#61

RE: Killing me softly

in Fanfictions 02.01.2008 18:00
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

hach... das ist ja schön *gern Motivationsschub bin*

#1

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#62

RE: Killing me softly

in Fanfictions 02.01.2008 19:30
von Gosu • Besucher | 2.584 Beiträge

Hallo schaefchen,

ich habe heute auch alles nachgelesen und bin voll süchtig nach der Fortsetzung *hechel bibber hechel*

Und ich drück mit Kim gemeinsam Daumen, dass Bill doch was mit Tom hat *grins*

*noch mehr Motivation zum Schreiben rüberschick*^^

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#63

RE: Killing me softly

in Fanfictions 03.01.2008 22:25
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

dann will ich euch mal erlösen^^
und jetzt geh ich schlafen, das war ein harter Tag
gut Nacht


11.


Das Vogelgezwitscher erstirbt in meinen Ohren. Ich kann nicht glauben, was ich sehe, ich muss einen Knick in der Pupille haben oder so. Nein, ich halluziniere. Das muss es sein. Ich sehe dort vorne nicht die einzigen zwei Menschen stehen, die mir wirklich etwas bedeuten. Und sie stehen auch nicht viel zu nah beieinander. Und vor allem sehen sie sich nicht gegenseitig tief in die Augen. Nein. Nein. Nein. Das kann einfach nicht wahr sein.
„Wir sollten reingehen“ höre ich Bill wie durch Watte sagen, aber Tom schüttelt den Kopf. Er hat dieses dreckige Grinsen im Gesicht kleben. Das Grinsen, das normalerweise MIR vorbehalten ist. MIR! Ich sollte gehen, ich sollte so schnell wie möglich von hier verschwinden, aber ich bin wie gelähmt, ich kann nicht mal meinen kleinen Zeh rühren. „Ach komm schon Honey“ flüstert Tom, zieht Bill in eine Umarmung und dieser erwidert plötzlich das Grinsen, sieht aus, als hätte er nur darauf gewartet. Honey? Also ich halluziniere nicht nur, ich habs auch noch mit den Ohren. Honey. Wenn mich nicht sofort jemand aus diesem Traum weckt, dann schreie ich. Ich schreie, so laut ich kann. Garantiert.

Aber es weckt mich niemand und noch immer hat diese komische Lähmung von mir Besitz ergriffen und so sehe ich entsetzt zu, wie Tom Bill kurzerhand an die Wand des Schuppens drückt und seine Lippen fordernd auf Bills Mund presst. Okay, ich bin nicht gelähmt, ich bin in Trance. Auf Drogen. Jemand hat mir kleine fiese Pillen in die Nudeln gemischt.
Eigentlich hab ich schon jetzt mehr als genug gesehen, mehr als ich verkraften und verarbeiten kann, aber ich kann mich erst von diesem Anblick losreißen, als Bill ein Bein um Toms Hüften schlingt und ein unterdrücktes Keuchen seinen Mund verlässt.

Wie von der Tarantel gestochen mache ich kehrt, renne zurück ins Haus und verschwinde türenschlagend in unserem Zimmer. Moment mal, unserem Zimmer? Das kann er aber vergessen, aber so was von... Soll er doch bei seinem „Honey“ schlafen!
Meine Wut erreicht bisher unbekannte Ausmaße, ich könnte schreien, ich könnte etwas zerschlagen und vor allem kann ich es einfach nicht glauben. Was zum Teufel läuft hier eigentlich?

Doch dann, schneller als mir lieb ist und vor allem schneller, als ich es von mir gewohnt bin, beruhige ich mich. Eigentlich hat es doch mein Unterbewusstsein schon die ganze Zeit gewusst oder zumindest geahnt. Ich wollte es nur nicht wahrhaben. Ich habe die Zeichen gesehen. Die viele Zeit, die sie miteinander verbracht haben. Die Blicke. Die Berührungen. Die Andeutungen.
Und außerdem war ich auch nicht ehrlich zu Tom. Bill ist mir nicht egal, gerade eben ist mir das wieder schmerzhaft bewusst geworden. Hab am Ende ich die beiden dazu getrieben? Nein, sicher nicht.
Aber ich kann es nicht ändern, ich bin nicht mehr so geschockt wie vorhin und ich bin auch nicht mehr so wütend wie vorhin. Nicht mal traurig. Irgendwie fühle ich mich leer. Wie taub, als wäre es in mir drin ganz still. Ausnahmezustand. Ja, das trifft es wohl.

Doch ich werde mir nicht die Blöße geben, und den beiden zuvorkommen. Sie sollen ihr Geständnis ablegen, ich will hören, wie sie stottern und nicht wissen, was sie sagen sollen. Ich brauche Genugtuung.


12.


Eine Stunde später komme ich betont ruhig die Treppe runter und sehe sie alle Mann versammelt auf der Terrasse sitzen. Mein Herz schlägt schnell und ich presse die Kiefer fest aufeinander, aber ich glaube, ich werde es schaffen, mich zu beherrschen. Wie hat Bill so schön zu mir gesagt: Sei doch einmal ehrlich zu dir selbst...
Dann sollen sie aber auch ehrlich zu mir sein. Also auf in den Kampf.
„Hey Shirin, alles okay?” begrüßt mich Ava, sieht mir sorgenvoll entgegen und ich muss noch einmal tief Luft holen. „Ja, alles bestens, ich war nur kurz draußen vorhin und dann bin ich oben eingeschlafen“ brabbele ich vor mich hin. Anscheinend hab ich das Lügen doch noch nicht ganz verlernt, denn keiner scheint ernsthaft an meiner Aussage zu zweifeln. „Wir haben grad beschlossen, heute hier zu bleiben, es ist so gemütlich auf der Terrasse... ist das in Ordnung?“ fragt Gustav und ich nicke. „Klar“ sage ich so locker wie möglich, lasse mich schwungvoll neben Gustav in den Stuhl fallen und bekomme sogleich ein Glas Wein vor die Nase gestellt. So lässt sich das doch aushalten. Einigermaßen. Hätte ich nicht genau mir gegenüber die zwei verlogensten, widerlichsten... okay, lassen wir das. Kurz flammt der Gedanke in meinem Kopf auf, dass einfach alles eine Farce, eine Illusion ist. Meine Beziehung, dieser Urlaub, eigentlich mein ganzes Leben. Doch in der nächsten Sekunde verdränge ich das mit aller Macht, die ich besitze und irgendwie gelingt es mir, wieder runterzukommen. Nur kann ich mir nicht vorstellen, dass mir das keiner anmerkt. Gekonnt weiche ich sämtlichen Blicken aus.

„Shirin...“ Hat es Tom doch tatsächlich gewagt, mich anzusprechen? „Nicht jetzt!“ fauche ich, fixiere ihn mit einem wütenden Blick und leere dann mein Weinglas in einem Zug. Ich brauche schließlich eine Grundlage für diesen Abend. „Nicht jetzt? Du weißt doch gar nicht, was ich wollte“ sagt Tom irritiert, blickt kurz zu seinem Bruder, als ob der ihm jetzt aus der Patsche helfen könnte. „Was wolltest du denn?“ frage ich in so liebenswürdigem Ton, dass es schon wieder provozierend klingt. Aber was solls. Ich kann nun mal nicht aus meiner Haut und er soll froh sein, dass ich mich nicht gleich auf ihn stürze. Das hebe ich mir für später auf.
„Ich wollte... ach Mensch Shirin, wir sollten uns nicht immer streiten“ meint Tom und sieht mich mit bittendem Hundeblick an. „Tz... das ist ja mal ein guter Witz. Ich werde später lachen“ antworte ich.
„Lass uns besser reingehen“ schlägt Ava in Richtung Gustav vor. Ich hab schon fast vergessen, dass die beiden hier mit am Tisch sitzen. „Warum? Ihr wisst doch sicherlich schon, dass Bill und Tom sich neuerdings gegenseitig das Gehirn rausvögeln oder? Dann könnt ihr auch hier bleiben“ ist mein Kommentar dazu. Uuups. Das ist mir jetzt so rausgerutscht. Wie war das gleich mit Beherrschung?

