absichtlich oder nicht, wusste ich nicht zu sagen. Ich horchte noch ein paar Momente nach, aber er schien nichts mehr hinzufügen zu wollen. Und dann kämpfte ich weitere Augenblicke mit mir selbst, kämpfte um eine Antwort, die unverfänglich genug für mich und meine Umstände war. Denn meine Abenteuerlust war ja gut und schön - aber sie wurde in meinem Alltag weitestgehend ausgebremst, ob mir das nun passte oder nicht, und ich war mittlerweile schon in vielen Dingen wie automatisiert. Und trotzdem wollte irgendetwas in mir, dass ich ihn wiedersah. Warum auch immer. Vielleicht musste für den Anfang einfach etwas weniger abenteuerliches her, auch wenn es mir anders lieber gewesen wäre. "Kannst du kochen?", rutschte mir raus, ehe ich weiter darüber nachgedacht hatte.

~Jan~

„Das könnte in der Tat ein großes Abenteuer werden“, lachte ich laut los. „Was hältst du davon, wenn wir das gemeinsam versuchen“, schlug ich dann kichernd vor, der Gedanke mit ihm gemeinsam ein Gericht zu wagen gefiel mir irgendwie.

~ Bill ~

Seinem Lachen hätte ich stundenlang zuhören können, und bevor ich jetzt hier noch ins Schwärmen geriet, sollte ich langsam mal Nägel mit Köpfen machen. "Das hört sich gut an... obwohl es sehr wahrscheinlich im Chaos enden wird, aber ich liebe irgendwie das Chaos... Okay. Also steh ich übermorgen gegen acht vor deiner Tür, deine Adresse steht ja auf deiner Karte, und ich geh davon aus, dass du vorher einkaufen gehst, das werd ich nämlich nicht schaffen. Und jetzt muss ich leider ins Bettchen," redete ich wie ein Wasserfall, damit er schon mal wusste, worauf er sich einließ... "Ach ja, und bis dahin will ich natürlich einen anständigen Namen von dir hören", fiel mir dann noch ein.

~Jan~

„Ich werde mich bemühen“, versprach ich ihm und klärte noch schnell ab was wir denn zubereiten und essen wollten, bevor ich ihm eine gute Nacht wünschte und wir das Gespräch beendeten. Einen schönen Traum hatte er mir gewünscht und mit genau dem Gedanken schlief ich nach einer angemessenen Zeit wieder ein.
Am Morgen erwachte ich tatsächlich mit diesen braunen Augen in meinem Kopf…wie ein kleines Rehkitz, kam es mir in den Sinn und ich musste direkt lächeln. Hach, das liebte ich, am Morgen schon mit so was Schönem zu erwachen. Aber Moment…das nächste was mir in den Kopf kam waren überhitzte Körper und genau davon ungreifbare Traumbilder. Ich stellte fest, dass ich schweißgebadet erwacht war und mein Herz klopfte, als hätte mein Körper den wildesten Sex gehabt. Woah…ich konnte mich an nichts Wirkliches erinnern, nur immer wieder so schemenhafte heiße, nackte Körper und ich wusste nicht einmal, ob ich das jetzt gut oder nicht gut fand…wollte ich mich erinnern, oder wünschte ich mir gar nicht so genau hinzuschauen, was mein Unterbewusstsein heute Nacht zusammen gesponnen hatte?

~ Bill ~

Obwohl ich definitiv zu kurz geschlafen hatte, erwachte ich mit einem merkwürdig gutem Gefühl - völlig untypisch für mich. Dann fiel mein noch leicht verpeilter Blick auf das Telefon, dass ich gestern Nacht dort abgelegt hatte, und schon grinste ich dümmlich vor mich hin. Worauf auch immer ich mich da eingelassen hatte... ich war gespannt auf morgen Abend. Und irgendwie war ich froh, dass dieser und auch der morgige Tag mehr als ausgefüllt mit allen möglichen Terminen war - das würde mir nicht so viel Zeit zum nachdenken lassen.

