#316

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 26.11.2009 20:31
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge
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#317

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 14.12.2009 16:42
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

„Das nennt man Selbstheilungsprozess,“ sagte Bill, äußerlich gänzlich unbeeindruckt von Georgs Ausbruch, in die eingetretene Stille hinein. Tom konnte sich für lange Sekunden nicht entscheiden, ob er Georgs immer noch im Schockzustand erstarrtes Gesicht oder Bills Anblick im Allgemeinen faszinierender finden sollte. Letztendlich blieb sein Blick aber doch an Bills schlankem Hals hängen, an dem gerade der letzte verbliebene, vorhin noch so tiefe Kratzer wie von Geisterhand verschwand und nichts als glatte helle Haut hinterließ. Etwas Vergleichbares hatte Tom noch nie gesehen, er war so eingenommen davon, dass er alles um sich herum für den Moment vergaß.

„Scheiße,“ fluchte Georg statt dessen jetzt wieder unbeherrscht, „wer zum Teufel bist du? Superman?“

Tom musste sich mit aller Mühe ein hysterisches Kichern verbeißen, das war so verrückt, dass er darüber fast vergaß, wie es ihm momentan ging und warum er sich überhaupt in diesem katastrophalen Zustand befand, und dass die Situation realistisch betrachtet alles andere als zum Lachen war. Allerdings fand Jared das Ganze wohl wirklich lustig, dessen schallendes Gekicher dröhnte jetzt in voller Lautstärke von der Tür her, und erst als Bill ihm einen tödlichen Blick zuwarf, verstummte er plötzlich wieder.

„Ich hab dir ein neues T-Shirt mitgebracht,“ sagte er statt dessen ein wenig kleinlaut und reichte Bill ein zusammengeknülltes Stück schwarzen Stoff. Bill blieb sich selbst treu und bedankte sich keineswegs für diese Geste, sondern riss Jared das Shirt eher etwas unwirsch aus der Hand, um es sich mit einer geschmeidigen Bewegung überzuziehen. Dann ging er einfach zur Tagesordnung über, ohne noch einen weiteren Blick an Georg zu verschwenden, der ihn immer noch wie das neueste Weltwunder anstarrte.

„Den Club muss ich wohl erst mal dicht machen, schöne Scheiße,“ überlegte Bill laut vor sich hin, doch bevor Jared auch nur den Hauch einer Antwort geben konnte, war es diesmal Tom, der die innere Anspannung nicht mehr aushielt.

„Bill!“ rief er zwar angestrengt, aber doch nachdrücklich quer durch den Raum, diese ganzen Ungereimtheiten in seinem Kopf wollte er jetzt ein für allemal geklärt haben, und wenn er sich auch noch so beschissen fühlte. Danach musste er sich ganz bestimmt dringend ausruhen, aber jetzt würden ihn die drängenden Fragen ja doch nicht in Ruhe lassen. Und er wusste, auch Georg würde sich nicht länger mit Nicht-Antworten zufrieden geben, wenn er denn erst einmal aus seinem Schockzustand erwachte.

Bill hatte sich währenddessen mit erstauntem Gesichtsausdruck zu Tom umgedreht.
„Du solltest dich jetzt lieber ausruhen,“ bemerkte er ruhig, aber Tom schüttelte schnell den Kopf und wurde umgehend dafür bestraft. „Auu...,“ jammerte er los und sah sich sofort mit Georgs besorgten Augen konfrontiert. „Geht schon, ist schon wieder gut“ beeilte sich Tom, seinen Freund zu beruhigen. Er durfte sich einfach nicht so hektisch und unkontrolliert bewegen, dann ging das schon alles irgendwie.

Bill seufzte lautstark, setzte sich dann aber neben Tom auf die Couch und sah ihn mitfühlend an. „Du wirst nicht eher aufhören mich zu nerven, bis du deine Antworten hast, hab ich Recht?“ Im Grunde war es keine Frage von Bill gewesen, sondern eher eine Feststellung, aber Tom nickte trotzdem langsam. Nur zur Verdeutlichung seines Anliegens.

„Sollen wir vielleicht lieber erst mal Georg aufklären?“, fragte Bill weiter, was Jared ein erschrockenes, japsendes Geräusch entlockte. „Halt die Klappe, Jared, das lässt sich eh nicht mehr vermeiden,“ wies Bill ihn umgehend zurecht, bevor er sich erneut an Tom wandte. „Also... jetzt oder später?“
„Später,“ keuchte Tom angestrengt, Georg musste jetzt warten. Tom warf seinem Freund einen prüfenden Seitenblick zu, aber Georg sah schon wieder nicht so aus, als würde er auch nur im Geringsten begreifen, was um ihn herum geschah. Er schien erneut völlig in seiner eigenen Welt gefangen zu sein. Also konnte er erst Recht noch warten, beschloss Tom ein wenig egoistisch. Dass Bill jetzt plötzlich so zugänglich war, gedachte er definitiv auszunutzen. Wer wusste schon, wann sich die nächste Gelegenheit ergab.

„Warum hast du vorhin gesagt, dass Jared mich ins Krankenhaus bringen soll, wenn du ihn doch offensichtlich vorher schon beauftragt hast, dieses Nähzeugs da mitzubringen?“ Sicherlich war das nicht die wichtigste Frage, die in Toms Kopf herumgeisterte, aber es war eben die erste, die ihm spontan einfiel. Und er ignorierte gekonnt Bills erstauntes Gesicht.
„Ich wollte dich nicht noch mehr aufregen, das wäre wohl ziemlich fatal gewesen,“ erwiderte dieser schließlich nach einer kurzen Pause.

