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~ 5 ~
Seufzend zündete Tom sich eine weitere Zigarette an und zog anschließend den Rauch tief in seine Lunge. Er hasste seine Stimmungsschwankungen in der letzten Zeit, und er hasste vor allem, dass seine Stimmung im Moment ausgerechnet so sehr von Bill abhing. Es war normalerweise überhaupt nicht seine Art, wie ein kleiner Trauerkloß in der Ecke zu sitzen, ab und zu an seinem Bier zu nippen ohne es wirklich ernsthaft zu genießen, und eine Zigarette nach der anderen zu rauchen, während alle anderen um ihn herum Spaß hatten.
Und trotzdem tat er gerade nichts anderes.
Fast ein bisschen wehmütig beobachtete er Andy, der ausgelassen und energiegeladen zwischen einigen weiteren gemeinsamen Freunden auf der Tanzfläche herumsprang.
Er sollte dabei sein. Er sollte auch Spaß haben und den freien Abend genießen. Statt dessen zerbrach er sich mal wieder den Kopf über Dinge, die sich wahrscheinlich sowieso nicht ändern ließen.
Völlig in seinen Gedanken versunken bemerkte Tom nicht, dass Andy sich plötzlich aus der tanzenden Menge löste und auf ihn zugelaufen kam. Er hob erst den Blick, als sein Freund sich direkt vor ihm aufgebaut hatte.
„Komm mit“, schrie Andy ihm durch den Lärm entgegen und streckte auffordernd die Hand nach ihm aus. Tom schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hände. Er konnte nicht einfach auf gute Laune umschalten, nur weil das jetzt irgendwie von ihm erwartet wurde.
Andy beugte sich vor, damit er in halbwegs normaler Lautstärke weiterreden konnte. „Tom, ich schau mir nicht den ganzen Abend an, wie du hier rumsitzt. Echt nicht. Und wenn Bill dann irgendwann mal auftaucht, bist du dann eh wieder schneller verschwunden, als ich „Schade“ sagen kann.“
Tom zog verärgert die Augenbrauen zusammen. So eine absurde Unterstellung... „Du redest dir heute wieder einen Blödsinn zusammen“, wehrte er sich entschieden. Andy sollte bloß nicht glauben, dass er wegen Bill so schlecht gelaunt war und er dann auch noch gleich mit ihm ins nächstbeste Bett verschwand, wenn er denn heute noch hier erscheinen würde – obwohl das durchaus meistens der Wahrheit entsprach. Tom wusste im Grunde selber nicht, wem er eigentlich was vormachen wollte.
„Ist mir egal. Stört mich doch eigentlich auch gar nicht. Deine schlechte Laune stört mich viel mehr. Du kommst jetzt sofort mit“, beschloss Andy wenig beeindruckt und zog Tom unbarmherzig auf die Beine.
„Du bist ein böser Mensch“, murrte Tom, konnte sich aber ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Wahrscheinlich war es wirklich das Beste, sich ein bisschen abzulenken.
„Ja. Abgrundtief böse. Und jetzt hör auf, so ein Gesicht zu ziehen“, verlangte Andy nochmals nachdrücklich, und begann im Takt der Musik vor ihm auf und ab zu hüpfen. Jetzt musste Tom tatsächlich grinsen.
* * *
Andy hatte es wirklich mit seiner unbekümmerten Art irgendwie geschafft, dass Tom sich innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne in ein tanzendes, schwitzendes, beinahe fröhliches Bündel verwandelt hatte. Er konnte es selbst kaum glauben, aber es war fast wie früher. Nur seine Kondition hatte etwas gelitten, aber das störte ihn nicht im Geringsten. Außerdem ließ sich daran ja arbeiten.
Hauptsache, er war abgelenkt, und Andy machte sich keine Sorgen um ihn. Das war nun wirklich absolut überflüssig.
