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RE: ~ Zurück zum Nullpunkt ~
in Fanfictions 15.06.2010 19:34von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge
~ 26. Kapitel ... Teil 1 ~
„Einfach abwarten, bis sie wiederkommen,“ wiederholte Lilith die letzten Worte ihres Gegenübers ironisch. „Du bist so ein Scherzkeks, Andi. Wie lange kennst du mich nun schon und wie lange glaubst du, kann ich einfach abwarten? Hast du gesehen, wie Tom Bill hinterhergelaufen ist? Weißt du eigentlich, was da drüben gerade abläuft?“ schoss sie dem Weißhaarigen aufgeregt ein paar Fragen rüber, die sie selbst alle mit Leichtigkeit beantworten konnte. „Die haben Sex, ohne dass ich es sehen kann,“ formte sich ein übertriebener Schmollmund aus ihren Lippen.
„Na und? Das haben sie doch sonst auch,“ sagte Andi so beiläufig wie möglich. Innerlich amüsierte er sich über ihre Empörung, und dass ihr Körper so hibbelig dabei wurde. Man konnte ganz genau den Drang in ihr sehen, der eigentlich schon längst hinterherlaufen wollte.
„Aber nicht, während ich hier bin. Das ist unfair. Die könnten sich doch zumindest dabei zuschauen lassen,“ hielt sie es sitzend nicht mehr aus und erhob sich mit dem Gefühl, das Beste zu verpassen, wenn sie nicht sofort spannen gehen würde. „Kommst du nun mit oder soll ich allein nachschauen?“ kam sie wieder so ziemlich an den Anfangspunkt ihrer Diskussion, doch dieses Mal fest entschlossen, sich in keine weitere Diskussion verwickeln zu lassen. „Jetzt grins nicht so und tu so, als würde dich das gar nicht interessieren,“ regte sie sich eigentlich vor Allem über Andis quälend langsame Reaktionszeit auf und zog ihm mit einem Ruck das Handtuch, mit dem er sich gerade abgetrocknet hatte, weg. „Nun komm,“ griff sie sein Handgelenk und nahm ihn mit. Sie wollte ihn einfach dabei haben, so als denjenigen neben sich, mit dem sie ihren Genuss teilen konnte, so wie es halt auch einfach schöner war, einen besonderen Sonnenuntergang zu erleben oder eine Sternschnuppe am Nachthimmel zu entdecken, wenn man zu zweit war.
Andi ließ sich ziemlich bereitwillig mitziehen. Seine Gedanken waren Bill und Tom tatsächlich auch direkt hinterhergelaufen, nachdem sie den Raum verlassen hatten, doch seine Achtung vor deren Privatsphäre hätte niemals zugelassen, dass er es wirklich getan hätte, und auch die Diskussion mit Lilith, in der er seine moralischen Zweifel bezüglich eben genau dieser Privatsphäre dargelegt hatte, war wichtig für ihn gewesen. Er konnte jetzt sagen, er hätte sich gewehrt. Nun war die schwarzhaarige Teufelin diejenige, die ihn quasi dazu zwang. Lilith war in einigen Dingen so komplett gegenteilig von ihm selbst… wahrscheinlich war es genau das, was ihn immer wieder so an ihr faszinierte. Mit ihr zusammen erlebte er Sachen, zu denen ihm eigentlich das letzte Stück Mut oder Dreistigkeit fehlte, und das machte die Stunden, die er mit ihr erlebte, hin und wieder zu einem spannenden Abendteuer für ihn, und so schlug ihm sein Herz vor Aufregung bis zum Hals, als Lilith vor ihm ganz vorsichtig die Badezimmertür einen Spalt breit öffnete und das Geräusch von herabprasselndem Wasser dadurch wesentlich lauter wurde.
Es war der richtige Moment am richtigen Ort… genau das empfand Lilith, während sie Bill dabei beobachtete, wie er sich sein nasses Kleidungsstück von den Hüften schob, es einfach dort, wo es landete, liegen ließ und aus ihrem beschränkten Blickfeld hinaus Richtung Dusche verschwand, und obwohl sie ihn nur von schräg hinten hatte sehen können, hatte die Energie, die er ausgestrahlt hatte, bereits gezeigt, wie heiß sein Blick gewesen sein musste, den er Tom zugeworfen hatte. Sie sah durch das Stück Spiegel an der gegenüberliegenden Wand, wie sich die leicht beschlagene Glastür an der Dusche langsam wieder schloss. Die fünf Sekunden, die sie noch abwartete, verbrachte sie damit, Andi im Stillen dafür zu danken, dass er sie noch aufgehalten hatte, und sie dadurch nicht zu früh hier aufgetaucht waren, doch dann dauerte es auch nur weitere fünf Sekunden, die sie brauchte, um ihren Gefährten mit ins Bad zu ziehen, die Tür leise zu schließen und in geduckter Haltung unentdeckt ihr Ziel zu erreichen.
Andi war sich nicht ganz sicher, ob er sich nun wohl oder unwohl fühlen sollte, und in seinem Kopf lief eine Gedankenschleife, in der sich die Frage befand, ob es nun Recht oder Unrecht wäre, wenn er nun auch seinen Blick heben würde, so wie Madame Oberdreist es bereits schamlos tat. Er stand vor dem letzten Schritt etwas zu tun, was nicht seinem Wesen entsprach, und in diesem Moment musste sein Gewissen noch abwarten, ob das Engelchen links oder das Teufelchen rechts in ihm diese Blickfrage beantworten würde. Lilith hielt noch immer seine Hand. Mit der anderen tastete er nach hinten und fühlte bereits nach wenigen Zentimetern die glatte Marmorfläche, in die die Waschbecken eingelassen waren, und während er sich mit seinem Po dagegen lehnte, zog er Lilith rückwärts zu sich heran. Als er ihr ein paar zarte Küsse auf die Schulter gab, konnte er Tom und Bill miteinander reden hören, doch waren die Störgeräusche des Wassers zu stark, als dass er auch nur ein einziges Wort davon verstand. Was allerdings deutlich bei ihm ankam, war das lustvolle Stöhnen in ihren Stimmen, das Andis Teufelchen dazu verleitete, sein Engelchen zu Seite zu schubsen, damit es über Liliths Schulter hinweg endlich etwas sehen konnte.