„Warum hab ich überhaupt geblutet?“, bohrte Tom unbarmherzig weiter. Bill riss die Augen auf, dann wurde seine Miene auf einmal undurchdringlich. „Woher soll ich das wissen?“, sagte er abweisend.
„Wenn nicht du – wer dann? Als ich das erste Mal im Auto wach geworden bin, hab ich zumindest nicht gemerkt, dass ich eine Platzwunde hatte...“, war Tom nicht bereit, jetzt aufzugeben. Das Sprechen fiel ihm nicht mehr sonderlich schwer, so lange er nur ruhig genug liegen blieb. Und er wollte schlicht und ergreifend wissen, ob Bill ihm etwas verheimlichte oder ob ihm womöglich doch nur sein Erinnerungsvermögen einen bösen Streich gespielt hatte.

„Du hattest aber eine, die haben dir heftig eine auf den Schädel gezimmert“ beharrte Bill, und sah ihn jetzt wieder direkt an. „Ich hab mich darum gekümmert,“ setzte er noch hintendran. Tom spielte kurz in Gedanken einige Möglichkeiten durch, was es mit diesem ominösen „gekümmert“ auf sich haben könnte – keine davon gefiel ihm sonderlich.

„Was willst du damit andeuten?“, wollte er es trotzdem genauer wissen. Seine Schmerzen waren mittlerweile in den Hintergrund getreten, das leise Wummern in seinem Kopf konnte er getrost noch eine Weile ignorieren, wenn er sich nur auf seine Fragen konzentrierte. Irgendwie war das gerade alles zu wichtig für ihn. Seine Schmerzen würden ihm so oder so noch eine Weile erhalten bleiben, dann musste er da jetzt eben einfach durch.

„Nichts will ich damit andeuten. Ich hab versucht, die Blutung zu stoppen. Ansonsten würdest du jetzt nämlich nicht hier liegen,“ sagte Bill mit drohendem Unterton, und Tom konnte nicht verhindern, dass sich rasend schnell eine unangenehme Gänsehaut auf seinen Armen ausbreitete. Das Szenario wollte er sich dann lieber doch nicht genauer vorstellen. Wahrscheinlich war es Bill vorhin schwerer gefallen, in seiner Nähe zu sein, als Tom sich auch nur ansatzweise vorstellen konnte.

„Was meint er damit?“, schaltete sich jetzt erstmals wieder Georg ein. Tom sah ihn für einen Moment an wie einen Geist, er hatte fast vergessen, dass er nicht mit Bill allein war, so sehr hatte er sich eben auf den Schwarzhaarigen fixiert. Doch dann hatte Tom sich wieder einigermaßen im Griff. „Erklär ich dir alles nachher, okay?“, quetschte er mühsam heraus, und Georg schien sich sonderbarerweise vorerst damit zufrieden geben zu wollen. Alles, was Tom noch erhielt, war ein abwesendes Nicken, so als wäre Georg nur für diese eine Frage aus seiner Welt aufgetaucht.

„Warum hast du mich überhaupt gerettet?“, wechselte Tom jetzt abrupt das Thema und wandte sich damit wieder zu Bill um. Zu viele Einzelheiten waren in bestimmten Dingen vielleicht doch nicht so angebracht.

„Was?“ Bill sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Viel fehlte dazu wahrscheinlich auch nicht mehr. Doch Tom war nicht bereit, seine Frage zu wiederholen, und Bill schien das nicht nur zu bemerken, er reagierte sonderbarerweise sogar darauf. „Spinnst du? Ich hab dich da schließlich mit reingezogen, also lass ich dich dann doch nicht einfach im Stich – was hast du denn erwartet...,“ murmelte er leise, aber Tom wurde das Gefühl nicht los, dass noch wesentlich mehr hinter dieser Aussage steckte. Aber das konnten sie ein anderes Mal klären. Ihm brannten momentan ganz andere Dinge auf der Seele.

„Ich verstehe immer noch nicht, warum Georg und ich angegriffen wurden – sollten sie sich nicht lieber auf dich oder Jared oder was weiß ich wen stürzen?“ begann Tom nachdenklich weiter zu überlegen. Wer auch immer „SIE“ waren, er verstand es einfach nicht.
„Ich bitte dich, Tom – du bist das wesentlich leichtere Opfer... und wenn sie dich wählen, treffen sie am Ende damit mich, und das wissen sie ganz genau – das weiß SIE ganz genau,“ erklärte Bill aufgebracht, doch Tom verstand mal wieder nur die Hälfte. „Klärst du mich vielleicht endlich mal auf? Wer ist SIE?“ hakte er nach und ließ Bill dabei nicht aus den Augen. Der seufzte einmal laut und theatralisch, bevor er sich zu einer Antwort herabließ.

„Sie ist Mia. Sie hat sozusagen die Kontrolle über die Stadt, alle tanzen nach ihrer Pfeife – bis ich hierher kam. Ich kann nämlich ganz gut für mich alleine sorgen, ich brauche keinen Clan oder eine Familie oder was auch immer... – kurz, ich brauche niemanden, der für mich Entscheidungen fällt. Und da ich es eben bevorzuge, ganz anders zu leben, kannst du dir vielleicht vorstellen, dass sie mich nicht besonders mag.“ Bill machte eine Pause und starrte Tom aufmerksam an. Das war wohl noch reichlich untertrieben...

„Das hab ich gemerkt“, war aber alles, was ziemlich trocken aus Toms Mund kam. Jetzt hatte er eine Menge Informationen, aber wirklich schlauer war er deswegen noch lange nicht.
„Und wie soll das alles jetzt weiter gehen?“, fragte er schließlich ein bisschen überfordert, weil ihm im Augenblick nichts anderes mehr dazu einfiel. Vielleicht hatten seine Gehirnzellen doch mehr gelitten, als er bis jetzt gedacht hatte. Wer wusste das schon.

„Das weiß ich leider auch noch nicht so genau. Zuallererst musst du wieder halbwegs auf die Beine kommen. Und ich kann den Club erst mal ein paar Tage nicht aufmachen, außerdem muss da vorher sowieso ein Fachmann ran... es ist alles ein wenig demoliert, um es mal vorsichtig auszudrücken. Und du und Georg, ihr müsst erst mal hier in der Wohnung bleiben“, erklärte Bill, was Tom sofort ein protestierendes Geräusch entlockte. Er wollte nicht hier bleiben – zumindest nicht für längere Zeit. Und Georg würde das auch nicht wollen...