Ich höre Bill nach Luft schnappen, sehe gleichzeitig, wie Tom auf einen Schlag blass wird und Gustav merklich in seinem Stuhl zusammensinkt. Jetzt hab ich sie aber alle aus der Fassung gebracht... wenn es nicht so krank wäre, würde ich mich glatt darüber freuen.
Einen wundersamen Moment lang herrscht Totenstille. „Aber... aber...“ stottert Tom dann los und fast muss ich lachen. Wobei das dann wieder leicht hysterisch klingen würde, so wie ich mich kenne. Und das wollen wir ja nicht. „Shirin...“ Das kam jetzt von Gustav, aber mit einem einzigen Blick bringe ich ihn zum Schweigen. „Ich wollte eigentlich warten, bis ihr stammelnd vor mir steht und ein Geständnis ablegt, aber das hab ich mir nun wohl verdorben“ stelle ich bedauernd fest, ergötze mich einen Moment lang an Toms entsetztem Gesichtsausdruck und greife im nächsten Augenblick nach der Weinflasche, schütte mein Glas erneut voll. „Aber...“ sagt Tom wieder und irgendwie platzt mir in dieser Sekunde einfach der Kragen. „Halt den Mund!“ schreie ich ihn ungehemmt an. Ich kann seine Lügen nicht mehr länger ertragen.

„Wie lange weißt du es schon?“ Zum ersten Mal hat mich jetzt Bill angesprochen. Ich starre ihn eine Sekunde zu lange an, bevor ich antworte. „Man sollte vielleicht nicht am helllichten Tag mitten im Garten übereinander herfallen, wenn man genau das verheimlichen will“ sage ich dann langsam, aber schneidend. Tom springt so schnell auf, dass sein Stuhl umkippt, rennt ins Haus und einen Augenblick später knallt eine Tür. Erneut greife ich zu meinem Glas und schütte den Inhalt in einem Zug hinunter, der nächste Griff ist der nach der Weinflasche, als mich Bills Hand plötzlich stoppt. „Was soll das denn?“ fauche ich ungehalten, aber er hat mein Handgelenk so fest umklammert, dass ich die Flasche schließlich wieder abstelle. „Komm mit“ sagt er ruhig, steht auf und zieht mich hinter sich her. Ich bin völlig überrumpelt, so dass ich glatt vergesse, mich irgendwie zu wehren.

Bill schleift mich bis zu dem Geräteschuppen ganz hinten im Garten, an dem er vor ein paar Stunden noch mit Tom... „Ich bin nicht Tom!“ stelle ich klar, nicht, dass er noch auf dumme Gedanken kommt. „Shirin, du solltest wirklich den Wein lassen“ meint Bill trocken, lässt mich aber immer noch nicht los. „Du hast mir gar nichts zu sagen, und schon gar nicht, was ich zu tun und zu lassen hab!“ flippe ich aus, zerre gleichzeitig an meinem Arm, bis er diesen nach einem kurzen Gerangel endlich freigibt. „Du hörst dir jetzt trotzdem an, was ich zu sagen hab“ lässt sich Bill nicht aus der Ruhe bringen. Scheiße. Wie schafft er das nur immer wieder? Ich sollte meine Beine in die Hand nehmen und sehen, dass ich hier wegkomme. Statt dessen stehe ich hier wie bestellt und nicht abgeholt und weiß nicht, was ich denken soll. „Es tut mir leid, ich wollte es dir schon viel früher sagen, aber Tom hat gestreikt“ sagt Bill, immer noch ruhig und gefasst. „Toll“ gebe ich zu Protokoll, mehr fällt mir beim besten Willen nicht ein. Meint er jetzt allen Ernstes, damit ist das Ganze geklärt oder wie? „Shirin, kannst du dich noch erinnern, dass ich dir heute gesagt hab, du sollst ein einziges Mal ehrlich zu dir selbst sein?“ Puhh, schwierige Frage. Hat er mir das gesagt? Kann ich mich noch erinnern?

„Ja“ sage ich schließlich zögerlich, nicht sicher, ob ich damit in eine Falle tappe. „Gut. Liebst du Tom?“ will Bill wissen. „Natürlich“ erwidere ich prompt, obwohl ich mir da seit ein paar Stunden ehrlich gesagt nicht mehr so sicher bin. „Okay. Tom liebt dich auch“ sagt Bill jetzt und trägt damit nicht gerade dazu bei, dass sich meine Gedanken entwirren. „Ja genau, das hab ich vorhin gesehen“ zische ich sarkastisch. „Warte“ befiehlt Bill und hebt die Hand. „Was?“ Schon wieder gerate ich in Rage. “Bitte” fügt Bill hinzu und da es sich ausnahmsweise mal ehrlich anhört, warte ich, was jetzt kommt.
„Und was ist mit mir?“ Sein Blick verändert sich, wird intensiver. „Was soll mit dir sein?“ stelle ich mich dumm. „Hast du auch Gefühle für mich Shirin?“

Da ist sie also. Die Frage aller Fragen. Die Frage, die ich seit über einem Jahr verdränge, so gut es eben geht. Und ich möchte diese Frage nicht gestellt bekommen, nicht von Tom und schon gar nicht von Bill und schon überhaupt gar nicht jetzt, weil ich mich nicht mit ihr auseinandersetzen will. Ich antworte nicht, halte seinem Blick aber stand. „Ich auch“ sagt Bill in die eingetretene Stille hinein. „Was du auch?“ frage ich wieder. Ich hab keine Ahnung, was er mir überhaupt damit klar machen will. „Shirin, dein Blick ist Antwort genug. Begreifst du das denn nicht? Wir lassen uns alle gegenseitig nicht ganz kalt...irgendwie... und das ist noch mehr als untertrieben ausgedrückt wie ich finde... “ versucht er zu erklären. Aha. Ich glaub, mir wird das hier grad zu viel des Guten.







Das war übrigens damals das erste Mal, das ich überhaupt so was in der Richtung geschrieben hab tihihi
und wo bin ich heute gelandet?^^

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#64

RE: Killing me softly

in Fanfictions 03.01.2008 22:49
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

Jaaaaaaaaaaaaaaah #1 #1 #1

oh Gott ist das geil... endlich... endlich

Ich hab hier so das fette Grinsen auf dem Gesicht, schäfchen... hach... das wurd aber auch Zeit

moah... was für eine Erlösung xD ... zwar noch nicht für Shirin^^ ... aber für mich umso mehr xD

allein schon die Szene, wo Shirin die Beiden entdeckt ... haaach *gar nicht aufhören kann zu hachen*

und dann hast du das Kapitel auch noch so wunderherrlich geschrieben *ganz aus dem Häuschen bin*

Ich glaube, ich deklarier das hier jetzt mal als mein Lieblingskapitel der ganzen Story bisher xD ... hach wie schön, dass du mit dem ersten Ende nicht aufgehört hast

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#65

RE: Killing me softly

in Fanfictions 03.01.2008 22:57
von Gosu • Besucher | 2.584 Beiträge

Waaahhhhh endlich *jubelnd im Kreis hüpf*

Ich finde diese Wendung mehr als lecker ...was heisst Wendung...wir haben es doch gleich gewusst, nur jetzt ist es offiziell ^^

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#66

RE: Killing me softly

in Fanfictions 03.01.2008 23:00
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

hach... dieser Teil passt zu so vielen schönen Sachen, die mir heute über den Weg gelaufen sind

*nochmal mit Gosu mit jubelnd im Kreis hüpf* ... hihi... jetzt hab ich so ein Bild zweier Indianer im Kopf, die um ein Lagerfeuer tanzen xD

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#67

RE: Killing me softly

in Fanfictions 03.01.2008 23:06
von Gosu • Besucher | 2.584 Beiträge

Oh ja, ich finde, dieses Kapitel rundet diesen Tag wundervoll ab und eigentlich müsste ich jetzt ins Bett gehen, besser kanns heute nicht mehr werden.^^ *vorher noch ne Runde mit Kim rumtanz*

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#68

RE: Killing me softly

in Fanfictions 03.01.2008 23:11
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

lalalalalalaaaaa *etwas aufgedreht bin* xD

da passt es mir sehr gut, dass du noch ne Runde mit mir tanzt, Gosu

hach... und noch ein fürs schäfchen ... ach... und noch eins

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#69

RE: Killing me softly

in Fanfictions 04.01.2008 15:29
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

tihihi, Gott seid ihr herrlich
aber glaubt ja nicht, dass das jetzt so weitergeht^^



13.

