|
|

Ich bin heute so nervös, da hab ich gleich mal mein Kapitel zu Ende geschrieben^^
~ 9 ~
Tom genoss für ein paar viel zu kurze Sekunden das Gefühl, welches er insgeheim so sehr vermisst hatte, doch als sich irgendwann Bills Zunge fordernd in seinen Mund drängte, schob er den Schwarzhaarigen energisch von sich fort. Das hier drohte auszuufern, und Tom öffnete gerade den Mund, um etwas zu sagen, als Bill ihm schon wieder zuvor kam.
„Bescheid“, wurde ihm entgegen gehaucht, allerdings musste Tom das Wort bei dem Lärm um sie herum praktisch von Bills Lippen ablesen.
„Bescheid?“, wiederholte er irritiert, für ihn ergab es keinerlei Zusammenhang, und das Glitzern in Bills Augen versetzte ihn schon wieder in höchste Alarmbereitschaft. Bei Bill wusste man nie, was als nächstes kam.
„Du wolltest doch, dass ich Bescheid sage, wenn ich wieder normal geworden bin“, erklärte Bill etwas lauter, und Tom atmete einmal tief durch, um jetzt nicht unnötig die Beherrschung zu verlieren.
Das hier war wieder so typisch Bill... und früher hätte er wahrscheinlich einfach mitgespielt.
„Ich wollte, dass du dich meldest, Bill, nicht, dass du mich einfach hinterrücks überfällst“, erwiderte er trocken.
„Ich dachte immer, du stehst auf Überfälle“, tat Bill unschuldig, leckte sich aber im gleichen Moment gar nicht unschuldig über die Lippen. Tom schloss die Augen und versuchte krampfhaft, sich zu sammeln. Bill machte es sich definitiv gerade zu einfach. Und ihm zu schwer.
„Nicht heute. Ich geh jetzt nach Hause. Schlaf gut, Bill“, sagte Tom endlich mit fester Stimme und sah mit rasendem Herzen dabei zu, wie dem Schwarzhaarigen die Gesichtszüge entglitten, sobald die Worte bei ihm ankamen.
„Bitte?“, verlieh Bill seinem Unverständnis Ausdruck, aber Tom hatte sich entschieden. Er war wild entschlossen, jetzt nach Hause zu gehen. Allein. Und nichts und niemand würde ihn davon abbringen. Er brauchte jetzt erst mal Zeit für sich, und er erwartete, dass Bill seine Gründe verstand.
„Ich muss darüber nachdenken. In Ruhe. Und ich hoffe, du verstehst das. Ich meld mich bei dir. Bis bald“, blieb Tom weiterhin standhaft, und wartete anstandshalber noch einige Augenblicke auf eine Reaktion, die aber nicht kam.
Bill starrte ihn einfach nur an, mit einem Gesichtsausdruck, der einfach alles bedeuten konnte, und schließlich gab Tom es auf, drehte sich um und ließ Bill zum zweiten Mal an diesem Abend stehen.
* * *
Gedankenverloren rührte Tom in seiner Kaffeetasse. Es waren zwei Tage vergangen, und Bill hatte ihn weder an besagtem Abend irgendwie aufgehalten, noch sich in irgendeiner Art und Weise bei ihm gemeldet. Einerseits freute es Tom, dass Bill seine Wünsche anscheinend respektierte, wobei es andererseits natürlich auch genau so gut sein konnte, dass er einfach wieder schmollte. Und wieder andererseits vermisste Tom den Schwarzhaarigen nach ihrem kurzen Zusammentreffen jetzt noch mehr als vorher. Es war einfach zum Verrücktwerden.
Er merkte erst, dass Andy sich wieder zu ihm an den Tisch gesetzt hatte, als dieser verärgert schnaubte. Tom schaute auf und ihm lag schon eine Entschuldigung für seine geistige Abwesenheit auf den Lippen, doch Andy ergriff als Erster das Wort.
„So hab ich mir meine Mittagspause nicht vorgestellt“, nörgelte sein bester Freund, was Tom jetzt seinerseits entnervt schnauben ließ. Ähnliche Situationen hatte es in den letzten zwei Tagen schon mehrmals gegeben, aber er war momentan nicht imstande, diese Dinge zu ändern. Es reichte schon, so wie jetzt gerade, wenn sein Gesprächspartner eine kurze Pause auf der Toilette einlegte, und kaum war er nicht mehr abgelenkt, verselbständigten sich seine Gedanken.
„Sorry! Aber was soll ich denn machen?“, verteidigte Tom sich endlich nicht besonders gekonnt. Und natürlich ließ Andy das nicht gelten.
„Du könntest mal die Güte besitzen, dich zu fragen, was du überhaupt willst, anstatt die ganze Zeit im Selbstmitleid zu versinken. Das hilft dir nämlich auch nicht weiter“, wusch Andy ihm den Kopf und zündete sich eine Zigarette an. Das hier war eins der wenigen Lokale, in denen man noch ungestört rauchen durfte, was die beiden nicht zuletzt immer wieder hierher zog.