Zwei nackte, perfekte Körper, vollkommen aufeinander konzentriert, Wasser, das an ihnen herabfloss, als wollte es die Schönheit ihrer Konturen unterstreichen, ihre Münder zu einem Kuss vereint, der ihren Hunger aufeinander genau so deutlich zeigte, wie ihre Hände, die schmachtend all die erreichbaren Hautzonen des Anderen erfassten und dabei nicht genug bekommen konnten. Ihre Becken stießen und rieben sich drängend aneinander, nicht nah genug zusammen kommen könnend, und doch voller Sehnsucht genau danach schien es wie ein erotischer Machtkampf ihrer Leiber. Für Lilith hatte diese Szene einen herrlich reizvollen Peepshowcharakter… diese Kabine, die Scheibe, hinter der das Schauspiel stattfand, nur dass hier der Blick durchs Fenster auch offen blieb, wenn sie kein Geld nachzahlte, zumindest so lange das Glas von der Hitze im Inneren nicht vollkommen beschlug. Hitze befiel auch ihren Körper bei diesem erregenden Anblick. Sie zog Andis Arme enger um ihren Körper, schmiegte ihre Schultern weiter an seine Brust. „Gefällt dir das, sie so zu sehen?“ flüsterte sie neugierig.
„Scheiße, ja, “ flüsterte Andi zurück. Er konnte sich gar nicht erklären, was heute mit ihm los war. Er fand mehr als nur Gefallen daran, seinen Freunden dabei zuzugucken, wie sie sich verhielten, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. „Das muss an den Pillen liegen, “ fand er eine Rechtfertigung für die Lust, die sie in ihm weckten, auch wenn er spürte, dass das nur die halbe Wahrheit sein konnte.
„… oder einfach an den Beiden… hrrr,“ sabberte die Schwarzhaarige, während sie dabei zusah, wie sich Bills linkes Bein vom Boden löste und sich um Toms Hüfte legte. Gott, sie stand darauf, wie einzigartig er seine langen Extremitäten bewegte. Als hätte der Blonde nur auf diese Geste gewartet, griff er unter den Schenkel und als er Bill nächsten Augenblick hart gegen die Wand drückte, war dessen Keuchen ebenso laut wie das Geräusch, das der Aufprall seines Rückens verursachte. „Oh mein Gott, “ keuchte auch Lilith, als sie beobachtete, wie Tom ihm sein Bein noch etwas höher zog und dann gierig in ihn eindrang, und dass ihr kurz darauf eine Hand von hinten zwischen ihre Beine glitt und ihre Finger unter das klitzekleine Stück Stoff schoben, um gekonnt erregend ihre bereits feuchten Schamlippen zu spreizen, entlockte ihr ein überfälliges Stöhnen.
„Pssst… nicht so laut,“ ermahnte Andi sie zu ein wenig Disziplin, ohne mit seinen Fingerspielchen aufzuhören. Er wollte nicht entdeckt werden, wollte nicht, dass dieses unglaublich anziehende Bild der beiden Liebenden durch irgendetwas verfälscht wurde, wollte nicht stören… aber er wollte Lilith den Moment noch schöner machen, als er eh schon war…
… und das tat er… und wie schön. Oh ja. Das hier war für sie der Inbegriff von Luxus… eine Nacht mit drei hocherotischen Männern voller Lust, Leidenschaft und Drogen. Was störte es schon, dass hier der Champagner fehlte? Das erste Mal zu sehen, wie Bill sich wirklich hingab, zu hören, wie viel Lust er dabei empfand, war unbezahlbar, und wie Toms Mund immer wieder hungrig über seinen Hals herfiel, während er ihn gefühlvoll, aber doch mit der richtigen Portion Gier dabei nahm… woah. „Oh Gott… ist das schön,“ flüsterte sie erregt und meinte mit ihren Worten tatsächlich das, was Andi gerade mit ihr anstellte, das, was ihre Knie weich werden ließ und sie dazu nötigte, ihr Stöhnen zu unterdrücken.
„Oah… Engel… oh mein Gott“, japste der Schwarzhaarige überwältigt von den Gefühlen, die Tom in ihm hervorrief. Er fühlte sich machtlos diesen Hirn ausschaltenden Stößen ausgeliefert, die nur ein Ziel zu kennen schienen… ihn auf die berauschendste und schnellstmögliche Art sterben zu lassen… und das tat er… ununterbrochen. Die Lust verschlang ihn mit all ihrer Leidenschaft, raubte ihm seinen Atem und seine Kontrolle. Er versuchte nichts aufzuhalten, ließ sich mit geschlossenen Augen in den Armen desjenigen, dem sein uneingeschränktes Vertrauen gehörte, ganz fallen, spürte sein erregendes Verlangen, seine animalischen, dreckigen Triebe, seine außergewöhnliche Liebe. Nur noch instinktiv krallten sich seine Hände an seinen Zwilling, dessen treibende Stöße seine körperliche Wahrnehmung nur noch auf den Bereich konzentrierten, den sie aufs Wundervollste stimulierten.
Als Tom fühlte, dass nicht nur sein eigener, sondern auch der Höhepunkt seines Liebsten unmittelbar bevorstand, hielt er keuchend in seinen Bewegungen inne und erhielt exakt die Reaktion, die er damit provozieren wollte. Ein himmlisch gequältes Stöhnen, das die Worte ‚Oh Hilfe, ich war gerade so weit’ ersetzte, paarte sich mit einem Augenaufschlag, der den dahinterliegenden, verklärten Blick freilegte, auf den der Blonde es abgesehen hatte und der wiederum ihm nun ein genussvolles Stöhnen entlockte. „Ja, sieh mich an“, flüsterte er erregt bis zum geht nicht mehr. Er wusste, dass ihn die nächste Bewegung bereits zum Überkochen bringen konnte, und als er sich quälend langsam ein wenig aus seinem Bruder zurückzog, biss er sich angestrengt auf die Unterlippe.
Ein lang anhaltendes, kehliges „Oooaah“ wich überfordert aus Bills Kehle und ging in leises Wimmern über, während Toms bis zum Bersten gespannter Schwanz in Zeitlupentempo und so elendig gefühlvoll wieder in seine Enge kroch, dass jeder zurückeroberte Millimeter vor Lust zu explodieren schien. Es fiel ihm wahnsinnig schwer, nicht einfach seine Lider fallen zu lassen und den Blickkontakt zu halten, denn er fühlte bereits das tiefe Grollen der Lava in seinen Lenden, die sich in den nächsten Sekunden unaufhaltsam ihren Weg nach draußen bahnen würde. Sein Einfluss darauf endete genau in diesem Moment.
„Wir sollten vielleicht jetzt schnell wieder gehen“, schlug Andi leise vor, ohne seine Augen vom Hauptgeschehen nehmen zu können. Der Gedanke, gleich entdeckt zu werden, war ihm unangenehm, zumal er nicht wenig erregt war. Das erotische Schauspiel seiner Freunde, gepaart mit Liliths anschmiegsamem, heißem Körper, ließ gar keine andere Reaktion zu.