„Tom, deine Wohnung wird mittlerweile überwacht, da bin ich mir ziemlich sicher. Das ist viel zu gefährlich“, unterbrach Bill seine Gedanken. Tom sah ihn böse an. Immerhin hatte dieses schwarzhaarige Miststück ihm diese ganze Chose hier eingebrockt. Mehr oder weniger jedenfalls.

„Ich geh halt nur tagsüber raus“, hielt er dagegen, so schnell wollte er sich hier und jetzt garantiert nicht klein kriegen lassen. Schon gar nicht von Bill.
„Das wird dir aber nichts nützen... Mia hat ihre Leute überall – und sie kennt auch ein paar Menschen“, widersprach Bill. Er sah aus, als könne er sich nicht entscheiden, ob er nun Mitleid mit Tom haben sollte oder ob er einfach nur genervt war von diesem Gespräch. Aber das war Tom gerade relativ egal.

„Toll. Dann sind wir hier also eingesperrt oder wie soll ich das verstehen?“, murrte Tom, eher zu sich selbst als an jemand Bestimmten gerichtet. Er sah allerdings gerade aus dem Augenwinkel, wie Bill nachsichtig lächelte und wäre am liebsten schon wieder explodiert. Doch das würde seinen Gesundheitszustand nicht verbessern, und er musste sich jetzt zusammenreißen. Koste es, was es wolle. Aber das war einfacher gedacht als in die Tat umgesetzt.

„Ich könnte dich umbringen, Bill, weißt du das? Aber das wäre gar nicht so einfach, stimmt`s? Ich könnte nicht so einfach ein Messer nehmen und dich erstechen, hab ich Recht? Aber vielleicht darf ich mal auf dich schießen? Dann passiert bestimmt gar nichts weiter... oder? Das Einschussloch verschwindet wie von Zauberhand und alles ist wieder gut... hast du uns ja eben wundervoll und eindrucksvoll bewiesen... aber wenn du doch so unverwundbar bist, warum hast du dann nicht Georg und mich gleichzeitig gerettet? Dann wäre das alles gar nicht so schlimm geworden, wie es jetzt ist, und ich könnte mich... auaa... scheiße... ich könnte mich zumindest bewegen, verdammt noch mal,“ bombardierte Tom Bill mit Fragen, und hatte sich in seiner Aufregung schon wieder so unkontrolliert bewegt, dass er sofort die Quittung dafür bekam. Verzweifelt versuchte er, ruhiger zu atmen und sich nicht so gehen zu lassen.

Bill verfolgte seinen Ausbruch unterdessen mit halb wütendem, halb amüsiertem Gesicht. „Dann bin ich wohl doch nicht Superman“, gab er jetzt ironisch von sich.
„War das jetzt ne Antwort? Und wenn ja, auf welche Frage?“, regte sich Tom immer noch auf. Er konnte im Moment rein gar nichts lustig finden. Schon gar nicht Bills Sarkasmus, der war ja wohl völlig fehl am Platz.

„Tom, es tut mir leid, aber wir werden uns wohl oder übel irgendwie hier arrangieren müssen, bis wir eine Lösung gefunden haben, okay?“, schnaubte Bill, jetzt doch genervt. Tom bedachte ihn mit einem letzten wütenden Blick, dann wandte er sich an Georg. Wenn er jetzt noch länger mit Bill debattierte, würde er durchdrehen. Und bestimmt den Kürzeren ziehen. Und außerdem brauchte Georg seine Hilfe. Wobei der nicht so aussah, als wäre er überhaupt im Hier und Jetzt.

„Georg?“, fragte Tom unsicher. Wiederbelebung konnte er nicht wirklich, dann hätte er ein Problem. Ein Problem mehr...



* * *

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#318

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 15.12.2009 08:02
von Erna

*gelesen hab und nach mehr bitte*

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#319

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 15.12.2009 14:22
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

Bill... der Rebell unter den Vampiren *cool find*

Mir gefällt auch, wie Bill mit Jared umgeht xD ... und dass sie da jetzt erstmal miteinander "eingesperrt" sind

hach schön *die Geschichte sehr mag*

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#320

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 28.12.2009 16:54
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

Ich hab nicht mal auf euch reagiert... *schäm
dafür drück ich euch jetzt einfach mal ganz fest^^


* * *

Georg?“, wiederholte Tom noch einmal sein Vorhaben, Georg aus seiner Trance herauszuholen, diesmal wesentlich eindringlicher und fordernder. Er machte sich inzwischen ernsthaft Sorgen um den Geisteszustand seines Freundes, vergessen waren erst einmal seine eigenen Probleme.

Endlich wandte Georg langsam den Kopf und sah ihn mit trübem Blick an. „Ich will nach Hause“, murmelte er leise.
„Ich will auch nach Hause, Georg. Aber im Moment sitzen wir hier fest. Machen wir einfach irgendwie das Beste draus.“ Tom bemühte sich um eine beruhigende Stimmlage und war erstaunt, wie gut ihm das auch gelang. Er wünschte sich selbst gerade sehnlichst an einen anderen Ort, aber das durfte er Georg nicht unbedingt merken lassen. Und er war schon froh, dass sein Freund überhaupt mit ihm redete.

„Aber ich will nicht hier bei diesem... Wahnsinnigen bleiben“, beharrte Georg, und Tom wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Wen er mit „Wahnsinnigen“ meinte, war nun wirklich nicht schwer zu erraten.

„So schlimm ist er gar nicht, glaub mir“, sagte Tom, aber wirklich überzeugend klang es nicht in seinen Ohren. Wen genau wollte er mit der Nummer eigentlich hinter dem Ofen hervorlocken?
„Oh... Dankeschön“, hörte er Bill leise neben sich murmeln. Es klang nur eine winzige Spur sarkastisch.