„Ich brauch ne Pause“, japste Tom nach endlosen Liedern, die er durchgetanzt hatte, als wäre er zu nichts anderem auf der Welt. Er wusste nicht, wie spät es war, und irgendwie war es ihm auch gerade ziemlich egal. Aber die Realität würde ihn sicher schneller wieder einholen, als ihm lieb sein konnte.
„Warte, ich komm mit“, verkündete Andy, der immer noch nicht am Ende seiner Kräfte zu sein schien, und zusammen bahnten sie sich einen Weg von der Tanzfläche. Tom steuerte direkt die Bar an, weil er das Gefühl hatte, verdursten zu müssen, wenn er nicht sofort etwas zu Trinken bekam. Er schnaufte von der Anstrengung der letzten Minuten, und sein Shirt klebte unangenehm am Rücken.
„Bestellst du mir ein Bier? Bin gleich wieder da“, hörte er Andy neben sich fragen. Tom nickte nur, um nicht noch mehr Energie zu vergeuden, während Andy sich in Richtung Toiletten verdrückte.
Tom beschleunigte seine Schritte, schob ungeduldig ein paar Leute zur Seite, die im Weg standen, und blieb dann urplötzlich ein paar Sekunden lang wie angewurzelt stehen, bevor er sich wieder unter Kontrolle bekam und wesentlich langsamer als eben seinen Weg fortsetzte.
„Wie lange bist du schon hier?“, begrüßte er Bill schließlich nicht gerade freundlich, als er bei ihm ankam. Der Schwarzhaarige thronte auf einem Barhocker, als könne ihn kein Wässerchen trüben, hielt ein Glas mit Strohhalm in der einen, eine Zigarette in der anderen Hand und wirkte dabei völlig entspannt. Und er sah phantastisch aus. Tom fühlte sich seltsam ertappt, wobei auch immer, das wusste er nicht zu sagen.
„Du solltest dich öfter so gehen lassen... das gefällt mir. Und ich mag dich verschwitzt“, überging Bill seine Frage, und er hatte wieder diesen süffisanten Unterton, den Tom gleichzeitig liebte und hasste. Jetzt gerade brachte er ihn allerdings zur Weißglut. Er ahnte, dass Bill es sich schon länger hier auf seinem Platz bequem gemacht und ihn beobachtet hatte. Zähneknirschend wandte Tom sich von Bill ab. Wenn er ihm jetzt eine Antwort gab, würden sie sich sofort wieder in den Haaren liegen.
Statt dessen brüllte er dem Barkeeper seine Bestellung entgegen und starrte verbissen auf seine Fingernägel, während er wartete. Bloß nicht zur Seite sehen...
„Was ist eigentlich los mit dir?“, wurde er plötzlich von der Seite gefragt, und er sah aus den Augenwinkeln, dass Bill sich zu ihm herüber gebeugt hatte.
„Was soll denn los sein?“, stellte Tom sich absichtlich dumm. Er brauchte Alkohol, Alkohol, Alkohol... der verdammte Barkeeper sollte schneller machen. Am besten hätte er sich gleich zwei Getränke auf einmal bestellt, aber jetzt war es zu spät dafür.
„Du kannst doch nicht ernsthaft sauer sein, nur weil ich die Gelegenheit genutzt hab, dich ungestört beobachten zu können“, ließ Bill nicht locker. Endlich erwiderte Tom seinen Blick und musste sich Mühe geben, nicht übergangslos in den kunstvoll geschminkten Augen zu versinken. Scheiße.
„Bin ich auch nicht“, antwortete Tom etwas verspätet, und er konnte sehen, wie Bill in seinem Gesicht nach Anzeichen suchte, dass er log.