„Spinnst du?“ empörte sich die Schwarzhaarige verständnislos. „Jetzt, wo es gerade am allerspa… oh mein Gott…“
Bills heftiger Orgasmus wurde begleitet von einem unkontrollierbaren Zittern und ausbrechenden Lauten, die lustvoller nicht klingen konnten. Sie vermischten sich mit dem befreienden Stöhnen, das Tom während seiner ausklingenden Stöße von sich gab. Ein paar Momente später gab es von beiden Seiten nur noch Keuchen und ein kurzes gegenseitiges Anlächeln, bevor der Blonde erschöpft seinen Kopf gegen Bills Schulter lehnte und dessen Bein langsam wieder Richtung Erde entließ. Er schwebte noch ganz im Reich der Glückseligkeiten, als irgendetwas seinen Blick auf sich zog. „Oh. Wir haben Besuch“, bemerkte er noch völlig außer Atem.
Toms Worten folgend, drehte der Schwarzhaarige träge seinen Kopf ein wenig, bis Lilith und Andi in sein Blickfeld traten. „Na, dann sollten wir unseren Besuch wohl mal hereinbitten“, grinste er, während er mit seiner Hand bereits heranwinkende Bewegungen machte. Eigentlich hätte er sich ja denken können, dass seine voyeuristische, schamlose Freundin hier auftauchen würde, hätte er denn an sie gedacht.
„Großartige Vorstellung“, plapperte sie bereits aufgeregt drauf los, als sie die Glastür auf zog, Andi, der noch nicht mal die Gelegenheit hatte sich zu wehren, im unfreiwilligen Schlepptau. „Die passive Rolle steht dir unglaublich gut, Baby“, zwinkerte sie Bill zu, bevor sie ihren Blick in Toms Gesicht schwenkte. „Und du… oh mein Gott.“ Unverhohlen wanderten ihre Augen über seinen gesamten Körper. Sie genoss es. „Das nächste Mal bringe ich `ne Kamera mit“, durchzog ein leichtes Schmunzeln ihren Verdammt-bist-du-heiß-Blick.
„Das nächste Mal schließe ich die Tür ab“, konterte Tom trocken, während sich Bills Aufmerksamkeit auf Andi richtete, dessen leichte Errötung im Gesicht sein Interesse weckte, außerdem blieb er so merkwürdig hinter Lilith stehen, als hätte er etwas zu verbergen. Genügend Merkmale, damit der Schwarzhaarige die Unsicherheit in seinem Freund erkannte, ebenso den Grund für diese Unsicherheit, was augenblicklich seinen Spieltrieb kitzelte. Kurzerhand schob er Lilith ein Stück näher an Tom heran und bekam damit freie Sicht auf Andi. „Mir scheint, du könntest Hilfe gebrauchen“, trat er näher an ihn heran.
Der Weißhaarige spürte Bills Hände, die sich auf seine Beckenknochen legten und schmale, lange Finger, die zielstrebig den Bund seiner Boxer griffen, und ehe er überhaupt zum Atmen kam, hing sie auch schon zwischen seinen Knöcheln. Er streifte sie mit seinen Füßen von sich, als hätte er überhaupt keine andere Wahl, und so ähnlich fühlte er sich auch, denn Bill sah ihn auf eine Art an, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Plötzlich war er der Kleine. Ein Gefühl, das er in der Beziehung zu seinem Wahlbruder nie hatte. Da war er immer der Größere, der Beschützende. Jetzt war ihm, als müsste er selbst beschützt werden, vor ihm. Vorhin, als sie sich geküsst und gestreichelt hatten… das war irgendwie passiert, so aus dem Tanz heraus und aus dem Gefühl füreinander, so irgendwie noch halbwegs harmlos, doch nun wirkte das Funkeln in Bills Augen so verdammt ernst und gleichzeitig so vernichtend sexy, dass ihn Sprache, Denkvermögen und eigener Willen auf einen Schlag verließen. Er schluckte. So reagierte er doch sonst nicht auf die Pillen, die sie genommen hatten. Die Aura, die Bill umgab, hatte so etwas Gewaltiges, Übernatürliches, und so ließ er sich irritiert von ihm direkt unter den Wasserstrahl dirigieren.
Ähnlich wie seine Freundin es eben bei Tom getan hatte, empfand der Schwarzhaarige einen ganz besonderen Genuss daran, seinen verunsicherten Freund mit seinen Augen abzutasten und dabei ungeniert lange an dessen nicht mehr zu verbergender Erregung hängen zu bleiben. Absichtlich ließ er seine Zungenspitze dabei vielsagend mit seinem Mundwinkel spielen und spürte, wie Andi den Drang unterdrückte, seine Hände schützend vor sich zu halten. Als er zurück in seine Augen sah, als wäre er das Dessert, das es gleich zu verspeisen galt, war es die offensichtliche Überforderung darin, die ihn anmachte. Nur für einen ganz kurzen Moment ging sein Blick zurück zu dem attraktiven, so gar nicht verunsichertem Schwanz. „Ich könnte mich darum kümmern“, sagte er halb anbietend, halb, als wollte er gleich einen sexuellen Mord begehen, und unterstrich das Ganze noch mal mit einer eindeutigen Geste seiner Zunge, die alles andere als billig wirkte.
Andi fühlte sich wie Mowgli in den Fängen der Schlange Kaa. Wie hypnotisiert starrte er auf das Gesicht dieses unbegreiflichen Menschen und bekam dennoch irgendwie mit, dass dieser etwas zwischen seinen Händen verrieb, die für sich allein schon so viel Erotik dabei ausstrahlten, dass die Hitze zwischen seinen Beinen sich ungewollt verstärkte. Er hatte keine Ahnung, was mit ihm los war, doch er folgte der Anweisung des beringten Zeigefingers, der ihn wieder unter der Duschbrause hervorlockte. Sein Herz schien nicht mehr im Einklang mit seinem Puls zu funktionieren. Ersteres schien das Schlagen zu vergessen, während Letzterer einen neuen Geschwindigkeitsrekord zu erzielen versuchte. Noch nie hatte er durch Bills Gegenwart so eine innere Aufgewühltheit empfunden, und die wurde auch nicht besser, als sich dessen Hände flach um seinen Hals legten und sich von dort aus zärtlich streichelnd langsam über seine Schultern zu seiner Brust bewegten. Alles, was ihm an Ruhe fehlte, schien sein Gegenüber doppelt und dreifach zu haben. Mit jedem Zentimeter, den diese magischen Finger weiter nach unten glitten, und mit jedem Moment, den sein Gegenüber nichts sagte und ihn einfach so überwältigend beobachtete, wuchs die Spannung in ihm. „Wie weit willst du gehen?“ konnte er die Ungewissheit über den folgenden Verlauf dieser Begegnung nicht mehr aushalten, als diese Finger sich gefährlich direkt auf seine Gefahrenzone zu bewegten. Bill strahlte so etwas Mächtiges aus, dass seine Verunsicherung sich ausweitete wie ein Ballon, schließlich kannte er dessen Spielzimmer und dessen Vorlieben… zumindest in der Theorie. Das machte ihm in Verbindung mit diesem Blick dann doch irgendwie Angst.