„Wenn ich das wüsste, würd ich nicht so viel Grübeln. Kannst du mich nicht einfach damit in Ruhe lassen?“, sagte Tom, schon wieder halb versöhnt. Andy hatte ja Recht, aber das änderte leider auch nichts an seiner Situation. Denn nicht nur mit Bill, sondern auch mit Daniel hatte er in den beiden letzten Tagen keinerlei Kontakt gehabt. Aber Daniel fehlte ihm komischerweise auch nicht, und wenn er ehrlich war, hatte er kaum an ihn gedacht.
„Tom, weißt du was ich glaube?“ Die Frage war offensichtlich rhetorisch gemeint, denn Andy redete einfach weiter, ohne eine Antwort abzuwarten. „Du willst definitiv mehr von Bill, als du dir selbst eingestehst.“
„Quatsch“, wehrte Tom sich sofort kategorisch und merkte förmlich, wie er vor lauter Panik die Augen aufriss.
„Sag ich doch“, erwiderte Andy triumphierend, als hätte Tom ihm gerade zugestimmt.
„Du hast echt einen an der Klatsche“, wurde Tom jetzt ernsthaft böse, aber er fragte sich für einen kleinen Moment, warum er eigentlich so übertrieben reagierte. Das wiederum machte ihn derart nervös, dass er jetzt ebenfalls hektisch nach seinen Zigaretten zu wühlen begann.
Andy grinste immer breiter, während er Tom still beobachtete. Es war schlauer, jetzt erst mal nichts mehr zu sagen, dafür kannte er Tom lange und gut genug.
„Hör auf zu grinsen. Das ist doch Blödsinn. Und außerdem brauch ich mich dann gar nicht mehr bei Bill melden“, resignierte Tom schließlich, und brach damit das Schweigen, nachdem er schon die halbe Zigarette aufgeraucht hatte.
„Also hab ich doch Recht?“, interpretierte Andy das Ganze.
„Womit?“, fragte Tom verständnislos.
„Tom.“ Andy sprach langsam und deutlich, und noch dazu sehr vorsichtig, als rede er mit einem Kindergartenkind. „Wenn du sagst, dass du dich dann gar nicht mehr bei Bill melden brauchst, ziehst du doch zumindest ansatzweise irgendwelche Gefühle in Betracht oder nicht?“
Tom antwortete nicht. Andy hatte Recht, und das machte ihm gerade Angst.
„Wer sagt denn, dass...“, fing Andy wieder an, aber er kam nicht weit. „Ich sag das!“, unterbrach Tom ihn unwirsch. Er wusste selbst nicht, warum er jetzt so aufbrausend wurde, aber seine Vehemenz kam bei Andy offensichtlich nicht an.
„Also habt ihr euch doch schon mal darüber unterhalten?“, ließ Andy sich von Toms Gefühlsausbrüchen nicht im Geringsten beeindrucken.
„Wir wollten beide dasselbe. Basta“, beharrte Tom und kramte die nächste Zigarette aus der Schachtel.
„Und ihr habt nie darüber geredet, was passiert, wenn einer nicht mehr dasselbe will?“ Andy kam sich mittlerweile vor wie ein Therapeut, aber wahrscheinlich war es genau das, was Tom gerade brauchte.
„Andy, hör auf, das hat doch echt keinen Sinn“, blockte der allerdings jetzt ab, und Andy sah ein, dass es wohl besser war, seinen Freund jetzt erst mal in Ruhe zu lassen.
„Tom, wie schon gesagt, ich finde es allein schon bemerkenswert, dass du nicht gleich wieder mit Bill ins Bett gestiegen bist, und dass du dir jetzt Zeit für dich nimmst. Das hab ich noch nie erlebt. Die zentrale Frage ist einfach: Was willst du jetzt machen?“, versuchte er, das Gespräch ein bisschen umzulenken, aber Tom zuckte nur ratlos mit den Achseln.
Genau diese Frage konnte er nämlich nicht beantworten.
* * *
„Scheiße“, fluchte Tom und warf den Telefonhörer weit von sich. Er landete weich gepolstert am anderen Ende der Couch, und Tom war es nur Recht so. Dann musste er sich wenigstens anstrengen, damit er ihn das nächste Mal in die Finger bekam. Und vielleicht brachte er es dann fertig, die Nummer zu Ende zu wählen und nicht mittendrin abzubrechen oder nach einmaligem Klingeln wieder aufzulegen. Wie schon ungefähr zwanzigmal, ganz genau hatte Tom nicht mitgezählt.
Er benahm sich auf jeden Fall wie der letzte Volltrottel, und genau so kam er sich mittlerweile auch vor. Außerdem war ja völlig klar, dass Bill seine Nummer auf dem Telefon sehen würde, wenn er nach Hause kam. Vielleicht war er sogar schon zu Hause... Tom wusste es nicht, er wusste nur eines: Seit diesem Gespräch heute Mittag mit Andy war er völlig durch den Wind. Jetzt war es im Grunde schon Zeit, um ins Bett zu gehen, aber an Schlaf war sowieso nicht zu denken, das wusste er jetzt schon.
Entnervt stand Tom auf und verschwand leise vor sich hin fluchend in der Küche, um sich etwas zu Trinken zu holen. Er hatte kein Bier im Kühlschrank, was, wenn er ehrlich war, kein Problem darstellte, auch wenn der Gedanke, sich ein wenig Mut anzutrinken, sich im ersten Moment natürlich großartig und verlockend anfühlte. Aber weiterbringen würde ihn das auch nicht, er sollte lieber einen kühlen Kopf bewahren. Und mit Bill reden. Daran führte sowieso kein Weg vorbei, soweit war er inzwischen ja auch schon mit seinen ganzen Überlegungen gekommen.