„Dann bist du sauer, weil ich morgen schon wieder weg muss“, probierte Bill es schließlich mit einer neuen Theorie, und Tom schaffte es noch, ihm ein knappes „Nein“ hinzuwerfen, bevor er endlich seine Getränke entgegen nehmen konnte. Er musste jetzt Ruhe bewahren und er sollte dringend einfach nur den Abend genießen. Immerhin hatten sie nur diesen Abend, für wer weiß wie lange, das änderte sich ja sowieso andauernd in der letzten Zeit. Die paar gemeinsamen Stunden konnte man doch wahrlich besser nutzen als mit schlechter Laune und Streitereien, beschloss Tom. Er war ja dank Andy eben schon ein bisschen aufgeheitert gewesen, nur Bill hatte ihn kurzzeitig völlig aus dem Konzept gebracht. Aber jetzt musste er sich unbedingt zusammenreißen.
Tom ignorierte Bill, der ihn immer noch kritisch beäugte, für einen Moment und widmete sich eingehend seiner Bierflasche, die er in mehreren Zügen leer trank, nur um sich dann auch noch ungeniert über Andys Getränk herzumachen. Schon nach der ersten Flasche hatte er sich besser gefühlt, und jetzt, nachdem er auch die zweite geleert hatte, sah er Bill wieder offen ins Gesicht. Dessen Blick sprach Bände, fehlte nur noch der entsprechende Kommentar.
Allerdings kam Bill nicht mehr dazu, etwas mehr oder weniger Geistreiches von sich zu geben, denn in diesem Augenblick erschien Andy wie aus dem Nichts neben den beiden, untersuchte hektisch erst die eine, dann die andere Bierflasche und hielt Tom dann beide zusammen anklagend entgegen.
„Wieso sind die leer? Wo ist mein Bier?“, fragte er überflüssigerweise und schob ein kurzes „Hallo Bill“, hinterher, bevor er Tom wieder mit bösen Blicken zu erdolchen versuchte.
„Ich bestell uns Nachschub“, bemerkte Tom lapidar, drehte sich weg und wedelte mit beiden Händen in Richtung Barkeeper, um erneut dessen Aufmerksamkeit zu bekommen. Währenddessen atmete er tief durch, wohl wissend, dass zwei Augenpaare jede seiner Bewegungen verfolgten.
Er hörte Bill und Andy miteinander reden, konnte aber bei dem Lärm um ihn herum keine einzelnen Worte verstehen. Wahrscheinlich fragten sich beide, was heute mit ihm abging. Aber diese Frage hätte er nicht einmal selbst beantworten können.
Dieses Mal ging es schneller mit den Getränken, wobei Tom sich vorerst mit einem Tequila „begnügt“ hatte, was ihm prompt eine hochgezogene Augenbraue von Bill einbrachte.
Bill hasste sinnlose Besäufnisse, wobei er es selbst damit manchmal nicht ganz so genau nahm. Normalerweise war das jetzt mal wieder der perfekte Zeitpunkt, Bill unter die Nase zu reiben, dass sie kein Paar waren und er trinken konnte, so viel er wollte, und wann er wollte, und was er wollte... aber Tom entschied sich innerhalb von Sekundenbruchteilen anders.
„Ich geh wieder tanzen“, verkündete er hoheitsvoll, und registrierte beinahe vergnügt, wie Bills Augenbraue noch höher wanderte, während Andy ihn nur verblüfft anstarrte. Tom drehte sich um, ehe einer der beiden wirklich verbal reagieren konnte, und verschwand wieder zwischen den Menschen auf der Tanzfläche. Wahrscheinlich drehte er jetzt durch... und ganz vielleicht sollte er mal seinen Hormonspiegel überprüfen lassen... aber irgendwie fühlte es sich gerade gut an, die Situation mal etwas anders als gewohnt zu meistern.