„Bill, ich...“ fange ich irgendwann an zu stottern. Irgendwie bin ich gerade völlig überfordert und ich glaube, noch nie hat ein derartiges Chaos in meinem Kopf geherrscht. „Ist schon okay Shirin, vielleicht sollten wir lieber reingehen“ schlägt er vor, sieht dabei gleichzeitig erleichtert und verwirrt aus und ich frage mich unweigerlich, ob ich so ähnlich oder doch ganz anders aussehe. „Hm“ murmele ich und stapfe hinterher, als Bill sich in Bewegung setzt. Von dem getrunkenen Wein spüre ich rein gar nichts mehr. Da war wohl zu viel Aufregung heute Abend... „Shirin, du solltest mit Tom reden – am besten jetzt gleich“ reißt Bill mich unvermittelt aus meinen Gedanken, ich bleibe stehen und starre ihn an. „Und dieser Vorschlag kommt ausgerechnet von dir?“ frage ich argwöhnisch und ich glaube, ich hab immer noch nicht begriffen, was hier nun eigentlich läuft. Also so richtig, so wirklich. Ich fühle mich wie in Watte gepackt, so als hätte ich nicht mehr genug Kraft, alle Einzelheiten der gesagten Wörter zu erfassen, vernünftig zu verstehen.
Und ich habe auch keine Kraft mehr, irgendwie wütend zu sein oder den beiden eine reinzuschlagen. Verdient hätten sie es ja.
„Mach es einfach Shirin, hör wenigstens einmal auf mich. Ich werd jetzt versuchen zu schlafen und morgen sehen wir weiter okay?“ Bill meint das ernst, so viel begreife ich immerhin. Trotzdem stehe ich immer noch mitten im Garten und starre ihn an, als käme er von einem anderen Planeten. „Na komm“ fordert er mich schließlich auf, nimmt wieder meine Hand und läuft weiter. Wie eine Marionette hänge ich an seinem Arm und mittlerweile kann ich überhaupt nicht mehr denken.

Als wir an der Terrasse ankommen, sehe ich Gustav und Ava nach wie vor unbeweglich auf ihren Stühlen hocken. Ob sie genau so geschockt sind wie ich? Aber nein, sie haben es doch gewusst... oder doch nicht? Mein Gott, ich drehe noch durch hier. „Gute Naaahaaaacht“ ruft Bill locker im Vorbeigehen, winkt zu allem Überfluss noch mit der freien Hand, als wäre gar nichts passiert und ein völlig normales Bild, dass er mich halb bewusstlos hinter sich herschleift. Weder Gustav noch Ava äußern sich zu diesem Schauspiel, sehen uns nur ungläubig hinterher, wie wir im Haus verschwinden.

„Haben die beiden das gewusst?“ will ich, wieder halbwegs bei Verstand, von Bill wissen, als wir die letzte Treppenstufe nach oben hinter uns gelassen haben. „Na ja, also ich kann Gustav nicht anlügen, aber er weiß es noch nicht lange“ sagt Bill ausweichend und leicht verlegen. „Aber mich kannst du anlügen ja?“ frage ich scharf. Jetzt sieht er verletzt aus. „Nein, dich noch viel weniger. Aber ich wollte auch nicht... ach Shirin, bitte lass uns das morgen in Ruhe besprechen. Geh zu Tom, er braucht dich jetzt“ meint Bill. „Und du brauchst niemanden?“ Bin ich bescheuert? Warum stelle ich ihm so eine Frage? Manchmal sollte man mir einfach den Mund stopfen. Bills Gesichtsausdruck ändert sich mehrmals innerhalb der nächsten Sekunden. Zuerst sieht er mich erstaunt an, dann glitzert es gefährlich in seinen Augen und letztendlich wird er wieder ernst. „Gute Nacht. Und jetzt geh“ flüstert er dann, beugt sich vor und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Ich bin so perplex, dass ich nicht reagieren kann und sehe nur völlig verwirrt zu, wie er in seinem Zimmer verschwindet. Die Stelle, wo seine Lippen meine Haut getroffen haben, brennt wie Feuer.

Gedankenverloren stehe ich noch einige Minuten auf dem stillen Flur und erst nach einiger Zeit wird mir bewusst, dass ich meine linke Hand auf meiner Wange liegen habe. Schnell lasse ich sie sinken und betrete dann klopfenden Herzens unser Zimmer. Es ist inzwischen fast dunkel und da drinnen kein Licht brennt, kann ich zuerst nur die Umrisse von Tom erkennen. Er sitzt auf der Fensterbank und sieht angestrengt aus dem Fenster. „Es tut mir leid Shirin“ sagt er, ohne den Blick von draußen abzuwenden. Muss echt spannend sein, was es da zu sehen gibt. Vielleicht sieht er dem Gras beim Wachsen zu. „Mir tut es auch leid“ gebe ich automatisch zur Antwort, obwohl ich nicht mal weiß, was mir leid tun soll. Dass ich so dumm war? So blauäugig? So naiv? Dass jetzt alles zu Ende ist und ich eigentlich auch gleich nach Hause fahren kann? „Shirin, wir müssen uns dringend unterhalten“ holt Tom mich in die Wirklichkeit zurück. Er steht auf und sieht mir endlich in die Augen und ich bin erschrocken über die Leere, die ich darin vorfinde. „Ich hör dir zu“ biete ich an und es fällt mir nicht mal besonders schwer. Irgendwie ist meine Wut verraucht und einem seltsamen Gefühl von Traurigkeit gewichen. Ich weiß, dass ich nicht ganz unschuldig an dem ganzen Desaster bin.

„Ich liebe dich Shirin“ flüstert Tom. „Und das soll ich dir glauben?“ presse ich hervor, schließe kurz die Augen, weil ich seinen Anblick nicht ertragen kann. „Es ist die Wahrheit“ beharrt er mit merkwürdig brüchiger Stimme. „Und was ist mit Bill?“ will ich wissen und doch auch wieder nicht. „Kann man zwei Menschen gleichzeitig lieben Shirin?“ stellt er als Gegenfrage und mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken. „Das musst du doch dann am besten wissen oder? Ihr seid so verlogen!“ Ich drifte wieder in Vorwürfe ab und ich weiß, dass es nicht richtig ist und erst recht nichts bringt. Doch Tom überrascht mich. Er bleibt ruhig und gefasst und als er weiterspricht, muss ich schlucken. „Und du hältst es nicht für verlogen, jemanden aus der Ferne anzuschmachten? Meinst du, ich hab das nicht gemerkt? Und ich kann dich sogar verstehen.“ Stille. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Denn er hat Recht. Ich hab geschmachtet und geschwärmt. Und ich tue es immer noch.

„Weißt du Shirin, ich hab mir viele Gedanken gemacht die letzten Wochen. Und ich kann nur sagen, dass ich euch beide nicht verlieren will“ durchbricht Tom schließlich das Schweigen. „Was willst du damit sagen?“ hake ich nach, das widerlich reißende Gefühl in meinem Herzen ignorierend. „Dass ich euch beide brauche“ antwortet er und verstärkt das Gefühl nur noch. Irgendwie wird mir gerade schlecht, aber bevor ich meinen nächsten Gedanken zu Ende denken kann, werde ich wieder von Tom unterbrochen. „Kannst du mich bitte einfach nur mal kurz festhalten?“ bittet er mich. Festhalten? Ich? Ihn? Er bringt mich jetzt wirklich aus der Fassung mit dieser Frage. Ich nuschele irgendetwas unverständliches, lasse mich dann aber hinreißen und falle ihm nach kurzem Zögern um den Hals. Tom drückt mich an sich, als würden wir Gefahr laufen, zu ertrinken. Nach einiger Zeit bahnt sich eine einsame Träne den Weg über meine Wange, aber ich bemerke sie erst, als sie auf Toms T-Shirt trifft. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ist das hier jetzt das Ende? Oder der Anfang von etwas, das ich noch nicht begreife? So zerrissen und gleichzeitig leer, taub hab ich mich in meinem ganzen Leben noch nicht gefühlt.

„Bitte nicht weinen, Shirin, ich will nicht, dass wir uns trennen“ sagt Tom, als er sich wieder ein Stück von mir gelöst hat, damit er mir in die Augen sehen kann. „Also trennst du dich von Bill?“ frage ich hoffnungsvoll. Tom schüttelt den Kopf. „Was würde das besser machen?“ „Aber ihr seid Brüder, ich meine, das geht nicht, das ist...“ werfe ich ein, verstumme aber bei dem Ausdruck, der sich in Toms Augen schleicht. „Du hast Gefühle für ihn Shirin, ich bin nicht blind. Und für mich gilt das Gleiche“ erklärt er mir. „Und was machen wir jetzt?“ Ich versuche gar nicht erst, zu widersprechen. „Wir... also Bill und ich haben uns Gedanken gemacht...“ fängt Tom an und mir schwant schon jetzt Böses. „... wir sollten es zu dritt versuchen“ beendet er seinen Satz, mir klappt die Kinnlade nach unten und ich möchte bitte jetzt ganz schnell erlöst werden, wenn das hier ein Alptraum, ein Test oder sonst etwas Abartiges sein sollte. Doch es passiert nichts, außer dass Tom mich erwartungsvoll ansieht. Die letzten Worte sind ihm schwer gefallen, das weiß ich, aber... ich bin mehr als fassungslos gerade. „Das kann unmöglich dein Ernst sein“ quetsche ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und sehe nur noch, wie Tom die Augen schließt.