Nur was er ihm sagen wollte, das wusste er beim besten Willen nicht.
Das Telefon riss Tom unerwartet aus seinen Gedanken, und vor lauter Schreck stieß er sich seinen Kopf an der Kühlschranktür an, bevor er, diesmal laut fluchend, den Weg zurück ins Wohnzimmer antrat und den Hörer auf der Couch suchte. Auf dem Display erschien Bills Nummer. Tom dachte gar nicht erst darüber nach, was das bedeutete, sondern nahm kurzentschlossen das Gespräch an.
„Willst du mich ärgern?“, schallte ihm Bills Stimme entgegen, aber es klang nicht so, als sei er wirklich verärgert.
„Warum?“, fragte Tom zurück, und haute sich im gleichen Moment dafür mental vor die Stirn. Manchmal benahm er sich einfach total bescheuert. Dass Bill jetzt daraufhin sekundenlang schwieg, machte die Sache nicht besser.
„Geht das jetzt den ganzen Abend so weiter, dass du es einmal klingeln lässt und dann wieder auflegst? Dann stöpsel ich nämlich das Telefon aus“, erklärte Bill schließlich, aber sein Tonfall klang weder amüsiert noch sauer. Eher sachlich und neutral, was nur äußerst selten vorkam. Tom hätte eher mit einem Diven-Anfall gerechnet, wenn er sich das nächste Mal dazu bequemte, mit Bill zu sprechen. Immerhin hatte er ihn zweimal stehen lassen.
„Ich muss mit dir reden“, platzte Tom heraus, bevor er es sich wieder anders überlegen konnte. Er hatte gehört, dass Bill nicht ernsthaft eingeschnappt war, und das war im Moment die Hauptsache, alles andere war zweitrangig. Warum noch lange um den heißen Brei herumeiern?
„Bin schon auf dem Weg“, hörte er Bill antworten, und dann ertönte nur noch das Freizeichen. Bill hatte einfach aufgelegt. Als hätte er nur auf ein Stichwort gewartet, oder was auch immer. Tom starrte verblüfft auf den Hörer in seiner Hand, dann wurde er plötzlich wieder hektisch. Bill hatte ihm nicht einmal die Chance gelassen, etwas darauf zu erwidern. Er konnte doch nicht einfach die erstbeste Gelegenheit ergreifen und ihn schon wieder mit seiner Anwesenheit durcheinander bringen. Das war einfach nicht fair.
Andererseits war es vielleicht wirklich besser, wenn sie das sofort und persönlich klärten. Dann konnte Tom sich wenigstens nicht länger in die Situation hineinsteigern.
Und im Grunde konnte er nur froh sein, dass Bill jetzt nicht wieder eins seiner Hinhalte-Spielchen abgezogen hatte.
Ergeben seufzend legte Tom endlich das Telefon auf den Tisch und wurde sich wieder mehr einmal bewusst, dass er Bills berüchtigte Spontaneität irgendwie liebte, sie ihm aber auch gleichermaßen Angst machte.
* * *

Zitat von schäfchen
Ich bin heute so nervös, da hab ich gleich mal mein Kapitel zu Ende geschrieben^^
Soll ich etwa ernsthaft froh darüber sein, dass du heute einen Zahnarzttermin hattest und dir zukünftig öfter solche Zustände wünschen?^^
Irgendwie würde ich mein Kommi gerne mit "hach" beginnen ... aber ich glaube, das mache ich immer ... aber irgendwie gehts mir auch nach dem Lesen eines deiner Kapitel so, dass ich hier mit so einem Gefühl sitze ... also doch ... hach xD ... es geht nicht anders^^
Ich glaube, ich kann nicht sagen, warum ich dich so gerne lese ... das hab ich die letzten Jahre irgendwie alles schon mal gesagt und aufgezählt ... und es ist alles immer noch gültig.
Ich liebe es einfach wie du schreibst und will immer mehr, mehr, meeehr
Nächstes Mal schreib ich nur noch "hach"^^ *darin alles enthalten ist* xD


~ 10 ~
Als es gefühlte zehn Stunden später endlich an der Tür schellte, kam Tom sich inzwischen vor wie ein nervliches Wrack. Die ganze Zeit über war er hektisch in seiner Wohnung auf und ab getigert, hatte Dinge von A nach B geräumt, aber letztendlich nicht wirklich Ordnung geschaffen oder dergleichen, weil er mit den Gedanken ganz woanders war. So unruhig und nervös kannte er sich selber gar nicht, und er wusste auch nicht, wie er damit umgehen sollte.
Mit klopfendem Herzen stürmte er jetzt zur Tür, drückte auf den Summer und wartete dann ungeduldig, dass Bill die Treppe heraufkam. Als dessen schwarzer Haarschopf endlich in sein Gesichtsfeld gelangte, war er sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, was er jetzt zu tun hatte.