* * *
Bill ließ ihn länger zappeln, als Tom es erwartet und, wenn er ehrlich zu sich selbst war, auch erhofft hatte. Er hatte sich zwar ganz bewusst davon abgehalten, seine Freunde und vor allem Bill nicht aus den Augen zu lassen, sondern sich ganz auf sich selbst konzentriert, aber sich trotzdem insgeheim danach gesehnt, dass Bill ihm endlich Gesellschaft leisten würde. Jetzt hatte er die Hoffnung schon fast aufgegeben, und seine Stimmung drohte gerade langsam aber sicher wieder zu kippen, da schlang Bill völlig unverhofft von hinten die Arme um seinen Körper. Tom lehnte sich nach einer kleinen Schrecksekunde wie automatisch in die Umarmung. Er hatte jetzt absolut keine Lust auf dämliche Spielchen, egal welcher Art.
„Ich soll dir einen lieben Gruß von Andy und den anderen bestellen. Die haben beschlossen, noch weiter zu ziehen“, raunte ihm Bill ins Ohr, während er sich gleichzeitig noch enger an Tom schmiegte. Tom erschauerte und es dauerte einen Moment, bis er den Sinn der Worte begriff. Bills Nähe war wirklich tödlich für ihn, fühlte sich viel zu gut an, und es kostete Tom Mühe, das Zittern in seiner Stimme zu verbergen, als er antwortete.
„Okay“, war schließlich alles, was er stockend hervorbrachte, er konnte sich schon denken, warum vor allem Andy so schnell das Weite gesucht hatte. Er hörte Bill hinter sich leise lachen, verspürte aber keinerlei Lust, Bill auskosten zu lassen, dass er sich schon wieder so hibbelig in seiner Nähe fühlte. Wobei Tom vermutete, dass es dem Schwarzhaarigen da gar nicht so besonders anders ging, nur konnte Bill es meistens besser verbergen als er. Meistens.
Tom drehte sich plötzlich so ruckartig um, dass er Bill an den Schultern festhalten musste, damit er nicht nach hinten überkippte. Und dann drückte er Bill ohne nachzudenken seine Lippen auf, damit der erst gar nicht in Versuchung kam, ihn wieder bis aufs Blut zu provozieren.
* * *
Tom grinste still in sich hinein und genoss in vollen Zügen das vorfreudige Kribbeln, das umgehend von seinem Körper Besitz ergriffen hatte, kaum dass Bill ihn endlich gefragt hatte, ob er noch mit zu ihm kommen wollte. Natürlich wollte er... und er ließ sich auch nicht lange bitten, ihre ausgiebige Knutscherei hatte ihn schon ganz schön aufgeheizt, und außerdem war er gerne in Bills Wohnung. Es war wie ein geheimes Codewort, wenn sie sich in Bills Wohnung statt in seiner eigenen trafen. Das Kribbeln in Toms Körper wurde stärker und er beschleunigte seine Schritte, nachdem er einen kurzen Seitenblick auf Bills Gesicht geworfen hatte.
* * *




Zitat von schäfchen
wir haben erst Ende Juli Ferienbeginn, und dann erst Ende August Urlaub... Eeeeewigkeiten sind das noch![]()
Bis Ende Juli würde ich gar nicht mehr durchhalten *sowas von ferienreif bin*
Dieses Jahr sind wir allerdings auch echt früh dran. Ich glaube, wir gehören mit zu den ersten Bundesländern, die jetzt in die Sommerferien gehen. Ich bin schon gespannt auf die Zeugnisse.

Bei Leon wird es gehen. Wir hatten ja jetzt schon Schulabschlussfeier :-) Ich lieeebe solche Veranstaltungen... und ich bin gespannt, was er dann zur Realschule sagt. Der ist so zickig im Moment, dass ich ihn täglich schlagen könnte^^ und durchhalten muss ich halt noch ein bisschen, aber mir ist das auch alles zu spät dieses Jahr.

Mann mann mann, ich hab grad gemerkt, dass ich zu selten hier bin. Ich wusste nicht, was ich bei Google als Namen für das Forum eingeben soll^^
muss ich jetzt lachen oder weinen?