„So weit, wie du mitgehst“, antwortete Bill beruhigend und schob Andi dabei liebevoll eine Haarsträhne von der Wange. „Und vielleicht ein wenig darüber hinaus“, relativierte er jedoch sofort seine Aussage und zog dabei neckisch eine Augenbraue in die Höhe.
Der Weißhaarige schluckte erneut. „Und wenn ich nicht weiß, wie weit ich mitgehen will?“
Bill spürte, dass er zumindest kurz mal aufhören musste zu spielen, wenn er seinen Freund nicht gänzlich überfordern wollte, und das wollte er nicht… zumindest noch nicht sofort, deshalb legte er seine Hände jetzt ruhig an Andis Taille und ließ sein Machtgehabe fallen. „Was hältst du davon, wenn wir es einfach ausprobieren?“ beugte er sich vor und küsste zart seine Lippen. Als Antwort erhielt er wie erwartet ein schüchternes Nicken und ein unerwartetes Lächeln.
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RE: ~ Zurück zum Nullpunkt ~
in Fanfictions 15.06.2010 19:36von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge
~ 26. Kapitel ... Teil 2 ~
Bill wurde von einem Kitzeln an seinem Mundwinkel geweckt. Direkt darauf folgte das Gefühl, nicht wirklich frei atmen zu können, und als er die Augen aufschlug, stellte er fest, dass das an seinen Haaren lag, die ihm wie ein Teppich vor seinem Gesicht hingen und kaum Sauerstoff hindurch ließen. Beim Versuch, sie mit beiden Händen nach hinten zu streichen, weckte er Lilith.
„Au, au, au“, kommentierte sie überrascht das Ziepen, das sie dazu zwang, ihren Kopf immer weiter in den Nacken zu legen, ohne zu begreifen, was eigentlich gerade geschah.
Ihre Stimme weckte Tom, der beim Anblick der verschlafenen, zerzausten, schwarzhaarigen Schönheit in Not augenblicklich und unweigerlich an Sex denken musste, bis ihm auffiel, dass das Kissen unter seinem Kopf lebte. Dadurch noch wacher werdend, richtete er sich mit seinem Oberkörper etwas irritiert auf. Von hier oben hatte er eine bessere Sicht auf die Situation.
Das plötzlich fehlende Gewicht auf ihm, verbunden mit dem Entzug der körperlichen Wärme, weckte Andi. „Oh, `tschuldigung. Ich dachte, das wären meine“, hörte er eindeutig Bills belustigte Stimme, ohne den Sinn der Worte auch nur annähernd zu verstehen. Es folgte ein undefinierbarer, brummiger Laut von Lilith. Beim Öffnen seiner Augen stach ihm das Tageslicht wie ein Dolch in den Kopf und löste unangenehme Schmerzen im Stirnbereich aus, so dass er sie augenblicklich mit einem leisen Stöhnen wieder schloss und seine Hand über sie legte. Überhaupt ging es ihm furchtbar. Sein Körper fühlte sich an wie ausgeschlachtet. Überall gab es Stellen, die weh taten. Irgendwie tat im Grunde genommen komplett alles weh, in seinem Mund schmeckte es, als hätte er Metallstaub aufgeleckt, und in seinem Hirn blitzten Erinnerungen auf, von denen er nicht wusste, ob sie aus seinem Traum von eben stammten, oder ob sie wirklich erlebte Realität beinhalteten. Letzteres ließ sich immerhin überprüfen, schließlich schienen alle um ihn herum bereits wach zu sein. „Sagt mal, hab ich das geträumt, oder hatten wir tatsächlich so was wie `nen Vierer?“ fragte er in die Runde, ohne seine Augen zu öffnen. Er brauchte Rückmeldung, um irgendwie Klarheit zu bekommen.
„Nicht nur so was wie“, reagierte Bill mit einem zurückdenkenden Grinsen, während Tom die Frage zeitgleich mit einem gelogenen „Das hast du nur geträumt“ beantwortete.
„Ihr seid doof“, fand Andi, der keinen Nerv dafür hatte, veräppelt zu werden.
Sofort plapperten die Zwillinge wieder gleichzeitig drauf los und gerieten dabei in eine neckende, lustige Diskussion darüber, wer von ihnen doofer sei und warum. Sie entwickelten gerade richtig ihren gegenseitigen Übertrumpfungseifer, als Lilith sich einmischte.
„Könnt ihr vielleicht einfach mal eure Klappe halten? Ich will weiterschlafen“, keifte sie überreizt, ohne auch nur ein Fünkchen Verständnis für die scheußlich gute Laune, die von den beiden Labertaschen ausging, aufzubringen. „Und übrigens… Andi… ja, wir hatten alle Sex miteinander“, klärte sie ihn kurzerhand auf, damit das aus der Welt war. Ihr ging es ähnlich schlecht wie Andi. Sie wollte einfach nur ihre Ruhe.
„Oh, Gott“, stöhnte der Weißhaarige unerfreut und zog sich die Decke über den Kopf.
„Diese Worte klangen bei dir vor ein paar Stunden irgendwie ekstatischer“, konnte Bill sich nicht verkneifen zu sagen. Er war verwundert über diese komplette Humorlosigkeit, die die beiden Grummelnden ausstrahlten, und war nicht wirklich angetan davon.
„Bill!“ zischte Lilith warnend und drehte ihren Kopf, so dass sie ihn mit ihren blitzenden Augen ohrfeigen konnte.
„Ja, ich geh ja schon“, verfiel auch er langsam in Genervtheit und überließ die Decke, unter der sie gemeinsam lagen, nun sogar freiwillig ganz seiner übelgelaunten Freundin und stand auf. So was musste er sich jetzt nicht geben. Er holte sich ein paar frische Klamotten aus seinem Schrank und verließ verstimmt das Schlafzimmer.