„Willst du mich nicht reinlassen?“, kommentierte Bill Toms Türblockade, blieb gezwungenermaßen direkt vor ihm stehen und Tom fragte sich zum wahrscheinlich hundertsen Mal in seinem Leben, wie Bill es immer wieder schaffte, so einzigartig lässig zu wirken. Nichts, aber auch gar nichts deutete darauf hin, dass der Schwarzhaarige irgendwie angespannt war. Wahrscheinlich war er auch schlicht und ergreifend nicht angespannt.
Stumm gab Tom schließlich die Tür frei und fühlte nur den Bruchteil einer Sekunde später, wie er mit dem Rücken an die nächstbeste Wand gedrückt wurde. Überrascht ließ er die Luft aus seinen Lungen entweichen, während er gleichzeitig beobachtete, wie Bill der Tür einen gezielten Fußtritt verpasste. Tom zuckte bei dem folgenden lauten Knall erschrocken zusammen und erwachte für einen kurzen Moment aus seiner Trance.
„Bill, ich...“, setzte er an, aber er wurde sofort unterbrochen.
„Wir reden später, Tom – versprochen“, flüsterte Bill und sah ihm dabei so eindringlich in die Augen, dass Tom schließlich wortlos kapitulierte. Wozu reden, wenn Bill es mit einem einzigen Blick fertig brachte, sein Denken vollständig zum Erliegen zu bringen? Er vertraute jetzt einfach darauf, dass sich später schon alles irgendwie regeln würde – immerhin hatte Bill ihm gerade versprochen, dass sie reden würden.
* * *
Tom döste vor sich hin und hätte seinen Zustand nicht beschreiben können, wenn ihn jemand gefragt hätte, wie er sich gerade fühlte. Er war müde und ausgelaugt, aber etwas hinderte ihn daran, wirklich einzuschlafen. Und dieses Etwas lag auf seiner nackten Brust, gab von Zeit zu Zeit zufrieden klingende Geräusche von sich, sagte aber nach wie vor kein Wort.
Tom wurde immer unruhiger, je länger das Schweigen andauerte. Fast bereute er es schon wieder ein bisschen, Bill so schnell nachgegeben zu haben. Schon im Flur übereinander herzufallen, war nicht seine oberste Priorität des heutigen Treffens gewesen, und wie sie es letztendlich bis in sein Bett geschafft hatten, daran konnte Tom sich nur noch verschwommen erinnern. Er fühlte sich seit Bills Eintreffen wie in Watte gepackt.
Als sich das Gewicht unerwartet von seinem Brustkorb entfernte, wurde Tom aus seinen Gedanken gerissen. Stumm betrachtete er Bills entblößte Rückansicht, und geriet schon wieder unweigerlich ins Schwärmen. Bill schien sich wie immer nicht im Geringsten daran zu stören, dass er nicht den kleinsten Fetzen am Leib trug, seine Bewegungen waren geschmeidig und so beiläufig anmutig wie immer – vielleicht sogar noch einen Tick mehr als sonst, aber das konnte Tom sich auch gut und gerne einbilden. Er seufzte lautlos, als Bill das Zimmer verlassen hatte und er endlich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte.
Das hier fühlte sich viel zu gut an, und er musste unbedingt mit Bill reden – und sich nicht wieder abspeisen und verführen lassen. Das brachte schließlich keinen von ihnen beiden weiter. Wobei – Bill schien sich nicht mal halb so viele Gedanken zu machen wie er selbst, vielleicht war er ja auch einfach ganz zufrieden damit, so wie es war, vielleicht wollte er gar nichts ändern, Tom wusste ja nicht einmal wirklich, ob er selbst etwas ändern wollte...
Irgendwann kam Bill zurück ins Zimmer, und Tom gab sich alle Mühe, ihn und seinen nahezu perfekten Körper, zumindest für seinen Geschmack, nicht anzustarren. Er sah erst wieder auf, als Bill ihn direkt ansprach.
„Hm?“, reagierte Tom mechanisch und sah Bill dabei zu, wie dieser eine Flasche Wasser auf dem Nachttisch neben dem Bett abstellte und sich dann wieder auf die Matratze neben Tom sinken ließ.
„Ich hab gefragt, ob du auch eine möchtest“, wiederholte Bill geduldig und hielt Tom einladend seine geöffnete Zigarettenschachtel entgegen. Tom nahm dankend an, und kurze Zeit später war wieder nichts im Raum zu hören außer dem gelegentlichen Ziehen an den Zigaretten. Tom machte das zunehmend wahnsinnig, die Anspannung in ihm stieg und stieg, bis er schließlich glaubte, sie mit Händen greifen zu können. Gerade als er dachte, er müsste jeden Moment einfach laut los schreien, weil er sonst die Fassung verlieren würde, unterbrach Bill endlich die unerträgliche Stille zwischen ihnen.
„Was hast du, Tom?“
Tom spürte förmlich, wie seine Augen immer größer wurden, während ihm ein verächtliches Schnaufen entwischte. Hatte Bill diese Frage ernst gemeint? Von seinen Gefühlen für Bill ganz abgesehen, von denen Bill wahrscheinlich oder eher ganz sicher nichts ahnte... es war ja noch so einiges andere zwischen ihnen in letzter Zeit ziemlich schief gelaufen. Im Grunde war diese Frage eine Frechheit oder reine Provokation, und Tom öffnete schnell den Mund, um seine Frustration an der richtigen Stelle loszuwerden, doch Bill redete schon wieder einfach weiter.