~ 6 ~
Schon als Tom erwachte, wusste er, dass er sich heute in einer merkwürdigen Stimmung befand. Das konnte eventuell an gestern Abend liegen, oder am kommenden Tag, oder daran, dass er nicht alleine war und auch nicht in seinem eigenen Bett lag, oder daran, dass er noch halb schlief... es gab tausend Gründe, doch Tom verspürte keinerlei Lust, sich jetzt auch nur mit einem einzigen von ihnen ernsthaft auseinander zu setzen.
Müde fuhr er sich über die Augen und versuchte krampfhaft, nicht an die vergangene Nacht zu denken. Doch je mehr er das Ganze zu verdrängen versuchte, desto präsenter wurden die Bilder in seinem Kopf. Als Tom spürte, wie sein Herz schon wieder schneller zu schlagen begann, obwohl er doch eigentlich nur den bordeauxroten Vorhang vor dem Fenster fixierte, drehte er sich seufzend auf die andere Seite, und sah sich prompt mit dem Ursprung allen Übels konfrontiert.
Bill sah friedlich aus, wenn er schlief. Und beinahe unschuldig, wenn man kleine, aber feine Details willentlich übersah und die trügerisch blütenweiße Bettwäsche, die den schlanken Körper nur notdürftig verdeckte, in den Vordergrund stellte. Unweigerlich musste Tom über sich selbst und seine abstrusen Gedanken grinsen, auch wenn ihm nicht wirklich danach zumute war. Aber Bill als unschuldig zu bezeichnen, wenn es auch nicht laut ausgesprochen wurde, war eine ziemlich fatale Unterschätzung.
Und schon wieder wurden die Bilder in seinem Kopf lebendig, Bilder von einem ganz und gar nicht unschuldigen Bill, der es mehr als gut verstand, seine eigenen Wünsche durchzusetzen, ohne dass man auf den Gedanken kam, ihn egoistisch zu nennen.
Und das mit der weißen Bettwäsche war bestimmt auch nur Tarnung...
Tom stöhnte genervt und schloss die Augen, aber es wurde nicht besser, er konnte nichts dagegen unternehmen. Erst als er Bill neben sich deutlich unzufrieden grummeln hörte, biss er angestrengt die Lippen aufeinander und blinzelte vorsichtig zu dem Schwarzhaarigen hinüber, in der Hoffnung, dass es noch nicht zu spät war. Doch Bill zog gerade die Nase kraus und sah ihn auch schon kurz darauf aus kleinen Augen völlig verschlafen an. Tom schwieg in weiser Voraussicht, denn Bill war ein extremer Morgenmuffel, auch wenn er diese Erfahrung erst ein paar Mal am eigenen Leib erfahren hatte. So oft verbrachten sie ja nicht die gesamte Nacht miteinander.
Tom selbst fiel zwar morgens auch nicht gerade singend aus dem Bett, aber so ein Exemplar wie Bill hatte er noch nie kennen gelernt. Entweder wurde er innerhalb von Sekunden grundlos sauer, oder er sagte überhaupt erst gar nichts, egal wie freundlich man ihm auch gegenübertrat. Deshalb verkniff sich Tom auch jetzt selbst den kleinsten Guten-Morgen-Gruß, sondern wartete geduldig ab, was da jetzt auf ihn zukam.
„Is noch früh“, murmelte Bill plötzlich einigermaßen unverständlich, aber wenigstens nicht so böse wie befürchtet, und drehte sich einfach auf die andere Seite, um weiter zu schlafen. Nachdenklich betrachtete Tom seinen nackten Rücken, insgeheim ein bisschen erleichtert, so glimpflich davongekommen zu sein.
Vielleicht war es wirklich noch früh am Morgen, um die Uhrzeit hatte er sich noch gar keine wirklichen Gedanken gemacht. Aber heute war ja auch Sonntag – und er musste schließlich nirgendwo hin, im Gegensatz zu anderen Leuten...