14.

„Scheiße, ich hätte einfach nicht so mit der Tür ins Haus fallen sollen“ schnaubt Tom in die eingetretene Stille, sieht mich endlich wieder an und rauft sich schließlich die Haare. Ich hab keine Ahnung, was ich darauf sagen soll, der Schock sitzt mir immer noch in allen Knochen. „Es tut mir leid Shirin“ beteuert Tom und macht mich damit jetzt wieder wütend, ich kann mir nicht helfen. „Du wiederholst dich“ zische ich ironisch. „Und du willst noch nicht mal drüber nachdenken?“ bohrt Tom aber dennoch weiter und ich kann einfach nicht glauben, was ich da höre. „Sag mal Tom, hallo? Geht’s dir noch gut? Wir spielen hier nicht in irgendeinem Film mit, das ist unser Leben verdammt noch mal! Hast du gedacht ich springe vor Freude an die Decke?“ Geschockt sieht er mich an, aber diesen Ausbruch konnte ich mir jetzt nicht verkneifen. „Ich weiß auch nicht, was ich mir gedacht hab...“ nuschelt er schließlich betreten. Er sieht so niedlich dabei aus, dass er mir schon fast wieder leid tut. „Kam der Vorschlag von dir oder von Bill? Und was sollte denn dieser Scheiß mit dem Klauen?“ Wenn schon, denn schon, dann sollten wir jetzt auch wirklich reinen Tisch machen finde ich. „Der Vorschlag wie du es so schön nennst kam von uns beiden. Und geklaut haben wir nur zweimal. Aber auf die Idee bin ich gekommen und nicht Bill“ meint Tom. „Aber warum?“ Ich kann diese Frage nicht zurückhalten. „Weil`s Spaß macht, ich brauchte den Nervenkitzel“ erwidert Tom und hat schon wieder sein dreckiges Grinsen im Gesicht.

„Aber wenn du Geld in die Finger bekommst, dann...“ fange ich wieder an, doch Tom hält mich an den Schultern fest, bis ich ihn ansehe. „Shirin, Geld hab ich nicht erst seit gestern genug und außerdem lenkst du vom Thema ab“ stellt er sachlich fest. Er hat ja Recht, verdammt. „Tom, ich muss jetzt hier raus, tut mir leid“ ist alles, was ich noch hervorbringe, bevor ich aus dem Zimmer laufe. Auch dass Tom meinen Namen ruft, kann mich jetzt nicht aufhalten, ich hab das Gefühl, in diesem Haus zu ersticken. Ich muss jetzt einfach kurz allein sein und das alles verarbeiten. Und ich bin froh, dass er mir zumindest vorerst nicht hinterherkommt.

Es ist mittlerweile ruhig im Haus und die Terrasse leer. Still und leise setze ich mich an den Pool und halte meine Füße hinein. Ich würde gerne vernünftig nachdenken, aber ich bin viel zu aufgewühlt, um jetzt eine Lösung zu finden. Soll ich nach Hause fahren? Soll ich die beiden ignorieren? Und wie geht es jetzt mit Tom weiter? Will ich überhaupt noch, dass es weitergeht? Und was ist mit Bill? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort weiß. „Shirin, alles okay mit dir?“ schreckt mich plötzlich die Stimme von Gustav auf. „Nein“ sage ich wahrheitsgetreu und er lässt sich seufzend neben mir nieder, hält ebenfalls seine Füße ins Wasser und plätschert leise mit mir um die Wette. „Du bist sicherlich geschockt von dem, was du gesehen hast“ vermutet er und sieht mich von der Seite an. „Ich bin eher geschockt darüber, dass ich die Einzige war, die davon nichts gewusst hat“ gebe ich zurück, ich weiß, es ist ein kleiner Seitenhieb, aber er wird es schon verkraften.
„Shirin, das war nicht meine Aufgabe, dich aufzuklären“ wehrt sich Gustav schnell. Ich nicke resigniert. „Mag sein. Ich hab nur keine Ahnung, was ich jetzt machen soll“ nuschele ich vor mich hin. „Vielleicht solltest du dir erst mal über deine eigenen Gefühle klar werden“ schlägt er vor. „Ach Gustav“ nöle ich los. Das ist genau das Thema, um das ich am liebsten einen großen Bogen machen würde. „Darf ich mal ganz ehrlich zu dir sein Shirin?“ fragt er und ich nicke bloß wieder stumm. Ich hab schon so eine Ahnung, was jetzt kommen wird.

„Also. Weißt du, ich kenn Bill ja schon eine Weile länger als du, dafür kennst du Tom besser und länger als ich. Ich weiß also nicht, ob ich so ganz objektiv bin. Aber ich bin der Meinung, dass du Bill viel bedeutest, Bruder hin oder her. Ich glaub eher, das ist so ne Phase bei den beiden, zumal ich eh nicht weiß, was ich davon halten soll, immerhin sind sie Brüder... und... ach egal. Aber ich weiß, dass Bill dich nie vergessen konnte, das hat er mir vor nicht allzu langer Zeit gesagt... und ich hab auch nicht den Eindruck, dass er dir egal ist, so wie du ihn immer anstarrst“ redet Gustav ohne Punkt und Komma, während meine Augen immer größer und größer werden. „Aber ich bin mit Tom zusammen“ wende ich ein. „Ja ich weiß Shirin. Aber hältst du es für richtig, Gefühle zu unterdrücken, nur damit es Tom besser geht? Zumal ich nicht mal glaube, dass es ihm dadurch besser geht“ erwidert Gustav.

Von dem Standpunkt hab ich das noch nicht gesehen. „Aber ich kann mich doch nicht auf so ne Geschichte einlassen.“ Während ich diesen Satz ausspreche, schüttele ich ununterbrochen den Kopf. „Warum nicht?“ fragt Gustav, gleichzeitig schleicht sich ein kleines Schmunzeln in seine Mundwinkel. „Weil... es Eifersucht geben wird, wir werden alles kaputt machen. Ich kann das nicht“ versuche ich ihn zu überzeugen. Oder doch mich selbst? „Sieh mal Shirin, wir haben noch fast drei Wochen Zeit hier... vielleicht solltest du ein kleines Abenteuer wagen“ hält Gustav dagegen. „Du spinnst“ ist alles, was mir noch dazu einfällt. „Kann sein. Kann auch sein, dass es keine gute Idee ist. Kann auch sein, dass ihr euch gegenseitig verletzt. Ich weiß es nicht. Dazu müsstet ihr es ausprobieren. Und du musst ja nicht mit beiden gleichzeitig... na ja, du weißt schon“ nuschelt er, zum Ende hin leicht verlegen und steht auf. „Um Gottes Willen“ bringe ich hervor. Das möchte ich mir im Augenblick nicht mal vorstellen. „Ich geh jetzt schlafen Shirin. Aber denk mal drüber nach und vor allem: Beruhige dich. Es bringt niemandem was, wenn ihr jetzt alle die Stimmung vergiftet“ lässt Gustav noch verlauten, ehe er durch die Terrassentür schlüpft. „Toller Spruch“ schnaufe ich frustriert, doch er hat es wohl nicht mehr gehört.

Ich hab nach einer ganzen Weile immer noch nicht den Mut und die Kraft, wieder ins Haus zu gehen. Es ist warm hier draußen, auch nachts und an Schlaf ist sowieso nicht zu denken. Warum also sollte ich nicht einfach hier sitzen bleiben? Gedankenverloren betrachte ich den Sternenhimmel über mir. Romantisch. Aber für Romantik hab ich im Moment so absolut keinen Sinn.


15.