Tom folgte ihm nicht viel später, doch vorher zog er noch die schweren Vorhänge zu und verdunkelte den großen Raum, wofür besonders Andi ihm dankbar war. Er fand seinen Zwilling wie erwartet bereits duschend im Bad und entschied, selbst erstmal seine Zähne zu putzen. Seine Mundflora konnte eine gründliche Erfrischung wahrlich gebrauchen.
„Die sind ja richtig ätzend drauf da drüben“, meckerte Bill los, als er Tom bemerkte. „Hast du gesehen, wie Lilith mich angeguckt hat? Als wäre ich Osama Bin Laden und Georg Bush in einer Person“, rollte er mit den Augen. „Und Andi scheint ja jetzt schon alles zu bereuen. War er nicht derjenige, der die Dinger besorgt hat? Ich hab gerade das Gefühl, ich bin der Einzige, der heute Nacht seinen Spaß hatte. Tolles Aufwachen!“ beschwerte er sich, während er sein Haar kraftvoll einschäumte.
Der Blonde lehnte inzwischen wie Andi heute Nacht am Waschbecken und genoss den Anblick seines Liebsten, während er fleißig seine Zahnbürste bewegte. Jetzt nahm er sie aus seinem aufgeschäumten Mund und gestikulierte damit herum, als er auf Bills Worte reagierte. „Sei nicht so streng mit den Beiden. Denen geht`s gerade nicht gut. Sie sind halt nicht wie wir und müssen erstmal wieder klarkommen, aber wenn du jemanden zum Abreagieren brauchst… ich bin hier.“ Grinsend schob er sich sein Putzutensil wieder zwischen seinen Lippen hindurch. Er hatte seit der lustigen Diskussion vorhin blendende Laune, und die konnte weder Lilith noch Andi noch Bill ihm nehmen.
„Was soll das denn jetzt heißen?“ nahm der Schwarzhaarige seine Hände vom Kopf und sah Tom nur abwartend an.
„Das soll heißen, dass ich dir meinen wunderschönen Körper anbiete, damit du deinen Frust loswerden kannst“, zuckte Tom anzüglich mit beiden Augenbrauen, wohl wissend, dass er damit nicht das beantwortete, was seinen Bruder gerade interessierte. Ihm gefiel die Energie, die Bill ausstrahlte, wenn er ein wenig angepisst war, außerdem hoffte er auf ein bisschen mehr Brutalität, falls er ihn von sich überzeugt bekommen würde. Er hatte nichts dagegen, die Spielchen von heute Nacht einfach noch etwas fortzusetzen, nur eben zu Zweit und etwas härter.
„Moah, Tom. Du weißt genau, was ich meine… außerdem schlage ich keine Typen, die bereits Schaum vorm Mund haben“, sprang Bill auch gleich so angegrätzt auf ihn an, wie Tom es sich gewünscht hatte. „Was meinst du, sie sind nicht wie wir und müssen klarkommen? Müssen wir etwa nicht klarkommen?“ zog er seine Stirn in Falten und fing jetzt langsam an, eher gewohnheitsmäßig als bewusst, seine Haare auszuspülen.
Der Blonde spuckte den überflüssigen Inhalt seines Mundes ins Waschbecken und wartete ab, bis Bill kein Wasser mehr über die Ohren floss. „Sag mal, wurde auf den Partys, auf denen du warst, eigentlich nie Drogen genommen?“ reagierte er dann verwundert. Irgendwie dachte er, dass das so verbreitet sein müsste, dass das selbst seinem Zwilling eigentlich nicht entgangen sein durfte. Kiffen tat er ja schließlich auch ab und an.
„Doch, aber niemand, mit dem ich näher zu tun hatte… zumindest nicht so ein Zeug, und ich hab ja schl…“
„Also Lilith hat das garantiert nicht zum ersten Mal genommen“, fiel Tom seinem Bruder ins Wort. Auch nicht erst das zweite oder dritte Mal. Das war mehr als eindeutig für ihn. Dazu war sie damit viel zu gewohnheitsmäßig umgegangen.
„Tja… das war wohl bis gestern eines ihrer Geheimnisse vor mir.“ Irgendwie konnte Bill es ja nicht recht fassen, warum er davon nie etwas mitbekommen hatte, und auch, dass sie es ihm verschwiegen hatte, doch darum ging es jetzt nicht. „Aber was ist denn nun mit den Beiden?“ musste er zum wiederholten Male nachhaken.
„Die haben so was wie einen Kater, nur viel schlimmer, sagt Andi, weil wohl auch die Psyche erstmal keine Freude mehr empfinden kann. Irgendwie so hat er das mal ausgedrückt. Am Besten fragst du ihn das selbst mal, oder Lilith, wenn du das wissen willst, aber ich würde dir raten, das erst Morgen zu tun. Heute können wir die Beiden vergessen. Die brauchen jetzt erstmal ihre Zeit, um wieder zu sich zu finden oder was weiß ich. Passiert für gewöhnlich so ziemlich allen Normalsterblichen, wenn sie diese Pillen schlucken“, gab Tom jetzt die Erklärung ab, die sein Zwilling hören wollte, zumindest so gut er konnte. Er kannte das schon. Nach solch ausschweifenden Partys konnte man das Partyvolk am darauffolgenden Tag eigentlich nur möglichst unbeachtet lassen, wenn man keinen Krieg heraufbeschwören wollte.
„Normalsterbliche?“ Dem Schwarzhaarigen zog es erneut seine rechte Augenbraue in die Höhe. „Du bist also kein Normalsterblicher, oder was?“
„Stimmt.“ Tom schmunzelte, weil Bills kritischer Gesichtsausdruck schon herrlich war.
„Aha“, kam es trocken. „Und was bist du dann?“
„Ich denke ein Unsterblicher… also… da gehe ich zumindest von aus, bis das Gegenteil bewiesen ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich Recht habe, kommt mir zumindest größer vor, als die Wahrscheinlichkeit zu sterben. Das wäre doch sonst schon längst passiert.“ Da war tatsächlich etwas in ihm, das genau das glaubte. Es gab sonst keine logischere Erklärung für eigentlich alles, was ihn betraf, und über seinen Bruder dachte er das Gleiche.
Schon wieder ein emotionsloses „Aha“, das über Bills Lippen stolperte. „Du meinst also, wir hören irgendwann auf zu altern und leben ewig. Findest du den Gedanken verlockend?“ Außer, dass er Toms Theorie für unmöglich hielt, war für ihn der Gedanke an ein ewiges Leben eher abstoßend. Na gut, die ersten siebenhundert Jahre würde er vielleicht tatsächlich noch Spaß daran haben können, aber die weiteren Jahrmillionen stellte er sich dann doch zunehmend unspaßig vor, selbst mit Tom an seiner Seite.