„Du bist mit einem Verrücken ins Bett gestiegen, Tom!“, riss Georg jetzt wieder die Aufmerksamkeit an sich. Tom überlegte ernsthaft, wie viel er ihm verraten sollte und ob es etwas nützen würde oder ob Georg dann vielleicht völlig durchdrehte. Er klang jetzt schon ein wenig hysterisch, also war jetzt wohl nicht gerade der richtige Zeitpunkt.

„Also bitte. Ich mag ja vieles sein, aber verrückt bin ich nicht“, muckte Bill in diesem Augenblick leicht geladen auf. „Natürlich nicht“, schaltete sich Jared schnell dazwischen. Tom sah ihn erstaunt an. Er war die letzten Minuten so ruhig gewesen, dass er seine Anwesenheit schon fast wieder ausgeblendet hatte. Vielleicht war das ein heikles Thema für Bill? Er hatte sich so gereizt angehört... so untypisch gereizt irgendwie... und Jared war für Toms Geschmack ziemlich hektisch dazwischen gegangen.

„Bill ist nicht verrückt“, sagte Tom ohne weiter darüber nachzudenken an Georg gewandt und hoffte inständig, dass es damit jetzt gut war. Wobei das wohl eher eine vage Hoffnung war. Aber er hatte so langsam keine Kraft mehr für Erklärungen, die er nicht mal selbst richtig zu erklären wusste.

Doch Georg lief jetzt erst zur Höchstform auf. Er ignorierte Toms Einwand und ließ in voller Lautstärke allerlei Flüche und Verwünschungen auf Bill los und ereiferte sich dabei so sehr, dass er aufstehen musste, damit er mehr Bewegungsfreiheit für seine wilden Gestiken hatte. Tom betrachtete seinen Freund stumm mit vor Entsetzen geweiteten Augen. Ein paar Mal versuchte er dann doch schlichtend einzugreifen, aber seine Worte wurden gleich wieder im Keim erstickt, oder eher niedergebrüllt, und Tom wusste, dass die Situation jetzt irgendwann eskalieren würde. Es war sicherlich nicht klug, Bill dermaßen zu provozieren. Auch Jared war wieder auffallend ruhig geworden, und plötzlich hafteten wie auf Kommando alle Blicke auf Bill, der sich bis jetzt scheinbar gelassen und ohne eine einzige Erwiderung all das angehört hatte, was Georg ihm so gnadenlos um die Ohren haute. Doch jetzt stand der Schwarzhaarige in aller Seelenruhe auf, als würde ihn das alles gar nichts angehen, und verschwand hüftschwingend in die angrenzende Küche. Das veranlasste Georg endlich zu einer kleinen Atempause. Ungläubig starrte er Bill hinterher, die Hände immer noch aufgebracht in der Luft erhoben, doch jetzt ließ er sie langsam sinken.

„Wo willst du denn hin? Ich bin noch lange nicht fertig mit dir“, rief er Bill nach einigen Sekunden hinterher, doch es kam keinerlei Reaktion. Tom atmete einmal tief durch, er konnte nicht daran glauben, dass sich das Ganze jetzt so mir nichts dir nichts erledigt hatte – dafür dachte er Bill schon gut genug zu kennen.

Es dauerte eine kleine Weile, bis Bill wiederkam – ein Glas Wasser in der Hand und einen undeutbaren Blick im Gesicht. Tom wurde es umgehend flau im Magen, und Georg, der bisher geschwiegen hatte, wetterte erneut los. „Ach so. Während wir hier alle nacheinander verrückt werden, holt der werte Herr sich erst mal was zu trinken, ich glaub...“ „Ich dachte, ich bin hier der Verrückte“, fiel Bill ihm demonstrativ ins Wort, und Georg verstummte vor Verblüffung, bevor sich sein Gesicht schon wieder wütend verzerrte. Aber er kam nicht dazu, Bill zu sagen, was er von dieser Aktion hielt.

„Außerdem will ich mir ja nicht nachsagen lassen, ich sei ein schlechter Gastgeber, also hab ich was zu trinken geholt – für dich“, sagte Bill mit einer Mischung aus Freundlichkeit und Berechnung, ehe Georg ihn erneut mit einer seiner Schimpftiraden überschütten konnte. Tom sah das gefährliche Glitzern in Bills Augen, aber er konnte es beim besten Willen nicht zuordnen.
„Ich hab keinen Durst“, wehrte Georg das hingehaltene Glas ab, aber seine Stimme hatte erheblich an Bösartigkeit verloren – Bill hatte ihn offensichtlich gehörig aus dem Konzept gebracht.

„Komm schon, Georg, du hast noch nichts getrunken, seit du hier bist“, beeilte sich Tom, seinen Freund zu überreden. Warum, wusste er selbst nicht zu sagen, er wollte jetzt einfach nur noch seine Ruhe und sich mit nichts mehr auseinander setzen müssen.

„Aber...“, wollte Georg erneut widersprechen, doch Bill drückte ihm mit einem „Jetzt trink, und dann beruhigst du dich endlich und wir unterhalten uns mal ganz vernünftig, okay?“, das Glas in die Hand. Georg starrte ihn einige Momente an, als zweifelte er an wessen Verstand auch immer, aber dann trank er tatsächlich das ganze Glas in einem Zug leer. Tom wusste haargenau, dass Bill jetzt den Teufel tun und sich nie und nimmer mit Georg unterhalten würde – aber er hatte auch keinen blassen Schimmer, was statt dessen geschehen könnte. Um so erschrockener reagierte er, als sein Freund auf einmal unvorbereitet zu schwanken begann, und sich gar nicht mehr richtig auf den Beinen halten konnte. Bill war sofort zur Stelle und drückte ihn bestimmend neben Tom auf die Couch, und Georg ließ alles widerstandslos mit sich machen. Er rieb sich ein paar Mal hilflos über die Augen, und Tom sah die stumme Frage in seinem Gesicht, doch Georg schaffte es nicht mehr, sich anständig zu artikulieren. Schon kippte sein Kopf unkontrolliert nach hinten an die Lehne, und Bill stieß einen zufriedenen Seufzer aus, während er sich die Hände in die Hüften stemmte, um sein Werk mit unverhohlener Genugtuung zu betrachten.