„Shirin?“ Nein, die ist nicht anwesend, zumindest nicht geistig. Sie starrt immer noch gedankenverloren vor sich hin und kommt doch zu keinem Ergebnis. Und kalte Füße hat sie auch inzwischen. „Shirin? Was machst du denn hier draußen? Ich hab mir Sorgen gemacht!“ Okay. Ignorieren kann ich die nervtötende Stimme jetzt nicht mehr, dafür ist sie zu nah und dafür klingt sie zu aufgebracht. Aber ich hab gerade einfach null Bock auf ihren Besitzer. „Warum hast du dir Sorgen gemacht? Glaubst du, mich klaut hier jemand?“ lasse ich mich zu einem Statement herab. Ich spüre, wie Tom sich neben mich setzt. „Man kann ja nie wissen“ schmollt er und erst jetzt wage ich einen vorsichtigen Blick auf ihn. Er sieht nicht aus, als hätte er in den vergangenen Stunden ein Auge zugetan. „Willst du nicht mit ins Bett kommen? Es ist schon drei Uhr in der Früh“ versucht er es wieder. „Ich kann eh nicht schlafen“ gebe ich zu Protokoll. „Wir können ja auch reden.“ Lässt er sich denn niemals abwimmeln? „Ich will aber nicht reden“ nehme ich ihm gleich wieder den Wind aus den Segeln. Dass ich dabei klinge wie ein trotziges Kleinkind, ignoriere ich gekonnt. Geschieht ihm nur recht.

„Ach Shirin, es tut mir leid“ nuschelt Tom bereits zum mindestens dritten Mal an diesem Abend. Ach nein, wir haben ja schon Nacht, um genau zu sein. „Das sagtest du schon“ erinnere ich ihn und mir ist wirklich schleierhaft, was er mit diesem ewigen `Es tut mir leid` bezwecken will. „Ich weiß ja selber nicht, wie das alles passieren konnte“ redet Tom unbeirrt weiter. „Ich bin wohl die Letzte, die dir das beantworten kann“ sage ich schneidend. „Bitte Shirin, rede mit mir! Wie soll das denn sonst weitergehen?“ fleht er mich an. Okay. Todesstoß. „Ich überlege gerade, ob ich schon morgen oder doch erst übermorgen nach Hause fahren soll“ gebe ich wie unbeteiligt von mir und sehe doch aus den Augenwinkeln, wie sich seine Pupillen weiten. „Das ist nicht dein Ernst“ flüstert er fassungslos. „Mein voller Ernst“ widerspreche ich. „Aber...“ stammelt Tom und ganz plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, erfüllt mich absolute, so tiefgehende Traurigkeit, dass ich vor mir selbst erschrecke. „Du kannst doch nicht mit deinem Bruder rummachen“ entfährt es mir ungehalten, bevor der erste Schluchzer mich niederstreckt.

Entsetzt über mich selber schlage ich beide Hände vors Gesicht und kann doch nichts gegen die Tränen machen, die jetzt ungehindert über meine Wangen rinnen. Instinktiv reagiert Tom richtig, legt schützend beide Arme um meinen Oberkörper und wiegt mich hin und her wie ein Baby. Ich bin zu erschöpft, um mich zu wehren. „Komm mit“ bestimmt er, als ich mich wieder halbwegs unter Kontrolle habe und zwingt mich, aufzustehen. Wie benommen wanke ich neben ihm her bis in unser Zimmer, wo Tom mich ohne Umschweife ins Bett bugsiert. „Versuch ein bisschen zu schlafen“ flüstert er in die Dunkelheit, zieht mich wieder in seine Arme und streicht mir beruhigend über den Rücken, auf und ab, hin und her. Bin ich eigentlich wahnsinnig? Warum lasse ich das zu? Noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, sind mir die Augen zugefallen.

„Morgen“ nuschelt Tom, als ich die Augen aufschlage. Ich fühle mich, als hätte mich ein Lastwagen überrollt. „Was mach ich denn hier?“ frage ich orientierungslos, ich kann mich nur erinnern, dass ich letzte Nacht am Pool gesessen hab. Doch dann kehrt alles Stück für Stück zurück. „Oh Scheiße“ fluche ich. Wie konnte ich mich nur so gehen lassen, mich so schutzlos ausliefern? Meine Gefühle preisgeben? Ich muss vollkommen übergeschnappt sein. „Hast du Hunger?“ übergeht Tom meinen Ausbruch und ich schüttele energisch den Kopf. Nein. Ich hab keinen Hunger. „Lass uns trotzdem aufstehen, es ist schon Mittag“ quält er mich weiter. „Mir egal“ brumme ich in mein Kopfkissen. „Bitte Shirin“ versucht er es jetzt auf die flehende Tour. „Oh Gott Tom, lass mich in Ruhe!“ fahre ich ihn ungehalten an. Jetzt bin ich wach. Jetzt kann ich auch aufstehen und mich stellen. Nur was stellen? „Ich steh jetzt auf und geh zum Strand, die anderen warten schon auf uns“ informiert Tom mich netterweise, steht aus dem Bett auf und registriert, dass ich auf einen Schlag hellhörig geworden bin. „Warst du schon unten heute?“ Es ist mehr eine Feststellung als eine Frage und ich weiß, jetzt hab ich mich endgültig verraten. Das alles ist mir nicht egal und spätestens jetzt weiß das auch Tom. „Ja, ich war schon frühstücken“ kommt die genuschelte Antwort.

Ich frage nichts weiter, weil er nur darauf wartet. Aber wenn Bill denkt, dass ich ihm Tom so kampflos überlasse, hat er sich geschnitten. Was für einen Schwachsinn ich schon wieder denke...
„Ich komm mit“ sage ich schnell, etwas zu schnell vielleicht, aber das lässt sich nicht mehr ändern. Und ich weiß, dass Tom sieht, was in mir vorgeht. Das wird ja ein toller Tag, ich sehe es schon kommen. Davon, dass ich eigentlich nach Hause wollte, ist keine Rede mehr, nicht den Weg zum Strand runter und auch später nicht mehr. Irgendwie hab ich mich, eher unbewusst aber immerhin, entschlossen, mir das Ganze mal etwas genauer anzusehen.

Tatsächlich sind die anderen alle am Strand und liegen faul in der Sonne. „Hey“ freut sich Gustav. „Hey“ gebe ich unfreundlicher als nötig zurück. Bill sieht mir stirnrunzelnd entgegen, sagt aber nichts. Dann lasset die Spiele beginnen... fast muss ich grinsen bei meinen absurden Gedanken. Aber was die beiden Irren hier können, kann ich schon lange. Und besser. Wir werden sehen. Ich lasse mich zwischen Tom und Bill in den Sand sinken und werde gleich mal die Probe aufs Exempel machen. „Ach Tom, ich werd heut Nacht bei Bill schlafen, du hast ja nichts dagegen?“ streue ich beiläufig in den allgemeinen Small talk. Irgendwie wird es plötzlich ganz still. Einen Augenblick freue ich mich über die Verwirrung, die ich mit dieser so einfachen Bemerkung gestiftet habe. Gustav sieht aus wie ein kleiner Junge dem gerade das liebste Spielzeug geklaut wurde, Tom wird blass und blasser und Bill weiß anscheinend nicht, was er davon halten soll. Ava schaut demonstrativ aufs Meer, als hätte sie nichts gehört. „Ähm...“ Tom räuspert sich, dann ist es wieder still. „Hast du doch was dagegen?“ stichele ich weiter. „Nein... also...“ stammelt Tom weiter und fast hätte ich losgelacht, wenn mir nur nicht in diesem Moment bewusst werden würde, dass ich mich gerade in meine eigene Grube gesetzt hab. „Wenn das ne Verarsche sein soll, ist sie nicht lustig Shirin“ lässt Bill auf einmal verlauten. Wütend starre ich ihn an. „Aber das ist doch das, was ihr wolltet“ keife ich zurück. „Das ist ganz sicher nicht das, was wir wollten“ widerspricht Bill und er hört sich fast noch wütender an als ich. „Ach nein?“ treibe ich unbeirrt mein Spielchen weiter. „Findest du, das ist hier der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt, um das zu besprechen?“ stellt er als Gegenfrage. Irgendetwas scheint ihm nicht zu gefallen...

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#70

RE: Killing me softly

in Fanfictions 04.01.2008 22:14
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

hihi... genau so hatte ich mir Shirins Reaktion vorgestellt xD ... so langsam fange ich an sie zu durchschauen^^

Was mir besonders an diesem Kapitel gefallen hat ist, dass endlich mal Tacheles geredet wurde. Das fand ich total erholsam

Ich bin ja mal gespannt, was Shirin jetzt mit dem Grab macht, dass sie sich mit dem Satz, bei Bill schlafen zu wollen, selbst geschaufelt hat xD ... geile Idee, schäfchen

hach

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#71

RE: Killing me softly

in Fanfictions 05.01.2008 10:04
von Gosu • Besucher | 2.584 Beiträge

Na das kann ja heiter werden

Ich meine...eigentlich ist Shirin ja zu beneiden..mal Bill mal Tom und vielleicht auch mal alle zwei ......aaaaaber das wird wohl nicht gut gehen [smilie=nono.gif] ^^

Bin gespannt, was du draus machen wirst schaefchen.