* * *
Als Tom das nächste Mal erwachte, brauchte er zunächst erst mal etliche Sekunden, um sich irgendwie halbwegs zu orientieren. War er zu Hause? Oder war er einfach nur wieder eingeschlafen? Und wer zum Teufel hatte die Heizung so verdammt hoch eingestellt? Zumindest die letzte Frage bekam Tom sogleich beantwortet, denn die Heizung war erstaunlich lebendig und presste sich unter der Decke so nah an seinen nackten Körper, dass er erst jetzt realisierte, wie heiß ihm tatsächlich war.
„Was wird denn das, wenn’s fertig ist?“, murmelte Tom amüsiert und erregt zugleich, als er bemerkte, dass der enge und vor allem unverhüllte Körperkontakt weder ihn noch Bill kalt gelassen hatte.
Bill lag halb auf ihm drauf und hatte das Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben, aber jetzt hob er den Kopf, um Tom triumphierend anzugrinsen.
„Das dauert echt ja ewig, dich wach zu kriegen“, beschwerte er sich dennoch, aber Toms komische Stimmung von vorhin war verschwunden und er war gerade viel eher dazu aufgelegt, Bill ein wenig zu ärgern.
Und dann zu genießen. Hoffentlich.
„Hättest dir ja einfach mehr Mühe geben können“, grinste Tom also schlagfertig, und registrierte staunend, dass Bill wohl wirklich nicht log, wenn er von Toms rauer Stimme direkt nach dem Aufwachen schwärmte, und wie sehr ihn das anmachte.
„Red weiter“, forderte Bill keuchend, während er sich noch enger an ihn presste und gleichzeitig zielstrebig eine Hand um seinen Schaft schloss, was Tom allerdings eher zum Stöhnen als zum Reden brachte.
„Scheiße, du bringst mich noch um“, reagierte Bill um so gesprächiger, und Tom war nicht einmal mehr fähig, ihm ein „Dito“ entgegen zu setzen, als der Schwarzhaarige sich innerhalb von Sekundenbruchteilen auf seinem Schoß niedergelassen hatte und dann einfach kurzen Prozess mit ihm und seinem besten Stück machte.
Tom konnte sich nicht einmal mehr über den Umstand wundern, dass sie schon wieder ihre sonst übliche Rollenverteilung eingenommen hatten, obwohl sie sich doch immer noch in Bills Wohnung befanden... er war viel zu abgelenkt, und ließ sich einfach willig von Bill mitreißen, als der jetzt immer schneller in seinen Bewegungen wurde. Sie waren beide gleichermaßen aufgeheizt, und Tom verspürte untypischerweise keinerlei Interesse, das Ganze irgendwie unnötig hinauszuzögern, und auch Bill schien heute nichts dergleichen im Sinn zu haben.
Eine kleine Weile genoss Tom Bills Anblick, ohne sich jedoch großartig dabei zu rühren. Leise keuchend beobachtete er, wie Bill sich mit genießerisch in den Nacken gelegtem Kopf, die Arme auf Toms Brust abgestützt, seinen Gefühlen hingab, als sei er zu nichts anderem auf der Welt...
* * *
„Ich geh duschen“, sagte Bill irgendwann, später, als Tom nichts weiter tat, als zufrieden an die Decke zu starren. Bills Stimme hatte so schläfrig geklungen, dass Tom bezweifelte, ihn in den nächsten Minuten wirklich und wahrhaftig im Bad verschwinden zu sehen. Doch er wurde mal wieder eines Besseren belehrt, denn Bill löste sich tatsächlich nur kurze Zeit später von ihm und stand auf, streckte sich langsam und genüsslich, und lief anschließend leichtfüßig aus dem Zimmer. Tom überlegte einen winzigen Moment, ob er ihm hinterher gehen sollte, vielleicht konnten sie ja noch eine zweite Runde im Bad einschieben... aber das Bett war so warm und weich, und Tom letztendlich zu faul, sich zu bewegen. Lieber döste er noch ein wenig vor sich hin, immerhin war ja heute Sonntag, und er hatte nichts weiter zu tun, als seinen freien Tag zu genießen.