„Keine Ahnung. Da denk ich vielleicht in zweitausend Jahren mal drüber nach“, lachte der Blonde jetzt und wandte sich dem Waschbecken zu, um seine Zahnpflege zu Ende zu bringen.
Bill war mit seiner Dusche eigentlich inzwischen fertig, doch das Wasser war so schön warm und das fühlte sich so gut an, dass er es einfach noch ein wenig genießen musste. Für eine kleine Weile war nur beruhigendes Plätschern zu hören. „Was glaubst du, warum wir jetzt nicht auch mies gelaunt neben Lilith und Andi liegen?“ musste er das, was er sich mal wieder nicht erklären konnte, laut äußern, nachdem ihm die Frage immer und immer wieder verbot, an etwas Anderes zu denken.
„Weil wir anders sind“, zuckte Tom mit den Schultern. Wenn man nicht weiter darüber nachdachte, dann war das eine ausreichend erklärende Antwort für so ziemlich jede Frage, die er nicht beantworten konnte. Er stellte die ausgewaschene Zahnbürste in ihren Becher zurück, zeigte sich selbst seine frisch poliertes Gebiss im Spiegel, befand es für behandelt genug und stieg zu seinem Bruder in die wärmere Duschkabine. „Hi, mein Wesen“, wurde er von einer unglaublichen Zärtlichkeit überfallen, als er Bill das erste Mal seit ihrem Aufwachen so nahe kam. Diese Zärtlichkeit war nicht nur deutlich in seiner Stimme zu hören, sie spiegelte sich auch in dem Kuss wieder, der die Lippen seines Geliebten streichelte.
„Hi, mein Engel“, fand der Schwarzhaarige zu einem Lächeln und zu dem Gefühl, wie schön es doch war, nicht mehr allein derjenige zu sein, der so anders war, dennoch ließ ihn eben Gedachtes noch nicht los. „Weißt du was? Ich glaube, ich will doch mein Blut untersuchen lassen. Reicht ja, wenn das Einer von uns macht.“ Er versuchte seine wackelige Entschlossenheit dafür mit seinen Worten zu festigen. „Das, was daran so schlimm ist, ist nur das, was in meinem Kopf passiert, also kann es auch nicht schlimmer sein, als daran zu denken. Ich muss ja nicht unbedingt zu einem Arzt gehen. Soweit ich weiß, dürfen Krankenschwestern oder so was das auch… und wenn du mir dabei die Hand hältst…“, hielt er mit einem fragenden Blick inne.
Tom nickte. „Du bist definitiv der Mutigere von uns,“ stellte er nicht zum ersten Mal fest.
„Wohl kaum. Ich bin eher der Neugierigere von uns“, widersprach Bill.
„Und du bist hoffentlich derjenige von uns, der mir jetzt etwas mehr Platz macht, damit ich auch duschen kann“, schob der Blonde ihn ein paar Zentimeter rückwärts und küsste ihn dabei erneut. „Und wenn du nett bist, dann holst du dir jetzt einen runter, damit das hier ein besonderes Duscherlebnis für mich wird“, raunte er mit einem Grinsen an die Lippen seines Zwillings. Der wich ein Stückchen zurück.
„Ich bin noch viel netter zu dir. Ich überlasse dir die komplette Dusche und verlasse dich jetzt“, sprach er und verschwand.
„Das ist aber nicht sehr nett“, beurteilte Tom die Situation bedauernd und blieb wie ein im wörtlichsten Sinne begossener Pudel zurück.
„Ach komm. Du stehst doch auf nicht sehr nett“, war es jetzt Bill, dem das Grinsen im Gesicht lag, als er nach einem Handtuch griff und sich ungründlich abtrocknete, bevor er es um seine Hüfte wickelte.
„Aber nicht unbedingt auf die nicht nette Art. Zwischen nicht nett und nicht nett kann es große Unterschiede geben.“ Der Blonde hob seinen Zeigefinger, um seine Worte damit noch zu betonen, doch sein Zwilling beachtete ihn gar nicht mehr und kümmerte sich wieder um sich selbst, deshalb tat er das jetzt auch und konzentrierte sich vorerst auf seine Körperpflege.
Als Bill in den Spiegel sah, der vor Kurzem noch Toms strahlend weiße Zähne wiedergegeben hatte, glitt die Nacht mit all ihren Facetten in seine Gedankenlaufbahn. Was ihm daran nun extrem auffiel, war die Tatsache, dass er wirklich mal richtig abgeschaltet hatte, auf eine Art, wie er es vorher gar nicht gekannt hatte. Das war vielleicht die eindrücklichste Erfahrung, die ihm die erstaunliche Wirkung dieser unscheinbaren, kleinen Pille beschert hatte, mal ganz abgesehen von den vielen weiteren Eindrücken, mit denen er zu Anfang des Rausches heillos überfordert gewesen war. Von dem Rausch selbst war in ihm jetzt nichts mehr übrig als die Erinnerung daran. Er fühlte sich sowohl körperlich als auch psychisch heute nicht anders als sonst auch, und ginge es Andi und Lilith nun nicht so schlecht, so wäre seine Laune wahrscheinlich sogar um einiges besser als sonst. Bill hatte es überaus genossen, was zwischen ihnen passiert war, doch vor allem Andis schamvolle Reaktion vorhin streuten Zweifel in sein Gefühl. Hatte er irgendetwas übersehen heute Nacht? Hatte die Droge ihm vielleicht nur vorgegaukelt, dass es seinem Freund gefallen hatte? Eigentlich funktionierte sein Gespür für andere Menschen in solchen Dingen hervorragend. Hatte es versagt? „Andi scheint ziemlich zu bereuen, was zwischen uns gelaufen ist. Glaubst du, er kommt damit klar?“ suchte er Rat bei seinem Zwilling, der Andi besser kannte. Er hatte Angst, dass sich in der Beziehung zu seinem Freund entgegen seiner Erwartung etwas verändert hatte.
Tom hielt in seinen Bewegungen inne und sah Bill durch die gläserne Tür hindurch an. „Mach dir darum bloß keine Sorgen, Engel. Der hat vorhin nur so reagiert, weil er schon mit dem Aufwachen an sich nicht klargekommen ist, so wie Lilith auch. Das ist wirklich nur die Auswirkung von ihrem Kater oder wie man das nennen soll. Die finden gerade einfach alles zum Kotzen und bereuen wahrscheinlich sogar, dass sie existieren. Sie zahlen einen hohen Preis für ihren Rausch, aber der ist es ihnen offenbar wert. Morgen, allerspätestens Übermorgen, vielleicht sogar schon heute Abend sehen die Dinge für sie schon wieder anders aus, und dann bekommst du sie so zurück, wie du sie kennst“, versprach er.