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#72

RE: Killing me softly

in Fanfictions 06.01.2008 20:57
von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge

16.

„Wir können das auch gerne heute Abend allein zu zweit besprechen, wenn dir das lieber ist“ sage ich todernst und sehe mit Genugtuung, dass das nicht die Antwort ist, die Bill hören wollte. Langsam beginnt mir dieses Spiel wirklich Spaß zu machen. Ich muss nur aufpassen, dass ich mich nicht selber dabei verliere, aber die Gefahr sehe ich momentan nicht so unbedingt. Tom neben mir schnappt nach Luft, noch einer, dem meine Antwort nicht gefällt. Vielleicht muss ich noch ein bisschen daran feilen und üben. „Was genau soll das werden wenn’s fertig ist Shirin?“ will Bill wissen und sein Tonfall ist immer noch bissig. „Ich habe beschlossen, mich auf euren verrückten Einfall einzulassen, auch wenn es wahrscheinlich die dümmste Entscheidung meines Lebens war“ erkläre ich beiden hoheitsvoll. Tom öffnet den Mund, aber ich bin noch nicht fertig. Und ich brauche nur meine Hand zu heben, damit kein Laut seine Lippen verlässt. „Aber ein paar Regeln darf ich sicherlich mit aufstellen oder? Gleiches Recht für alle“ rede ich unbeirrt weiter. „Regeln?“ Zuerst verblüfft, dann stirnrunzelnd werde ich von Bill betrachtet. „Ja, Regeln“ wiederhole ich. „Und was sollen das für Regeln sein? Shirin, das ist doch kein Brettspiel!“ regt Tom sich jetzt doch auf. Also wenn ich die beiden immer so schnell wütend bekomme... dann ist das ganz nach meinem Geschmack.

Ich muss mir ein triumphierendes Grinsen verkneifen. „Wir brauchen trotzdem Regeln, sonst funktioniert das nicht“ erkläre ich und komme mir dabei vor wie eine Lehrerin. Bills Gesichtsausdruck hat sich in keinster Weise verändert und auch Tom starrt mich immer noch mehr als skeptisch an. „Also als erstes will ich euch beide nicht vor meinen Augen miteinander rumknutschen sehen.“ Die Zwillinge tauschen einen bedeutungsvollen Blick. „Okaaay...“ sagt Bill dann langsam. „Gut“ nicke ich, „weiter im Text. Punkt zwei: Keine eifersüchtigen Anfälle.“ Betretenes Schweigen. „Schließt du dich da mit ein?“ traut sich Tom dann doch noch zu fragen. „Sicher“ speise ich ihn ab. „Und das wäre dann fürs erste alles, natürlich behalte ich mir weitere Punkte vor“ füge ich noch locker hinzu. „Mir kommt das vor wie irgendein Geschäftsabschluss“ knurrt Bill. Joa, so kann man(n) das natürlich auch sehen. Ich spare mir eine Antwort. „Ich dachte, wir lassen das alles auf uns zukommen“ wirft Tom jetzt wieder ein. „Ja, machen wir doch“ bekräftige ich. Ich habe einen Plan. Einen Plan, der nur mich allein etwas angeht. Und ich werde mich hüten, jetzt zu viel zu sagen.

Die beiden brummen und maulen noch ein bisschen herum, wovon ich mich nicht im geringsten stören lasse, und dann wendet sich das Gespräch langsam aber sicher wieder unverfänglicheren Themen zu. Aber ich merke trotzdem, dass das Ganze hier allen Anwesenden noch immer im Kopf herumspukt. Mir soll es Recht sein. Haben sie was zum nachdenken. Damit werden sie in Zukunft noch öfter beschäftigt sein.

„Was machen wir denn heute Abend noch?“ will ich betont fröhlich wissen, als wir schließlich alle genug von Sonne, Strand und Meer haben. Irgendwie hat auf wundersame Weise den ganzen Tag über jeder die Finger vom anderen gelassen. Außer Gustav und Ava, die verliebt herumturteln wie am ersten Tag. Aber das soll mich ja nicht jucken. „Ich weiß nicht“ gibt Bill wenig begeistert von sich. „Gehen wir essen und dann noch irgendwo was trinken“ schlägt Tom vor und alle nicken mehr oder weniger angetan.

* * *

„Gott, bin isch betruunken“ lallt Tom mir ins Ohr. Das hat er heute anscheinend gebraucht und ich fand es bis jetzt auch ganz amüsant, aber gerade im Moment nervt es mich dann doch eher. Ich persönlich habe zwar auch getrunken, aber nur so viel, dass ich noch klar denken kann. Bill hat sich für die gleiche Variante entschieden wie ich und ich hätte nicht schlecht Lust, den armen Tommy jetzt einfach hier sitzen zu lassen und mit Bill zu verschwinden, so wie ich es angedroht habe. Vielleicht merkt er dann mal, was er an mir hat. Obwohl... das hatten wir ja alles schon mal irgendwie. Langsam werde ich launisch, ich kann es nicht ändern. „Dann geh ins Bett“ gebe ich Tom einen geistreichen Ratschlag. „Nur wenn duuu mitkommen tust“ nölt Tom und hält sich an meinem Arm fest. Mal abgesehen von seinem nicht mehr vorhandenen Satzbau nervt mich dieses Gezerre ziemlich. „Ne Tom, ich schlaf heut bei Bill, schon vergessen?“ erinnere ich ihn und mir entgeht nicht der überraschte Gesichtsausdruck von Bill. Tom dagegen schaut mich an wie ein kleiner treuherziger Hundewelpe und fast schon hat er erreicht was er wollte... ich muss schon wieder arg mit mir kämpfen. „Shirin, ich...“ wirft Bill jetzt auch noch ein und das bringt mich wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. „Was? Bekommst du jetzt Muffensausen?“ zische ich ihn von der Seite an. „Nein, aber... also Shirin, mir gefällt das alles nicht. So was kann man doch nicht planen. Und außerdem können wir Tom nicht einfach hier alleine lassen“ versucht er mich zu überzeugen, ich merke, wie hin und her gerissen er ist. Mir egal, da müssen sie jetzt alle beide durch. „Wieso alleine? Gustav und Ava sind ja schließlich auch noch da, die können ihn dann ins Bett verfrachten“ widerspreche ich ungerührt.

Gustav steht der Mund offen, aber er nickt leicht abwesend dazu. So, hätten wir das auch geklärt. Bill dagegen straft mich mit einem bitterbösen Blick, bevor er weiterspricht. „Du willst das also wirklich heute durchziehen ja?“ „Klar“ antworte ich achselzuckend. Das ist einer der wenigen Momente, in denen ich Bill sprachlos erleben darf. Ich sollte mir diesen Tag rot im Kalender anstreichen. Nur leider hat er nicht so reagiert, wie ich mir das gewünscht hatte. Ich hab nämlich selber Angst. Aber das werd ich ihm mit Sicherheit nicht auf die Nase binden. „Aber morgen schlaaf isch bei Billy“ unterbricht Tom meine Gedanken. „Na sicher doch“ gebe ich leicht genervt von mir, woraufhin Bill mich wieder wütend anstarrt. Was hat er denn eigentlich für ein Problem?

„Sag mal, wo ist denn der Bill von früher abgeblieben hm? Der hätte hier sicherlich nicht gesessen und giftig in der Gegend rumgestarrt, der hätte...“ fange ich an, ihn zu provozieren und offensichtlich hat es endlich die Wirkung, die ich wollte, denn Bill lässt mich nicht mal ausreden. Zielsicher greift er nach meiner Hand, zieht mich mit einem Ruck auf die Beine und wirft einen letzten entschuldigenden Blick auf Tom, der inzwischen die Augen geschlossen hat und anscheinend kurz vorm wegpennen ist. Ich schaue, jetzt doch leicht überrumpelt, zu Gustav, dessen Mundwinkel ein leichtes Schmunzeln ziert. Bevor ich überhaupt noch weiter nachdenken kann, ob ich hier wirklich das richtige mache, werde ich von Bill aus der Kneipe gezerrt, die zum Glück nur einen Katzensprung von unserem Haus entfernt liegt. Denn ich bin jetzt schon außer Atem bei dem Tempo, dass er vorlegt und allem Anschein nach hat er auch nicht vor, das zu ändern, geschweige denn mit mir zu reden. Meine Gedanken indessen überschlagen sich in meinem Kopf. Bin ich nicht eigentlich ziemlich gemein? Und ist das gut, sich jetzt in irgendetwas reinzustürzen von dem ich nicht mal weiß, ob es das ist was ich will?