„Könntest du deinen Prachtarsch so langsam mal hoch bewegen?“, riss ihn gefühlte fünf Sekunden später Bills leicht gereizte Stimme unbarmherzig aus seinem ach so schönen Dämmerzustand. Tom knurrte unzufrieden, aber der Duft nach frischem Kaffee brachte ihn schließlich doch dazu, wenigstens probehalber die Augen zu öffnen. Außerdem hatte Bill nicht ernsthaft sauer geklungen.
„Bist du krank?“, fragte er Bill jetzt misstrauisch, denn der Schwarzhaarige mochte ja so manche Allüren haben und verrückte Ideen aushecken, Kaffee kochen und Gäste bedienen gehörten allerdings normalerweise eher weniger dazu. Aber das war eindeutig der Geruch nach Kaffee, der ihm da so verführerisch um die Nase wehte.
„Ich bin nicht krank, ich bin müde. Ich muss aber noch packen. Und nachher stundenlang im Flugzeug sitzen. Wenn ich also noch länger zugucken muss, wie du hier faul rumliegst, prügel ich dich aus dem Bett. Und weil heut außerdem mein Nett-Sein-Tag ist, versuch ich es erst mal auf die sanfte Tour, sprich Kaffee“, redete Bill ohne Punkt und Komma auf ihn ein, hielt ihm gleichzeitig auffordernd den Kaffee entgegen, während Tom ihn nur verblüfft anstarren konnte.
Nett-Sein-Tag? Was sollte das denn sein? Vielleicht hatte Bill sich vorhin irgendwie den Kopf gestoßen, ohne dass er es mitbekommen hatte…
Doch Tom war schlau genug, nichts davon laut zu erwidern, schon gar nichts ironisches, und nahm statt dessen dankbar die dampfende Tasse entgegen. Und musste mal wieder feststellen, dass Bill viele ungeahnte Talente besaß. Kaffee kochen konnte er jedenfalls, und phantastisch aussehen nach so einer Nacht offensichtlich auch. Nachdenklich musterte er Bill, der es aus unerklärlichen Gründen mal wieder nur bis zur Jeans geschafft hatte, der Rest seines Körpers war unbekleidet, und auch seine Haare glänzten noch feucht, und hinterließen in unregelmäßigen Abständen kleine Wassertropfen auf seinen Schultern. Trotzdem sah er aus, wie gerade einem Modemagazin entsprungen.
„Was ist?“, fragte Bill schließlich, und ließ sich sichtlich irritiert auf der Bettkante nieder. Er pustete vorsichtig in seinen Kaffe, ließ Tom dabei aber keine Sekunde aus den Augen.
Tom versuchte in Windeseile seine Gedanken zu ordnen, und vor allem seine Augen von dem einsamen Tropfen loszureißen, der sich gerade seinen Weg von Bills Schlüsselbein immer weiter nach unten bahnte, bevor er endlich seine Sprachlosigkeit überwand.
„Ich hab nur grad gedacht… vielleicht sollte ich wirklich mal mit auf eins deiner mega bombastischen Events kommen“, erfand er schließlich aus dem Stegreif eine Notlüge, die allerdings Bills makelloses Gesicht innerhalb von Sekunden zu einer grotesken Maske des Unglaubens erstarren ließ. Fast sofort bereute Tom seine unbedachten Worte.
„Wer bist du und was hast du mit Tom gemacht?“, fragte Bill endlich immer noch sichtlich fassungslos, was Tom nicht gerade dazu brachte, sich besser zu fühlen. Was hatte ihn nur wieder geritten, warum hatte er nicht erst nachgedacht und es dann laut ausgesprochen?