Tom redete so, als wäre das etwas ganz Normales, und das machte Bill deutlich, wie wenig er von dieser Drogenwelt kannte, und das war ihm eigentlich auch ganz recht so, doch jetzt tauchten Fragen auf. Er fragte sich, ob er so eine Pille noch mal nehmen würde, wenn es ihm danach so wie Lilith und Andi gehen würde, und warum sie das taten, außerdem hatte er so einige Fragen an Tom. „Hast du schon viele von diesen Pillen genommen?“ ließ er gleich mal eine heraus.
„Viele ist relativ“, fing der Blonde unbestimmt an. „Nachdem ich das erste Mal eine geschluckt hatte, hätte ich mich am liebsten nur noch davon ernährt. Ich fand das so abgefahren, wie geil das meinen Kopf entspannt hat, und ich hab dann auch gleich am nächsten Tag noch eine genommen, aber die hat nicht gewirkt. So gar nicht. In der Zeit direkt danach hab ich so viele von den Dingern geschluckt, wie ich irgendwie zusammenkratzen konnte… also das waren schon eine ganze Menge, und das war auch ganz schön bescheuert. Ich hätte nämlich genauso gut einfach Milch trinken können und hätte den gleichen Effekt erzielt… gar keinen nämlich. Ich hab`s dann wieder sein gelassen, aber der Gedanke, das, was ich beim ersten Mal erlebt hab, noch mal erleben zu wollen, hat mich nach ein paar Monaten doch noch mal probieren lassen, und da hat es dann auch wieder geklappt. Kurz gesagt hab ich am Ende herausgefunden, dass mein Körper wohl eine gewisse Zeitspanne braucht, damit es bei mir nach so einer Pille wieder wirkt, was ich inzwischen echt gut finde, weil ich zu dem Zeitpunkt sonst der perfekte Kandidat dafür gewesen wäre, davon abhängig zu werden“, berichtete er bereitwillig.
Bill war etwas verwirrt. „Warum hast du mir davon noch nie was erzählt?“
„Keine Ahnung“, zuckte Tom mit den Schultern. „Wahrscheinlich weil wir das Thema einfach noch nicht hatten, so wie wir das Thema Tanzen offenbar auch noch nicht hatten“, gab er seinem Zwilling indirekt seine eigene Frage mit einem Augenzwinkern wieder zurück. „Es gibt bestimmt noch Vieles, was wir nicht voneinander wissen.“ Nun setzte er auch seinen aktiven Duschvorgang fort.
„Ja, das stimmt wohl“, musste der Schwarzhaarige einsehen. Auch wenn er Tom auf eine Art in und auswendig kannte, konnte er deshalb nicht gleich alles von ihm wissen. Es würde noch viel Zeit und viele Gespräche dauern, bis sie sich gegenseitig in ihren getrennten Leben auskennen würden. „Und wie groß ist der Abstand, bis die nächste Pille wieder wirkt?“ interessierte es ihn.
Tom schmunzelte. Er hatte gewusst, dass Bill jetzt genau diese Frage stellen würde. „So etwa dreieinhalb Monate. Ich mache für gewöhnlich vier daraus, dann bin ich auf der sicheren Seite.“
„Und wie lange ist es her, dass du das letzte Mal etwas genommen hast?“
„So ziemlich exakt vier Monate, und ja, ich habe bisher auch noch keine Möglichkeit dazu ausgelassen, und zu Andi… der nimmt vielleicht eine, höchstens zwei Pillen mehr im Jahr als ich, aber insgesamt hat er sich an meinen Rhythmus angepasst, glaub ich“, beantwortete der Blonde einfach gleich noch die Fragen, die bei seinem Zwilling bereits in der Warteschleife hingen.
Jetzt war es Bill, der schmunzelte. Hatte er doch bis zu dem Zeitpunkt, als er Tom kennenlernte noch Angst vor zu viel Nähe zu jemandem, doch bei ihm genoss er genau diese total übersteigerte, unnormal intime Nähe doppelt und dreifach. „Ich liebe dich“, ließ er zärtlich die einzigen Worte heraus, die er in diesem Augenblick noch kannte.
Ein Lächeln erreichte Toms Herz bereits bevor es seine Lippen formten. Blind fühlend stellte er das Wasser ab und streifte sich die überflüssigen Tropfen vom Körper, bevor er die Glastür öffnete und sich eines der nah hängenden Handtücher griff. Er hielt das für den richtigen Moment, seinen Bruder noch mal ganz direkt auf seine Bedürfnisse aufmerksam zu machen. „Und? Wirst du mir gleich ein wenig weh tun?“ ging er auf ihn zu.
„Nein!“ antwortete Bill, als wäre Tom der Letzte, der ihn das fragen sollte.
Dem Blonden war das Lächeln noch nicht abhanden gekommen. „Warum nicht?“ blieb er dicht vor dem Schwarzhaarigen stehen.
„Weil du dich viel zu sehr anbiederst. Das ist ja ekelhaft“, verzog sich Bills Gesicht entsprechend seiner Aussage, und sein Blick, der angewidert über Toms Gestalt huschte, hatte nichts mehr mit seinen zärtlichen Worten von eben zu tun. „Und jetzt solltest du dir lieber etwas anziehen und mich mal in Ruhe lassen, wenn du gleich mit mir frühstücken willst“, drehte er sich Tom außer Acht lassend wieder dem Waschbecken zu und schnappte sich seine Zahnbürste.
Tom stand auf diese abweisende Art, und ließ sich allein deshalb schon nicht so leicht wegschicken. Er stellte sich einfach hinter seinen Zwilling und sah ihn durch den Spiegel hindurch an. „Wirst du dir auch etwas Schönes anziehen?“ schnurrte er, während er Bill ein paar liebevolle Küsse auf die Schulter hauchte.
„Wieso auch?“ betonte Bill das Auch, während seine rechte Augenbraue sich schon gewohnheitsmäßig skeptisch in die Höhe bewegte und Tom damit bereits glücklich machte.
Kichernd entfernte sich der Blonde nun tatsächlich, um sich abzutrocknen, anzuziehen und seinem Bruder das Bad für sich allein zu überlassen.