„Ich meine... vergessen wir mal diesen ganzen Quatsch mit diesem blöden Streit oder was auch immer...“, Bill hob die Hand, weil Tom nun wirklich drauf und dran war, ihm einfach ins Wort zu fallen, „... du hast ja Recht. Ich hab mich Scheiße verhalten und das tut mir leid. Ich hab ja im Grunde nicht mal was dagegen, wenn wir mal zusammen verreisen und du mich begleitest, schließlich hab ich monatelang förmlich darum gebettelt. Es tut mir wirklich leid, Tom. Ich hab einfach überreagiert in dem Moment. Aber wenn wir das alles mal beiseite lassen... du bist komisch, und das hat nichts damit zu tun. Also noch mal: Was hast du, Tom?“ Bill blickte ihn interessiert an.
„Was soll ich schon haben?“, ging Tom automatisch in Abwehrhaltung, während ihn gleichzeitig aber der Mut verließ. Irgendwie hatte er nicht damit gerechnet, dass Bill anscheinend doch in der Lage war, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Bill schnaubte laut neben ihm und Tom wusste, dass er sich bereits ins Abseits geschossen hatte. Natürlich war das keine Antwort auf Bills Frage gewesen.
„Echt mal, Bill. Ich hab dich vorhin angerufen, um zu reden. Und was machst du?“, verfiel Tom jetzt statt dessen in Vorwürfe, was es wahrscheinlich auch nicht besser machte, eher im Gegenteil. Und eine Antwort war das immer noch nicht. Und mitgemacht hatte er ja auch nicht ganz unfreiwillig. So wie immer eigentlich.
„Ganz ehrlich Tom... wenn ich reden will, lad ich mich bei meiner Mutter zum Kaffeekränzchen ein“, knallte Bill ihm prompt an den Kopf, und abgesehen von der Tatsache, dass er sich damit selbst widersprach, klang er völlig ernst dabei. So ernst, wie er es in diesen Augenblick wahrscheinlich auch meinte.
Tom drückte beleidigt seine Zigarette im Aschenbecher zwischen ihnen aus und konnte nur mit Mühe dem Drang widerstehen, noch lauter als Bill eben zu schnauben und anschließend die Arme vor der Brust zu verschränken. Statt dessen zog er sich die Bettdecke ein Stück höher und ließ Bill keine Sekunde aus den Augen, der sich jetzt ebenfalls seiner Zigarette entledigte und sich ihm dann zuwandte, bis sie sich praktisch gegenüber saßen. Eine Bettdecke brauchte er anscheinend nicht, aber Tom starrte ihm weiterhin stur ins Gesicht.
„Sorry, Tom. Du bist heute irgendwie etwas empfindlich, kann das sein? Aber geredet haben wir doch noch nie besonders viel... oder hab ich was verpasst?“ Bills Tonfall war so neutral wie die Schweiz, und irgendwie brachte es Tom wieder halbwegs zur Besinnung.
Es würde nichts bringen, Bill anzulügen oder sich selbst etwas vorzuspielen, er musste das Risiko eingehen, dass er die Reaktion seines Gegenübers absolut nicht einschätzen konnte, und sich nicht einmal klar war, was er mit der Erkenntnis anfangen wollte, wenn Bill sich ihm vielleicht überschwänglich an den Hals werfen sollte.... aber er musste das Risiko eingehen, wenn nicht jetzt, dann niemals.
„Du hast tatsächlich was verpasst...“, begann Tom schließlich, ohne zu wissen, was er eigentlich sagen wollte, aber irgend etwas in seinem Blick musste seine Absichten verraten haben, oder was auch immer es war, auf jeden Fall war Tom völlig überrumpelt, als urplötzlich Bewegung in Bill kam, er die Augen immer weiter aufriss und gleichzeitig wie von der Tarantel gestochen vom Bett aufsprang.
„Hör sofort auf zu reden, Tom!“, wurde er angeherrscht und er verfolgte sprachlos, wie Bill begann, hektisch seine Klamotten vom Boden zu klauben und sich anzuziehen. Tom war viel zu perplex, um angemessen oder überhaupt irgendwie zu reagieren. Genau so plötzlich, wie Bill angefangen hatte sich in seine Sachen zu werfen, hielt er jetzt inne, seine Hose noch in der Hand, und sah Tom mit undeutbarem Blick in die Augen.
Tom spürte, wie sein Herz schneller schlug und er unangenehm feuchte Hände bekam.
„Das kannst du nicht machen. Das kannst du nicht ernst meinen, Tom. Du machst alles kaputt. Ich hab keine Zeit für solche Gefühlsduseleien, und ich hab auch keinen Nerv dafür, ich hab so viel um die Ohren, dass mir das reicht, was du gerade zerstörst – Scheiße“, fluchte Bill und fuhr sich aufgebracht mit den Händen durch die Haare, bevor er in seine Hose schlüpfte. Tom konnte immer noch nichts sagen, er fühlte sich wie in einem schlechten Traum gefangen.
Was zum Teuefel passierte hier gerade?
