~Bill~

"Hach... du hast es", freute ich mich über den Enthusiasmus, der jetzt in Toms Stimme lag. Endlich kam er meiner Stimmung wieder näher, und als wir durch das Tor zum Grundstück hindurch waren, hielt ich Toms Hand noch fester und zog ihn mit mir mit, während meine Beine immer schneller wurden, bis wir schließlich den weiten Weg bis zu dem Schlösschen rannten und uns die Freiheit mit dem Wind durchs Gesicht wehte. Oah... das war einfach herrlich. Wir schnaubten und lachten, als wir am Ende die pompöse Bar mit Ausblick auf den wunderschön ausgeleuchteten Garten erreichten. "Ich möchte keine Frau sein. Mit so einem Kleid lässt es sich echt schwer rennen, aber definitiv eine Erfahrung wert", pustete ich atemlos und ließ Tom jetzt los, um den Stoff um meine Beine herum wieder irgendwie zu ordnen, bevor ich mich hinter die Theke begab und zuallererst die zwei schönsten Gläser, die ich ausmachen konnte, darauf platzierte. Ich hatte keine Ahnung von dem, was ich da in den nächsten zwei Minuten zusammenmixte... meine Auswahl ging einfach nach der Farbe des Flascheninhalts. Das, was hübsch aussah, landete bei den Eiswürfeln in den Gläsern, und am Ende steckte ich Strohhalme hinein und schob Tom sein Glas rüber. "Ich nenne diese Kreation einen Wedding-Kaulitz-Boom," hob ich feierlich mein Glas an, selbst wahnsinnig gespannt darauf, ob man meinen Wedding-Kaulitz-Boom überhaupt genießen konnte. Hübsch aussehen tat er jedenfalls. "Auf dass unsere Liebe ewig hält, mein herzallerliebster Ehegemahl", fiel ich noch mal in meine überzogene Brautrolle zurück und warf ihm einen übertrieben zuckersüßen Blick zu.

~Bill~

"Dann ist er ja gelungen", freute ich mich und stieß mein Glas klingend an seines, bevor ich selber probierte. "Uuuuh... waaah", stieß ich verbrannt von dem Getränk aus und fächerte mir mit meiner flachen Hand Luft in meinen Mund. "Oh Gott, ist der heftig", stimmte ich Toms Einschätzung keuchend zu. Ich hatte das Gefühl, dieser Drink nahm gar nicht mehr den Umweg über den Magen... es war eher so, als wenn mir der Alk damit abrupt und augenblicklich in den Kopf stieg. Voll geil! Ich zog den Strohhalm aus meinem Glas und trank direkt noch einen großen Schluck, der mir erneut meine Speise- und Luftröhre verätzte und mich zum Keuchen brachte. "Wedding-Kaulitz-Boom passt", lachte ich jetzt über den Namen, den ich diesem Drink verpasst hatte. "Trink ihn mit... äh hier... Dingsbums", bekam ich Wortfindungsschwierigkeiten, die mir irgendwie egal waren. "Der ist nämlich einmalig", umschrieb ich es halt anders. "Ich hab nämlich jetzt schon keine Ahnung mehr, was ich da alles reingetan habe", prustete ich jetzt los, weil ich merkte dass ich vielleicht schon etwas lallte. Hach, ich fand das einfach witzig.

~Bill~

Als Tom mit seinem so süß gespielten, traurigem Gesicht da saß, musste ich immer noch über seine Dingsbums-Antworten lachen, da ich aber mitspielen wollte, versuchte ich mich wieder zu beherrschen, als ich meinen Platz verließ und hinter der Theke hervorkam, um mich auf den Hocker neben ihn zu setzen. "Das musst du anders sehen", strich ich ihm gespielt tröstend über den Rücken. "Dieser Drink ist so einmalig wie unsere Liebe, geliebtester Geliebter", schlug ich ihm, bereits wieder kichernd, meine Variante einer Sichtweise vor und hob mein Glas auffordernd wieder an. Hach... es gab doch nichts Schöneres, als mit Tom einfach so rumzuspielen. "Auf unsere einmalige Einmaligkeit mit einem einmaligen Einmaldrink", warf ich voller Inbrunst den nächsten Trinkspruch in den Raum und fand mich selbst dabei so lustig, dass ich schon wieder nicht aufhören konnte zu lachen.