„Was hast du mit ihm gemacht?“, quietschte Tom, hin und her gerissen zwischen Besorgnis und Erleichterung. Und für die Erleichterung schämte er sich umgehend, wie konnte er nur erleichtert darüber sein, dass Georg hier nicht mehr herumwütete? Er hatte schließlich allen Grund dazu gehabt.

„Beruhig dich, Tom. Es ist nur ein bisschen Schlafmittel – zugegeben, ein bisschen viel vielleicht...“, bemerkte Bill mit einem listigen Grinsen. Er schien seine Freude immer noch nicht wirklich verstecken zu wollen.

„Nein, ich... du...“, fand Tom keine Worte für das, was hier vor sich ging, aber das brauchte er auch nicht, denn Bill hatte kein wirklich nennenswertes Problem damit, ihn schon wieder zu unterbrechen. „Tom, hör zu. Tohom, hör mir zu!“

Tom tat ihm den Gefallen, er konnte jetzt sowieso nichts mehr daran ändern, dass Georg allem Anschein nach tief und fest schlief und jetzt auch noch leise zu schnarchen begann. Dann konnte es ihm ja nicht wirklich schlecht gehen, oder?

„Georg ruht sich jetzt ein bisschen aus, das ist immer noch besser, als sich nonstop von ihm beschimpfen zu lassen, nachher wäre er noch irgendwie durchgedreht oder so, ihr Menschen seid ja so was von labil...das erstaunt mich immer wieder aufs Neue. Und du kannst mir glauben, Tom, wenn ich solche Szenen bräuchte, hätte ich ne Frau, okay? Und du kommst jetzt mit nach oben, in meinem Bett kannst du allemal besser schlafen als hier. Und ich muss mich auch dringend hinlegen“, redete Bill ohne Punkt und Komma. Tom starrte ihn sprachlos an, nicht wissend, über was er sich nun zuerst aufregen sollte.

„Ich... das... du...“, stotterte er schließlich unzusammenhängend, aber Bill beachtete ihn gar nicht weiter. „Hilf mir mal“, wies er statt dessen Jared an, der herbeieilte, als hätte er nur auf diesen einen Befehl gewartet. Er fasste Tom vorsichtig unter die Schultern, während Bill sich genau so vorsichtig um seine Beine kümmerte. Zusammen trugen sie Tom die schmale Treppe nach oben.
Tom war zu schwach, um sich ernsthaft dagegen zu wehren, aber er wollte Bill gerade am liebsten ins Gesicht schreien, wo er sich seine vermeintliche Fürsorge, oder was auch immer das sein sollte, hinstecken konnte, leider war er aber schon wieder viel zu sehr damit beschäftigt, nicht all zu schmerzerfüllt zu keuchen. Die ungewohnte Bewegung seines Körpers war nicht gerade das, was er jetzt brauchte.

„Scheiße, verdammt“, fluchte Tom dann doch ungehalten los, als er gefühlte Ewigkeiten später nicht gerade sanft auf Bills Bett zum Liegen kam. Er wollte Bill eigenhändig erwürgen, der die ganze Zeit nichts besseres zu tun gehabt hatte, als ihn selig anzugrinsen. Tom fragte sich allen Ernstes, was es in dieser Situation noch zu grinsen gab. Und Jared wollte er gleich danach erwürgen, der war ein gemeiner Mitläufer, ein Komplize, der offenbar alles für Bill tun würde. Es brauchte ja nur einen Fingerschnipp von Bill, und Jared stand parat. Ob er auch aus dem Fenster springen würde, wenn Bill es so wollte? Tom begann seine momentane Umwelt langsam aber sicher abgrundtief zu hassen.

„Tut mir leid, aber du bist ganz schön schwer“, verteidigte sich Bill jetzt mit einem schiefen Lächeln, das nur schwer die Provokation dahinter verbergen konnte. „Sollte das etwa ne Entschuldigung sein? Wenn ja, dann musst du das noch ein bisschen üben, wenn ich ehrlich bin. Und wenn ich noch ehrlicher bin, wundert es mich, dass gerade von dir so eine Äußerung kommt“, knurrte Tom mit zusammengebissenen Zähnen, und wusste nicht recht, worüber er sich am meisten ärgern sollte. Er war nicht schwer! Und für Bill sollte er schon mal gar nicht schwer sein, für ihn hätte es doch eine Leichtigkeit sein müssen, ihn auch ganz alleine und mit nur einer Hand zu tragen, der wollte ihn doch bestimmt nur wieder aufziehen und vorführen, und...

„Mensch, Tom. Komm mal wieder runter. Natürlich hätte ich dich alleine tragen können, aber du musst ja nicht noch mehr Schmerzen aushalten als sowieso schon. Und ich freu mich, dass es dir wieder ein bisschen besser geht“, erklärte Bill bereitwillig, und sah ihm dabei offen ins Gesicht.
„Wie kommst du zu der hirnverbrannten Annahme, dass es mir besser geht?“, blaffte Tom ungehalten, denn so langsam reichte es ihm jetzt wirklich. Als ob sie keine anderen Probleme hätten.

„Na ja, motzen kannst du jedenfalls schon wieder ganz gut“, amüsierte sich Bill, und Tom verschluckte sich fast an seiner eigenen Spucke vor lauter Empörung über so viel Dreistigkeit. Machte Bill sich denn gar keine Gedanken, wie das alles hier weitergehen sollte? Was hatte er denn die nächsten Tage genau vor? Und was sollte jetzt mit Georg werden? Wollte er sie wirklich hier in seiner Wohnung einsperren? Und für wie lange? Und was würde passieren, wenn sie doch einfach nach draußen gingen, so bald es sein Gesundheitszustand zuließ? Sie konnten schließlich nicht für immer und ewig hier drin bleiben... Fragen über Fragen wirbelten durch Toms Kopf, auf keine hatte er eine passende Antwort, aber auch keine Kraft mehr, sie alle laut zu stellen. Er versuchte verzweifelt, die Panik, die jetzt in ihm aufsteigen wollte, mit aller Macht zu unterdrücken. Wenn er jetzt auch noch abdrehte, wahrscheinlich würde Bill dann erst ihn und anschließend den schlafenden Georg kurzerhand einfach um die Ecke bringen, damit er wenigstens diese Last schon mal los war. Oh Gott...