Ich werde erst wieder aus meinen ganzen Überlegungen gerissen, als ich die Treppe hinter Bill hoch stolpere, er anschließend seine Zimmertür aufreißt, mich hineinschiebt und schließlich von innen gegen das Holz drückt. Nicht gerade sanft. Nach Luft schnappend starre ich ihn an und Bill erwidert den Blick mit einer Intensität, die ein aufgeregtes Kribbeln in meinem Bauch verursacht. „Zieh dich aus“ fordert er, während er sich selbst sein T-Shirt über den schmalen Oberkörper streift. „Was?“ frage ich entgeistert. „Willst du einen Rückzieher machen?“ Bill probt den sexy Augenaufschlag, gleichzeitig öffnet er mit flinken Fingern seine Gürtelschnalle. Ich fall gleich in Ohnmacht, aber vorher würd ich gern noch wissen, was er hier für ein Spielchen spielt, also schüttele ich als Antwort auf seine Frage den Kopf. „Dann zieh dich aus“ wiederholt er seine Forderung und ich sehe aus den Augenwinkeln, wie seine Hose fällt. Oh mein Gott. Jetzt bloß nicht aus der Ruhe bringen lassen, das hier ist nichts anderes als ein dummer, kleiner Machtkampf. Den ich selbstverständlich gewinne.

Ich reiße meinen Blick von Bills Hüftknochen los und zwinge mich, ihm wieder in die Augen zu sehen. „Ist es nicht spannender, wenn du das übernimmst?“ frage ich frech. „Nein!“ Na das nenn ich doch mal ne Aussage. „Ach Bill, du hattest doch erst gestern Sex, bist du dir sicher, dass du es heute schon wieder bringst?“ versuche ich es anders, da er inzwischen nur noch in Boxershorts vor mir steht und mir wirklich langsam Angst macht. Eine Mischung aus Angst und Faszination. „Shirin mach mich nicht wütend!“ knurrt er mich an, hat anscheinend beschlossen, dass er mir fürs erste genug zugemutet hat, denn er macht keine Anstalten, sich auch noch des letzten Stücks Stoffes zu entledigen. „Ich mag es aber, wenn du wütend bist“ provoziere ich ihn weiter und irgendwie ist das ja nicht mal ne Lüge. „Du redest heute eindeutig zu viel“ kommt es zurück und ehe ich mich versehe, bugsiert er mich zum Bett und schubst mich grob auf die Matratze. Einen Lidschlag später sitzt er auf meinem Becken und ich kann mich trotz seines zarten Körperbaus nicht mehr wirklich bewegen. Aber ich hab einen klaren Vorteil: Ich bin immerhin noch angezogen. Trotzdem spüre ich jetzt langsam Panik in mir aufkeimen und so sehr ich sie auch unterdrücken will, das wilde Funkeln in Bills Augen gefällt mir ganz und gar nicht. „Bill hör auf, du machst mir Angst“ quietsche ich schließlich erschrocken, als er auch noch meine Arme über meinem Kopf festtackert.

17.

Ganz plötzlich verändert sich Bills Gesichtsausdruck, das wilde Funkeln in seinen Augen hat Platz gemacht für einen sanften Blick, mit dem er jetzt auf mich hinabsieht, und meine Arme hat er auch innerhalb von Sekundenbruchteilen losgelassen. „Das kann ich nur zurückgeben“ nuschelt er leise und ich brauche ein paar Augenblicke um zu verstehen, was er damit meint. „Ich mach dir Angst?“ frage ich ungläubig. Mit einem Seufzen legt er sich neben mich und zieht sich die dünne Decke über seinen Körper. „Ja, du machst mir Angst. So bist du doch früher nicht gewesen“ meint Bill, stützt sich auf seinen linken Ellenbogen, und da ich immer noch liege, schwebt sein Gesicht jetzt wieder über meinem. „Soll das ne Beleidigung sein?“ motze ich los, irgendwie läuft das hier so völlig anders als geplant. „Nein“ protestiert Bill. „Und was sollte dann diese Aktion eben?“ Ich setze mich auf, damit ich nicht wie ein hilfloses Küken vor ihm liege. „Ich wollte dir nur zeigen, dass das so nicht geht... ich wusste, dass du irgendwann Stop sagst...“ fängt er an und ich komme mir gerade komplett verschaukelt vor. „Du bist ein verdammtes Arschloch Bill!“ Uhh Shirin, ganz ruhig bleiben. Das ist ganz bestimmt das, was er hören wollte. „Ich bin also ein Arschloch? Nur weil du zugegeben hast, dass ich dir Angst mache?“ „Das hast du genau so zugegeben“ erinnere ich ihn, langsam wieder etwas ruhiger, aber dennoch spare ich nicht mit bösen Blicken.

„Stimmt. Aber du musst doch einsehen, dass wir hier nicht einfach übereinander herfallen können wie zwei wildgewordene Verrückte“ brabbelt Bill weiter. „Wir benehmen uns aber im Moment alle wie wildgewordene Verrückte“ murmele ich in meinen nicht vorhandenen Bart. Ich darf einfach meinen Plan nicht aus den Augen verlieren, auch wenn die Menschen um mich herum nicht so reagieren, wie ich mir das vorgestellt habe.
Bill sagt nichts mehr und ich weiß nicht, ob ich jetzt lachen oder weinen soll. Oder ob ich einfach gehen soll. Tom schnarcht, wenn er getrunken hat. Und außerdem ist das nicht das, was ich jetzt will. „Bleibst du trotzdem hier?“ durchbricht Bill die eingetretene Stille schließlich doch noch und ich sehe ihn erstaunt an. „Wir könnten es ja zur Abwechslung mal ruhig und langsam angehen lassen“ schlägt er vor. „Und was genau verstehst du unter ruhig und langsam?“ will ich misstrauisch wissen. „Ein bisschen Kuscheln?“ Einladend breitet Bill seine Arme aus. „Dir ist schon klar, dass du mir jetzt noch viel mehr Angst machst als vorhin?“ Ich weiß genau, wie skeptisch ich jetzt aussehe und ich könnte mich dafür in den Hintern treten. Aber er überfordert mich gerade auf übelste Art und Weise.

„Wieso?“ tut er unschuldig, kann aber ein Grinsen nicht unterdrücken. „Mensch Bill, wir haben noch nie `gekuschelt`“ äffe ich seinen Tonfall nach. „Na dann wird’s Zeit würd ich sagen“ gibt Bill Kontra und ich kann mich nicht beherrschen, dieses Angebot ist einfach viel zu verlockend und vielleicht kann ich dann meine angegriffenen Nerven ein wenig beruhigen. Betont langsam lasse ich mich in seine Arme sinken und fühle mich jetzt schon wohl, wie ich widerstrebend zugeben muss. Selbstverständlich würde das niemals laut über meine Lippen kommen. Und in meinem Kopf reift bereits ein neuer Plan. Vielleicht ist das alles gar nicht so schlecht wie es mir eben noch vorkam.

„Alles okay?“ flüstert er nach einer Weile, in der ich nur seinem Herzschlag gelauscht und meinen Gedanken nachgehangen habe. „Mh“ gebe ich genervter als notwendig von mir. Ich will nachdenken und nicht reden. „Ist das nicht langsam unbequem in deinen Klamotten?“ fragt Bill aber unbeirrt weiter. Mühevoll richte ich mich auf, damit ich in seine Augen schauen kann. Ich sehe deutlich, dass er mich provozieren will, aber mein Temperament geht mal wieder mit mir durch und ich steige voll drauf ein. „Aha. Wie war das mit Kuscheln? Ist dir wohl doch zu langweilig!“ Er lacht los. „Ach Shirin, es ist immer noch herrlich, wenn du so angriffslustig bist“ amüsiert er sich über mich und ich drehe mich wie ein trotziges Kind weg von ihm, entreiße ihm die Decke und höre ihn noch lauter lachen. „Ich hab mir doch nur Sorgen um dein Wohlbefinden gemacht“ erklärt er stockend unter mehreren Prustern. Toll. Ganz toll Shirin, jetzt bist du wieder die Lachnummer, denke ich frustriert. Leise vor mich hin fluchend stehe ich schließlich auf, entledige mich meiner Klamotten bis auf mein Top und meine Unterwäsche und ignoriere Bill dabei gekonnt. „Zufrieden?“ Grimassenziehend lasse ich mich wieder neben ihn gleiten.