* * *

Hurra ... ein neues Kapitel
Ich finde es ja immer wieder absolut faszinierend, wie du es schaffst, die Zwei nicht ernsthaft miteinander reden zu lassen und Tom dabei durch alle Gefühlszustände hindurch zu schicken.
Bin jetzt echt gespannt, ob du Bill abhauen lässt oder nicht.
Schreib schnell weiter *das die Richtige sagt^^*


11.
Tom spürte Andis besorgten Blick auf sich, und obwohl er mit genau diesem Blick schon wieder gerechnet hatte, war es ihm jetzt doch unangenehm, sich so abgescannt zu fühlen. Er hatte sich nach einer schlaflosen Nacht kurz entschlossen bei seinem besten Freund zum Frühstück eingeladen, weil er Ablenkung und jemanden zum Reden brauchte. Geredet hatten sie schon ausführlich und die ganze Zeit – aber weitergebracht hatte es Tom nicht wirklich.
„Ich glaub, ich geh jetzt besser“, sagte Tom und wurde sich erst beim Aussprechen bewusst, dass das auch die letzten Worte von Bill heute Nacht gewesen waren. Es versetzte ihm einen schmerzhaften Stich in der Brustgegend, und zum wiederholten Mal spielte sich die Erinnerung an den filmreifen Ausbruch, den Bill über ihn hatte hereinbrechen lassen, in seinem Kopf ab. Tom konnte immer noch nicht glauben, dass das wirklich kein Traum war, und am meisten verletzte ihn, dass Bill ihm nicht einmal eine Chance gegeben hatte, damit er etwas dazu sagen konnte. Es war einfach nur total schief gelaufen – so dermaßen schief gelaufen...
„Es ist echt unfair, einfach so abzuhauen. Und feige ist es auch“, brachte Andi es auf den Punkt, aber Tom winkte nur müde ab. Natürlich war es unfair, aber er hatte immer noch eine leise Hoffnung, dass sich Bill vielleicht noch einmal melden würde, wenn er sich erst mal wieder beruhigt hatte. Aber so dermaßen, wie Bill außer sich gewesen war, würde es wohl eine ganze Weile dauern, bis er wieder ansprechbar sein würde.
„Du musst jetzt auf andere Gedanken kommen – lass uns heute irgendwas unternehmen“, versuchte Andi ihn abzulenken, und Tom wusste, dass es nichts brachte, sich jetzt die Haare zu raufen und den ganzen Tag Trübsal zu blasen. Entschlossen stellte er seine Kaffeetasse auf den Küchentisch und nickte. Andi hatte Recht – und Andi war der beste Freund, den man sich nur wünschen konnte.
* * *
„Junger Mann, bekomm ich heute noch eine Antwort oder soll ich mich lieber an eine andere Werkstatt wenden?“, wurde Tom unsanft aus seinen Gedanken gerissen. Er hatte den Kunden, der vor ihm stand, schon wieder völlig ausgeblendet, während er gewartet hatte, dass der Computer ihm endlich ausspuckte, ob das benötigte Ersatzteil auf Lager war. Tom riss sich mühevoll zusammen, brummelte eine Entschuldigung und wickelte den Rest des Gesprächs dann halbwegs professionell ab. Es war nicht gut, dass jetzt auch noch die Arbeit unter seinem Zustand zu leiden begann.
„Tom, willst du lieber nach Hause gehen?“, nahm Andi ihn beiseite, sobald sie wieder allein waren.
„Nein. Was soll ich denn zu Hause?“, protestierte Tom, und fügte dann hinzu: „Heute ist einfach nicht mein Tag.“
„Es ist schon seit ziemlich genau drei Wochen nicht dein Tag“, schoss Andi zurück, und konnte den Sarkasmus in seiner Stimme kaum verbergen.
Er hatte ja Recht. Tom ließ sich gehen, seit dem Tag, an dem Bill gegangen war. Und das musste dringend aufhören. Das hatte er selbst schon eingesehen, es fiel ihm nur noch ein bisschen schwer, das Ganze auch in die Tat umzusetzen. Das bleierne Gefühl, dass ihn mittlerweile ziemlich fest im Griff hatte, ließ sich leider nicht so einfach abschütteln.
„Falls es dich beruhigt, Andi – ich werde mich heute Abend mit Daniel treffen“, murmelte Tom leise, nicht ganz sicher, wie das Gesagte bei seinem Freund ankommen würde. Aber den Entschluss hatte er gestern gefasst, und Daniel einfach spontan angerufen. Und dieser hatte sich gefreut.
„Das beruhigt mich keinesfalls, denn das wird dich auch nicht glücklicher machen“, erwiderte Andi, und jetzt klang er wieder besorgt. Tom verdrehte die Augen. Er war kein kleiner Junge mehr, und er wollte auch nicht so behandelt werden.
„Ich weiß. Aber es wird mich ablenken“, gab er schließlich zu, und er wusste, dass es die Wahrheit war. Aber besser Ablenkung als Grübelei. Er hatte es satt, sich zu fragen, was Bill wohl gerade trieb, ob er überhaupt in der Stadt war und ob er manchmal an ihn dachte. Und ob er sich vielleicht doch noch melden würde. Denn das war für Tom sonnenklar: Er würde Bill nicht hinterherlaufen wie ein Hund. Natürlich hatte er das Bedürfnis, noch mal in Ruhe über alles zu reden, aber er würde den Teufel tun und den ersten Schritt machen.