„Tom?“

Wie von weit weg hörte er Bill mehrmals eindringlich seinen Namen sagen, aber Tom schaffte es erst nach mehreren Anläufen, den Blick zu heben und den Schwarzhaarigen anzusehen. Bill hatte sich seiner Hose entledigt, stand jetzt nur noch in Boxershorts und T-Shirt am Fußende des Bettes, und fuhrwerkte eifrig an Toms Schuhen herum. Von Jared war weit und breit nichts mehr zu sehen, zumindest, so weit Tom das überblicken konnte.

„Was soll das?“, fragte Tom eher teilnahmslos, und war innerlich ein bisschen erschrocken darüber, wie müde und apathisch seine Stimme auf einmal klang. Hatte er nicht eben noch fast eine Panikattacke erlitten?

„Du kommst nicht mit Schuhen in mein Bett“, zeterte Bill, aber nach einem Blick in Toms Augen wurde er zuerst still, dann veränderte sich schlagartig sein Gesichtsausdruck.
„Hast du wieder schlimmere Schmerzen? Tom?“ Die Beunruhigung in Bills Stimme sprang Tom förmlich entgegen, aber er konnte nicht wirklich reagieren, nur ein kleines, langsames, und bedächtiges Kopfschütteln brachte er zustande. Er hatte nicht mehr oder schlimmere Schmerzen als vorhin, aber irgendwie wurde gerade alles zu viel, die Gedankenflut, die auf seinen Kopf einstürmte, drehte ihm fast den Magen um, aber ein einziger Gedanke kristallisierte sich immer wieder aufs Neue heraus und ließ sich einfach nicht vertreiben.

„Tom, das wird schon alles werden, du musst jetzt versuchen zu schlafen, okay? Jared passt so lange auf Georg auf und ich bleib hier bei dir, und wenn wir alle ein bisschen ausgeruhter sind, werden wir schon eine Lösung finden“, erzählte Bill drauf los, und Tom war sich nicht ganz sicher, ob er wirklich daran glaubte, was er da von sich gab, oder ob er ihn nur besänftigen wollte, weil er die Panik in seinen Augen gesehen hatte. Aber es war auch egal, es änderte jetzt im Augenblick nichts an seiner miserablen Lage.

„Bill?“, krächzte Tom mühsam, von jetzt auf gleich hatte er das Bedürfnis, seinen Gedanken raus zu lassen, der ihn immer noch so vehement bedrängte, sonst würde er jetzt gleich und auf der Stelle wahnsinnig werden.

„Hm?“, kam es erwartungsvoll zurück, Bill hatte sich inzwischen ans Fußende des Bettes gehockt und ließ Tom nicht mehr aus den Augen. Tom riss sich zusammen, bis er es endlich schaffte, noch einmal tief Luft zu holen, bevor er zum Sprechen ansetzte.

„Bill, ich hab eine Scheiß Angst.“


* * *

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#321

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 28.12.2009 17:31
von Erna

Jaja, du reagierst nicht mal auf uns. Pffft...dafür musst du aber gaaaanz liebevoll drücken
Vorallem weil ich ja auch so viel Kommi geschrieben hab


Ich les später^^ auch wenn ich eben ausversehen den letzten Satz gelesen hab beim runterscrollen und jetzt direkt neugierig bin aber....ich muss duschen und dann weg.

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#322

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 28.12.2009 17:48
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

pffff duschen und dann weg, wo gibts denn so was? Da hab ich gleich wieder vergessen, dass ich dich drücken wollte

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#323

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 28.12.2009 22:16
von Erna

Sowas vergisst man ja wohl nicht...noch mehr TTTZZZZ, als nur tzzz^^

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#324

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 28.12.2009 22:33
von Erna

Und...ich les jetzt erst morgen *mich nicht konzentrieren kann*
Gute Nacht du Schaf ^^

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#325

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 29.12.2009 14:20
von Erna

Mein drittes Post hinterteinander hier^^
Kannst mal sehen wie viel ich dir zu sagen hab

*jetzt gelesen hab*
Und du kannst mir glauben, Tom, wenn ich solche Szenen bräuchte, hätte ich ne Frau, okay? So isses
Also so langsam will ich jetzt Infos...lohooooos raus damit. *Toms Scheißangst mal teil*^^...hach bin ich gut zu Tom
In gegensatz zu Bill, auch wenn er ja hier gerade mal eher unschön zu Georg war und dann ja auch wieder nicht...einfach unnett insgesamt^^...moah, echt ma...aber haaach ich mag ihn dafür...hrrrr ich konnt ihn mir gerade wieder so herrlich vorstellen.

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#326

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 29.12.2009 16:58
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

Zitat von Tante Trude
hrrrr ich konnt ihn mir gerade wieder so herrlich vorstellen.



Das nehm ich jetzt mal als dickes Kompliment
und ansonsten bringst du mich grad zum kichern, das haben heut noch nicht all zu viele geschafft^^

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#327

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 29.12.2009 17:23
von Erna

Das war es ja auch

Ich mags wenn du kicherst

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#328

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 29.12.2009 20:27
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

Deine Kapitel sind eindeutig zu kurz *jedes Mal weiterlesen will und dann nichts da ist*^^

Mehr als ein hach bekomm ich mal wieder nicht hin jetzt

... aber zurückknuddeln... das schaff ich

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#329

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 29.12.2009 22:00
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

na immerhin

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#330

RE: From Dusk Till Dawn

in Fanfictions 31.12.2009 14:25
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

36.