~Jan~

Erst am Abend wurde mir bewusst wie nervös ich den Tag verbracht hatte. Mir war nicht viel Zeit geblieben um über irgendetwas nachzudenken und doch waren es immer wieder auftretende Sekundensituationen, die mir den dunklen Unbekannten immer wieder gegenwärtig machten. Wir hatten ein kleines Konzert gegeben, nur vor ein paar Leuten, aber ich war schon ewig nicht mehr so voller Lampenfieber gewesen. Klar war es immer in mir, doch es verschwand auch mit dem ersten Song. Heute….heute war das nicht so gewesen. Die Nervosität traf mich in jeder Liedpause und ich hatte ständig das Gefühl etwas sagen zu müssen.
Zum Glück bekam ich die beiden Tage trotzdem unbeschadet rum und stellte nachdem ich fertig war mit den Besorgungen fest, dass es noch nervöser ging. „Oh shit!“, sah ich auf die Uhr, jetzt hatte ich doch tatsächlich die Zeit vertrödelt und das nur, weil ich nicht mit dem langen Gespräch mit Till gerechnet hatte. Irgendwie konnte ich mich heute nicht von ihm lösen. Der Laden war leer gewesen und er mehr als gesprächig. Ich musste noch duschen…jetzt aber los! Und ein Namen für Mister Unbekannt war mir auch noch nicht eingefallen.

~ Bill ~

"Hör jetzt auf damit, du gehst mir auf die Nerven. Hilf mir lieber mal", nölte ich meinen Bruder an, der auf meinem Bett hockte und jede meiner Bewegungen mit Argusaugen verfolgte. Stille Bewunderer hatte ich genug, dazu musste nicht auch noch Tom gehören. Außerdem machte er mich damit noch nervöser als ich eh schon war und das konnte ich jetzt am allerwenigsten gebrauchen. Genervt hielt ich ihm ein schwarzes Hemd sowie ein einfaches T-Shirt vor die Nase, weil ich mich nicht entscheiden konnte, was ich anziehen sollte. "Willst du die Nacht da verbringen?", fragte Tom, während mir sein schockierter Gesichtsausdruck entgegensprang. "Wer weiß", amüsierte ich mich über ihn, schleuderte ihm das T-Shirt entgegen und zog statt dessen doch das Hemd an, was ihm ein entsetztes "Bill!" entlockte. Einzig und allein die Tatsache, dass ich ganz genau wusste, worüber er sich Sorgen machte, verhinderte, dass ich jetzt zickig wurde.
"Hör zu, ich weiß schon, was ich tue, okay? Ich hab mein Handy dabei und er wird mich schon nicht gleich kidnappen", sagte ich sanft, bevor ich das Zimmer mit den Augen absuchte. In meinem nächsten Leben würde ich definitiv ordentlicher werden. "Und du willst wirklich ganz allein fahren? Mir gefällt das nicht, dass keiner Bescheid weiß, und...", versuchte Tom ein letztes Mal, seine Einwände vorzubringen, aber ich hörte ihm gar nicht richtig zu. Ich hatte inzwischen gefunden, was ich so dringlich gesucht hatte, hob meine Lieblingsmütze vom Boden auf, und war jetzt schon froh, dass ich mich gegen das Haare stylen entschieden hatte. Jetzt wurde es aber Zeit, dass ich loskam, ich war sowieso schon wie immer zu spät dran. "Du weißt, wo ich bin, das reicht. Mach dir keine Gedanken", küsste ich Tom auf die Wange, und sein skeptischer Blick begleitete mich noch, als ich schon längst die Wohnungstür hinter mir zugeschlagen hatte.