* * *
„Und? Hat es sich gelohnt?“ Andis Gesichtsausdruck schwankte zwischen Amüsement und Besorgnis, so wie immer in letzter Zeit, und Tom begann das allmählich ein bisschen zu nerven.
Er hatte sich gestern zum zweiten Mal in dieser Woche mit Daniel getroffen, und sie hatten viel gelacht und geflirtet. Er hatte Daniel ehrlicherweise von Bill erzählt, und dass er sich nicht sicher war, was das mit ihnen beiden werden würde. Im Moment hatten sie einfach viel Spaß zusammen, Tom hatte sich nichts vorzuwerfen und sah gar nicht ein, sich zu rechtfertigen. Auch nicht vor Andi.
„Hat es“, antwortete er knapp, und ignorierte gekonnt, dass Andi alarmiert eine Augenbraue hochzog.
„Tom, ich hab echt Verständnis für dich. Und ich finde es auch aufrichtig, dass du Daniel keine Märchen erzählst. Aber...“, Andi stockte, und Tom spürte, wie er langsam ärgerlich wurde.
„Aber – was?“, fuhr er ihm über den Mund, er hatte schon eine leise Ahnung im Hinterkopf, worauf das hier hinauslief.
„Willst du nicht doch noch mal versuchen, mit Bill zu sprechen?“, brachte es Andi auf den Punkt.
„Nein“, knurrte Tom.
„Ich meine ja nur... hör zu, ich kann dich ja verstehen, Tom. Aber ich seh doch, dass du unglücklich bist“, versuchte Andi noch einmal sein Glück, aber Tom wischte den Einwand mit einer rüden Geste beiseite.
„Was sollte denn ausgerechnet ein Gespräch mit Bill daran ändern? Er lässt mich sowieso nichts dazu sagen. Und selbst wenn – auch das würde nichts mehr ändern. Meinst du nicht, er hätte sich gemeldet, wenn er seine Meinung irgendwie geändert hätte? Immerhin hatte er jetzt lange genug Bedenkzeit“, unterstrich Tom dann doch noch mal seinen Standpunkt.
„Was für ein Idiot“, kommentierte Andi trocken, der wohl eingesehen hatte, dass Tom die besseren Argumente bot. Tom nickte. Ja, was für ein Idiot.
Leider änderte das rein gar nichts an seinen Gefühlen für eben diesen Idiot. Und es fiel Tom mit jedem Tag schwerer, Bill nicht einfach anzurufen. Er vermisste den Schwarzhaarigen jetzt noch deutlicher als zuvor, und auch wenn er sich mit Daniel gut verstand... das alles änderte nichts.
* * *
Ein paar Wochen später ging es Tom allmählich besser. Er war wieder gerne und engagiert in der Werkstatt, er traf sich regelmäßig mit Andi, er ging sogar wieder Joggen, und er hatte erfolgreich dem Drang widerstanden, Bill anzurufen. Und nicht zuletzt wurden seine Treffen mit Daniel immer häufiger und auch immer intensiver. Mittlerweile musste Tom sich selbst eingestehen, dass er Magenkribbeln bekam, sobald er den Blonden erblickte. Er wertete das als gutes Zeichen, wollte aber trotzdem nichts überstürzen. Es war nicht die wilde Leidenschaft, die er mit Bill erlebt hatte, aber vielleicht war genau das auch gut so. Er hatte ja gesehen, wohin das führte.
Heute Abend war er nach langer Zeit mal wieder mit Daniel in dessen Lieblingsdisco. Tom hatte sich bisher immer geweigert, dahin mitzugehen, weil er keine Begegnung mit Bill riskieren wollte. Aber heute war das anders, die Wahrscheinlichkeit, dass er Bill über den Weg laufen würde, war verschwindend gering, und außerdem musste er sich dem Ganzen sowieso irgendwann stellen. Immerhin hatte er sich ja auch nichts vorzuwerfen.
Also tanzte Tom, trank einige Bier und unterhielt sich blendend mit Daniel, während er gleichzeitig versuchte, sich nicht ständig nach allen Seiten umzublicken. Sich etwas vorzunehmen war dann doch einfacher, als es tatsächlich in die Tat umzusetzen – das musste er einmal mehr einsehen. Irgendwann verabschiedete Tom sich auf Toilette und versprach, auf dem Rückweg gleich die nächste Runde Getränke mitzubringen.
Tom nutzte die kleine Auszeit, um einen Rundgang durch die Disco zu machen – sicher war sicher, und nachdem er festgestellt hatte, dass Bill wirklich nicht anwesend war, ging es ihm gleich viel besser. Kopfschüttelnd steuerte er schließlich doch noch das Klo an. Wenn er nicht irgendwann damit aufhörte, würde er noch paranoid werden, jede Wette.
Ein paar Minuten später war Tom auf dem Weg zur nächsten Bar, als er plötzlich wie zur Salzsäule erstarrt stehen blieb. Jetzt war sein persönlicher Alptraum doch noch wahr geworden – wenn auch ein bisschen anders, als er sich das vorgestellt hatte.