„Ich hab ja nicht gesagt, dass ich sofort nachher mit dir ins Flugzeug steige“, ruderte er wieder zurück, aber das ließ Bill nicht gelten. Natürlich nicht.
„Nein. Du hast gesagt, du wirst nie, niemals mit mir irgendwo hingehen, wo du auch nur im Entferntesten mit meiner Arbeit konfrontiert wirst. Das hast du gesagt, Tom. Und nicht nur einmal. Und manchmal auch noch mit wesentlich deutlicheren Worten. Und ich hab`s inzwischen aufgegeben, dich damit zu nerven.“ Bill klang einigermaßen verschnupft.
Tom hatte zumindest seine letzte Aussage etwas anders in Erinnerung, denn Bill nervte ihn sehr wohl bei jeder Gelegenheit damit, aber er zog es vor, jetzt nicht zu streiten. Denn das würden sie unweigerlich, wenn er jetzt darauf herumritt. Und er hatte ja nun mal leider selbst mit dem leidlichen Thema angefangen, nur weil er nicht zugeben wollte, dass er Bill hemmungslos angegafft hatte, da brauchte er sich jetzt nicht wundern...
„Schon gut. Ich wollte dir nur einen Gefallen tun“, versuchte Tom abzuwiegeln, aber Bill hatte es vorgezogen, aufzustehen und ihn keines weiteren Blickes mehr zu würdigen, geschweige denn, ihm eine Antwort zu geben. Tom sah betroffen dabei zu, wie der Schwarzhaarige schnaubend seine Kaffeetasse auf den kleinen Tisch neben dem Bett knallte, so dass ein paar Tropfen auf die Glasplatte spritzten. Dann wandte Bill sich seinem Kleiderschrank zu, zerrte mühsam einen riesigen Koffer herunter, riss die Schranktüren auf und pfefferte offensichtlich wahllos irgendwelche Kleidungsstücke hinein. Toms Betroffenheit verwandelte sich mit jeder Sekunde, die er dem Schauspiel länger zusah, in unterdrückte Wut. Er hatte meistens relativ viel Verständnis für Bills Launen, aber das ging jetzt seiner Meinung nach doch ein bisschen weit.
„Komm schon, Bill. Musst du dich jetzt echt wie ne Diva aufführen?“, platzte Tom schließlich heraus, und endlich hatte er für ein paar Sekunden Bills Aufmerksamkeit. Allerdings waren zu Schlitzen verengte Augen und in die Hüfte gestemmte Arme nicht wirklich das, was er sich erhofft hatte.
„Fick dich, Tom“, zischte Bill, und drehte sich so schnell wieder um, dass Tom für ein paar Sekunden glaubte, zu träumen. Dann stand er langsam auf und versuchte, sich zu beruhigen oder sich zumindest nicht anmerken zu lassen, dass er verletzt war. Bill war inzwischen wieder voll und ganz mit seinem Koffer beschäftigt, und Tom zog sich wie betäubt seine restlichen Klamotten an, starrte noch einen Moment unschlüssig auf Bills nackten Rücken, bevor er ein letztes Mal zum Sprechen ansetzte.
„Ich wünsch dir nachher einen guten Flug“, sagte er betont ruhig, wartete allerdings vergebens auf eine Reaktion. Schulterzuckend wandte Tom sich irgendwann ab und verließ auf schnellstem Weg die Wohnung, die ihm schon vertraut vorkam, obwohl er sie noch nicht oft betreten hatte. Bills Verhalten war ungewöhnlich, und Tom musste sich eingestehen, dass ihn dieses Schweigen mehr traf als jeder Wutausbruch, den Bill bisher an den Tag gelegt hatte.
Vielleicht war es wirklich besser, dass sie sich jetzt eine Weile nicht zu Gesicht bekamen.
* * *
Ich würd übrigens waaaaahnsinnig gern mal wieder was von dir lesen, Kim <3

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