~Jan~

Dieses Problem verfolgte mich auch noch, als ich unter der Dusche rauskam und mich für irgendetwas zum Anziehen entscheiden wollte. Ich stand vor meinem Schrank und wusste einfach nicht was jetzt gedanklich wichtiger war...mir einen Namen für ihn einfallen zu lassen, ich hatte es versprochen...Herr Gott wieso fiel mir bloß nichts ein? Ich war doch sonst nicht so unkreativ!...Halt stop...Jan, du musst dir jetzt erstmal etwas anziehen, das ist wohl wichtiger, oder willst du dem jungen Mann nackt die Tür aufmachen? Hier und jetzt sprang erneut wieder ein schemenhaftes Bild aus meinem Traum hinter meine Augen und als es im selben Moment an der Tür klingelte, war mir klar, dass ich jetzt verrückt werden würde. Nervös und völlig hektisch...also mehr als untypisch für meine Persönlichkeit...zumindest fand ich das. Der ein oder andere hätte vielleicht etwas anderes behauptet...
Oh Scheiße....ich musste die Tür aufmachen. Jetzt!
Meine Hose hatte ich gerade mal so geschafft überzuziehen, nur ein Gürtel fehlte noch, aber den konnte ich später noch umlegen. Ich schnappte mir mein Hemd und zog es im zur Tür gehen über...hatte gerade einen Knopf geschlossen, als ich eilig die Tür aufriss.

~ Bill ~

Die Fahrtzeit hatte gereicht, um mich wirklich hibbelig werden zu lassen. Was würde Jan sagen, wenn er mich erkannte? Ich verfluchte Tom und seine gut gestreuten Zweifel, aber ich würde jetzt keinen Rückzieher machen. Ganz in der Nähe des mehrstöckigen Hauses fand ich einen Parkplatz, freute mich einen Augenblick darüber, dass ich offensichtlich keine Verfolger hatte, und beschloss, mir irgendwann anders Gedanken darüber zu machen, was eventuell passieren würde, wenn zufällig jemand mein Auto hier stehen sah. Ich war spät dran, aber trotzdem konnte ich mich nur langsam dazu aufraffen, auszusteigen und genau so langsam legte ich auch die wenigen Meter zur Haustür zurück. Es hatte noch niemandem geschadet, ein paar Minuten auf mich zu warten. Während ich nach dem richtigen Klingelknopf suchte, kam jemand aus der Haustür und ich nutzte ohne langes Überlegen die Gelegenheit und schlüpfte in das hell erleuchtete Treppenhaus. Jetzt konnte ich ganz in Ruhe die Wohnung suchen, ohne immer das Gefühl im Nacken zu haben, entdeckt zu werden. Meine Suche führte mich Stockwerk um Stockwerk nach oben, bis ich endlich seinen Namen an einer unscheinbaren Holztür las. Mühsam unterdürckte ich den Drang, mein Handy aus der Tasche zu kramen und eine Hilfe-SMS an Tom zu schreiben, statt dessen drückte ich energisch auf die Klingel. Eine Weile passierte gar nichts und mein Gefühl schwankte immer schneller zwischen Aufgeregtheit und Ungeduld hin und her, je länger es dauerte. Doch als dann die Tür endlich mit Schwung aufgerissen wurde, entspannte ich mich sofort. "Komm ich irgendwie ungelegen?", fragte ich breit grinsend mit Blick auf Jans nicht mal halb zugeknöpftes Hemd, bevor ich ihm in die Augen sah.

~Jan~

Ohne im ersten Moment zu reagieren, starrte ich ihn ein paar Sekunden lang einfach nur völlig verwundert und gleichzeitig begreifend an. "Äh, ja...natürlich nicht", folgte ich seinem Blick und sah an mir herauf, bevor ich ihn wieder ansah, um mich noch einmal zu vergewissern, dass dies wirklich die Augen waren, die ich erwartet hatte. Das ich da nicht gleich drauf gekommen war. "Komm erstmal rein", machte ich Platz und zeigte ihm zusätzlich mit dem Kopf, dass er durch die Tür treten sollte. "Bill also, nicht wahr?!" Ich wollte an meinem Bart zuppeln und stellte viel zu spät fest, dass ich ja nur noch Stoppeln im Gesicht hatte, weil ich das Meiste davon vorhin entfernt hatte. Verlegen grinsend sah ich ihn an, überhaupt nicht mehr daran denkend, dass ich ja immer noch nicht fertig angezogen war.