Bill saß keine zehn Meter von ihm entfernt an einem Tisch, an dem er vor ein paar Minuten noch nicht gesessen hatte, ganz sicher nicht.
Er war nicht allein. Natürlich nicht. Und er schien sich bestens zu amüsieren.
Tom beobachtete verstört, wie Bill seiner Begleitung gewohnt gestenreich etwas erzählte, dann in schallendes Gelächter ausbrach, sich wie beiläufig die Haare aus dem Gesicht strich... Oh Gott. Das durfte einfach nicht wahr sein. Tom versuchte verzweifelt, seine Beine davon zu überzeugen, dass sie sich schnellstens von hier weg bewegen sollten, aber es war vergeblich. Er stand immer noch wie festgewachsen auf der gleichen Stelle und rührte sich keinen Millimeter.
Bills Begleitung war schön – nicht unbedingt im klassischen Sinne schön, eher auf ihre eigene Art, aber das machte es im Grunde nur noch schlimmer. Tom nahm wie in Trance jede Kleinigkeit in sich auf – lange, leicht wellige schwarze Haare, die bis weit über die Schultern reichten, die richtige Mischung aus nicht zu dünn und nicht zu dick, zumindest soweit er das von hier beurteilen konnte, volle Lippen, schmale Hände, markante Wangenknochen... wenn Tom auf Frauen gestanden hätte, wäre sie das perfekte Ziel gewesen. Tom stand aber nicht auf Frauen.
Bill hin und wieder schon.
Und spätestens als Bill jetzt seinen typischen lasziven Gesichtsausdruck aufsetzte und sich verführerisch auf die Lippe biss, war Tom klar, dass es sich hier nicht um irgendeine nette Bekannte handelte. Nur mit großer Mühe unterdrückte er den innigen Wunsch, zu den beiden zu stürzen und sie auseinander zu reißen, stattdessen schaffte er es jetzt endlich, sich abzuwenden. Er brauchte dringend was zu trinken, sonst würde er noch eine große Dummheit begehen.
„Tequila bitte“, schnaufte er, als er an der Bar ankam und glücklicherweise auch sofort die Aufmerksamkeit der jungen Frau dahinter erlangte. Kurze Zeit später kippte Tom sein Getränk hinunter und empfand das leichte Brennen in der Kehle als durchaus angenehm. Er bestellte sich gleich einen weiteren Tequila und zwei Bier hinterher, trank das kleine Glas gleich an Ort und Stelle leer und wollte gerade mit den beiden Bier zu Daniel zurückkehren, als er eine Bewegung neben sich spürte, die sich zu nah anfühlte, um zufällig zu sein.
„Hallo Tom“, sagte Bill trotz des Lärms laut und deutlich. Tom zuckte zusammen, ignorierte sein stolperndes Herz und versuchte, möglichst souverän zu wirken.
„Hallo Bill“, gab er zurück und setzte sich wieder in Bewegung, doch er wurde sanft am Arm zurückgehalten.
„Geht’s dir gut?“ In Bills Gesicht zeigte sich die Andeutung eines Lächelns, aber Tom war nicht gewillt, sich in diesem Moment von seinen Emotionen überrollen zu lassen.
„Mir geht’s super, Bill. Danke der Nachfrage“, antwortete er mechanisch, doch er bemerkte zufrieden, dass es wenigstens halbwegs gelassen klang. „Und jetzt würde ich gern wieder zurück gehen“, setzte er noch hintendran, während er bedeutungsvoll auf seinen Arm blickte, den Bill immer noch festhielt.
„Warum so eilig? Wir haben uns lange nicht gesehen“, sagte Bill, ließ aber gleichzeitig Toms Arm los.
Tom wiederum wäre beinahe in ein bitteres Lachen ausgebrochen, aber er konnte sich gerade noch so zurückhalten. „Soll das ein Scherz sein? Wenn ja, dann ist er nicht komisch“, kommentierte er, starrte Bill wieder in die Augen und suchte nach irgendeinem Anzeichen, was wohl in seinem Gegenüber vorgehen mochte. Bill war ihm wie so oft wieder mal ein einziges Rätsel.
„Ich würde dir gern jemanden vorstellen“, ließ Bill sich nicht aus der Ruhe bringen. Tom registrierte ganz am Rand seines Bewusstseins, dass heute irgendetwas an Bill merkwürdig anders war, aber er konnte sich gerade auf nichts anderes konzentrieren als die ohnmächtige Wut, die jetzt Besitz von ihm ergriff. Am liebsten hätte er Bill genau so eine Szene gemacht, wie er sie verdiente, aber er hatte auch keine Lust, sich auf das gleiche Niveau runterzulassen. Das würde sowieso nichts bringen.
„Danke, ich verzichte“, erwiderte Tom schließlich nach einigen Sekunden energisch, ließ Bill einfach stehen und bahnte sich so schnell wie möglich einen Weg zurück zu seinem Tisch. Dieses Mal wurde er nicht aufgehalten.
* * *


![]() 0 Mitglieder und 6 Gäste sind Online |
![]()
Das Forum hat 2276
Themen
und
58790
Beiträge.
|
![]() | Xobor Forum Software Einfach ein eigenes Forum erstellen |