Tom schnaufte leise, während er auf irgendeine Form von Reaktion wartete, und sich gleichzeitig davor fürchtete. Es fühlte sich nicht gerade gut an, vor Bill Schwäche gezeigt zu haben, und am liebsten wollte er seine unbedachte Äußerung von eben schon wieder rückgängig machen, aber es war merkwürdigerweise auch ein Stück weit befreiend. Er hatte tatsächlich Angst, die er nicht einmal treffend hätte benennen können, aber war es auf der anderen Seite nicht völlig natürlich, Angst zu haben? – Er war immerhin ein Mensch. Doch genau aus diesem Grund fragte sich Tom auch, ob er ausgerechnet bei Bill an der richtigen Adresse für seine Geständnisse war. Er kam sich fast ein wenig ausgeliefert vor.

Atemlos sah Tom zu, wie Bill jetzt langsam über das Bett zu ihm nach oben gekrabbelt kam, und obwohl seine Gedanken um tausend andere Dinge kreisten, verfolgte er jede kleinste Bewegung mit fasziniertem Blick.

„Hast du etwa Angst vor mir?“, wollte Bill leise und fast ein bisschen beleidigt wissen, als er schließlich neben ihm saß.

„Nein“, kam es wie aus der Pistole geschossen aus Toms Mund und er begegnete Bills aufmerksamem Blick. Diese Frage hatte er sich schon so oft selbst gestellt, dass er sie mittlerweile im Schlaf beantworten konnte. So kurios es auch sein mochte, er hatte nie wirkliche, nackte Angst in Bills Gegenwart empfunden, in einigen Situationen hatte er sich maximal gegruselt. Aber das war absolut nicht zu vergleichen mit dem Gefühl, dass ihm jetzt drohte, den Atem zu nehmen.

Bill schien seine Antwort zu gefallen, sein etwas skeptischer Gesichtsausdruck machte schnell Platz für einen zufriedenen. „Dann ist ja gut“, sagte er wie zur Bestätigung. Bevor Tom sich über ihn wundern oder ihn fragen konnte, warum diese Tatsache augenscheinlich so wichtig für ihn war, redete Bill schon weiter. „Ich glaub dir, dass du Angst hast. Wer hätte die nicht in deiner Situation? Und ich will auch nichts beschönigen, mir geht’s dabei auch nicht wirklich gut – nur bin ich eher wütend als ängstlich.“

„Du bist wütend?“, fragte Tom nach. Irgendwie verstand er Bill, und irgendwie auch nicht.

„Natürlich bin ich das. Am liebsten würde ich Mia in Stücke reißen“, knurrte Bill. Bei jedem anderen hätte sich diese Aussage wahrscheinlich eher lächerlich angehört, und niemand hätte sie wörtlich genommen, aber bei Bill klang es ernst gemeint und gefährlich, und Tom lief beim bloßen Gedanken daran, wie es wohl aussehen würde, wenn Bill seine Drohung in die Tat umsetzte, ein kalter Schauer über den Rücken.

„Das beruhigt mich jetzt nur geringfügig, das ist dir schon klar?“, wollte er mit einem kleinen schiefen Grinsen wissen, was Bill umgehend dazu brachte, seine zu Fäusten geballten Hände wieder aus ihrer Verkrampfung zu lösen.

„Du solltest wirklich ne Runde schlafen. Dein Körper muss sich erholen“, lenkte Bill vom Thema ab, aber Tom schüttelte vorsichtig den Kopf. Mittlerweile fürchtete er sich auch davor, von Alpträumen geplagt zu werden, so bald er die Augen schloss. Dass er dringend Erholung brauchte, wusste er selbst am besten, aber noch war die Aufregung größer als das Bedürfnis nach Schlaf, und so lange das Adrenalin immer noch heiß durch seine Adern preschte, war an Ruhe nicht zu denken. Und er hatte keine Ahnung, wie er sich beruhigen sollte.

„Ich kann nicht“, sagte er langsam, aber völlig überzeugt von seinen Worten.

„Tom... hier drin musst du keine Angst haben. Du bist hier erst mal in Sicherheit, dafür werde ich schon sorgen“, machte Bill ihm noch einmal eindringlich klar, aber Tom entlockte es nur ein müdes Lächeln, weil er schon wieder viel weiter dachte. Er konnte nicht für immer und ewig hier drin bleiben, so naiv war er nicht, und er wollte es auch gar nicht.

„Du hast mich schon zu weit in deine Welt gelassen, als dass ich daran noch glauben könnte. Im Moment hab ich sogar Angst vor meinen eigenen Schatten“, gab Tom unumwunden und ohne nachzudenken zu, und biss sich schon im nächsten Moment auf die Lippen. Das hatte er eigentlich gar nicht sagen wollen, schon gar nicht so deutlich, das war ja hier der reinste Seelenstriptease. Aufgebracht starrte er auf die Bettdecke und spielte nervös mit seinen Fingerspitzen, um sich irgendwie abzulenken. Eine zierliche feingliedrige Hand stoppte nur ein paar Sekunden später sanft seine so sinnlose Tätigkeit.

„Tom? Sieh mich mal an“, folgte eine Bitte, der Tom nur zögerlich nachkam. Irgendwie war es ihm peinlich, so offen und ehrlich zu sein, aber trotzdem zweifelte er nicht daran, dass es genau so richtig war. Er musste sich ein bisschen Mühe geben, aber mit einiger Anstrengung hielt er Bills Blick stand.

„Ich werde mich darum kümmern, okay? Mia ist nicht dumm – aber ich bin gerissener. Sie kommt am Ende nicht gegen mich an, du wirst schon sehen. Und ich versprech dir, dass du nicht all zu lange hier eingesperrt bleiben musst, okay? Aber du musst mir auch was versprechen“, sagte Bill, während er immer noch forschend Toms Gesicht studierte.
„Was denn?“, hakte Tom nach, und er konnte spüren, dass sich sein Herzschlag langsam wieder etwas verlangsamte. Wahrscheinlich war das eher Bills momentaner ruhiger und gelassener Ausstrahlung zu verdanken als seinen Worten, aber das war ihm gerade egal, Hauptsache, es verfehlte nicht seine Wirkung.