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Tom sah zur Küchenuhr, obwohl das eigentlich gar keinen Zweck hatte, denn es war das erste Mal, dass er heute überhaupt auf eine Uhr schaute, so konnte sie ihm auch nicht anzeigen, wie lange Bill nun schon brauchte, und das war das Eigentliche, das ihn interessierte. Wahrscheinlich ließ sich das besser am Zustand des Feuers ablesen, das er zuerst entzündet hatte, als er hier reingekommen war. Das Essen, das er auf dem Tisch ausgebreitet hatte, machte ihm seinen Hunger von Minute zu Minute deutlicher. Er hatte zusätzlich zu dem Kaffee sogar noch Tee gekocht, von dem er bereits die zweite Tasse trank. Gemütlich in eine Ecke des Sofas gekuschelt, die Füße auf dem Polster abgelegt, wusste er gerade nichts weiter mit sich anzufangen, als zu warten, und so hing sein Blick fast ununterbrochen auf dem Punkt, an dem sein Liebster auftauchen würde, sobald er die Küche betrat. Das machte die Wartezeit irgendwie nicht kürzer. Als sich vor der Tür endlich etwas regte, war er bereits happy, bevor sie aufging, und als Bill sichtbar vor ihm auftauchte, schlug sein Herz augenblicklich doppelt so schnell. „Oh mein Gott, ich liebe dich“, stöhnte er bei dessen Anblick und ließ unwillkürlich die Teetasse sinken. Das Warten hatte sich so was von gelohnt.
Der Schwarzhaarige hatte sich bei seiner Klamottenwahl kurzerhand noch mal umentschieden und war dafür auf leisen Sohlen ins Schlafzimmer an seinen glücklicherweise schlummernden Freunden vorbeigeschlichen. Seine Accessoires hatte er ganz nach den Bedürfnissen seines Zwillings ausgewählt, und sein Make-up sowie seine Haare waren ihm so gut gelungen, dass selbst Luka nichts hätte verbessern können. Toms sabberndes Gaffen bestätigte das auf aufregende Art, und er blieb für einen Moment einfach stehen, um diese Bestätigung noch etwas auszukosten.
So in der Art hatte er Bill erst ein einziges Mal gesehen, ganz kurz nachdem sie sich kennengelernt hatten. Damals… es lag zwar erst etwa zwei Monate zurück, doch Tom kam es schon so lange her vor, als könnte er es bereits mit damals bezeichnen… da hatte er ihn so, heimlich versteckt hinter einem verstaubten Industrieregal, beobachtet... der Tag, an dem er Lilith das erste Mal gesehen hatte… nackt… eifersüchtig auf sie wurde, ohne zu wissen, wer sie eigentlich war. Das Outfit, das sein Bruder heute trug, glich dem von damals, nur war Tom sich nicht sicher, ob es auch wirklich Leder war, und es hatte es etwas weniger von diesem machtausstrahlenden Touch, dafür war es so dermaßen sexy, dass Weggucken wie Selbstgeißelung anmutete. An einigen Stellen blitzte nackte, helle Haut verheißungsvoll durch die kleinen, klug gesetzten Öffnungen im schwarzen Stoff, der so eng anlag, als wäre er ihm auf den Körper gesprüht worden. Sein Nippelpiercing zeichnete sich wirkungsvoll darunter ab, und Tom fing nervös an, mit seiner Zunge zu spielen, ohne es selbst zu bemerken. Bills ewig lange Beine steckten in kniehohen Stiefeln, die mit silbernen, kunstvollen Schnallen verziert waren, und seine Haare waren so hoch toupiert, dass sie seine gesamte Gestalt noch größer und beeindruckender wirken ließen, als sie eh schon war, doch was den Blonden am allermeisten anzog, und das hatte sich seit ihrer zufälligen, ersten Begegnung nicht geändert, waren diese ausdruckstarken, schwarzbetonten Augen, die niemand so einsetzen konnte wie er es vermochte. Tom war sich sicher, dass er das absolut schönste Wesen liebte, das es überhaupt gab und jemals gegeben hatte, und dieses absolut schönste Wesen ließ mit seinem überarroganten Blick in seinem Kopf gerade seine masochistischsten Phantasien auflodern. Er war erregt und wartete voller Spannung nur noch auf Bills Zeichen.
Macht war etwas, was ihm den größten Teil seines Lebens in wirklich allen Bereichen verwehrt worden war, deshalb verschaffte dieses Gefühl dem Schwarzhaarigen, seitdem er sich das erste Mal gewagt hatte, so zu fühlen, einen ganz besonderen Kick, und er hatte im Laufe der Zeit immer besser gelernt, wie er dieses Gefühl in sich erzeugen konnte, wurde süchtig danach. Es gefiel ihm wahnsinnig, zu wissen, dass selbst Tom sich seiner Macht nicht entziehen konnte, dass er sogar danach bettelte, obwohl er sie auch selbst in sich trug. Das hatte er gerade in der letzten Nacht wieder deutlich erleben dürfen, doch jetzt war die Nacht vorbei. Hier und jetzt gehörte Bill die Macht, und er hatte auch nicht vor, sie so schnell wieder abzugeben. „Zieh dich oben rum aus und bring mir Kaffee mit“, befahl er knapp, bevor er majestätischen Schrittes die Küche verließ. Er hörte noch, wie Toms Körper gegen den Tisch stieß, als dieser augenblicklich aufsprang.
Das Spiel hatte begonnen…
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RE: ~ Zurück zum Nullpunkt ~
in Fanfictions 27.09.2010 20:19von Lowy • Besucher | 28.932 Beiträge
Und ich hatte schon gehofft, etwas Geschriebenes von dir hier zu finden...
verhofft^^
Also irgendwann kannst du weiterlesen
Ich habe auch in letzter Zeit etwas weitergeschrieben... so Sätzchen für Sätzchen... bei mir fließt es ja nie eigentlich... aber ich habe zumindest schon so viel geschrieben, dass es von der Menge her schon ein Kapitel wäre... nur dass das Kapitel deswegen leider noch nicht fertig ist *wohl ein langes Kapitel wird*

RE: ~ Zurück zum Nullpunkt ~
in Fanfictions 27.09.2010 23:01von schäfchen • Besucher | 3.541 Beiträge
das hört sich ja gar nicht so schlecht an
also letztes Mal hast du glaub ich gesagt, du hättest einen Satz geschrieben, da klingt das jetzt ja sehr angenehm dagegen
ich schreib auch wieder, aber es fließt nicht wirklich... mal sehen, was die nächsten Tage so bringen. Jedenfalls hab ich nicht so viel Stress wie die letzte Zeit, und dann hab ich zumindest den Kopf, mich ran zu setzen. Setzen wir uns einfach beide ran


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