„Sehr“ witzelt Bill, wird dann plötzlich wieder ernst und macht mich damit einmal mehr in dieser Nacht leicht konfus. Trotzdem wende ich meinen Blick nicht ab. „Darf ich dich küssen?“ haucht er mir ins Ohr. Herzlichen Glückwunsch, jetzt hat er es wirklich geschafft. Sekundenlang starre ich ihn sprachlos an. „Hab ich das grad richtig verstanden? Seit wann fragst du so was?“ kann ich meine Neugier dann aber doch nicht mehr zügeln. Bill zuckt mit den Schultern. „Ich will halt nicht so mit der Tür ins Haus fallen wie früher“ ist seine Erklärung dazu. Okay. Eigentlich hätte ich ja nicht schlecht Lust, zu testen, ob er immer noch genau so gut schmeckt wie damals. „Das gefällt mir...“ gebe ich offen zu, „...und jetzt hör auf zu reden.“ Damit ziehe ich Bill im Nacken zu mir und bin Sekunden später überrascht über die Sanftheit, die er heute an den Tag legt. Fast vorsichtig küssen wir uns, bis ich ungeduldig werde und mich ihm seufzend entgegendränge. Und selbst dann noch hat er sich mehr als gut im Griff, ich komme mir fast vor wie ein Teenager, der seine ersten Erfahrungen macht. „Das war schön“ wispert Bill mir ins Ohr, nachdem wir uns irgendwann voneinander gelöst haben. Ja, fand ich auch. Doch ich behalte den Gedanken lieber für mich. Er drückt mir ein kleines Küsschen aufs Ohrläppchen und sieht mich dann wieder an. Unwillkürlich muss ich grinsen. „Aber wild und verrucht gefällst du mir auch“ murmele ich leise, sehe wie es kurz in seinen Augen aufblitzt, bevor er sich endgültig neben mich legt. „Alles zu seiner Zeit“ grinst er mich an und ich weiß mal wieder nicht, was ich davon halten soll. „Schlafen?“ unterbricht Bill mich in meinen Gedankengängen und sieht mich Beifall heischend an. „Schlafen“ stimme ich zu und schneller als ich es realisieren kann, liegen wir eng aneinandergekuschelt da und ich merke erst jetzt, wie müde ich eigentlich bin.

* * *

So. Jetzt kann ich gleich mal ausprobieren, ob sich zumindest ein Teil meines Plans in die Tat umsetzen lässt. Ich bin mit Bill auf dem Weg in die Küche und ich hoffe innerlich, dass Tom wach ist. Immerhin ist es schon weit nach Mittag und er müsste seinen Rausch ja inzwischen mal ausgeschlafen haben. „Mann, hab ich einen Hunger“ stöhnt Bill neben mir. Ob er sich bewusst ist, dass man das auch eindeutig zweideutig auffassen könnte? Wenn man denn wollte...

und ich hab Glück. Tom sitzt mutterseelenallein am Tisch und er muss es gehört haben, Bill hat schließlich laut genug geschrieen. Täusche ich mich oder macht mein lieber Tom heute einen leicht verkaterten Eindruck?
„Morgen“ flötet Bill bester Laune, die ich nachvollziehen kann, denn er hat ja nichts getan. Jedenfalls nicht das, was Tom denkt. Aber ich werde mich hüten, jetzt zu viel zu sagen. Bill verschwindet an die Kaffeemaschine und ich lasse mich langsam auf den Stuhl gegenüber von Tom sinken. „Na, gut geschlafen?“ Meine Frage klingt hinterhältig und ich komme mir gemein vor. Aber ich muss das jetzt durchziehen. „Wundervoll“ nölt Tom und hält sich den Kopf. „Du musst nicht gleich sarkastisch werden“ knalle ich ihm hin, lasse Bill dabei nicht aus den Augen, der immer noch mit Tassen und Löffeln werkelt und anscheinend genug mit sich selbst beschäftigt ist.

„Und? Hattet ihr ne schöne Nacht?“ Ach Tommy, du bist so leicht zu durchschauen... fast muss ich lachen. „Wunderbar“ schnurre ich und räkel mich noch ein bisschen auf meinem Stuhl. Und wunderbar ist nicht mal gelogen. „Dafür wart ihr aber ziemlich leise“ stellt Tom nüchtern fest und für eine Sekunde bringt er mich mit seinem durchdringenden Blick aus dem Konzept. „Du hast nur zu laut geschnarcht“ fällt mir aber dann glücklicherweise ein. Tom entgleisen sämtliche Gesichtszüge. Leider wirkt er dadurch gerade leicht grenzdebil. „Wer hat geschnarcht?“ schaltet sich Bill nun ein, der endlich fertig mit dem Kaffee ist und mir auch eine Tasse vor die Nase stellt. Dankbar nehme ich einen Schluck und verbrühe mir prompt den Mund. „Scheiße“ fluche ich laut. „Das kommt davon, wenn man sich nicht beherrschen kann“ wirft Tom in den Raum. „Ach komm Tom, das muss jetzt aber wirklich nicht sein. Wir wollten doch nicht mit diesem Eifersuchts-Mist anfangen oder? Außerdem ist gestern gar nichts...“ An dieser Stelle muss ich den herzallerliebsten Bill leider in seinem Redeschwall unterbrechen und trete ihm gepflegt vors Schienbein, um ihm Einhalt zu gebieten. Immerhin wollte er gerade unser Geheimnis ausplaudern. Nach einem kurzen Aufjauler starrt er mich mit schmerzverzerrtem Gesicht an, kommt aber nicht mehr dazu, mich zu fragen ob ich einen Schaden habe, denn Tom ist inzwischen auf 180. Ich könnte wetten, wegen dem „Eifersuchts-Mist“... danke Bill! Und offensichtlich hat er auch nicht geschnallt, was Bill ihm eigentlich sagen wollte... und noch mal danke Bill!

Ich muss mir ein fettes Grinsen verkneifen, denn die folgende Szene könnte man glatt verfilmen. „Was soll das heißen Eifersuchts-Mist? Immerhin hast DU gestern MEINE Freundin abgeschleppt und MICH einfach total breit da liegen lassen“ regt Tom sich auf und jetzt verfinstert sich auch so allmählich Bills Miene. „DEINE Freundin? Das ist ja mal ganz was Neues...“ spottet er und macht Tom damit nur noch wütender. „Ja, MEINE Freundin!“ beharrt er. Sollte ich die beiden mal darauf hinweisen, dass ich nur mir selber gehöre? Nein, ich lasse ihnen den Spaß. „Also tut mir leid Tom, aber ich glaub, wir müssen da mal ein bisschen was richtig stellen, du...“ An dieser Stelle klinke ich mich aus. Ich kann mir schon denken, in welch ausschweifenden Monolog Bill jetzt abdriftet.

Und ich bin jetzt voll und ganz damit beschäftigt, mich gemütlich in meinem Stuhl zurückzulehnen und mich zu freuen, dass es anscheinend Unruhe im Hause Kaulitz/Kaulitz gibt... wer hätte das gedacht? Strike!

***

Ich bin übrigens selber gespannt, was ich draus mache GoSu tihihi
und jetzt hab ich drei Stunden gebraucht, um diesen Text hier einzufügen, weil mein Lap wieder spinnt :/

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#73

RE: Killing me softly

in Fanfictions 06.01.2008 23:22
von Gosu • Besucher | 2.584 Beiträge

„Also als erstes will ich euch beide nicht vor meinen Augen miteinander rumknutschen sehen.“

Aber ich! Aber ich! XDDDDD

Die Shirin ist gar nicht dumm....ihr Plan scheint ja (erstmal^^) aufzugehen. Das wiederum gefällt mir aber nicht.......Bill und Tom sollen sich nicht wegen Shirin in die Haare kriegen *müff*

Danke für deine Mühe schaefchen, ich hoffe, das nächste mal hast du weniger Probleme beim Posten

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#74

RE: Killing me softly

in Fanfictions 06.01.2008 23:44
von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge

Shirin ist echt ne Göre... hinterhältiges, eifersüchtiges Miststück^^

hihi... so langsam fang ich an, auf den Teil zu warten, den du mir vor dem Posten der Story im Oldieforum mal geschickt hast, schäfchen xD

Die Story ist und bleibt spannend... das finde ich toll... die Neugier endet kein Stück und du hälst sie hervorragend aufrecht ... ich bleibe gespannt, was noch alles kommt... und aktuell bin ich gespannt drauf, wie es zwischen Bill und Tom gerade abgehen wird

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#75

RE: Killing me softly

in Fanfictions 09.01.2008 19:57
von Gosu • Besucher | 2.584 Beiträge

Ähhhh schaefchen....wieviel Kapitel hast'n hier eigentlich noch auf Vorrat?
Ich könnte wieder Nachschub vertragen

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