~Bill~

Sein Gefühlsausbruch holte mich etwas von meiner Überdrehtheit herunter. Solche Gedanken kannte ich gar nicht von ihm... und ehrlich gesagt machten sie mich ganz schön stutzig, obwohl ich so voller Alkohol war, dass mein Sichtfeld sich deutlich einschränkte. Wie konnte er an uns zweifeln? "Du wirst nie ohne mich sein... niemals, Tom", versprach ich ihm ernst und nahm ihm seinen Zylinder ab, legte ihn auf die Theke und sah ihm in die Augen. Immer wieder war mir in letzter Zeit schon aufgefallen, dass Tom öfter als sonst nachdenklich war und traurig aussah. Ich hatte es auf den Stress geschoben, doch jetzt in diesem Moment erkannte ich, dass seine Traurigkeit tiefer ging, als ich vermutet hatte... und ich machte mir augenblicklich Sorgen. Unsere Beziehung würde er nicht in Frage stellen, wenn es ihm nicht echt schlecht gehen würde. Warum war mir das vorher nicht aufgefallen? "Willst du mir nicht endlich sagen, was dich bedrückt?" Ich lallte unbeabsichtigt, doch ich wusste, dass Tom die Ernsthaftigkeit meiner Frage erkannte. Ich rutschte noch näher an ihn heran und legte meinen Arm um seine Schulter. Mit mir konnte er doch über alles sprechen... eigentlich wusste er das doch.

~Bill~

"Das ist doch etwas völlig Anderes", fand ich. "Das hat was mit unserem Erfolg zu tun und nicht mit uns als Brüder... als Zwillinge... und ganz ehrlich Tom... ich bekomme gerade mehr Angst vor dem, was du sagst, als vor der Situation in dem Restaurant." Das, was mir in meinem Leben die größte und zuverlässigste Sicherheit gab, war die Tatsache, dass ich Tom hatte, und dass nichts und niemand unsere Beziehung zerstören konnte... niemand... außer einer von uns selbst. Es machte mir eine Heidenangst, dass Tom diese Sicherheit offenbar gerade gar nicht verspürte. "... und versuch mir jetzt nicht zu erzählen, dass dich nichts bedrückt. Irgendetwas passiert doch in dir. Das bekomme ich doch mit", beharrte ich auf mein Gefühl, das mich ganz sicher nicht täuschte.

~Bill~

"Ja... ich erinner mich... oh Mann", seufzte ich und zog ihn jetzt richtig in eine Umarmung. "Vergiss bloß nicht, dass ich dich liebe, großer Bruder... und sei dir sicher, dass das immer so sein wird... egal, was passiert", versicherte ich ihm noch mal. Irgendwie hatte er mir jetzt schon einen Schrecken eingejagt... und in mir arbeitete krampfhaft die Überlegung, was ich Tom jetzt Gutes tun konnte, außer ihm etwas Nähe zu spenden. "Sollen wir uns mal den Garten angucken gehen?" schlug ich schließlich vor. Draußen war alles so schön ausgeleuchtet... und Tom war ja bereits bei Tageslicht schon so von dem Anblick gefesselt gewesen. Vielleicht gab ihm dieser Anblick jetzt wieder ein besseres Gefühl.

~Bill~

"Ich weiß... ich bin betörend, nicht wahr?" trällerte ich in die Brautrolle zurückgerutscht, während ich mich so an Tom festhielt, dass wir uns zur Not gegenseitig stützen konnten... zumindest war das meine Theorie. In der Praxis waren unsere ersten Schritte mehr als kurvig, was mich direkt wieder amüsierte, doch als wir zusammen in den Garten hinaustorkelten, hatten wir bereits so etwas wie einen gemeinsamen Rhythmus gefunden, was mir die Gelegenheit gab, nicht nur auf unser Gleichgewicht achten zu müssen, sondern auch meine Augen auf den wahrhaft bezaubernden, kleinen Weg und seinen bunt bewachsenen Rändern lenken zu können... und mit jedem Schritt gingen wir weiter in so eine wunderschöne Welt aus angelegter Pflanzenpracht, dass selbst ich einfach mal ruhig wurde und das alles auf mich einströmen ließ. Es war wunderschön hier... einfach wunderschön.