„Ich will, dass du dich jetzt ein bisschen ausruhst.“ Bills wohl als Bitte gemeinter Satz hatte durch den herrischen Unterton eher wie ein Befehl geklungen, aber Tom nickte dennoch, das war so typisch für Bill. „Versprochen.“
Sein Blick fiel wieder auf ihre immer noch miteinander verschlungenen Finger. Tom hatte nicht einmal bemerkt, dass er derjenige gewesen war, der Bill nicht wieder losgelassen hatte, diese Tatsache wurde ihm erst jetzt richtig bewusst.

„Mach die Augen zu“, flüsterte Bill plötzlich ganz nah an seinem Ohr und Tom zuckte kurz zusammen, als ihm ein kleiner Kuss auf den Mundwinkel gedrückt wurde. Unweigerlich wurden seine Gedanken in eine andere Richtung gelenkt, er dachte daran zurück, wobei Georg Bill und ihn mit seinem Anruf unterbrochen hatte... es kam ihm vor wie aus einem anderen Leben, so weit entfernt, dass er es fast vergessen hatte. Und trotzdem war es Bill gelungen, dass er sich jetzt etwas entspannte und ein bisschen ruhiger atmend die Augen schloss.

Ein paar Minuten herrschte Stille, aber diesmal war sie Tom nicht unangenehm. Richtig loslassen konnte er aber immer noch nicht und so schlug er doch noch einmal die Augen auf, wandte langsam den Kopf und sah Bill direkt neben sich liegen.

„Bill?“

„Hm?“

„Als du mich... gerettet hast...“, begann Tom, brach aber wieder ab, weil sich das, was er fragen wollte, so unglaublich lächerlich in seinen Ohren anhörte, dass es ihm jetzt doch albern erschien, es laut auszusprechen.
„Ja?“ Bill hob den Kopf, um ihn besser ansehen zu können, und Tom fasste sich doch ein Herz.

„Warum bist du mit dem Auto gefahren? Du hättest doch auch einfach... fliegen können“, nuschelte Tom undeutlich. Warum er ausgerechnet jetzt darauf kam, wusste er selbst nicht. Bill grinste einen Augenblick, dann wurde er wieder ernst.

„Glaub mir, du warst in meinem Wagen wesentlich besser aufgehoben in deinem Zustand. Aber der Hauptgrund ist, dass ich leider nicht fliegen kann, wenn ich verletzt bin. Und in dem Moment war ich nun mal verletzt“, erwiderte der Schwarzhaarige.

„Okay“, gab Tom nur zurück, nicht wissend, was er jetzt sonst darauf antworten sollte.
„Wir haben doch vorhin schon festgestellt, dass ich eben doch nicht Superman bin“, setzte Bill noch hintendran, wieder sarkastisch wie immer, und darauf wusste Tom nun erst recht nichts mehr zu sagen. Alles, was passiert war, kam ihm immer noch völlig verrückt vor, und dennoch war es Realität, ob es ihm nun gefiel oder nicht.

„Schlaf jetzt“, mischte sich wieder Bills Stimme unter seine verworrenen Gedankengänge, und diesmal gehorchte Tom, und ließ sich endlich auf die Forderungen seines Körpers ein. Er hatte immer noch so viele Fragen, aber die konnte er auch noch stellen, wenn es ihm wieder halbwegs besser ging.

* * *

Tom schlief unruhig, träumte verwirrende Dinge, die in keinem Zusammenhang standen, und jede Drehung oder noch so kleine Bewegung seines Körpers ließ ihn selbst im Schlaf nicht vergessen, wie übel er zugerichtet worden war. Einmal wachte er auf und war sich sicher, dass Bill nicht mehr neben ihm lag, er hörte ihn leise mit jemandem reden, doch die Erschöpfung war so groß, dass er trotzdem sofort wieder einschlief und hinterher nicht mehr sagen konnte, ob er es vielleicht doch nur geträumt hatte.

Als er das erste Mal wieder richtig zu sich kam, dauerte es einige Zeit, bis er sich orientiert hatte und ihm nach und nach wieder einfiel, warum die Umgebung sich so fremd anfühlte. Der zweite Gedanke machte ihm bewusst, dass er wider Erwarten keinen wirklichen Alptraum gehabt hatte. Er hatte definitiv geträumt, aber nichts all zu Schlimmes, zumindest konnte er sich nicht in Einzelheiten daran erinnern. Ein erleichtertes Seufzen entfloh seinem Mund, dann öffnete er langsam die Augen. Er hatte lange geschlafen, das war spürbar, und draußen war es dunkel, das wusste Tom, auch wenn er es wegen der dicken Vorhänge vor den Fenstern nicht sehen konnte. Seine innere Uhr hatte einfach schon immer ganz gut funktioniert.

Vorsichtig bewegte er seine Gliedmaßen ein wenig und war überrascht, wie gut ihm der Schlaf offenbar getan hatte. Noch immer spürte er seine Blessuren, keine Frage, aber wenn er keine all zu ruckartigen Bewegungen vollführte, fühlte es sich schon fast wieder normal an und verursachte keine wahnsinnigen Schmerzen mehr wie noch vor ein paar Stunden. Ob er sich wohl auch schon alleine hinsetzen konnte? Einen Versuch war es immerhin wert, und nach einiger Anstrengung gelang es ihm tatsächlich, sich aufzusetzen. Jetzt meldete allerdings sein Kopf Protest an, aber es war nur noch ein leises Pochen hinter seiner Stirn, das er gut in den Hintergrund drängen konnte.

„Geht’s dir ein bisschen besser?“, wurde Tom aus seiner ganz eigenen stillen Körperwiederentdeckung gerissen. Sein Blick wanderte zu Bill, der sich neben ihm im Bett ebenfalls aufgesetzt hatte, und eine fast unheimliche Ruhe ausstrahlte.

„Ich glaub schon“, sagte Tom erleichtert. Zumindest für den Moment war er wirklich erleichtert.

* * *

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